Drucksache 17 / 14 591 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Marianne Burkert-Eulitz (GRÜNE) vom 09. September 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. September 2014) und Antwort Situation armer junger Berliner_innen I Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis be- antworten kann. Der Senat hat daher die zuständige Re- gionaldirektion Berlin-Brandenburg (RD BB) der Bunde- sagentur für Arbeit (BA) um Stellungnahme gebeten. Die dort jeweils in eigener Verantwortung erstellten Stellung- nahmen sind bei der nachfolgenden Beantwortung be- rücksichtigt. 1. Wie viele 0-6jährige Berliner_innen erhalten aktuell sozialstaatliche Transferleistungen, wie viele waren es 2011, 2012 und 2013? 2. Wie hoch ist der in Frage 1) genannte Personenkreis prozentual an allen Berliner_innen dieser Altersgruppe? 3. Wie viele 6-14jährige erhalten aktuell sozialstaatli- che Transferleistungen, wie viele waren es 2011, 2012 und 2013? 4. Wie hoch ist der in Frage 3) genannte Personenkreis prozentual an allen Berliner_innen dieser Altersgruppe? 5. Wie viele 14-18jährige erhalten aktuell sozialstaat- liche Transferleistungen, wie viele waren es 2011, 2012 und 2013? 6. Wie hoch ist der in Frage 5) genannte Personen- kreis prozentual an allen Berliner_innen dieser Alters- gruppe? 7. Wie viele 18-25-jährige erhalten aktuell sozialstaat- liche Transferleistungen, wie viele waren es 2011, 2012 und 2013? 8. Wie hoch ist der in Frage 7) genannte Personen- kreis prozentual an allen Berliner_innen dieser Alters- gruppe? Zu 1. – 8.: Die Anzahl der Berliner Transferleistungsempfänger und Transferleistungsempfängerinnen (Ar- beitslosengeld II und Sozialgeld nach dem SGB II sowie Hilfe zum Lebensunterhalt und Grundsicherung bei Er- werbsminderung nach dem SGB XII) nach Altersgruppen und deren prozentualer Anteil an allen Berlinern und Berlinerinnen der jeweiligen Altersgruppe (in Klammern) in den Jahren 2011 bis 2014 ist der folgenden Tabelle zu entnehmen: Altersgruppe 2011 2012 2013 31.05.2014 0 bis unter 6 Jahren 66.908 (36,1 %) 65.760 (43,3 %) 64.847 (33,9 %) 64.205 (33,5 %) 6 bis unter 15 Jahren 82.303 (37,5 %) 82.719 (38,2 %) 83.640 (38,6 %) 84.584 (39,0 %) 15 bis unter 18 Jahren 23.135 (22,8 %) 23.453 (22,5 %) 24.089 (23,2 %) 24.306 (23,4 %) 18 bis unter 25 Jahre 56.975 (21,0 %) 53.451 (19,9 %) 50.046 (18,7 %) 47.580 (17,7 %) Der prozentuale Anteil der Leistungsempfänger und Leistungsempfängerinnen an allen Berlinern und Berline- rinnen der jeweiligen Altersgruppe für die Jahre 2011 und 2012 bezieht sich jeweils auf die Bevölkerungsdaten am Stichtag 31.12. Für die Jahre 2013/2014 liegen derzeit noch keine verwertbaren statistischen Bevölkerungsdaten nach Alter vor; zur Ermittlung der Hilfequote wurden hier deshalb die Stichtagsdaten des 31.12.2012 zu Grunde gelegt. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 591 2 9. Wie viele junge Menschen unter 25, die Leistungen nach dem SGB II erhalten wurden 2011, 2012, 2013 und 2014 nach den für sie besonderen Regelungen sanktio- niert, weil sie gegen ihnen nach dem SGB II obliegenden Pflichten verstoßen haben? Zu 9.: Die Anzahl junger Berliner und Berlinerinnen unter 25 mit mindestens einer Sanktion nach dem SGB II in den Jahren 2011 bis 2014 ist der folgenden Tabelle zu entnehmen (monatliche Durchschnittswerte): 2011 2012 2013 Jan. – Mai 2014 4.173 4.453 4.207 4.232 10. Wie vielen der in Frage 9) genannten Personen wurden die Leistungen nach dem SGB II auf „Null“ sanktioniert ? Zu 10.: Die