Drucksache 17 / 14 444 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Fabio Reinhardt (PIRATEN) vom 28. August 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 29. August 2014) und Antwort Brandschutz in Flüchtlingsunterkünften Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche Bedeutung misst der Senat dem Brand- schutz für Flüchtlingsunterkünfte zu, die aufgrund der Gefahr von rechtsradikalen Brandanschlägen, technischen Mängeln, heiß gelaufenen Kochplatten sowie der dichten Belegung mit sehr vielen Menschen etc. grundsätzlich als besonders gefährdet anzusehen sind? Zu 1.: Der Senat misst dem präventiven Brandschutz in Gemeinschaftsunterkünften jenen hohen Stellenwert bei, der ihm als unverzichtbare Voraussetzung für den Schutz von Leben und Gesundheit der Bewohnerinnen und Bewohner zukommt. Beim Betrieb von Aufnahmeeinrichtungen nach § 44 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) und sonstiger Gemein- schaftsunterkünfte für Asylbegehrende und Flüchtlinge in Berlin bedient sich das Land sogenannter Erfüllungsgehil- fen (im Folgenden zur Vereinfachung als Betreiberinnen und Betreiber bezeichnet), so dass das Land Berlin mit gemeinnützigen oder gewerblichen Trägern Nutzungsver- träge über den Betrieb derartiger Unterkünfte abschließt. Daher ist es grundsätzlich Angelegenheit dieser Betreibe- rinnen und Betreiber, eigenverantwortlich für die Einhal- tung aller einschlägigen öffentlich-rechtlichen Vorschrif- ten, etwa auch zum Brandschutz, Sorge zu tragen. Aus diesem Grund schreiben die für alle vertragsge- bundenen Gemeinschaftsunterkünfte geltenden Qualitäts- anforderungen an den Bau vor, dass sämtliche öffentlich- rechtlichen Verpflichtungen und Vorschriften in Bezug auf die Errichtung und den Betrieb von Unterkünften eingehalten werden müssen. Hierzu gehören auch die einschlägigen Bestimmungen zur Gewährleistung eines vorschriftsgemäßen Brandschutzes. Die frei-gemeinnützi- gen und gewerblichen Betreiberinnen und Betreiber sind diesbezüglich verpflichtet, sich grundsätzlich eigenstän- dig und eigeninitiativ mit den zuständigen Behörden ab- zustimmen. Dazu korrespondierend ist in den Qualitätsan- forderungen für den Betrieb festgelegt, dass u. a. die Ein- haltung der in Bezug auf den Betrieb der Unterkunft gel- tenden Vorschriften über Feuersicherheit in den jeweils gültigen Fassungen zu gewährleisten ist. 2. Welche konkreten Gesetze, Richtlinien und Ver- ordnungen gelten bezüglich des Brandschutzes in Flücht- lingsunterkünften im Land Berlin? (Bitte unter Angabe der einschlägigen Paragrafen der jeweiligen Rechtsgrund- lage.) Zu 2.: Flüchtlingsunterkünfte unterfallen der Bauord- nung für Berlin (BauO Bln), sie sind nach § 2 Abs. 4 BauO Bln Nr. 9 als „sonstige Einrichtung zur Unterbringung von Personen“ Sonderbauten. In Sonderbauten können an Brandschutzanlagen, -einrichtungen und -vorkeh- rungen gemäß § 52 Abs. 1 BauO Bln besondere Brand- schutzanforderungen gestellt oder Erleichterungen gestat- tet werden. In Flüchtlingsunterkünften muss nach § 5 Abs. 2 der Betriebsverordnung die zuständige bezirkliche Bauauf- sichtsbehörde Brandsicherheitsschauen durchführen, immer wenn konkrete Anhaltspunkte für gefährliche Zustände vorliegen, ansonsten regelmäßig, mindestens jedoch in Abständen von höchstens 5 Jahren. 3. Wie sind das konkrete Verfahren und dessen ein- zelnen Schritte zur Abnahme der Brandschutzanlagen in Flüchtlingsunterkünften ausgestaltet, wenn ein Heimbe- treiber ein Gebäude als Flüchtlingsunterkunft (um)nutzen will, und welche Stellen sind zu welchem Zeitpunkt daran beteiligt? (Bitte ausführlich erläutern.) Zu 3.: Im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren nach § 65 BauO Bln für Flüchtlingsunterkünfte muss beim Neu- und Umbau bzw. bei einer nicht verfahrens- freien Nutzungsänderung bestehender baulicher Anlagen von der Bauherrin oder von dem Bauherrn bzw. seiner Entwurfsverfasserin oder seinem Entwurfsverfasser ein Brandschutznachweis erstellt werden, der vor Erteilung der Baugenehmigung bauaufsichtlich geprüft werden muss. Diese bauaufsichtliche Prüfung erfolgt durch Prüfingenieurinnen oder Prüfingenieure für Brandschutz Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 444 2 nach der Bautechnischen Prüfungsverordnung, die die Notwendigkeit von Brandschutzanlagen, -einrichtungen und -vorkehrungen beurteilen. Vor Aufnahme der Nut- zung von Flüchtlingsunterkünften muss die Prüfingenieu- rin oder der Prüfingenieur für Brandschutz die Erledigung seiner Aufgaben erklären. Zu diesen Aufgaben gehört auch die Überwachung der Ausführung der geplanten Brandschutzmaßnahmen; ihr oder ihm sind dazu Berichte von Prüfsachverständigen für technische Anlagen und Einrichtungen über durchgeführte sog. Abnahmeprüfun- gen der sicherheitsrelevanten technischen Anlagen, wie Brandmeldeanlagen, vorzulegen, mit denen deren ord- nungsgemäße Beschaffenheit, Wirksamkeit und Betriebs- sicherheit der Anlagen überprüft werden. 