Drucksache 17 / 14 482 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriele Hiller (LINKE) vom 03. September 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 04. September 2014) und Antwort Badbetrieb durch gemeinnützige Dritte Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche Ergebnisse brachte das Gespräch des Senats mit Sportorganisationen „über die Interessen und Möglichkeiten der Übertragung von Betreiberpflichten auf Vereine“ (Drs. 17/13378), das am 2. April 2014 stattfinden sollte? Zu 1.: Nach der Koalitionsvereinbarung ist zu prüfen, inwiefern im Rahmen eines Modellversuches die Übertra- gung einzelner Bäder an gemeinnützige Sportvereine ermöglicht werden kann. Auf Einladung von Herrn Staatssekretär Statzkowski wurden am 02.04.2014 interessierten Vereinen, dem Lan- dessportbund Berlin e. V., dem Berliner Schwimm- Verband e. V. und dem Vorstandsvorsitzenden der Berli- ner Bäder-Betriebe (BBB) die sich aus dem Bäder- Anstaltsgesetz (BBBG) und der Satzung über die Nutzung der Einrichtungen der Berliner Bäder-Betriebe (Nut- zungssatzung) ergebenen Möglichkeiten der Übernahme von Verantwortung durch förderungswürdige Sportorga- nisationen dargestellt. In der anschließenden Diskussion haben einige Verei- ne bereits ihr Interesse in Aussicht gestellt, Bäder in vor- rangiger oder eigenverantwortlicher Nutzung nach den §§ 5 und 6 der Nutzungssatzung in Verbindung mit § 3 Ab- satz 3 BBBG zu übernehmen. 2. Mit welchen gemeinnützigen Sportorganisationen finden derzeit konkrete Gespräche über die Übernahme des Badbetriebs für jeweils welche Bäder der Berliner Bäder-Betriebe (BBB) statt und wie ist der Stand der Gespräche? 3. Mit welchem gemeinnützigen Verein sind Senat und BBB im Gespräch bezüglich der Übernahme des Badbetriebs des KB Spandau Süd und wie ist hier der Stand der Gespräche? Zu 2. und 3.: Gemäß Aussagen der BBB liegen nun- mehr von insgesamt sechs förderungswürdigen Sportor- ganisationen Interessenbekundungen zur Übernahme von Bädern in vorrangiger oder eigenverantwortlicher Nut- zung nach den §§ 5 und 6 der Nutzungssatzung in Ver- bindung mit § 3 Absatz 3 BBBG vor. Diese Interessenbe- kundungen beziehen sich auf neun Schwimmbäder. Zu den laufenden Abstimmungen und Verhandlungen können zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine näheren Aussagen getroffen werden. Entsprechende Vertragsent- würfe zu den vorrangigen bzw. eigenverantwortlichen Nutzungen befinden sich zurzeit in der rechtlichen Prü- fung. 4. Welche Interessenbekundungsverfahren für welche Bäderstandorte laufen derzeit seitens der Berliner Bäder- betriebe und wo sind diese veröffentlicht? 5. Wenn keine Interessenbekundungsverfahren seitens der BBB durchgeführt werden, wie kommen gemein- nützige Sportorganisationen als potenzielle Badbetreiber und BBB zusammen? Wie gewährleisten die BBB ohne Interessenbekundungsverfahren bzw. Ausschreibungen Transparenz und Chancengleichheit im Verfahren? Zu 4. und 5.: Hier wird auf die Antworten zu 1. – insbesondere auf die durchgeführte Infor- mationsveranstaltung am 02.04.2014 – sowie die Beantwortung zu 2. und 3. verwiesen. 6. Welche Voraussetzungen müssen nach Meinung des Senats gemeinnützige Sportorganisationen erfüllen, um sich als Betreiber von Bädern zu bewerben? Zu 6.: Hinsichtlich der Voraussetzungen muss zwi- schen einer vorrangigen und einer eigenverantwortlichen Nutzung unterschieden werden. Hier kommt es darauf an, was ein Verein anstrebt. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 482 2 - Vorrangige Nutzung nach § 5 Absatz 2 Nutzungs- satzung Die vorrangige Nutzungsüberlassung setzt voraus, dass a) eine angemessene, möglichst vollständige Auslas- tung des Schwimmbades gewährleistet wird, b) bei Bedarf Nutzungszeiten für den Schulsport un- entgeltlich zur Verfügung gestellt werden, c) anderen Vereinen Nutzungszeiten im Rahmen frei- er Kapazitäten unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden, d) die Unterhaltung und die Bewirtschaftung ganz oder teilweise durch den vorrangig nutzenden Ver- ein übernommen werden (durch Eigenleistung und/oder durch Übernahme der Kosten), e) die Wasseraufsicht und die allgemeine Aufsichts- pflicht nach § 3 Absatz 4 bis 7 übernommen wer- den. - Eigenverantwortliche Nutzung nach § 6 Absatz 1 Nutzungssatzung Eigenverantwortliche Nutzung liegt vor, wenn bei vorrangiger Nutzung gemäß § 5 der Nutzungssatzung durch den Verein oder die Vereine, über die nach § 5 Absatz 2 Buchstabe d der Nutzungssatzung vertraglich übernommenen Aufgaben hinaus, zusätzliche Leistungen erbracht werden. Zu diesen zusätzlichen Leistungen gehö- ren insbesondere die Durchführung von Aufsichtspflich- ten gemäß § 3 einschließlich der Betriebsaufsicht und/oder die Übernahme von Teilen der großen baulichen Unterhaltung sowie Instandhaltung der technischen Anla- gen. Bei eigenverantwortlicher Nutzung können die Nut- zenden eine Aufwandsentschädigung erhalten. Die Zah- lung einer Aufwandsentschädigung setzt voraus, dass Finanzmittel verfügbar sind und in einer angemessenen Wirtschaftlichkeitsuntersuchung die Wirtschaftlichkeit dieser Maßnahme belegt ist und damit aktuelle Kosten- einsparungen erzielt werden. In Frage kommen Vereine, die über eine entsprechen- de Leistungsfähigkeit und Erfahrungen verfügen, die erwarten lassen, dass die oben genannten Voraussetzun- gen gemäß Nutzungssatzung erfüllt werden und ein ord- nungsgemäßer Badebetrieb unter Wahrung der Interessen der unterschiedlichen Nutzergruppen gewährleistet bleibt. 7. Welche Auffassung vertreten Senat und BBB bezüglich der Erbringung von Leistungen für den Badbe- trieb durch Ehrenamtliche? Welche verbindlichen Stan- dards legen Senat und BBB diesbezüglich beim Ab- schluss von Betreiberverträgen zugrunde? Zu 7.: Dem ehrenamtlichen Engagement wird im Ver- einssport generell eine große Bedeutung beigemessen. Sowohl der Senat als auch die BBB sind sich der großen Bedeutung der ehrenamtlichen Tätigkeit für den Badbe- trieb bei der Übernahme von Bädern in vorrangiger oder eigenverantwortlicher Nutzung durch die Vereine be- wusst. Dementsprechend wird hierbei jede Form von Ehrenamt begrüßt und als wichtiger Beitrag gewertet. Es werden keine Betreiberverträge, sondern Verträge entsprechend der unter 6. aufgeführten Vorgaben der Nutzungssatzung abgeschlossen. 8. Für welche Bäder suchen die BBB jetzt und perspektivisch gemeinnützige Sportorganisationen als Bad- betreiber und nach welchen Kriterien erfolgt die Auswahl der Bäderstandorte? 9. Welchen Anteil sollen gemeinnützige Vereine insgesamt am Betrieb der kommunalen Bäder erhalten und wie begründen Senat und BBB diese Absicht? Zu 8. und 9.: Die BBB erachten die Mehrzahl der Bä- der für eine Übernahme durch Vereine geeignet. Vorran- gig werden allerdings Bäder mit einem hohen Anteil an Schul- und Vereinsnutzung (vor allem die Schul- und Vereinsbäder) bzw. auch ausgewählte Mischbäder in Betracht gezogen, sofern sich die Übertragung an einen Verein für die BBB als geeignet erweist und für beide Seiten als „Win-Win-Situation“ darstellt. Es geht zunächst darum, in Modellversuchen – entsprechend der Koalitionsvereinbarung – Möglichkeiten der Übernahme von Verantwortung durch förderungs- würdige Sportorganisationen auszuloten und entsprechen- de Erfahrungen zu sammeln. 