Drucksache 17 / 14 373 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Andreas Baum (PIRATEN) vom 14. August 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. August 2014) und Antwort Verzögerungen und Verspätungen durch obligatorischen Vordereinstieg in BVG-Bussen Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis be- antworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Frage zukommen zu lassen und hat daher die BVG AöR um eine Stellungnahme gebeten, die von dort in eigener Verantwortung erstellt, dem Senat übermittelt und in den untenstehenden Antworten kennt- lich gemacht wurde. Frage 1: Wie viele Fahrausweise werden direkt bei Busfah-rer*innen gekauft? (Bitte absolut und relativ zum Ge-samtaufkommen der verkauften Fahrausweise ange- ben.) Antwort zu 1: Jan. – Dez. 2013 Summe alle Vertriebswege 75,4 Mio. Stück Bus 25,4 Mio. Stück %-Anteil Bus rd. 34 % „Hierbei ist zu beachten, dass in den Bussen im Wesentlichen Tickets im Bartarif (Einzelfahrscheine, Kurz- strecken, Tageskarten, keine 4-Fahrten-Karten) verkauft werden, die hohe Stückzahlen bei geringen Umsätzen generieren.“ Frage 2: Wie hoch ist der durchschnittliche Zeitver- lust, der an jedem Halt durch den Kauf von Fahrauswei- sen bei Busfahrer*innen entsteht? Antwort zu 2: „Diese Angaben sind nicht verfügbar, da der Fahrscheinverkauf nur sehr pauschal neben ande- ren Faktoren in den Fahrgastwechselzeiten bei der Ermitt- lung der Haltestellenaufenthaltszeiten berücksichtigt wird.“ Frage 3: Dauert die Kontrolle einer BVG-fahrCard beim Einstieg durch Busfahrer*innen im Vergleich zur Kontrolle von anderen Fahrscheinen oder zum elektroni- schen Ticket durchschnittlich länger? Antwort zu 3: „Der Einbau des separaten Prüfgerätes erfolgt im Eingangsbereich des Omnibusses linksseitig, so dass der elektronische Kontrollvorgang im Einstiegsbe- reich räumlich entkoppelt von der herkömmlichen Sicht- prüfung des Omnibusfahrers erfolgt. Der eigentliche Vor- gang der elektronischen Prüfung auf räumliche und zeitli- che Gültigkeit eines elektronischen Fahrscheins wird unter einer Sekunde liegen.“ Frage 4: Nimmt die Durchschnittsgeschwindigkeit ei- ner Buslinie mit einem steigenden durchschnittlichen Fahrgastaufkommen ab? (Bitte die Buslinien nach aktuel- lem Fahrgastaufkommen und Durchschnittsgeschwindig- keit auflisten.) Antwort zu 4: „Die Durchschnittgeschwindigkeit einer Linie hängt maßgeblich von den streckenseitigen Rah- menbedingungen ab (Haltestellenabstand, Vorrangschal- tungen an Lichtsignalanlagen, Stauanfälligkeit der befah- renen Straßenabschnitte aufgrund von Baustellen etc., Vorhandensein von Busspuren, Tempo 30-Zonen etc.). Ein Zusammenhang der Durchschnittgeschwindigkeit mit dem Fahrgastaufkommen ist nicht herstellbar.“ Aus Sicht des Senats besteht zumindest kein eindeuti- ger Zusammenhang zwischen Durchschnittsgeschwindig- keit und Fahrgastaufkommen. Auch die Haltestellenauf- enthaltszeiten sind nicht allein vom Fahrgastaufkommen abhängig. Aber natürlich hat die Anzahl der ein- und aussteigenden Personen einen Einfluss auf die Fahrgast- wechselzeiten, die jedoch von weiteren Faktoren ebenfalls in unterschiedlichem Maße beeinflusst werden (z.B. Fahr- zeuglänge, Türenanzahl und Fahrgastfluss oder Größe der Aufstellflächen an Haltestellen). Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 373 2 Frage 5: Welche Buslinien sind am meisten von Ver- spätungen betroffen? (Bitte nach Bus- und Metrobuslinien getrennt sowie nach Höhe der durchschnittlichen Ver- spätungen aufschlüsseln.) Antwort zu 5: „Die BVG ist gemäß Verkehrsvertrag zur Einhaltung einer Soll-Pünktlichkeit von 85 % ver- pflichtet. Aufgrund von Störungen im Verkehrsfluss (Baustellen, Demonstrationen, Behinderungen auf den Busspuren, fehlende Beschleunigungsmaßnahmen) wurde diese Quote [insbesondere] auf den Buslinien 104, 200, M48, M85 sowie TXL im Jahr 2013 im Durchschnitt nicht erreicht. ...“ Frage 6: Wie hat sich die Durchschnittsgeschwindig- keit der Busse vor und nach Einführung des obligatori- schen Vordereinstiegs im Jahr 2004 entwickelt? (Bitte für Bus- und Metrobuslinien getrennt auflisten.) Antwort zu 6: Eine Analyse der Durchschnittsge- schwindigkeit seit 2004, die ausschließlich die Wirkung des Vordereinstiegs darstellt, ist weder vorhanden, noch ist aus Sicht des Senats eine auf dieses einzelne Merkmal reduzierte Aussage angesichts der Vielzahl anderer Ein- flüsse im täglichen Verkehrsgeschehen und Betriebsab- lauf möglich. Frage 7: Wie hat sich die durchschnittliche Kapazi- tätsauslastung vor und nach Einführung des obligatori- schen Vordereinstiegs entwickelt? (Bitte getrennt für Bus- und Metrobuslinien auflisten.) Antwort zu 7: „Eine Statistik zur durchschnittlichen Kapazitätsauslastung je Linie wird nicht geführt. Die Auslastungszahl über alle Verkehrsmittel der BVG betrug 16,0 % (Bus: 16,6 %) im Jahr 2003 und 17,8 % (Bus: 16,8 %) im Jahr 2013.“ Frage 8: Hat die BVG AöR die Auswirkungen des ob- ligatorischen Vordereinstiegs evaluiert? Wenn ja, durch wen, mit welchen Ergebnissen, und welche Konsequen- zen hat sie daraus gezogen? Antwort zu 8: „Die BVG AöR hat die Evaluation eigenständig vorgenommen. Das Ergebnis war, dass Fahr- zeitanpassungen nicht notwendig wurden, die Fahrgeld- einnahmen sich erhöht haben und die Schwarzfahrerquote reduziert werden konnte.“ Frage 9: Kann nach Auffassung des Senats der freie Einstieg an allen Türen zu einer Beschleunigung des Busverkehrs beitragen? Antwort zu 9: Eine pauschale Aussage dazu kann es angesichts von ganz unterschiedlichen Einflussfaktoren auf die Fahrgastwechselzeiten nicht geben. Je nach Fahr- gastaufkommen, Reiselänge, Fahrzeuglänge, Türenanzahl oder allgemein nach Gestaltung des Innenraums ergeben sich unterschiedliche Situationen. Es lassen sich daher positive Wirkungen sowohl bei eindeutig richtungsge- bundenem Fahrgastfluss (obligatorischer Vordereinstieg) im Fahrzeug beobachten, als auch bei der Nutzung mehre- rer Türen in Spitzenzeiten z.B. mit starkem Schülerver- kehr in großen Fahrzeugen. Genauso können aber auch lange, obligatorische Wege durch den Bus oder Behinde- rungen beim Ausstieg durch wartende Fahrgäste an Halte- stellen mit wenig Aufstellfläche Verzögerungen beim Fahrgastwechsel zur Folge haben. Hier gilt es mit betrieblichen Maßnahmen und durch Fahrzeuginnenraumgestaltung dafür Sorge zu tragen, dass trotz großem Fahrgastwechselaufkommen die Haltestel- lenaufenthaltszeiten möglichst kurz und verlässlich plan- bar gehalten werden können. In der laufenden Nahver- kehrsplanperiode sollen daher geeignete Maßnahmen identifiziert und auf ihre Eignung geprüft werden. Berlin, den 29. August 2014 In Vertretung R. L ü s c h e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. Sep. 2014)