4. Welche Probleme treten erfahrungsgemäß in den einzelnen oben genannten Schritten auf, die zu einer Ver- zögerung der Abnahme der Brandschutzanlage in Berliner Flüchtlingsunterkünften führen können? 5. Gibt es derzeit in allen Flüchtlingsunterkünften au- tomatische Brandschutzanlagen, ggf. mit Durchleitung des Alarms zur Berliner Feuerwehr? Wenn nein, für wel- che Unterkünfte gibt es keine Brandschutzanlage, wo gibt es keine Durchleitung des Alarms zur Berliner Feuerwehr, warum nicht, und wie wird dort jeweils der Brandschutz sichergestellt? 6. Gibt es derzeit für alle Flüchtlingsunterkünfte Brandschutzordnungen und Feuerwehrpläne? Wenn nein, für welche Unterkünfte gibt es keine und warum nicht? 7. Kann der Senat mit Sicherheit davon ausgehen, dass in jeder Flüchtlingsunterkunft ein Rettungswegeplan sowie Hinweise zum Verhalten bei einem Brand auch in den Sprachen der Bewohner*innen angebracht sind? Durch welche Stellen wird dies vor Ort geprüft? 8. Werden regelmäßig Brandschutzbegehungen in den Berliner Flüchtlingsunterkünften durchgeführt und wenn ja, durch welche Stellen und in welchen zeitlichen Ab- ständen? 10. Was wird bei einer Brandschutzbegehung konkret vor Ort geprüft? (Bitte Checkliste für Brandschutzbege- hungen in Flüchtlingsunterkünften beifügen.) 11. Werden bei Brandschutzbegehungen festgestellte Mängel unverzüglich behoben und später vor Ort nach- kontrolliert? 12. Welche Stelle kontrolliert, ob Mitarbeiter*innen und Bewohner*innen von Flüchtlingsunterkünften in angemessenen Zeitabständen über das richtige Verhalten im Brand- oder Katastrophenfall unterwiesen werden und dieses auch geübt wird? 14. Welche Anforderungen werden an die Qualifikati- on der Brandsicherheitswachen gestellt und inwiefern wird diese durch das Land Berlin überprüft? Welche Stelle ist dafür zuständig? Zu 4. bis 8., 10. bis 12. und 14.: Die Betreiberinnen und Betreiber der Einrichtungen stimmen sich grundsätz- lich in eigener Verantwortung mit den zuständigen Be- hörden ab. Sämtliche öffentlich-rechtlichen Verpflichtun- gen und Vorschriften in Bezug auf den Betrieb von Un- terkünften müssen von den Betreiberinnen und Betreibern eingehalten werden. Die erbetenen Angaben können insoweit nur von den Betreiberinnen und Betreibern gemacht werden und müss- ten gesondert abgefragt werden. Auf Grund der Situation und Belastungen im Landesamt für Gesundheit und So- ziales (LAGeSo) sowie in den Einrichtungen im Bereich der Aufnahme, Versorgung und Unterbringung von Asyl- begehrenden ist von einer entsprechenden Befragung abgesehen worden. Brandschutzbegehungen gehören nicht zu den dem LAGeSo obliegenden Aufgaben. Insoweit wird auf die Ausführungen zu Brandsicherheitsschauen in der Antwort zu 2. verwiesen. 9. Unter welchen konkreten Voraussetzungen hat die für den Brandschutz zuständige Aufsichtsbehörde das Recht, die Aussagen des Prüfingenieurs anzuzweifeln, der die Nutzbarkeit einer Unterkunft aus brandschutztechni- scher Sicht bestätigt hat? Zu 9.: Zuständige Ordnungsbehörde bei Verstößen gegen Brandschutzvorschriften ist die bezirkliche Bauauf- sichtsbehörde. Sie informiert bei Zweifeln an der ord- nungsgemäßen Aufgabenerledigung der Prüfingenieurin- nen oder Prüfingenieure für Brandschutz die Senatsver- waltung für Stadtentwicklung und Umwelt, Fachbereich Oberste Bauaufsicht, damit diese im Rahmen der Fach- aufsicht über die Prüfingenieurinnen oder Prüfingenieure die Zweck- und Rechtmäßigkeit der Tätigkeit dieser überprüft und ggf. über Pflichtverletzungen befindet. 13. In welchen Flüchtlingsunterkünften gibt es aus welchen Gründen Brandsicherheitswachen statt bzw. zuzüglich zu einer funktionsfähigen Brandmeldeanlage mit einer Aufschaltung an die Empfangsanlage in der Leitstelle der Berliner Feuerwehr? Zu 13.: In sechs Einrichtungen gibt es keine Aufschal- tung an die Empfangsanlage der Leitstelle der Berliner Feuerwehr. Berlin, den 17. September 2014 In Vertretung Dirk G e r s t l e _____________________________ Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 19. Sep. 2014)