Anzahl vollsanktionierter junger Berliner und Berlinerinnen unter 25 in den Jahren 2011 bis 2014 ist der folgenden Tabelle zu entnehmen (monatliche Durchschnittswerte): 2011 2012 2013 Jan. – Mai 2014 485 466 388 318 11. Für wie lange werden die in Frage 9) genannten Sanktionen für diese Personen in Berlin in der Regel ausgesprochen? Zu 11.: Die Sanktionsdauer ist gesetzlich geregelt (§ 31b Abs. 1 Satz 3 SGB II) und beträgt drei Monate. Bei unter 25-Jährigen kann gemäß § 31b Abs.1 Satz 4 SGB II eine Verkürzung auf sechs Wochen vorgenommen wer- den. Statistische Auswertungen differenziert nach Sankti- onsdauer liegen nicht vor. 12. Welche kompensatorischen Leistungen erhält ein junger Mensch, wenn seine Leistungen nach dem SGB II sanktioniert werden? Zu 12.: Bei einer Minderung um mehr als 30% des Regelbedarfs kann das Jobcenter auf Antrag im Rahmen einer Ermessensentscheidung in angemessenem Umfang ergänzende Sachleistungen oder geldwerte Leistungen als Zuschuss erbringen, insbesondere in Form von Lebens- mittelgutscheinen. Nähere Regelungen hierzu finden sich unter Pkt. 4.5 der „Fachlichen Hinweise zu den §§ 31-31b SGB II“, abrufbar unter http://www.arbeitsagentur.de/web/wcm/idc/groups/pu blic/documents/webdatei/mdaw/mdk1/~edisp/l6019022ds tbai377967.pdf?_ba.sid=L6019022DSTBAI377970. 13. Wovon leben junge Menschen, wenn sie keine Leistungen oder nur geringe Leistungen aufgrund einer Sanktionierung nach dem SGB II erhalten? Zu 13.: Siehe Antwort zu Frage 12. Auch kann eine Überbrückung aus Einkommen (Kindergeld, Nebentätig- keit) und Vermögen sowie die Unterstützung aus dem persönlichen Umfeld in Betracht kommen. 14. Wie viele Hilfen nach § 41 SGB VIII (Hilfen für junge Volljährige) gab es in den Jahren 2011, 2012 und 2013 in Berlin? Zu 14.: In den Jahren 2011, 2012 und 2013 wurde je- weils am Stichtag 31.12. die folgende Anzahl an Hilfen nach § 41 Achtes Sozialgesetzbuch (SGB VIII) ermittelt: 2011 2012 2013 2.053 1.746 1.890 Zur Gesamtzahl der im jeweiligen Kalenderjahr ge- währten Hilfen nach § 41 SGB VIII liegt keine statisti- sche Auswertung vor. 15. Wie viele der in Frage 14) genannten Hilfen wa- ren Fortsetzungen von Hilfen vor dem 18. Lebensjahr und wie lange über das 18. Lebensjahr hinaus wurden sie in der Regel gewährt? 16. Wie viele der in Frage 14) genannten Hilfen be- gannen erst ab dem 18. Lebensjahr? Zu 15. und 16.: Eine genaue Anzahl der fortgesetzten bzw. nach dem 18. Lebensjahr begonnen Hilfen kann aus den zur Verfügung stehenden Daten der Hilfeplanstatistik nicht ermittelt werden, da mit Eintritt der Volljährigkeit eine neue Hilfe im geänderten Hilfesetting begründet wird. Die überwiegende Anzahl der Hilfen wurde bereits vor dem 18. Lebensjahr eingeleitet. Der Schwerpunkt der Hilfen für junge Volljährige liegt in der Altersgruppe der 18 bis 21-jährigen. Von den 1.890 Hilfen in 2013 wurden 1.746 für die Altersgruppe der 18 bis 21-jährigen und nur 144 für die Altersgruppe der 21 bis 27-jährigen jungen Menschen gewährt. 17. Wie viele der in Frage 14) genannten Personen wurden in der Regel in welchem Alter anteilig in welche andere sozialstaatlichen Transfersysteme (SGB II, SGB XII u.a.) „übergeben“? Zu 17.: Einzelinformationen über Hilfeplanempfeh- lungen zur Antragstellung in weiteren rechtlichen Leis- tungsbereichen werden nicht systematisch erfasst. Inso- fern liegen hierfür keine strukturierten Informationen vor. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 591 3 18. Wie hoch ist das durchschnittliche Verselbständi- gungsalter von jungen Berliner_innen? 