Drucksache 17 / 14 579 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Elke Breitenbach (LINKE) vom 11. September 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. September 2014) und Antwort Berliner Joboffensive im Regelbetrieb? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft zum Teil Sachverhal- te, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl um eine sachgerechte Antwort bemüht und hat daher die zuständi- ge Regionaldirektion Berlin-Brandenburg (RD BB) der Bundesagentur für Arbeit (BA) um Angaben gebeten, die bei der nachfolgenden Beantwortung berücksichtigt sind. 1. Wie viele der 350 Integrationsfachkräfte aus der Projektlaufzeit arbeiten weiterhin in dieser Tätigkeit, und in welchem Anstellungsverhältnis sind diese verblieben (Mitarbeiter der Bundesagentur oder kommunale Mitar- beiter des Landes Berlin) – bitte nach Jobcentern aufschlüsseln ? 2. Wie viele der aus dem Modellprojekt übernomme- nen Integrationsfachkräfte haben einen befristeten Ar- beitsvertrag (bitte Auflistung nach Jobcenter und Dauer der Befristung)? Zu 1. und 2.: Zunächst ist anzumerken, dass die 350 zusätzlichen Integrationsfachkräfte nicht immer unmittel- bar in den sogenannten Teams der Berliner Joboffensive (BJO) eingesetzt wurden. Sie haben zum Teil Stammper- sonal ersetzt, das wiederum BJO-Aufgaben wahrgenom- men hat. Nach Beendigung des Projektes haben alle Ber- liner Jobcenter die besonders intensive Betreuung von Kundinnen und Kunden mit Marktnähe fortgesetzt. Die gewünschte „Verbleibs-Klärung“ der 350 zusätzlich Eingestellten ist mit den verfügbaren IT-Systemen auf Seiten des Trägers BA nicht möglich, da bei der Ein- stellung keine besondere Kennzeichnung erfolgte. Alle geeigneten ehemals befristet Eingestellten haben mittler- weile einen Dauerarbeitsvertrag beim Träger Bunde- sagentur für Arbeit (BA). Auf kommunaler Seite arbeiten von den zusätzlichen Integrationskräften des ehemaligen Projektes „Berliner Joboffensive“ derzeit  zehn Beschäftigte unbefristet im Jobcenter Berlin Mitte,  drei Beschäftigte unbefristet im Jobcenter Berlin Spandau,  drei Beschäftigte unbefristet und ein Beschäftigter sachgrundbefristet bis 30.09.2015 (Vertretung El- ternzeit) im Jobcenter Berlin Treptow-Köpenick sowie  neun Beschäftigte sachgrundlos befristet bis 31.03.2015 im Jobcenter Berlin Friedrichshain- Kreuzberg mit Aussicht auf eine dauerhafte Wei- terbeschäftigung. 3. Wie hoch ist der Kundenschlüssel je Jobcenter in den (beibehaltenen) BJO-Teams (oder ähnliche Bezeich- nungen), und wie viele erwerbsfähige Leistungsberechtig- te der sogenannten marktnahen Profillagen werden tat- sächlich von diesen BJO-Teams betreut? Zu 3.: Ein Betreuungsschlüssel je Jobcenter kann in der gewünschten Form nicht zur Verfügung gestellt wer- den, da dieser nicht separat für einzelne Teams erhoben wird. Die Träger sichern durch die zur Verfügung stehen- den Beschäftigungsmöglichkeiten weiterhin einen Be- treuungsschlüssel von 1:100 für diese Kundengruppe zu. Für die Betreuung werden Mitarbeiterinnen und Mitarbei- ter beider Träger eingesetzt. 4. Wie groß ist diese Kundengruppe im Verhältnis zur Gesamtzahl erwerbsfähiger Leistungsberechtigter der einzelnen Jobcenter? Zu 4.: Die Kundengruppe der „markt- bzw. integrationsnahen Profillagen“ (Marktprofil, Aktivierungsprofil, Förderprofil) umfasste im Juli 2014 insgesamt 44.338 erwerbsfähige Leistungsberechtigte (eLb). Darüber hinaus werden zum Teil noch weitere Kundinnen und Kunden aus der „Entwicklungsprofillage“ in die Intensivberatung und -vermittlung der Berliner Jobcenter mit einbezogen. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 579 2 Die einzelnen Werte können der nachfolgenden Tabel- le entnommen werden: Anzahl erwerbsfähiger Leistungsberechtigter über 25 Jahre im Juli 2014 (Monatswert) Berliner Jobcenter Alle darunter integrations- nahe Profilla- gen Anteil an allen darunter Integrationsnah und Entwick- lungsprofil Anteil an allen Ist Ist Ist Ist Ist Neukölln 43.618 4.492 10,3% 15.602 35,8% Treptow-Köpenick 16.596 2.091 12,6% 5.789 34,9% Steglitz-Zehlendorf 13.732 1.853 13,5% 6.299 45,9% Tempelhof-Schöneberg 29.203 3.142 10,8% 11.216 38,4% Charlottenburg- Wilmersdorf 22.780 3.176 13,9% 9.367 41,1% Pankow 25.202 2.810 11,1% 8.795 34,9% Reinickendorf 23.763 5.139 21,6% 11.091 46,7% Spandau 26.104 4.502 17,2% 10.317 39,5% Friedrichshain- Kreuzberg 33.256 5.078 15,3% 13.922 41,9% Mitte 