Drucksache 17 / 14 462 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Thomas Birk (GRÜNE) vom 29. August 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. September 2014) und Antwort eGovernment@School - ein Fass ohne Boden? II Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welchen Entscheidungsprozess gab es in den letzten Monaten und welche Entscheidungen stehen nun an, um das Projekt eGovernment@School in seiner bisherigen Planung zu beenden? 2. Welche organisatorischen Veränderungen sind bereits vorgenommen worden? 3. Konnte der Senat nach mehrmonatiger Bedenkzeit eine Entscheidung fällen, ob für das Projekt weiterhin an einer dezentralen Lösung festgehalten wird oder ob eine zentrale Web-basierte Datenhaltung als Lösung favorisiert wird? Zu 1., 2. und 3.: Das eGovernment@school-Projekt wird nicht beendet, sondern nach einer eingehenden Ana- lyse neu ausgerichtet. Der Entscheidungsprozess zur Neu- ausrichtung hat institutionell mit der organisatorischen Verlagerung des Projekts vom IT-Referat in der Abtei- lung Zentrale Dienste zu einer schulfachlichen Abteilung im April 2013 begonnen und sich mit der Einsetzung einer neuen Projektleitung im Sommer 2013 fortgesetzt. Eine extern beauftragte Projektanalyse des status quo erfolgte von Herbst 2013 bis Frühjahr 2014. Parallel ha- ben Entscheidungsträger einschließlich des zuständigen Staatssekretärs gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertre- tern der Schulpraxis Alternativsysteme in Augenschein genommen. Die aktuellen Überlegungen beruhen auf der Grundlage einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung und einer Geschäftsprozessanalyse über die Prozesslandschaft der Berliner Schulverwaltung. Auf Basis der externen und internen Analysen steht die abschließende Entscheidung zurzeit noch aus, da noch Fragen der Wirtschaftlichkeit und der Nutzungsrechte von Fremdprodukten zu klären sind. Sobald diese Informationen bzw. Freigaben, die beauftragt bzw. beantragt sind, vorliegen, kann die vom Senat empfohlene Neuausrichtung veröffentlicht und beraten werden. 13. Wie wird sich bei einer Umsteuerung des Projektes, die Zusammenarbeit mit den Bezirken gestalten? 14. Wie wird der Senat eine bessere Einbindung der Schulen ermöglichen und wie wird der Informationsfluss zu den Schulen über den jeweiligen Verfahrensstand sicher gestellt? 17. Welche Vorteile verspricht sich der Senat von einer Web-basierten zentralen Datenhaltung? 18. Welches System zur Web-basierten Datenhaltung würde das Land Berlin favorisieren? 19. Wie kommt der Senat zu der Einschätzung, dass zu Beginn des Projektes eGovernment@School keine ausgereifte Web-basierte Lösung zur Verfügung stand? Zu 13., 14., 17., 18. und 19: Eine Markterkundung unter den bundesdeutschen Kultusverwaltungen hat vor Beginn der Ausschreibung gezeigt, dass ein marktreifes web-basiertes System mit zentraler mandantenfähiger Datenhaltung nicht existiert. Die Hessische Lehrer- und Schülerdatenbank (LUSD) war zur damaligen Zeit zwar stabil, stand jedoch noch unter dem Eindruck starker öffentlicher Kritik. Web-basierte Lösung mit zentraler mandantenfähiger Datenhaltung weisen heute - anders als vor einigen Jahren - eine deutlich verbesserte Stabilität und Markreife auf. Eine Web-basierte zentrale Datenhaltung zeichnet sich durch unterschiedliche Vorteile für die jeweiligen Prozessbeteiligten aus. Z. B. - einfachere Datensicherheits- und Datenschutzaspekte in den über 700 Dienststellen, - schnelle, transparente und rechtssichere Ausführung der schulrelevanten Prozesse (z. B. Schüleraufnahme und Schulübergänge, Schulwechsel und Schulentlassung, Überwachung der Schulpflicht durch die Bezirke), - sichere und schnelle Informationen in Krisenfällen, z. B. bei Amokanschlägen auf Schulen, - gesicherte Programmupdates an nur einer Softwareeinheit, Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 462 2 - größere Rechtssicherheit durch zentral vorgehaltene Zeugnisvorgaben, Prüfregeln, usw, - widerspruchsfreie Daten durch einen zentralen mandantenfähigen Datenbestand ohne aufwendiges programmtechnisches Konfliktmanagement bei Synchronisationsprozessen, - gesicherte Datenbackups in einem Rechenzentrum. - „anspruchslose“ Softwarelogik für die Anwender- PCs (ein Internet-Browser ist ausreichend), - Effiziente Steuerung der zentralen Hardwarekomponenten bei unterschiedlichen Benutzerfrequenzen (Tag/Nacht, Schuljahresbeginn/Ferienzeiten). Ein durch die Arbeitsgruppe der Bezirke entwickeltes Fachkonzept zur Unterstützung der Prozesse „Überwachung der Schulpflicht“ wurde in diese Überlegungen einbezogen. Die Realisierung ist im Rahmen der automatisierten Schülerdatei geplant. Vergl. hierzu die Berichte an den Hauptausschuss Rote Nr. 0820 C, 0820 E und 0820 G Punkt 4. „Automatisierte Schülerdatei“. Zur fachlichen Einbindung der Schulen ist ein formalisiertes Anforderungsmanagement geplant, das sich derzeit in finaler Abstimmung befindet. 4. Welche Konsequenz des jetzigen Entscheidungsstandes ergibt sich für die laufenden Arbeiten an dem Projekt? Wurde der Einbau von Data- Center-Boxen gestoppt? Wurden die baulichen Maßnahmen an den Schulen zur Anbindung ans Netz gestoppt? 