Drucksache 17 / 14 367 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Christopher Lauer (PIRATEN) vom 11. August 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. August 2014) und Antwort Polizist*innen mit Maschinenpistolen auf Versammlungen im Land Berlin (II) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Aufgrund welcher Rechtsgrundlage(n) wäre es Berliner Polizist*innen rechtlich möglich, Maschinenpis- tolen bei Versammlungen mitzuführen? Zu 1.: Polizeidienstkräfte der Polizei Berlin sind zum Führen der Schusswaffe berechtigt (§ 55 Absatz 1 Nr. 3 Waffengesetz). Diese Berechtigung schließt auch Ma- schinenpistolen ein (§ 2 Abs. 4 Gesetz über die Anwen- dung unmittelbaren Zwanges in Berlin (UZwG Bln)). Beschränkungen zum Tragen von Waffen bei Versamm- lungen bestehen für Polizeidienstkräfte in Ausübung ihrer dienstlichen Aufgaben nicht. 2. Nach Angaben des Senats dürfen Unterstützungskräfte aus anderen Bundesländern und des Bundes entsprechend ihrer jeweiligen landes- bzw. bundesspezifi- schen Voraussetzungen bei Versammlungen im Land Berlin auch Ausrüstungsgegenstände, Hilfsmittel und Waffen (z.B. Maschinenpistolen) bei sich führen, die im Land Berlin nicht zulässig bzw. üblich sind. (vgl. Antwort auf Frage 3 der Schriftlichen Anfrage Nr. 17/14155.) Zu 2.: Die Antwort des Senats bezog sich darauf, dass Unterstützungskräfte ihre Maschinenpistole gegebenen- falls nach den jeweiligen landes- bzw. bundesspezifischen Voraussetzungen tragen. Eine Erweiterung auf alle Aus- rüstungsgegenstände, Hilfsmittel und Waffen war nicht von der Frage abgedeckt. 2 a) Welche Hilfsmittel, Ausrüstungsgegenstände (Quarzhandschuhe, Sturmhauben etc.) und Waffen (Pep- perball-Gewehre etc.) wurden in den Jahren seit 2010 im Land Berlin bei Versammlungen von Unterstützungskräf- ten mitgeführt? Zu 2a.: Diese Daten werden statistisch nicht erfasst. b) Falls die Daten statistisch nicht erfasst wurden, wie kann dann überprüft werden, ob die jeweiligen lan- des- bzw. bundesspezifischen Vorschriften bzgl. Ausrüs- tung, Hilfsmittel und Waffen eingehalten wurden insbe- sondere im Hinblick darauf, dass die Maßnahmen der Unterstützungskräfte gemäß § 8 Abs. 2 S. 2 Allgemeines Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG Bln) als Maß- nahmen des Polizeipräsidenten in Berlin gelten. Zu 2b: Die Einsatzeinheiten des Bundes und der Län- der können grundsätzlich auf gleiche bzw. ähnliche Aus- rüstungsgegenstände zurückgreifen. Dies ergibt sich be- reits aus dem Verwaltungsabkommen zwischen dem Bund und den Ländern. Jedoch sind länderspezifische Besonderheiten und damit Ausrüstungsgegenstände nicht ausgeschlossen. Es ist geübte und bewährte Praxis, dass sich die jeweiligen Unterstützungskräfte über die landes- und bundesspezifischen Regelungen in den unterstützen- den Ländern, insbesondere im Vorfeld eines Einsatzes beim jeweiligen Führungsstab sowie der Polizeiführerin oder dem Polizeiführer, informieren. Darüber hinaus wird in Einsatzbesprechungen auf berlinspezifische Belange explizit eingegangen. Im Einsatzgeschehen selbst werden durch die Polizeiführerin, den Polizeiführer und den Ein- satzstab die Einhaltung der Bestimmungen, Rahmenbe- dingungen und Aufträge kontrolliert. Der vorliegende Fall kann dafür als Beispiel herangezogen werden, da durch den Polizeiführer selbst das Tragen der Maschinenpistole für den weiteren Einsatz untersagt wurde. 2 c) Dürfen alle Ausrüstungsgegenstände, Hilfsmit- tel und Waffen der Unterstützungskräfte auf Versamm- lungen im Land Berlin mitgeführt bzw. eingesetzt wer- den? Zu 2c: Es sind – außer dem beschriebenen Einzelfall - keine derartigen Gegenstände bei den Unterstützungskräf- ten des Bundes und der Länder bisher im Einsatz bekannt geworden, die einer Einschränkung bedürften. 