Drucksache 17 / 14 523 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Danny Freymark (CDU) vom 09. September 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. September 2014) und Antwort Antisemitismus und radikaler Islamismus in Berlin Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche Erkenntnisse hat der Berliner Senat über antisemitische Hassverbrechen und Propagandadelikte im Zuge verschiedener pro-palästinensischer Demonstratio- nen in den vergangenen Wochen? Vorbemerkung: Die Grundlage für die Beantwortung dieser Frage bildet der „Kriminalpolizeiliche Meldedienst in Fällen Politisch motivierter Kriminalität“ (KPMDPMK ). Dabei handelt es sich, anders als bei der „Polizeilichen Kriminalstatistik“ (PKS), um eine Eingangsstatistik . Das bedeutet, dass die Fallzählung tatzeitbezogen erfolgt, unabhängig davon, wann das Ermittlungsverfah- ren an die Staatsanwaltschaft abgegeben wurde. Die folgenden statistischen Angaben stellen keine Einzelstraftaten der Politisch motivierten Kriminalität (PMK) dar. Bei der Darstellung handelt es sich um Fall- zahlen. Ein Fall bezeichnet jeweils einen Lebenssachverhalt in einem engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit identischer oder ähnlicher Motivlage, unabhängig von der Zahl der Tatverdächtigen, Tathandlungen, Anzahl der verletzten Rechtsnormen oder der eingeleiteten Ermitt- lungsverfahren. Die Fallzahlen der PMK unterliegen bis zum Ab- schluss der Ermittlungen – ggf. bis zum endgültigen Gerichtsurteil – einer Bewertung gemäß der angenommenen Tätermotivation. Darüber hinaus können Fälle der PMK erst nach dem Statistikschluss bekannt und entsprechend gezählt werden. Deshalb kommt es sowohl unter- als auch überjährig immer wieder zu Fallzahlenänderungen. Um die Fallzahlen übersichtlich und in Teilbereichen vergleichbar darzustellen, er-folgt die Unterteilung in die Deliktsarten Gewaltdelikte, Propagandadelikte und sons- tige Delikte. Gewaltdelikte sind Tötungsdelikte, Körperverletzun- gen, Brand- und Sprengstoffdelikte, Landfriedensbruch, Gefährliche Eingriffe in den Schiffs-, Luft-, Bahn- und Straßenverkehr, Freiheitsberaubung, Raub, Erpressung, Widerstandsdelikte, Sexualdelikte einschließlich Versu- che. Propagandadelikte sind das Verbreiten von Propagan- damitteln und das Verwenden von Kennzeichen verfas- sungswidriger Organisationen. Die sonstigen Delikte beinhalten alle weiteren Straf- rechtsnormen des Strafgesetzbuches sowie der Straf- rechtsnebengesetze. Um das Motiv eines Falles auswertbar darzustellen, werden diesem bundeseinheitlich verbindliche Themen- felder bzw. Unterthemen zugeordnet. So ist z. B. „fremdenfeindlich “ ein Unterthema des Themenfeldes „Hasskriminalität “. Um das Motiv detailliert darzustellen, können einem Fall mehrere Themenfelder bzw. Unterthemen zugeordnet werden. So kann ein Fall bspw. sowohl fremdenfeindlich als auch antisemitisch sein. Aus diesem Grund wird ein Fall bei der Auswertung der Themenfelder bzw. Un- terthemen so oft gezählt, wie ihm Themenfelder bzw. Unterthemen zugeordnet wurden. Insofern führt die Summierung der Fallzahlen in den einzelnen Unterthemen grundsätzlich nicht zum tatsächlichen Fallzahlenaufkom- men. Zu 1.: Im Zusammenhang mit Demonstrationen zum Israel-/Palästinenserkonflikt wurden im Zeitraum Januar bis Juli 2014 phänomenbereichsübergreifend sieben Fälle registriert, bei denen eine antisemitische Motivation fest- zustellen war. Diese Fälle verteilen sich auf die einzelnen Deliktsarten und Phänomenbereiche wie folgt: Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 523 2 Propagandadelikte sonstige Delikte Gesamt PMK - rechts 1 1 2 PMAK 0 3 3 Nicht zuzuordnen 0 2 2 PMK gesamt 1 6 7 (PMAK = Politisch motivierte Ausländerkriminalität) Es wurden keine Gewaltdelikte registriert. Valide Fallzahlen für August 2014 liegen noch nicht vor. 2. Wie viele Ermittlungsverfahren hat die Polizei we- gen Volksverhetzung und Beleidigungen in diesem Zu- sammenhang eingeleitet und wie viele Verfahren sind noch anhängig? Zu 2.: Im Rahmen des KPMD-PMK wurden drei Ver- stöße wegen Verdachts der Beleidigung (§ 185 Strafge- setzbuch (StGB)) festgestellt. Davon ein Fall im Phäno- menbereich PMAK, zwei Fälle im Bereich Sonstige/Nicht zuzuordnen. Weiter wurde ein Verstoß wegen Verdachts der Volksverhetzung (§ 130 StGB - Phänomenbereich PMK - rechts) registriert. Die Verfahren sind aktuell noch in Bearbeitung. 