10. Welchen Anteil sollen nach den bisher nicht bekannten konzeptionellen Vorstellungen der BBB generell Dritte am Betrieb der kommunalen Bäder übernehmen? Zu 10.: Erklärtes Ziel des Vorstandes der BBB ist – entsprechend der finanziellen Rahmenbedingungen – ein möglichst großes Wasserflächenangebot zu erhalten. § 3 Absatz 3 BBBG räumt den BBB die Möglichkeit ein, zur Verringerung des Zuschussbedarfs der Anstalt, die ihr obliegenden Aufgaben und Pflichten ganz oder teilweise auf Dritte zu übertragen. Konkrete Absichten oder Vorstellungen zu einer generellen Übertragung von Bädern an Dritte bestehen zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht. 11. In welcher Höhe wollen Senat und BBB den Zuschussbedarf des Landes Berlin an die BBB durch die Übertragung des Badbetriebs an Dritte entlasten? Welche Personaleinsparungen sind seitens der BBB durch die Übertragung des Badbetriebs an Dritte geplant? Zu 11.: Die BBB wollen durch den aufgezeigten Weg, Bäder an Vereine in vorrangiger oder eigenverantwortli- cher Nutzung zu übergeben, den eigentlichen Personal- mehrbedarf durch die Wiedereröffnung der drei Bäder – Schwimmhalle Finckensteinallee sowie die Kombibäder Gropiusstadt und Spandau Süd – im Jahr 2014 auffangen Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 482 3 und damit den Betrieb aller Bäder weiterhin gewährleis- ten. 12. In welcher Art und Weise ist der Personalrat der BBB in die Entscheidungen über die Übertragung von Bädern an Dritte einbezogen und welche Mitentschei- dungsrechte hat er? Zu 12.: Der Personalrat hat nach § 90 Nummer 4 Per- sonalvertretungsgesetz (PersVG) ein Mitwirkungsrecht bei der Auflösung, Einschränkung, Verlegung oder Zu- sammenlegung von Dienststellen oder wesentlicher Teile von ihnen. Das Mitwirkungsrecht greift hier allerdings nicht. Insbesondere kommt es zu keinem Personalabbau, sondern es sind, wie unter 11. dargestellt, vorrangig Per- sonalmehrbedarfe abzudecken, die die BBB zurzeit nicht durch Neueinstellungen finanzieren können. Der Personalrat wurde jedoch im Rahmen der vertrau- ensvollen Zusammenarbeit, erstmals im Monatsgespräch im Januar 2014, von der Absicht, Bäder an Dritte zu ver- geben, unterrichtet. Die Dienststelle wird den Personalrat auch weiterhin nach Projektfortschritt informieren. 13. Da das für den 30. Juni 2014 angekündigte Konzept für die Zukunft der BBB noch nicht vorliegt stellt sich die Frage, mit welcher strategischen Zielsetzung und auf welcher Grundlage Senat und BBB eine Auslagerung des Betriebs von Bädern gegenwärtig vorantreiben? Zu 13.: Hierzu wird insbesondere auf die Antworten zu den Fragen 1., 6. sowie 8. und 9. verwiesen. 14. Wann und in welcher Art und Weise werden Senat und BBB-Vorstand das Parlament endlich in die strategi- sche Arbeit der BBB einbeziehen? Zu 14.: Wie bereits mehrfach in Sitzungen des Haupt- ausschusses und des Sportausschusses dargestellt wurde, ist es die Absicht des Senats, vor einer Reform der Berli- ner Bäderstruktur einen breiten gesellschaftlichen Kon- sens herzustellen. Die senatsinternen Abstimmungen zu dem im Entwurf fertig gestellten „Berliner Bäderkonzept 2025“ konnten noch nicht vollständig abgeschlossen werden. Die vom Hauptausschuss gewünschte Vorlage des Konzeptes war deshalb noch nicht zu gewährleisten. Das Bäderkonzept wird nach derzeitigem Stand nach Beteiligung des Senats dem Parlament bis zum 31.10.2014 vorgelegt werden können. Dabei wird es sich um einen Zwischenbericht handeln, der die Strategien und Möglichkeiten darstellt, ohne bereits Vorfestlegungen zu treffen. Die öffentliche Diskussion zum Konzept erachtet der Senat im Sinne von Transparenz und öffentlicher Beteiligung als zwingend erforderlich. Berlin, den 11. September 2014 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. Sep. 2014)