47.683 5.954 12,5% 19.443 40,8% Marzahn-Hellersdorf 24.379 2.151 8,8% 10.215 41,9% Lichtenberg 25.774 3.950 15,3% 9.448 36,7% gesamt 332.090 44.338 13,4% 131.504 39,6% Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion Berlin-Brandenburg – Controlling und Finanzen – 29.09.2014 5. Welche Schlussfolgerungen und Modifikationen für die Arbeit der Jobcenter insgesamt hat der Senat aus der Implementationsstudie sowie der Wirkungsanalyse gezo- gen? Zu 5.: Die Berliner Joboffensive war aus Sicht des Se- nates erfolgreich. Das primäre Ziel, Erhöhung der Integra- tion marktnaher Kundinnen und Kunden wurde erreicht und dabei auch eine Überwindung des SGB-II- Leistungsbezugs befördert. Die bewirkten Einsparungen und Einnahmen der BJO fielen deutlich höher aus als die entstandenen Kosten. Negative Nebenwirkungen wurden nicht festgestellt. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 579 3 Die Stabilität der von marktnahen Kundeninnen und Kunden aufgenommenen Beschäftigungsverhältnisse sowie die Arbeitsmarktchancen marktferner Kundeninnen und Kunden haben sich nicht verändert oder verschlech- tert. Die Implementationsstudie zur BJO hat gezeigt, dass der bessere Betreuungsschlüssel und die höhere Kontakt- dichte dann am ehesten positive Wirkungen zeigen, wenn diese durch qualitative Verbesserungen des Vermittlungs- prozesses begleitet werden. Neben dem notwendigen berufsfachlichen Wissen gehört hierzu nach Aussage aller Akteure eine hohe Beratungs- und Sozialkompetenz der Integrationsfachkräfte, Konfliktfähigkeit und Kreativität im Hinblick auf die Wahl des Zielberufs. Vor diesem Hintergrund stellt eine systematische und bedarfsorien- tierte jobcenterinterne Qualifizierungspraxis aus Sicht des Senates ein zentrales Erfolgskriterium dar. Nach Ablauf der Projektlaufzeit wurden folgende Er- folgsfaktoren identifiziert:  Konzentration auf Zielgruppen  Nutzung der berufsfachlichen Kenntnisse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und berufsfachliche Ausrichtung von Organisationseinheiten  geringer Betreuungsschlüssel  Einsatz vertriebsorientierter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die die strategische Arbeit mit den Kundinnen und Kunden auf das Ziel der Integrati- on auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausrichten  kontinuierliche Überprüfung und Weiterentwicklung von Prozessen  organisiertes Übergabemanagement zwischen einzelnen Organisationseinheiten  hohes Maß an Identifikation mit Projekten und Inhalten durch definierte Verantwortlichkeiten auf den Führungskräfteebenen 6. Wie und durch welche Maßnahmen wurden diese Schlussfolgerungen umgesetzt, bzw. welche weiteren Maßnahmen plant der Senat? Zu 6.: Zur Verstetigung der Erfolge der BJO haben die Berliner Jobcenter im Rahmen ihrer personellen und sach- lichen Ressourcen individuelle Ansätze entwickelt, die jeweils durch die Trägerversammlungen beschlossen worden sind. Hierbei haben die Jobcenter ihre Erfahrun- gen aus dem BJO-Projekt in die Entwicklung veränderter Organisationsstrukturen einfließen lassen. Insbesondere gehört hierzu  die Einführung von sogenannten Marktteam- oder Aktivierungsteams (Intensivvermittlung) und Ba- sisteams (unterstützende Vermittlung),  die Beibehaltung eines Betreuungsverhältnisses von einer Integrationsfachkraft zu 100 marknahen Kundinnen und Kunden über 25 Jahren,  die berufsfachliche Ausrichtung der Intensivteams,  die Einführung einer Beratungskonzeption SGB II (BeKo SGB II) als weiterer fachlicher Baustein zum systematischen Aufbau von Beratungskompe- tenz und zur Professionalisierung der Integrations- arbeit, sowie  die Weiterentwicklung der Schnittstellenkonzepte zum gemeinsamen Arbeitgeberservice und der in- ternen Organisationseinheiten. Grundsätzlich ist für die erfolgreiche Integrationsar- beit der Jobcenter ein stabiler Personalkörper erforderlich. Die Träger der Berliner Jobcenter haben sich darauf ver- ständigt, den gemeinsamen Personalkörper durch die Reduzierung befristeter Beschäftigungsverhältnisse und der Berücksichtigung günstigerer Betreuungsschlüssel für die Intensivvermittlung bei der Personalbedarfsplanung weiter zu stabilisieren. Grundsätzlich gilt es, die Integrationsarbeit der Berli- ner Jobcenter im Rahmen der Trägerversammlungen konstruktiv zu begleiten. Berlin, den 09. Oktober 2014 In Vertretung Boris V e l t e r Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Okt. 2014)