Drucksache 17 / 14 456 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Martin Delius und Alexander Spies (PIRATEN) vom 26. August 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 01. September 2014) und Antwort Gibt es in Berlin einen unverantwortlichen Rückgang von Schulhelferstunden bei steigenden sonderpädagogischen Förderbedarfen? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Anträge auf Schulhelferstunden wurden zum Schuljahr 2014/15 in den Außenstellen der Senats- verwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft und in den bezirklichen Jugendämtern eingereicht? (Bitte pro Bezirk aufschlüsseln.) 2. Wie viele Anträge und wie viele Schulhelferstunden wurden in den Außenstellen der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft und in den bezirkli- chen Jugendämtern zum Schuljahr 2014/15 bewilligt? (Bitte pro Bezirk aufschlüsseln.) 3. Wie viele Anträge und wie viele Schulhelferstunden wurden in den Außenstellen der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft und in den bezirkli- chen Jugendämtern zum Schuljahr 2014/15 abgelehnt? (Bitte pro Bezirk aufschlüsseln.) 4. Was waren jeweils die Gründe für die Ablehnung? 5. Wie hat sich die Anzahl der bewilligten und abge- lehnten Schulhelferstunden in den Außenstellen der Se- natsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft und in den bezirklichen Jugendämtern zum Schuljahr 2014/15 im Vergleich zum Schuljahr 2013/14 verändert? (Bitte pro Bezirk aufschlüsseln.) a) Wie hoch ist die prozentuale Entwicklung? 6. Wie hoch ist die Anzahl der von Schulhelferinnen und Schulhelfern betreuten Schülerinnen und Schüler im laufenden Schuljahr? (Bitte nach Bezirken und Schulfor- men aufschlüsseln.) a) Wie hat sich die Anzahl im Vergleich zum letzten Schuljahr verändert? Zu 1. bis 6.: Gemäß Verwaltungsvorschrift Schule Nr. 7/2011 (VV Schulhelfer), zuletzt geändert durch Verwal- tungsvorschrift vom 25. April 2012, beantragen die Schu- len eine schülerbezogene Prüfung, ob grundsätzliche Voraussetzungen für Schulhelfermaßnahmen vorliegen. Wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, ist es Aufgabe der regionalen Schulaufsichten unter Berücksichtigung der strukturellen personellen Bedingungen der beantragenden Schulen die Höhe der Schulhelferstunden zuzumessen. Die Schulaufsichten orientieren sich dabei am Bedarf an ergänzender Pflege und Hilfe der betroffenen Schülerin- nen und Schüler. Die Zuweisungen der Schulhelferstun- den an die Schulen erfolgt gruppenbezogen. Die Schullei- tungen organisieren in Absprache mit dem Träger den tatsächlichen Einsatz der Schulhelferinnen und Schulhel- fer. Aus dieser Erläuterung ergibt sich, dass Aussagen über Schulhelferstunden bezogen auf einzelne Schülerin- nen und Schüler nicht erfolgen können. Aussagen über bewilligte Schulhelfermaßnahmen für die einzelnen Schulen in den Regionen, über Schulhel- fermaßnahmen im Vergleich zum Schuljahr 2013/2014, die Anzahl der von Schulhelferinnen und Schulhelfern betreuten Schülerinnen und Schüler im Schuljahr 2014/2015 im Vergleich zum Schuljahr 2013/2014 liegen bis Ende Oktober 2014 vor. Gründe für eine Ablehnung werden nicht erfasst. Das Landesrecht sieht keinen individuellen Rechtsan- spruch auf die Bewilligung von Schulhelferstunden vor. Die Schule ist im Überschneidungsbereich zwischen Eingliederungshilfe und schulischer Unterstützung als vorrangiger Träger tätig. Die Jugendämter sind demzufol- ge keine Bewilligungsbehörde für Schulhelferstunden. 7. Wie hat sich die Zahl der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischen Förderbedarfen an den allge- meinbildenden und beruflichen Schulen sowie an sonder- pädagogischen Förderzentren im Schuljahr 2014/15 im Vergleich zum Schuljahr 2013/14 entwickelt? Zu 7.: Der gewünschte Vergleich zur Entwicklung der Schülerzahlen Schuljahr 2014/2015 mit der des Schuljah- res 2013/2014 ist derzeit noch nicht möglich. Die Schü- lerzahlen für das Schuljahr 2014/2015 liegen erst mit der Lehrerbedarfsfeststellung vor. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 456 2 8. Kann der Senat zum Schuljahr 2014/15 einen Rückgang von Schulhelferstunden oder einen Rückgang der Anzahl der von Schulhelferinnen und Schulhelfern betreuten Schülerinnen und Schüler insgesamt in Berlin, in bestimmten Bezirken, an bestimmten Schulformen oder an Einzelschulen feststellen? a) Wenn ja, wo konkret (in welchen Bezirken, in wel- chen Schulformen und an welchen Einzelschulen) werden welche Rückgänge sichtbar? b) Wie lassen sich die Rückgänge jeweils begründen? Zu 8.: Ein Rückgang der von Schulhelferinnen und Schulhelfern betreuten Schülerinnen und Schüler ist zur- zeit nicht erkennbar. Nach bisherigen Informationen sind im Schuljahr 2014/2015 nach ersten Prognosen über 200 Schülerinnen und Schüler mehr anspruchsberechtigt als im Vorjahr. Zum Schuljahresbeginn ist der Eindruck einer Kür- zung der Schulhelferstunden entstanden. Es hat aber keine Reduzierung