Drucksache 17 / 14 497 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Wolfgang Brauer (LINKE) vom 05. September 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. September 2014) und Antwort Zentral- und Landesbibliothek vor der Abwicklung? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. In welchem Zeitrahmen erfolgen nach dem Schei- tern des Investitionsprojektes die erforderlichen Neupla- nungen für die Zentral- und Landesbibliothek? Zu 1.:Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt und die Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten haben sich auf ein Vorgehen verständigt, das bis Herbst 2016 zu einem geprüften Bedarfsprogramm für einen Erweiterungsbau/Neubau für die Stiftung Zentral- und Landesbibliothek (ZLB) führen soll. Dies umfasst * die kritische Prüfung des bisherigen Raum- und Funktionsprogrammes zur Optimierung der Flä- chenbedarfe; * die Identifikation von mehreren möglicherweise geeigneten neuen Standorten und deren verglei- chende Bewertung. Ziel ist es, dass bis Herbst 2016 bzw. dem voraus- sichtlichen Beginn der Regierungsbildung nach den Wah- len zum Abgeordnetenhaus ein geprüftes und genehmig- tes Bedarfsprogramm vorliegt. 2. Welche bereits im Vorfeld der Planungen für das Tempelhofer Feld geprüften Standorte sollen einer neuer- lichen Überprüfung unterzogen werden? 3. Welche weiteren Standorte sollen bei der Prüfung einbezogen werden? Zu 2. und 3.: In einem mehrstufigen Auswahlverfah- ren sollen alle realistischerweise noch verfügbaren Stand- orte sowie die bis zum Abschluss der Vorauswahl-Phase ggf. noch identifizierten Standorte untersucht werden. Dabei werden die Prüfmitteilungen sowie der Jahresbe- richt 2014 des Rechnungshofs von Berlin berücksichtigt. 4. Welche konzeptionellen Überlegungen stehen hin- ter der Idee, die Stadtbibliothek Friedrichshain-Kreuzberg mit der Zentral- und Landesbibliothek unter der „Dachmarke “ ZLB zusammenzuführen? Zu 4.: Die Berliner Öffentlichen Bibliotheken stehen vor der Herausforderung, ihre Aufgabe als sekundäre Bildungseinrichtungen, als Garanten für Informationsfrei- heit, chancengleichen Zugang zu Bildung und kulturelle Teilhabe sowie als integrativ wirkende Orte der städti- schen Infrastruktur den gesellschaftlichen, technischen und finanziellen Veränderungen laufend anzupassen und ihre Angebote und Organisation zu überprüfen und wei- terzuentwickeln. Um sich für die Bewältigung dieser Aufgaben gut auf- stellen zu können, ist der Bezirk Friedrichshain- Kreuzberg an die Zentral- und Landesbibliothek Berlin (ZLB) herangetreten mit der Bitte, die Machbarkeit einer institutionellen Zusammenführung der Stadtbibliotheken Friedrichshain-Kreuzberg unter dem Dach der Stiftung ZLB gemeinsam ergebnisoffen zu prüfen. Die Machbarkeitsstudie soll aufzeigen, ob und wie ei- ne solche Zusammenführung geeignet ist, die Herausfor- derungen der Zukunft besser zu meistern. Dabei soll das breite, dezentrale Leistungsangebot der bezirklichen Bib- liotheken erhalten und entwickelt werden und die landes- weite Leitfunktion der ZLB herausgearbeitet werden. Die Machbarkeitsstudie soll im ersten Halbjahr 2015 vorliegen. Die Projektpartnerinnen und Projektpartner werden die Studie gemeinsam auswerten und anschlie- ßend vereinbaren, wie mit den durch die Studie gewonne- nen Erkenntnissen umzugehen ist. 5. Wie bewertet der Senat kritische Stimmen, die in diesem „Fusionsprozess“ einen ersten Schritt zur Abwicklung der ZLB in ihrer bisherigen Struktur mit ihrem bis- herigen Aufgabenfeld sehen? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 497 2 Zu 5.: Dem Senat von Berlin sind kritische Stimmen in diesem Zusammenhang nicht bekannt. Die o.g. Machbarkeitsstudie ist ergebnisoffen ange- legt, so dass die Ergebnisse auch in ihrer Wirkung auf die ZLB mit Vorlage des Konzeptes zu analysieren und zu bewerten sind. Für das in der Fragestellung vermutete Abwicklungs- szenario für die ZLB, in welche Richtung auch immer, gibt es keinerlei Anzeichen. Mit der Unterstützung des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg und dessen Be- zirksbibliothek auch mittels dieser Machbarkeitsstudie erfüllt die ZLB ihren gesetzlichen Auftrag als öffentliche Zentralbibliothek mit der Aufgabe, zentrale Dienstleis- tungen für das Bibliothekswesen in Berlin zu erbringen (Zentralbibliotheksstiftungsgesetz – ZLBG (§ 2 vom 09.06.2011). Weitere gesetzliche Aufgaben der ZLB wie die der Landesbibliothek und ihrer Sammlungen sind von der Machbarkeitsstudie oder eine möglichen Fusion mit der Bezirksbibliothek Friedrichshain-Kreuzberg unbe- rührt. 6. Welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang das Übertragen originärer bibliothekarischer Aufgaben an private Dienstleistungsunternehmen und wie will der Senat sichern, dass in diesem Zusammenhang einerseits die bisherige Qualität der Bibliotheksarbeit gehalten wer- den kann und andererseits kein Billiglohnsektor unter dem „Dach“ einer landesunmittelbaren Stiftung entsteht? Zu 6.:Dienstleister im Bereich der unterstützenden Services für Bibliotheken gibt es seit Jahrzehnten. Dies betrifft Reprografieservices, Transportdienstleistungen, Sicherheitsdienstleistungen, Lieferleistungen regalfertig zubereiteter Medien (Bücher wie audiovisuelle Medien) u.v.m. Auch die Berliner Bibliotheken beschäftigen solche Dienstleistungsfirmen und entsprechen damit den betrieb- lichen Gepflogenheiten der sonstigen Berliner Kultur- und Landeseinrichtungen. Zielstellung ist in der Regel, mehr interne Kapazitäten für die tatsächlich originären biblio- thekarischen Aufgaben zu gewinnen, die diverser und anspruchsvoller werden. Für die Beauftragung dieser Dienstleister gelten die für öffentliche Auftraggeber im Land Berlin verbindlichen Standards (u.a. des Mindest- lohns). Ein Zusammenhang mit der Machbarkeitsstudie zur Kooperation mit der Stadtbibliothek Friedrichshain Kreuzberg besteht nicht. 7. Welche Aufgaben billigt der Senat noch den be- zirklichen Bibliotheken zu, wenn die ZLB künftig stärker ein sogenanntes „Massengeschäft“ in deutlicher Absetzung zum als „Nischengeschäft“ disqualifizierten Aufgabenfeld einer wissenschaftlichen Allgemeinbibliothek betreiben soll? Zu 7.: Die bezirklichen Bibliotheken werden entspre- chend dem Allgemeinen Zuständigkeitsgesetz (AZG) der Berliner Verwaltung in Verantwortung der Bezirke be- trieben. Der Senat von Berlin strebt keine Aufgabenver- änderung für die Berliner Öffentlichen Bibliotheken an. Wenn die Schärfung des Profils der ZLB sowie wie die unter 4. genannte Machbarkeitsstudie dazu beitragen, die zukunftsgerichtete Entwicklung sowie eine engere Ko- operationsbereitschaft der Bibliotheken untereinander zu befördern, so begrüßt der Senat von Berlin diese Entwick- lung. Die Notwendigkeit der Profilschärfung der ZLB ergibt sich daraus, dass die ZLB bereits derzeit die meist- besuchte Berliner Kultureinrichtung ist. Damit muss sie eine große „Masse“ an Publikum nachfragegerecht bedienen . Zur effizienten und qualitätsvollen Bewältigung dieses Geschäfts muss die Bibliothek ihre internen Pro- zesse und Strukturen insbesondere in den Hintergrundbe- reichen laufend überprüfen und ggf. weiter entwickeln. Damit wird kein Aufgabenfeld der Bibliothek disqualifi- ziert; die gesetzlichen Aufgaben werden weiterhin voll- umfänglich verfolgt. 8. Wann wird die derzeit unbesetzte Stelle der Gene- raldirektorin zumindest amtierend wieder mit bibliotheka- rischer Fachkompetenz besetzt? Zu 8.: Der Vorstand der ZLB wird laut Stiftungsgesetz vom Stiftungsrat bestellt und kann aus bis zu zwei Perso- nen bestehen. Als Vorstand und Managementdirektor leitet Volker Heller die ZLB. Die zweite Vorstandspositi- on ist aufgrund einer Beurlaubung von Frau Professor Dr. Lux zurzeit unbesetzt. Ungeachtet der Tatsache, dass die bibliothekarische Fachkompetenz in der Leitung des Hau- ses auch aktuell umfangreich abgedeckt ist, wird nach Ablauf der Beurlaubung im Jahr 2015 der Stiftungsrat über die Nachbesetzung der zweiten Vorstandsposition entscheiden. Berlin, den 24. September 2014 Der Regierende Bürgermeister In Vertretung Tim Renner Staatssekretär für Kulturelle Angelegenheiten (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 25. Sep. 2014)