3. Welche Erkenntnisse hat der Berliner Senat über eingeleitete Maßnahmen gegen die Verwendung der Fah- ne der verbotenen Organisation „Hizb ut-Tahrir" am 19.07.2014.? Zu 3.: Dem Senat liegen keine Erkenntnisse vor, dass am 19. Juli 2014 die Fahne des mit einem Betätigungs- verbot belegten Vereines „Hizb ut-Tahrir“ verwendet wurde. Sollte eine derartige Fahne in der Öffentlichkeit verwendet werden, würde dies einen Verstoß gegen das Vereinsgesetz (VereinsG) nach § 20 (1) Nr. 5 VereinsG darstellen und entsprechende strafprozessuale Ermittlun- gen würden durch die Polizei geführt werden. 4. Welche Erkenntnis hat der Berliner Senat über den Verein „Bildung und Sport e.V.“, der als gemeinnütziger Verein antisemitische bzw. anti-israelische Propaganda im Rahmen der jüngsten Demonstrationen vertrieben hat? Zu 4.: Zu dem in der Frage genannten Vereinsnamen existiert in Berlin (Wedding) ein Verein mit dem Schwer- punkt Taekwondo und Selbstverteidigung. Dieser Verein hat im Rahmen der jüngsten Demonstrationen mit Bezug zum Gaza-Konflikt ein „Spontanprojekt für Palästina“ initiiert. Durch den Verkauf von Stickern sollen die Orga- nisatoren der „Free-Palästina-Demos“ unterstützt werden, um auf die Geschehnisse in Gaza aufmerksam zu machen. 5. Welche Maßnahmen plant der Senat, um antisemiti- sche Propaganda unter dem Deckmantel der Gemeinnüt- zigkeit zu unterbinden? Zu 5.: Es sind zurzeit keine Verbotsverfahren in die- sem Zusammenhang in Vorbereitung. Straftaten mit antisemitischem Hintergrund werden auch weiterhin mit aller Konsequenz verfolgt. 6. Welche Schritte hat der Berliner Senat gegen die „Islamische Gemeinschaft Berlin e.V. eingeleitet, nachdem in der Berliner „Al Nur Moschee“ im Rahmen einer Freitagspredigt zur Vernichtung der Juden aufgerufen wurde? Zu 6.: Gegen den dänischen Gastimam, der die betref- fende Predigt hielt, wurde durch die Polizei Berlin ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Volksver- hetzung nach § 130 StGB eingeleitet. Im Rahmen der Ermittlungen wurde ein Gespräch mit den Verantwortli- chen der Islamischen Gemeinschaft Berlin e.V. / Al-Nur- Moschee geführt, die sich vom Inhalt der Predigt distan- ziert haben und nach eigener Auskunft dafür sorgen wol- len, dass sich ein solcher Sachverhalt nicht wiederholt. 7. Welche Erkenntnisse hat der Senat über die salafis- tische Szene in Berlin (Strukturen, Personenkreise, Anhä- nger)? Zu 7.: Das salafistisch ausgerichtete Personenspekt- rum in Berlin umfasst nach derzeitigem Erkenntnisstand ca. 550 Personen bei einer bundesweiten Größenordnung von mehr als 6.000 Salafisten mit steigender Tendenz. Von diesen Personen aus Berlin werden ca. 250 Personen als gewaltorientiert eingeschätzt. Über 60 Personen aus dem salafistischen Spektrum Berlins sind nach derzeiti- gem Erkenntnisstand mit islamistischer Motivation in Richtung Syrien/Irak gereist. 8. Welche Erkenntnisse hat der Berliner Senat über sa- lafistische Einflussversuche in Berliner Schulen und Bil- dungseinrichtungen? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 523 3 Zu 8.: Versuche salafistischer Einflussnahme im Sinne eines organisierten Einwirkens auf das Geschehen in Schulen und Bildungseinrichtungen, die von salafisti- schen Strukturen in Berlin ausgehen, sind dem Senat nicht bekannt. 