Drucksache 17 / 14 556 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Stefanie Remlinger (GRÜNE) vom 15. September 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. September 2014) und Antwort Ergebnisse der Berufsbildungsreife 2014 III – wie sind die Maßnahmen zur besonderen Förderung von Schülerinnen und Schülern zu bewerten? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Die Bildungsverwaltung gibt in ihrer Pressemitteilung vom 29. August an, „die zahlreichen Unterstützungssysteme verstärkt an die Schulen mit schwachen Lerner- gebnissen herantragen“ zu wollen. Was ist hier jeweils konkret geplant hinsichtlich des Einsatzes von Fachcoa- ches/der prozessbegleitenden Schulberatung; schulinterne Fortbildungen zur Schul- und Unterrichtsentwicklung; Einsatz von Schulcoaches über das Bonusprogramm; Organisation von zusätzlichem Förderunterricht in den Prüfungsfächern; proSchul; Einrichtung von Praxisklas- sen/Produktives Lernen; Nutzung des Bildungs- und Teil- habepakets und wie viele Schulen/ Schulklassen/ Schüle- rInnen kamen bisher in den Genuss der jeweiligen Maß- nahmen? Wie sollen diese Anzahlen gesteigert werden? Wie hoch sind die Mittel für diese zusätzlichen Maßnah- men? Wie wird der Informationsfluss über diese Pro- gramme an die Schulen sichergestellt? Zu 1.: proSchul unterstützt längerfristig die Fachbe- reiche von Schulen mit unterdurchschnittlichen Schulleis- tungsergebnissen durch den Einsatz von Fachcoaches in den Fächern Mathematik, Deutsch, Englisch und Natur- wissenschaften. Die Lehrkräfte werden in den Fachberei- chen kurzfristig bei der Erarbeitung von Konzepten zur systematischen Prüfungsvorbereitung und langfristig bei der Entwicklung einer veränderten Unterrichtsgestaltung beraten und unterstützt. Die Schulen analysieren die Ergebnisse der Berufsbil- dungsreife und leiten aus diesen Ergebnissen ihren Fort- bildungsbedarf ab. Die zentralen Prinzipien der schulin- ternen Fortbildung sind die Bedarfs- und Nachfrageorien- tierung. Die von der Schulleitung angeforderten Fortbil- dungsbedarfe werden durch die regionale Fortbildung, ggf. unter Einbeziehung von externen Expertinnen und Experten, schulintern durchgeführt. Es finden inzwischen über 50 % der Fortbildungen an den Schulen statt. Die Organisation von zusätzlichem Förderunterricht in den Prüfungsfächern Deutsch und Mathematik liegt in der Eigenverantwortung der Schule. Im „Bonusprogramm“ entscheiden die Schulen eigenverantwortlich über den Einsatz der zusätzlichen Mittel aus dem Programm entsprechend der konkreten Zielstel- lung der Schule. Dabei sind die vielfältigen Vorhaben der Einzelschulen immer dem Programmziel untergeordnet, Bildungsbenachteiligung abzubauen. Das Erreichen von Schulabschlüssen durch zusätzliche Förderung ist ausge- wiesenes Programmziel. Die Maßnahmen reichen von der Fortbildung der Lehrkräfte, zusätzlichen lernunterstützenden Angeboten wie Lerncoaches, über sozialpädagogische Stützungsan- gebote bis zu verstärkter Elternarbeit und Einbeziehung freier Träger der Jugendhilfe aus dem sozialen Umfeld der Schulen. Im Schuljahr 2014/2015 wurden in enger Abstimmung mit der regionalen Schulaufsicht im Rahmen der besonde- ren Organisationsformen des Dualen Lernens an Integrier- ten Sekundarschulen/Gemeinschaftsschulen Praxislern- gruppen 1 für 907 Schülerinnen und Schüler der Jahrgänge 9 und 10 an 44 Schulen eingerichtet (Stand: 16.09.2014). An Praxislerngruppen können Schülerinnen und Schüler teilnehmen, für die voraussichtlich im herkömmlichen Unterricht kein Schulabschluss erreichbar erscheint. Die Anzahl der Teilnehmer wird schuljährlich bedarfsorien- tiert festgelegt und ggf. im Rahmen der zur Verfügung stehenden Mittel gesteigert. Das „Produktive Lernen“ findet im Schuljahr 2014/2015 an insgesamt 23 Schulstandorten statt. Am Ende des Schuljahres 2013/2014 haben 368 Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 10 das „Produktive Lernen “ verlassen (davon 260 mit einem Schulabschluss, das entspricht einer Abschlussquote von 70,7 %). 