2 d) Warum erteilt der Polizeipräsident in Berlin gemäß § 8 Abs. 2 S. 2 ASOG Bln keine Weisungen, dass Unterstützungskräfte nur die Ausrüstungsgegenstände, Hilfsmittel und Waffen bei Versammlungen im Land Berlin mitführen bzw. einsetzen dürfen, die auch im Land Berlin zulässig bzw. üblich sind? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 367 2 Zu 2d: Das Land Berlin wird jährlich durch eine hohe Anzahl von Einsatzeinheiten des Bundes und der Länder bei der Bewältigung von Einsatzlagen unterschiedlichster Art unterstützt. Das führt einerseits zu einer hohen Pro- fessionalisierung und Erfahrung bei diesen Einsatzeinhei- ten und andererseits auch zu einer reibungslosen und erfolgreichen Einsatzbewältigung. Aus diesen und den vorgenannten Gründen zu 2a bis 2c wird eine Weisung – auch unter Betrachtung des beschriebenen Einzelfalls - für nicht erforderlich erachtet. 3. Über welche Ausrüstungsgegenstände, Hilfsmittel und Waffen, die im Land Berlin nicht zulässig bzw. üblich sind, verfügen nach Erkenntnis des Senats die Polizeien anderer Bundesländer und des Bundes, so dass diese auch bei Versammlung in Berlin zum Einsatz kom- men können? Zu 3.: Eine Auflistung der länderspezifischen Ausstat- tungen der Polizeien der Länder und des Bundes ist in Berlin nicht vorhanden. 4. Nach Angaben des Senats wurde die Maschinenpistole durch einen Beamten aus Thüringen am 26.06.2014 an der Gerhart-Hauptmann-Schule mitgeführt, weil die Situation an der Schule als mögliche „Bedrohungs - bzw. Gefährdungslage“ eingestuft wurde. (vgl. Antwort auf Frage 6. der Schriftlichen Anfrage Nr. 17/14155.) 4 a) Welche konkreten Informationen lagen vor, um zu der unter 1. genannten Einschätzung zu ge- langen und inwieweit sollte das Mitführen bzw. der Einsatz einer Maschinenpistole dazu beitra- gen, diese zu entschärfen? 4 b) Inwieweit sollte das Mitführen einer Maschinen- pistole bzw. ihr Einsatz bei der De-facto- Räumung einer von Flüchtlingen bewohnten Schule in einem dichtbesiedelten Wohngebiet einsatztaktisch geboten sein? 4 c) Weiter heißt es in der Antwort auf Frage 7 der Schriftlichen Anfrage Nr. 17/14155, dass die Einheit des unter 1. genannten Beamten „einen Einsatz erwartete“. Um was für einen Einsatz im Rahmen der De-facto- Räumung einer von Flüchtlingen (auch Kinder) bewohnten Schule in einem dichtbesiedelten Wohngebiet sollte es sich handeln, zu dem das Mitführen bzw. der Einsatz einer Maschinenpistole als notwendig erachtet wurde? Zu 4a, 4b und 4c: Die Situation an der Gerhart- Hauptmann-Schule stellte sich so dar, dass der Zugang zum Gebäude verbarrikadiert war, Gegenstände aus ge- schlossenen Fenstern geworfen wurden, starker Benzinge- ruch wahrgenommen wurde, Benzinkanister ausgekippt und vor den Zugängen unbekannte Flüssigkeiten verteilt wurden. Da sich zu diesem Zeitpunkt noch zwei Mitarbei- ter des Bezirksamtes im Gebäude befanden, stufte der thüringische Einheitsführer dieses Szenario als mögliche Bedrohungs- bzw. Gefährdungslage ein. Das Mitführen der Maschinenpistole ist grundsätzlich rechtlich zulässig, war aber in dieser Situation trotz der vorhandenen Gefährdungslage nicht zweckmäßig. Des- halb wurde das Tragen der MP durch den Polizeiführer unmittelbar nach Bekanntwerden untersagt. 5. Wie passt die Darstellung des Senats zu den Gründen des Mitführens der Maschinenpistole (vgl. Ant- wort auf Frage 6 der Schriftlichen Anfrage Nr. 17/14155, besondere Einsatzlage) zur der Aussage der Einsatzkräfte aus Thüringen vor Ort, die auf Nachfrage die Antwort erteilt gaben: „Das machen wir immer so?“ Zu 5.: Dem Senat steht es nicht zu, polizeiliche Hand- lungsanweisungen und Maßnahmen anderer Bundesländer in deren eigenen Zuständigkeits- und Verantwortungsbe- reich zu bewerten. Berlin, den 29. August 2014 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 04. Sept. 2014)