9. Welche Erkenntnisse hat der Senat über Aktivitäten des „Islamischen Staates“ in Berlin? Zu 9.: Am 29. Juni 2014 hat die terroristische Organi- sation „Islamischer Staat von Irak und Groß-Syrien“ (ISIG ) das „Kalifat“ ausgerufen und sich in „Islamischer Staat“ (IS) umbenannt. Dem IS ist es gelungen, große Teile des Irak und Syriens militärisch zu erobern. Der IS übt dort quasi-staatliche Funktionen unter rigoroser An- wendung der islamischen Rechtsordnung Scharia aus. Der IS hat eine globale Agenda. Die „Befreiung“ der heiligen Stätten in Medina und Mekka sowie die „Befreiung“ Jerusalems sind geplant. Es erfolgt ein großer Zulauf von Freiwilligen auch aus Europa in die dortige Region zum IS. Für Berlin wurden über 60 Personen bekannt, die mit islamistischer Motivation in Richtung Syrien/Irak gereist sind. Insbesondere Denis C. mit Kampfnamen „ABU TALHA AL ALMANI“ ist durch das Internet als ISAngehöriger bekannt geworden. Der Aktionsraum des IS, insbesondere im Internet, ist in bzw. mit Bezug auf Deutschland / Berlin derzeit als eher gering einzustufen. Die ehemalige Facebook-Gruppe „Islamischer Staat Berlin “ (ISB) hat in keinem organisatorischen Bezug zum IS gestanden. Es handelte sich vornehmlich um eine rein virtuelle Gruppe mit ca. 500 per „Like“ kontaktierten Personen, welche aber nicht alle aus Berlin stammten. Vereinzelte Sympathiebekundungen für den IS durch in Berlin gemeldete Personen sind bekannt. Im Rahmen von Strafverfahren gegen Syrienrückkehrer wurden Be- weismittel sichergestellt, deren Auswertung noch andau- ert. 10. Welche Erkenntnisse hat der Senat über Aktivitä- ten der „Hamas“ sowie der „Muslimbrüder“ in Berlin? Zu 10.: Die „Bewegung des Islamischen Widerstands“ (Hamas) und die Muslimbruderschaft (MB) treten in Deutschland nicht offen auf. In Berlin existieren jedoch Organisationen, die diesen beiden Organisationen zuzu- rechnen sind, sowie mehrere Moscheen, die als Treff- punkte ihrer Anhängerinnen und Anhänger gelten. Die größte Organisation von Anhängerinnen und An- hängern der MB in Deutschland ist die auch in Berlin aktive „Islamische Gemeinschaft in Deutschland e.V.“ (IGD). Zu den Berliner Trefforten von MB-Anhängerin- nen und MB-Anhängern zählt u. a. das „Interkulturelles Zentrum für Dialog und Bildung e.V.“ (IZDB). Schwerpunkt der Aktivitäten von MB-Anhängerinnen und MB- Anhängern in Berlin sind seit Juli vergangenen Jahres Proteste gegen den Militärputsch in Ägypten, bei dem der damalige Präsident Muhammad Mursi gestürzt und die MB sowie die ihr zuzurechnenden Organisationen verbo- ten wurden und ihr Vermögen eingezogen wurde. Als Organisationen von Hamas-Anhängerinnen und Hamas-Anhängern gelten die „Palästinensische Gemeinschaft in Deutschland e.V.“ (PGD) mit Sitz in Berlin sowie die ihr nahestehende „Deutsche Jugend für Palästina “ (DJP) und der „Palästinensische Frauenverband e.V.“. Als Treffpunkt von Berliner Hamas-Anhängerinnen und Hamas-Anhängern gilt das „Islamische Kultur- und Erziehungszentrum e.V.“ (IKEZ). Zu den wichtigsten Aktivitäten Berliner Hamas-Anhängerinnen und -Anhängern zählt die Organisation von Kulturabenden, Gedenkveran- staltungen, Seminaren und Feierlichkeiten zu verschiede- nen Anlässen. Hierzu zählt insbesondere der jährlich stattfindende Kongress des „Palestinian Return Center“ (PRC), der dieses Jahr in Paris stattfand. Im Juli und August 2014 fanden in Berlin zahlreiche Kundgebungen und Demonstrationen mit inhaltlichem Bezug zum Gaza-Krieg statt. Hiervon wurden mehrere Veranstaltungen im Namen der PGD, der DJP und des „Palästinensischen Frauenverbands“ angemeldet. 