1 Der Begriff „Praxisklassen“ findet seit Auslaufen der Haupt- schulen keine Verwendung mehr. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 556 2 Für die Einrichtung von Praxislerngruppen und für das „Produktive Lernen“ sind im Rahmen des Dualen Lernens in den Haushaltsjahren 2014/2015 im Ansatz Mittel in Höhe von 1,9 Mio. Euro für 2014 und 2,0 Mio. Euro für 2015 vorgesehen. Der Ansatz 2014 wurde haushaltswirt- schaftlich durch Ausnutzung der Deckungsfähigkeit um rd. 1,45 Mio. € erhöht. Eine Mittelkonkurrenz zwischen den Maßnahmen Praxislerngruppen und Produktives Lernen besteht nicht. BuT-Lernförderung als weitere unterstützende Maß- nahme wird zunehmend von den anspruchsberechtigten Schülerinnen und Schülern genutzt. Angaben zu der Ent- wicklung der Teilnehmerzahlen finden sich in der Beant- wortung der Frage 5. Die Schulen haben Kenntnis von den Unterstützungs- systemen. Die regionale Schulaufsicht berät die Schule hinsichtlich des Einsatzes von Unterstützungssystemen zur gezielten Förderung der Schülerinnen und Schüler in den Fächern Deutsch und Mathematik. 2. Welche Maßnahmen zielen besonders auf die Verbesserung der Leistungen in Mathematik ab und inwiefern sind diese zielgruppengenau ausgerichtet bzw. speziell für die Gemeinschaftsschulen angedacht? Zu 2.: Die Fachcoaches Mathematik unterstützen und beraten die Lehrkräfte im Fachbereich Mathematik kurz- fristig bei der Erarbeitung von Konzepten zur systemati- schen Prüfungsvorbereitung und langfristig bei der Ent- wicklung einer veränderten Unterrichtsgestaltung. Um die Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler im Fach Mathematik bereits in der Grundschule zu stär- ken, werden in der regionalen Fortbildung in Kooperation mit dem Deutschen Zentrum für Lehrerbildung Mathema- tik Halbjahreskurse zu vier Leitlinien der Grundschulma- thematik angeboten, die insbesondere für fachfremd un- terrichtende Lehrkräfte konzipiert sind. Diese Fortbil- dungsreihen sind pro Halbjahr für 120 Teilnehmende angelegt. Im Rahmen des gesamtstädtischen Fortbil- dungsschwerpunkts „Durchgängige Sprachbildung“ nahmen 6.063 Pädagoginnen und Pädagogen an den Fortbil- dungen im Schuljahr 2013/2014 teil. Die Angebote zur Sprachbildung im Lernbereich Mathematik sind beson- ders nachgefragt. Die Anfrage, ein passgenaues Fortbildungskonzept mit dem Schwerpunkt „Lernbereich Mathematik“ für die Gemeinschaftsschulen zu erarbeiten, wird derzeit geprüft. 3. Wie evaluiert der Senat die bisherige Wirkung der einzelnen Unterstützungssysteme und welche Aussagen sind hiernach über die Wirksamkeit der einzelnen Instru- mente möglich? Zu 3.: Die Schulberatung und Fortbildung der Senats- verwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft ist ein komplexes Unterstützungssystem zur Qualitätsentwick- lung von Schule und Unterricht. Die strategische Planung und Organisation der Beratung und Fortbildung richtet sich nach den Prinzipien von Erwachsenenbildung und Qualitätsmanagement aus, zu denen in unterschiedlichen nationalen und internationalen Studien Aussagen getrof- fen werden. Zentrale Prinzipien sind die Bedarfs- und Nachfrageorientierung. Die Angebote werden schulintern am Ort der praktischen Umsetzung durchgeführt. Inzwi- schen finden über 50% der Veranstaltungen schulintern statt. Derzeit laufen zwei Untersuchungen zu Einzelaspek- ten im System der regionalen Fortbildung, die jedoch noch