der Gesamtstundenanzahl der Schulhelfer- stunden gegeben, da weiterhin rund 9600 Schulhelfer- stunden/Woche zur Verfügung stehen. Real kann es an einzelnen Schulen dennoch zu Veränderungen kommen, da mehr Schülerinnen und Schüler einen anerkannten Bedarf an Schulhelfermaßnahmen zuerkannt bekommen haben. Um das festgelegte Budget für Schulhelfermaßnah- men nicht zu überschreiten, dem Mehrbedarf aber nach- kommen zu können, lagen die bewilligten Stunden für das Schuljahr 2014/2015 an einigen Schulen unter den Bewil- ligungen für das Schuljahr 2013/2014, obwohl es sich um die gleiche bzw. in wenigen Fällen um eine höhere Zahl von anspruchsberechtigten Schülerinnen und Schülern in den betreffenden Schulen handelt. Grundsätzlich gilt, dass die Schulhelferstunden immer vor dem Hintergrund der Gesamtausstattung der Schule und des Gesamtbudgets der Region zugemessen werden. Das Gesamtbudget ist gem. Haushaltsgesetz gedeckelt und wächst somit nicht automatisch mit den wachsenden Zahlen der Schülerinnen und Schüler. 9. Kann der Senat bestätigen, dass zum Schuljahr 2014/15 an der Charlotte-Salomon-Grundschule und an der Bornholmer Grundschule ein Rückgang von Schulhel- ferstunden oder ein Rückgang der Anzahl der von Schul- helferinnen und Schulhelfern betreuten Schülerinnen und Schüler zu verzeichnen ist? a) Wenn ja, in welcher Höhe jeweils? b) Wenn ja, wie begründet der Senat die Rückgänge? Zu 9.a) und b): An der Charlotte-Salomon-Grund- schule wurden zunächst die zugewiesenen Schulhelfer- stunden von 180 Stunden im Schuljahr 2013/2014 auf 120 Stunden im Schuljahr 2014/2015 reduziert. Gründe für den Rückgang sind einerseits das veränderte regionale Budget sowie der Anstieg der berechtigten Anträge von 128 im Schuljahr 2013/2014 auf 155 im Schuljahr 2014/2015 in der Region Friedrichshain-Kreuzberg. In- zwischen wurden Schulhelferstunden nachgesteuert, so dass der Charlotte-Salomon-Grundschule insgesamt 160 Stunden für die ergänzende Pflege und Hilfe im Schuljahr 2014/2015 zur Verfügung stehen. Der Bornholmer Grundschule wurden im Schuljahr 2013/2014 für fünf Schülerinnen und Schüler 30 Stunden zugewiesen und im Schuljahr 2014/2015 für vier Schüle- rinnen und Schüler 25 Stunden. Es gelingt vielen an- spruchsberechtigten Schülerinnen und Schülern durch die erfolgreiche Förderung mit den Schuljahren zunehmend besser, sich von einer engen zusätzlichen Schulhelferbe- treuung zu lösen. Das ist ein pädagogischer Erfolg und nicht eine gegen die Schülerinnen und Schüler gerichtete willkürliche Kürzung von Ressourcen. 10. Kann der Senat bestätigen, dass Erziehungsberech- tigte kurz vor Beginn des Schuljahres 2014/15 Briefe mit der Aufforderung erhalten haben, ihre Kinder nicht in die Schule bringen zu dürfen, da für diese die Versorgung durch Schulhelferinnen und Schulhelfer nicht gewährleis- tet sei? a) Wenn ja, wie viele Erziehungsberechtigte erhielten solch einen Brief? b) Wenn ja, auf welcher Rechtsgrundlage kann grund- sätzlich im Land Berlin das Recht junger Menschen auf Bildung gemäß § 2 SchulG eingeschränkt werden? c) Wie will der Senat in den betroffenen Schulen die Versorgung der betroffenen Schülerinnen und Schüler mit Schulhelferinnen und Schulhelfer und das Recht der Kin- der und Jugendlichen auf Bildung gemäß § 2 SchulG sicherstellen? Zu 10.a), b) und c): Aufgrund des noch unklaren Ein- satzes der Schulhelferinnen und Schulhelfer zum Schul- jahresbeginn an einer Schule wurden 4 Elternpaare kon- taktiert und angefragt, ob eine häusliche Betreuung am ersten Schultag ermöglicht werden kann. In zwei der vier Fälle blieben die Kinder diesen einen Schultag zu Hause. Das in § 2 Schulgesetz (SchulG) formulierte Recht auf zukunftsfähige schulische Bildung und Erziehung kann lediglich aufgrund von Ordnungsmaßnahmen – vgl. § 63 Ansatz 2 – eingeschränkt werden. Dies war im vorliegenden Fall nicht gegeben. Mit der Schulleitung, die aus- schließlich aus Gründen der Fürsorge so handelte, wurde die Entscheidung besprochen und auch öffentlich entspre- chend klargestellt, dass es sich um ein unzulässiges Vor- gehen gehandelt hat. Die Ausstattung der Schulen zur Sicherstellung des Rechts auf Bildung für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf umfasst nicht nur die Zuweisung von Stunden für die ergänzende Pflege und Hilfe. Zur Ressource der Schulen mit integrativ beschul- ten Schülerinnen und Schülern gehören neben den Stun- den für die sonderpädagogische Förderung auch Stunden, die durch Facherzieherinnen und Facherzieher für Integra- tion geleistet werden. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 456 3 An der Charlotte-Salomon-Grundschule bedeutet dies beispielsweise eine Ausstattung mit 220 Stunden für son- derpädagogische Förderung und 12,8 VZE Facherziehe- rinnen und Facherzieher (1 VZE = 39 Stunden) sowie 160 Stunden für ergänzende Pflege und Hilfe. Berlin, den 17. September 2014 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. Sep. 2014)