11. Welche Projekte und Maßnahmen gibt es in Berlin gegen radikalen Islamismus? Zu 11.: Projekte und Maßnahmen, die der demokratie- feindlichen und antisemitischen Stoßrichtung eines ext- remistisch ideologisierten Islams entgegenwirken, setzen auf den Ebenen der primären, sekundären und tertiären Prävention an. Auf der Ebene der Primärprävention (gerichtet an Zielgruppen aus der gesamten Gesellschaft) agieren in Berlin Projekte wie „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ des Vereins „Aktion Courage e.V.“, und Projekte der Vereine „Miphgasch/Begegnung e.V.“, „Gesicht Zeigen! Für ein weltoffenes Deutschland e.V.“, das Anne Frank Zentrum und Weitere. Auf der Ebene der Sekundär- und Tertiärprävention (gerichtet an gefährdete und manifest betroffene Ziel- gruppen) setzen z.B. Projekte der Vereine „Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus (KIgA) e. V.“, „Violence Prevention Network e. V.(VPN)“, „ufuq.de“ und der „ZDK - Gesellschaft Demokratische Kultur“ gGmbH an. Der Senat begrüßt jede Form der Kooperation, die ge- eignet ist, dem Entstehen salafistischer und jihadistischer Radikalisierungen bereits im Vorfeld zu begegnen. So erfordert die wachsende Attraktivität insbesondere des Salafismus parallel zu Repressionsmaßnahmen auch sol- che der Prävention und der Deradikalisierung. Entspre- chende Programme der Extremismusprävention werden in Deutschland und Berlin sowohl von zivilgesellschaftli- chen als auch von staatlichen Trägern angewandt. Hierbei gilt die Sensibilisierung und Kompetenzstärkung der Öffentlichkeit gegenüber extremistischen Tendenzen als wichtiger Bereich von Präventionsarbeit. Diese u.a. von der Senatsverwaltung für Inneres und Sport geleistete Aufgabe umfasst die Aufklärung über sämtliche Formen des islamistischen Extremismus (Islamismus) sowie des- sen Abgrenzung von der Religion des Islam. Hierzu wer- Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 523 4 den in Schulen, Polizeidienststellen, der Justiz, politi- schen Stiftungen, Universitäten, Politik und Wirtschaft Vorträge und Fortbildungen zum Themenkomplex „Islamismus / Salafismus“, „Islamistischer Terrorismus“ sowie zu hiervon ausgehenden Radikalisierungsgefahren durchgeführt. Sowohl Vorträge als auch entsprechende Symposien und Publikationen sollen die Rezipienten in die Lage versetzen, extremistische Phänomene und Radi- kalisierungen zu erkennen und sie von verfassungskon- formen und durch die Religionsfreiheit gedeckten religi- ös-kulturellen Praktiken des Islam zu unterscheiden. Als Grundlagenmaterial verfügt Berlin über zwei Aufklärungsbroschüren: - 2005a: „Islamismus–Diskussion eines vielschichtigen Phänomens“ (Reihe Im Fokus) und - 2005b: „Islamismus“ (Reihe Info). Darüber hinaus wurde 2011 die Broschüre zur Deradi- kalisierung „Zerrbilder von Islam und Demokratie – Argumente gegen extremistische Interpretationen von Islam und Demokratie“ publiziert, die vor allem Multiplikatorinnen und Multiplikatoren in der Auseinandersetzung mit radikalen Ansichten unterstützt. Die dreisprachige Bro- schüre (Deutsch, Arabisch, Türkisch) begegnet islamisti- schem bzw. salafistischem Gedankengut mit einem geis- tig-politischen Ansatz. Dies erfolgt durch die Konfronta- tion islamistisch-extremistischer Auffassungen (zu De- mokratie, Rechtsstaat, Frauen, Nichtmuslimen und Ge- walt) mit den Grundsätzen der freiheitlichen demokrati- schen Grundordnung sowie mit demokratiebejahenden Aussagen liberaler Musliminnen und Muslime. Die Jugendstrafanstalt Berlin arbeitet zur Bekämpfung ideologisch –also auch islamistisch- motivierter Gewalt mit dem VPN zusammen. VPN hält auf die Teilnehme- rinnen und Teilnehmer zugeschnittene Deradikalisie- rungsprogramme vor, die bislang zu verschiedenen Antei- len aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds, des Bun- des, des Landes Berlin und der Jugendstrafanstalt Berlin selbst finanziert sind. Die Polizei Berlin widmet sich neben repressiven Maßnahmen auch verschiedenen präventiven Möglichkei- ten. So werden beispielsweise Gefährderansprachen oder Gespräche mit Familienangehörigen polizeilich relevanter Personen durchgeführt und intensive Kontakte zu den Vertreterinnen und Vertretern muslimischer Vereine, Verbände und Moscheen gepflegt. 