Drucksache 17 / 14 590 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Harald Moritz (GRÜNE) vom 19. September 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. September 2014) und Antwort Euref-Erschließung: GRW-Mittel - Verschleuderung von Steuergeldern? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Eine GRW-Förderung für die Erschließung des früheren GASAG-Geländes an der Torgauer Straße in Schöneberg wurde 2013 durch die Senatsverwaltung für Wirtschaft bewilligt. Wie wurde dabei die Zumutbarkeit der Kostensteigerung der neuen Erschließung nach 2009 für den Projektentwickler Euref AG und die betroffenen Grundstückseigentümer geprüft? In welcher Höhe sind diese Mehrkosten gegenüber der 2009 bereits vertraglich mit dem Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg vereinbarten Finanzierung anzusetzen (inkl. Regiekosten, Planungskos- ten etc.)? Zu 1.: Die der vorläufigen GRW-Förderzusage (GRW: Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regio- nalen Wirtschaftsstruktur") vom 27.05.2013 zugrunde liegenden Gesamtkosten von 14.137.200 € basieren auf einer konkretisierten Kostenschätzung des Bezirkes Tem- pelhof-Schöneberg im Zuge der GRW-Antragstellung. Die Förderung beträgt 60 % der Gesamtkosten, der Ei- genanteil, der vollständig vom „Investor“ (Euref AG bzw. mit ihr verbundene Firmen) getragen wird, 40 % der Ge- samtkosten. Die Erstellung der Bauplanungsunterlagen läuft der- zeit. Aussagen zu den Gesamtkosten und der sich daraus ableitenden Höhe der GRW-Förderung können erst nach Vorlage des fachtechnischen Prüfergebnisses durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt ge- troffen werden. 2. Seit wann ist dem Senat bekannt, dass die Deutsche Bahn den südlichen Innenring für den Güterverkehr auf absehbare Zeit nicht in Betrieb nehmen will? Welche Kostenersparnis ergibt sich daraus für den Brückenbau (S-Bahn-Ring) der Bahn über die neue Erschließungsstra- ße? Zu 2.: Es liegen keine offiziellen Informationen dar- über vor, ob die Deutsche Bahn die Inbetriebnahme des südlichen Innenrings verschoben hat. Ob sich hierdurch eine Kostenersparnis ergeben würde, kann nur die Deut- sche Bahn beantworten, da sie mit der Planung für die Realisierung der Bahnüberführung über die Euref- Planstraße beauftragt ist. 3. Ist durch die geänderte Planungen der Bahn nicht die Grundlage für den Nachtragsvertrag (zum städtebauli- chen Vertrag) vom 21.11.2011 entfallen bzw. wenn nicht, warum nicht? Zu 3.: Grundlage für den Nachtragsvertrag bleibt der städtebauliche Vertrag. Sofern sich durch Veränderungen der Bahnplanungen wesentliche Veränderungen für den Bau der Euref-Planstraße ergeben sollten, wäre der Nach- tragsvertrag vom 21.11.2011 anzupassen (salvatorische Klausel). Das Ergebnis der Planungen bleibt abzuwarten, siehe letzter Absatz der Antwort zu Ziffer 1. 4. Ist die GRW-Förderung aufrecht zu erhalten, ob- wohl es sich nicht mehr um zusätzliche Hilfe handelt (Subsidiarität)? Wenn „ja“, wie wird das begründet und wie ist das mit dem Haushalts- bzw. Zuwendungsrecht (LHO §7) der Landeshaushaltsordnung vereinbar? 5. Ist die GRW-Förderung aufrecht zu erhalten, trotz- dem Wenn „ja“, wie wird das begründet und mit der Landeshaushaltsordnung vereinbart? Zu 4.und 5.: Das Ergebnis der Planungen bleibt abzu- warten, siehe letzter Absatz der Antwort zu Ziffer 1. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 590 2 6. Als zusätzliche Hilfe bemisst sich die Höhe der GRW-Förderung auch an der 2009 vertraglich vereinbar- ten Finanzierung durch den Projektentwickler Euref AG. Wie wurde eine darüber hinausgehende Hilfe bei der Bewilligung der Förderung 2013 grundsätzlich ausge- schlossen, damit kein „Mitnahmeeffekt“ entsteht? Zu 6.: Der einzubringende Eigenanteil für die Plan- straße ist vertraglich festgeschrieben. Eine Substitution durch GRW-Mittel ist ausgeschlossen. Mehrkosten über dem noch ausstehenden Prüfergebnis der Bauplanungsun- terlagen sind vollumfänglich durch höhere Eigenmittel des Eigentümers abzudecken. 7. Im Nachtragsvertrag zwischen Bezirk Tempelhof- Schöneberg und der Euref AG ist festgeschrieben, dass der Projektentwickler Euref AG, die Regiekosten des Straßenbaus (Projektsteuerung, Bauüberwachung, Bau- oberleitung, Altlastenentsorgung u. a.) übernimmt. Wa- rum sind diese Kosten dennoch Teil der GRW-Förderung geworden, obwohl die Finanzierung bereits gesichert war? Zu 7.: Mit den „Regiekosten des Straßenbaus“ im Nachtrag zum Städtebaulichen Vertrag sind die dem Be- zirksamt entstehenden Personalkosten für sog. „nicht delegierbare Bauherrenleistungen“ gemeint. Diese hoheitlichen Aufgaben können, im Gegensatz zu den übrigen Ingenieurleistungen, nicht an Dritte vergeben werden, sondern müssen in der Hand des öffentlichen Bauherrn bleiben. Diese Regiekosten sind bisher nicht Bestandteil der Förderung. Bestandteil der Förderung sind dagegen die übrigen förderfähigen Bau- und Ingenieurleistungen. 