5. Welche Konsequenzen wären mit einer zentralen Lösung, wie sie der Senat erwägt, verbunden? 6. Was würde sich für die Schulen bei einer zentralen Lösung ändern? Zu 4., 5. und 6.: Im operativen Bereich der PC- Arbeitsplätze wird sich für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Schule keine Veränderung ergeben. In den Schulen würden weniger Hardwarekomponenten aufgestellt. Damit verringert sich die Störanfälligkeit vor Ort, die bei Fehleranalyse, Reparatur bzw. Austausch von Komponenten immer auch mit einer Störung der Arbeitsprozesse verbunden wäre. Zur Vermeidung weiterer Installationskosten, die bei einem zentralen Lösungsansatz überflüssig sein könnten, wurde die Implementierung von Data-Center-Boxen gestoppt. Baumaßnahmen zur Ertüchtigung der schulinternen Netzwerke mit einer Verbindung zum Internet wurden durch den Senat nicht gestoppt. 7. Welche Veränderungen ergäben sich aus ITSicherheits - und Datenschutzaspekten bei einer zentralen Web-basierten Lösung? 8. Sind die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine zentrale Lösung ausreichend, wenn nein, inwieweit müssten bei einer zentralen Lösung rechtliche Rahmenbedingungen geändert oder geschaffen werden? Zu 7. und 8.: Bei Einführung einer zentralen Lösung würden sich folgende Überlegungen für den Datenschutz und daraus resultierende Forderungen bezüglich der IT- Sicherheit ergeben. Weil die Daten nicht mehr in der Schule abgelegt werden, verringern sich an den Schulstandorten die Anforderungen zum Diebstahlschutz, Brandschutz und Feuerschutz erheblich. Dieser Schutz muss in dem Rechenzentrum hergestellt werden, wo die Daten zentral abgelegt werden. Dies ist für Rechenzentren in unterschiedlichen Abstufungen Standard. Datenschutzrechtlich bleibt es dabei, dass nur die berechtigten Verwaltungsmitarbeiterinnen und Verwaltungsmitarbeiter der Schulen die Daten gemäß einem Rechte- und Rollenkonzept sehen und bearbeiten dürfen. Zusätzlich sind die jeweiligen Schuldaten gegen Einsichtnahme durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anderer Schulen abzuschotten, was durch mandantenfähige Datenbanken gewährleistet ist. Neu hinzu kommt der Transportweg durch das Internet. Dem Datenschutz wird Genüge getan, indem die Daten in aktueller sicherer Verschlüsselung gemäß der Forderung des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik von der Schule zum zentralen Speicherort übertragen werden. Erwähnenswert ist, dass nur die aktuell zu bearbeitenden Daten transportiert werden. Weil die Daten den Ort Schule verlassen und zentral gespeichert werden, muss mit dem Dienstleister ein Vertrag zur Datenauftragsverarbeitung geschlossen werden, in dem die oben erwähnten Maßnahmen, die der Dienstleister zu treffen hat, geregelt sind. Nach Auskunft des Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit sind rechtliche Änderungen durch einen Wechsel auf eine zentrale IT- Infrastruktur und zentrale Datenhaltung nicht erforderlich. 9. Hält der Senat die bisherige Projektsteuerung bei eGovernment@School für gelungen? Wie bewertet der Senat die Kritik des Landesrechnungshofes an der vorzeitigen Auflösung der Gremien zur Projektsteuerung? 10. Ist der Senat der Auffassung, dass die in der Senatsverwaltung für Bildung beauftragten Stellen zur Umsetzung des Projektes ohne zusätzliche, durch Externe unterstütze, Projektsteuerung auskommen? 11. Wie wird sich die Projektsteuerung bei einer geplanten Änderung des Projektes gestalten? 12. Plant die Senatsverwaltung zukünftig einen Projektauftrag zu erteilen? 15. Wie bewertet der Personalrat die aktuelle Lage beim Projekt und welche Schlüsse zieht der Senat daraus? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 462 3 16. Wie steht der Personalrat zu einer vom Senat in Erwägung gezogenen zentralen Datenhaltung? Zu 9., 10., 11., 12., 15. und 16.: Die Projektorganisation und das Projektmanagement werden gemäß dem Projektmanagementhandbuch des Landes Berlin aufgebaut und durchgeführt. Dies beinhaltet auch die erforderliche Gremienbeteiligung. Auf die Kritik des Rechnungshofes wird hierbei ein besonderes Augenmerk gelegt. Projekte in der Größenordnung von eGovernment@School greifen sowohl bei der zentralen Projektsteuerung als auch bei den beauftragten Stellen in der Regel auf externe Unterstützung zurück. Das Projektcontrolling und die übergreifende Qualitäts- sicherung sind hiervon besonders betroffen. 20. Welche Auswirkungen hätte eine Web-basierte Lösung für die zukünftig geplante Lernplattform für die Berliner Schulen? Müsste für eine Lernplattform weiterhin eine dezentralen Lösung aufgebaut und gepflegt werden? Zu 20.: Eine Web-basierte Lösung der Schulverwaltungssoftware steht nicht im Zusammenhang oder Gegensatz zu einer Lernplattform. Ob eine Lernplattform zukünftig über eine zentrale Lösung realisierbar ist, wird in einer weiteren Projektphase zu untersuchen sein. Berlin, den 17. September 2014 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. Sep. 2014)