12. Werden diese vom Berliner Senat unterstützt? Zu 12.: Siehe Antwort zu 11. Der Senat unterstützt im Rahmen seines Landesprogramms „Demokratie. Vielfalt. Respekt. Gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Anti- semitismus“ u.a. die unter 11. genannten Maßnahmen der Primärprävention. Die unter 11. genannten Projekte der Sekundär- und Tertiärprävention erhalten oder erhielten eine Unterstützung aus Förderprogrammen der Bundesre- gierung. 13. Welche zivilgesellschaftlichen Aktivitäten sind dem Berliner Senat im Bereich der Bekämpfung des radi- kalen Islamismus bekannt? Zu 13.: Neben den unter 11. genannten und von Berli- ner Vereinen initiierten Aktivitäten ist dem Senat bekannt, dass sich muslimische Vereinigungen der Vereinnahmung des Islam durch extremistische Ideologen entgegenstellen. So wendeten sich muslimische Gemeinden in Berlin ge- meinsam mit der Evangelischen Kirche Berlin-Branden- burg-schlesische Oberlausitz, dem Erzbistum Berlin und der Jüdischen Gemeinde zu Berlin z.B. 2010 in einem öffentlichen Aufruf gegen jedweden religiös begründeten Terror. Verschiedene islamische Vereinigungen in Berlin beteiligten sich am 19. September 2014 an der Aktion „Muslime stehen auf gegen Hass und Unrecht“, mit der ein Zeichen u.a. für die freiheitlich-demokratische Grund- ordnung und gegen „Extremismus jeglicher Couleur“ gesetzt werden sollte. Der Berliner Verfassungsschutz unterhält Kontakte zu mehreren in der Islamismus- und Salafismusprävention tätigen zivilgesellschaftlichen Einrichtungen. Hierzu gehören: - Exit Familienhilfe, - VPN, - ufuq.de, - Eltern- und Betroffenen Initiative (EBI), - Ostkreuz e.V. Darüber hinaus wurde 2012 beim Bundesamt für Mig- ration und Flüchtlinge (BAMF) die „Beratungsstelle Radikalisierung “ eingerichtet, die Betroffene wie Angehörige über Hilfsangebote informiert und an zivilgesellschaft- liche Beratungsstellen vermittelt. Dies ist in Berlin die „Beratungsstelle HAYAT“, die vom Verein „Zentrum Demokratische Kultur“ betrieben wird. Der Bedarf an Betreuung von Angehörigen radikalisierter Musliminnen und Muslime hat sich mit 800 registrierten Anrufen seit der Einrichtung bis 2013 bestätigt, aus denen mehr als 200 Beratungsfälle entstanden sind, die an zivilgesell- schaftliche Partner weitergegeben wurden. Mit dem An- stieg der Beratungsfälle ist die „Beratungsstelle Radikalisierung “ des BAMF zunehmend auf die Unterstützung von Länderberatungsstellen angewiesen. Für Berlin ist die Einrichtung einer „Landesberatungs- und Koordinierungsstelle gegen Radikalisierung“ angedacht. 14. Werden diese durch den Berliner Senat unter- stützt? Zu 14.: Der Senat begrüßt die verschiedenen Aktivitä- ten gegen Extremismus und Demokratiefeindlichkeit der islamischen Verbände in Berlin und unterstützt sie in ideeller Form. Siehe auch Antwort zu 11. - 13. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 523 5 15. Welche rechtlichen Schritte hält der Berliner Senat für notwendig, um Symbole einer terroristischen Organi- sation auf Demonstrationen zu untersagen? Zu 15.: Das Zeigen von Kennzeichen, insbesondere Fahnen, von nach dem Vereinsgesetz verbotenen Vereini- gungen auf Versammlungen ist gemäß §§ 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG verboten und strafbewehrt. Bestehen bei öffentlichen Versammlungen unter freiem Himmel hinreichende Erkenntnisse, dass dort Kennzeichen verbotener Vereinigungen gezeigt werden könnten, wird dies durch einen Auflagenbescheid nach § 15 Abs. 1 Versammlungsgesetz (VersG) untersagt. Zuwi- derhandlungen werden konsequent geahndet. Berlin, den 24. September 2014 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 30. Sep. 2014)