8. Durch die neue Erschließung profitieren die Eigen- tümer des betreffenden Kerngebiets bzw. werden Bauge- nehmigungen erst ermöglicht. Inwiefern ist der Wertzu- wachs bei der Förderhöhe berücksichtigt worden? Zu 8.: Durch die öffentlich zu widmende Planstraße wird das Euref-Areal verkehrlich optimal an das überre- gionale Verkehrsnetz (Stadtautobahn) angebunden. Die innere Erschließung erfolgt durch die Euref AG. Von der besseren Anbindung profitieren die bereits angesiedelten und zukünftig anzusiedelnden gewerblichen Nutzer. 9. Ist eine Prüfung des Bauvorhabens für die Erschlie- ßung durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt erfolgt und mit welchem Resultat? Zu 9.: Nein. Das Ergebnis der Planungen bleibt abzu- warten, siehe letzter Absatz der Antwort zu Ziffer 1. 10. Welche Berichte liegen der Senatsverwaltung für Wirtschaft über den Fortschritt des Bauprojektes seit der Förderzusage vor? Wann ist der Baubeginn? Wurde die Zurückstellung von Jahrestranchen der Förderung bean- tragt, begründet und genehmigt? Sind Fördermittel verfal- len und in welcher Höhe? Zu 10.: Laut GRW-Fördermittelantrag des Bezirksam- tes Tempelhof-Schöneberg von Berlin ist für die Maß- nahme ein Durchführungszeitraum vom 15.06.2012 bis 30.06.2017 vorgesehen. Ein konkreter Termin zum Baubeginn kann noch nicht benannt werden. Zwingend ist der Abschluss des Er- schließungsvertrages zwischen dem Bezirksamt Tempel- hof-Schöneberg als Bauherr und dem Investor. Ab diesem Zeitpunkt ist ein neuer Zeitplan für die Ingenieur- und Bauleistungen aufzustellen. Bislang wurden keine GRW- Fördermittel ausgereicht. 11. Ist dem Senat bekannt, dass das Bezirksamt Tem- pelhof-Schöneberg als Bauherr über freihändige Auf- tragsvergaben mit der Euref AG verhandelt und keine Ausschreibungen vornimmt? Warum werden an die Euref AG (respektive an mittel- oder unmittelbar verbundene Unternehmen des Projektentwicklers) Aufträge vergeben, obwohl sie bzw. direkt mit ihr verbundene Firmen die Infrastruktureinrichtung eigenwirtschaftlich nutzen wer- den? Wie bewertet der Senat diesen Vorgang? Zu 11.: Nein, hierzu ist dem Senat nichts bekannt. Das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg von Berlin hat fol- gende Stellungnahme abgegeben: 1) Die Aussage in der Frage, das Bezirksamt Tem- pelhof-Schöneberg würde als Bauherr über freihändi- ge Auftragsvergaben mit der Euref AG verhandeln und keine Ausschreibungen vornehmen, entspricht nicht den Tatsachen. Richtig ist, dass das Bezirksamt mit dem Investor über einen sog. „Erschließungsvertrag “ verhandelt, in dessen Rahmen dem Investor die Errichtung der Erschließungsanlagen, hier: Der Plan- straße, ganz oder teilweise übertragen werden kann. (Der Abschluss des Erschließungsvertrages mit zu- stimmender Kenntnisnahme durch Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung ist gemäß Förderzusage eine Auflage und Voraussetzung für den Abfluss von Fördermitteln.) Dieses ist ein im Land Berlin übliches Vorgehen, das sich bewährt hat, und das nicht zu verwechseln ist mit einer „freihändigen Auftragsvergabe ohne Ausschreibung“. Im Rahmen eines solchen Vertrages würde dem Investor auferlegt, die Ingenieur- und Bauleistungen an Dritte zu verge- ben, und dabei die Vergabevorschriften des Landes Berlin, des Bundes usw. einzuhalten. Insbesondere auf diesen Punkt hat das Bezirksamt in den Verhandlun- gen stets mit Nachdruck hingewiesen. Von einer „freihän-digen Auftragsvergabe ohne Ausschreibung an die Euref AG“ kann daher keine Rede sein. 2) Durch das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg wurden und werden keine Aufträge vergeben, weder an die Euref AG noch an „mittel- oder unmittelbar mit ihr verbundene Unternehmen des Projektentwicklers“. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 590 3 3) Die Aussage in der Frage, die Euref AG bzw. „mittel- oder unmittelbar mit ihr verbundene Unternehmen des Projektentwicklers“ würden die Infrastruktureinrichtung „eigenwirtschaftlich nutzen“, trifft nicht zu. Richtig ist, dass die Planstraße als öffentliche Straße geplant, gebaut und in Betrieb genommen und jedermann zum bestimmungsgemäßen Gebrauch zur Verfügung stehen wird. Sie wird, insbesondere als Unterquerung der Ringbahngleise und mit ihren An- bindepunkten an die Torgauer Straße, an den Tempel- hofer Weg und an den Sachsendamm, eine wichtige Verbindung im öffentlichen Wegenetz des Kraftfahr- zeug-, Rad- und Fußverkehrs bilden. 4) Die in der Frage unterstellte Schlussfolgerung, bei einer sog. „Freihändigen Vergabe“ würde kein Wettbewerb unter Bietern stattfinden, ist falsch. Gemäß Landeshaushaltsordnung werden auch bei einer sog. „Freihändigen Vergabe“ i.d.R. mehrere Angebote von mehreren Bietern eingeholt. Berlin, den 01. Oktober 2014 In Vertretung Henner B u n d e ......................................................... Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. Okt. 2014)