nicht abgeschlossen und insofern noch nicht veröf- fentlicht sind. 4. Wie wird insbesondere die Nutzung des Bildungsund Teilhabepakets, speziell der Lernförderung, evalu- iert? Zu 4.: Im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales wird in den Jahren 2013 bis 2016 eine bun- desweite Evaluation der Umsetzung der Leistungen für Bildung und Teilhabe (BuT) durchgeführt. Das Land Berlin beteiligt sich an dieser bundesweiten Evaluation. In einem ersten Schritt erfolgte im Juli 2013 die Teilnahme an der bundesweiten Online-Befragung. Als Ergebnis der Befragung wurde der Bezirk Neukölln ausgewählt, dort im Rahmen einer Fallstudie die lokale Ausgestaltung und Inanspruchnahme der Leistungen näher zu evaluieren. 5. Wie haben sich die Teilnehmerzahlen an Lernförde- rung über das BuT (Anzahl der Schulen / SchülerInnen) seit 2011 entwickelt? Zu 5.: Seit dem Schuljahr 2011/2012 wird BuT- Lernförderung im Rahmen des Bildungs- und Teilhabe- paketes angeboten. Für die letzten vier Monate des Ka- lenderjahres 2011 wurden keine statistischen Daten er- fasst, weil die Verwaltungsstellen/Service-Kräfte in den Außenstellen der Senatsbildungsverwaltung erst aufge- baut wurden. Statisch erfasst werden die Teilnehmerzah- len und die Ausgaben pro Bildungsregion, nicht aber die Anzahl der Schulen, denen die Teilnehmenden angehören. Entwicklung der Teilnehmerzahlen: 2012: 18.624 2013: 38.861 2014: 31.920 (Stand 30.06.2014) 6. Inwiefern plant der Senat von seiner Möglichkeit Gebrauch zu machen, den Kreis der Anspruchsberechtig- ten des BuT auszuweiten? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 556 3 Zu 6.: Der Kreis der Anspruchsberechtigten auf Leis- tungen der Bildung und Teilhabe ist in den §§ 28,29 SGB II, 34, 34a SGB XII und 6b BKGG gesetzlich festge- schrieben. Eine Steigerung der Inanspruchnahme der Leistungen kann nur durch erweiterte Auslegung der maßgeblichen Anspruchsvoraussetzungen für den Erhalt der einzelnen Leistungen erreicht werden. Bei der Leis- tung Lernförderung erwägt der Senat einen erweiterten Zugang zu dieser Leistung durch eine veränderte Ausle- gung des Begriffs „wesentliche Lernziele nach den schulrechtlichen Bestimmungen“. Zukünftig könnten neben den bereits bestehenden Anspruchsvoraussetzungen der Zugang zu besseren Abschlüssen und die Förderung der individuellen Sprachkompetenz als entscheidende Grund- lage für das Erreichen der wesentlichen Lernziele ausge- wiesen werden. Das Abstimmungsverfahren hierzu ist noch nicht abgeschlossen. 7. Sieht der Senat Möglichkeiten zur Entbürokratisierung bei der Inanspruchnahme des BuT? Plant der Senat Entbürokratisierungsmaßnahmen und wenn ja, wie lauten diese? Zu 7.: Im Nachgang der Veröffentlichung der berlin- einheitlichen Statistik für die Inanspruchnahme der Leis- tungen für Bildung und Teilhabe im Jahr 2013 sind alle an der Umsetzung beteiligten Behörden aufgefordert, geeig- nete Maßnahmen zur Steigerung der Inanspruchnahme der Leistungen zu benennen. Auf dieser Grundlage wird der Senat prüfen, ob neben den Maßnahmen zur Steige- rung der Inanspruchnahme der Leistungen auch weitere Maßnahmen zur Entbürokratisierung umgesetzt werden können. Die bundesgesetzlichen Vorgaben zur Umsetzung der Leistungen für Bildung und Teilhabe werden trotz bereits erfolgter gesetzlicher Anpassungen in Bezug auf das Antragsverfahren und die Leistungserbringung nach wie vor kompliziert und verwaltungsaufwändig wahrgenom- men. Der Senat hat sich seit Einführung dieser Leistungen zum 01.01.2011 auf Bundesebene immer dafür eingesetzt, dass gesetzliche Änderungen auch mit dem Ziel der Ent- bürokratisierung erfolgen. Berlin, den 02. Oktober 2014 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Okt. 2014)