19. Wie hoch ist das durchschnittliche Verselbständi- gungsalter von Personen, die vor oder während ihres 18. Lebensjahres stationäre Hilfen der Jugendhilfe in An- spruch genommen haben? Zu 18. und 19.: „Verselbständigung“ in der stationären Jugendhilfe als schrittweise Vorbereitung auf ein eigenständiges Leben erfolgt abhängig vom individuellen Entwicklungsstand durch die Veränderung des Betreu- ungsumfangs ab dem 16. Lebensjahr. Zu diesen fachlichen Einschätzungen aus dem Hilfe- planverfahren liegen keine Informationen vor. 20. Wann dürfen junge Erwachsene aus der elterlichen Wohnung ausziehen, die sich im Transfersystem des SGB II befinden? Zu 20.: Grundsätzlich wird für Leistungsempfänger und Leistungsempfängerinnen des SGB II vor Vollendung des 25. Lebensjahres eine Umzugsnotwendigkeit nicht anerkannt. Ausnahmen hiervon können begründet sein, wenn a) der/die Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann (z.B. bei familiärer Gewalt; bereits vorangegangen Jugendhilfemaßnahmen; Familiensituationen, die das Maß üblicher Generations- konflikte überschreiten), b) der Bezug der Wohnung zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder c) ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vor- liegt (z.B. bei Maßnahmen für Betreutes Einzel- oder Gruppenwohnen gemäß SGB XII oder SGB VIII, die durch den Sozialhilfe- bzw. Jugendhilfeträger bewilligt wurden; Schwangerschaft; Gründung einer eigenen Fami- lie). In Zweifelsfällen ist zur Beurteilung der Erforderlich- keit eines Auszuges aus der elterlichen Wohnung der Sozialdienst in den Sozialämtern der Bezirke hinzuzuzie- hen. Siehe hierzu Nr. 8.1 Abs. 5 sowie 8.2 Abs. 7der Aus- führungsvorschriften zur Gewährung von Leistungen gemäß § 22 SGB II und §§ 35 und 36 SGB XII (AV Wohnen), abrufbar unter AV Wohnen - Berlin.de. 21. Wie hoch ist das Durchschnittseinkommen der 18- 25-jährigen Berliner_innen? Zu 21.: Das mittlere monatliche Nettoeinkommen der 18 – 25-jährigen Berliner und Berlinerinnen betrug im Jahr 2013 625 Euro. Aktuellere Daten liegen nicht vor. 22. Wie viele unter 18-jährige Berliner_innen sind be- reits selbst Eltern? Zu 22.: Ob Personen im Land Berlin als Eltern oder Elternteile in Familien oder sonstigen Lebensformen leben, ist nach dem Alter statistisch zurzeit nur durch den Mikrozensus des Landes Berlin – Teil Haushalte, Familien , Lebensformen - zu ermitteln. Der Mikrozensus wird jährlich mit einem Auswahlsatz von einem Prozent der Haushalte durchgeführt. Die Auswertung weist allerdings bei unter 5.000 Zähleinheiten grundsätzliche eine Leer- stelle auf. Insofern kann die amtliche Statistik des Landes Berlin aufgrund der zu geringen Fallzahl der unter 18- jährigen Berliner Eltern keine valide Aussage treffen. 23. Wie viele von denen in Frage 22) genannten Per- sonen erhalten sozialstaatliche Transferleistungen bzw. Leistungen nach § 19 SGB VIII? Zu 23.: Entsprechend der Belegungsmeldung nach § 47 SGB VIII erhielten 75 unter 18-jährige Mütter und Väter Leistungen nach § 19 SGB VIII am Stichtag 31.12.2013. 24. Wie viele unter 25-jährige Berliner_innen waren in den Jahren 2011, 2012, 2013 bereits überschuldet? Zu 24.: Statistische Erhebungen zur Überschuldung unter 25-jähriger Berliner und Berlinerinnen konnten nicht ermittelt werden. 25. Wie viele Berliner Kitakinder nehmen Hilfen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket, wie viele Kitakinder könnten diese Mittel in Anspruch nehmen? Zu 25.: Im Rahmen der Statistiken über Bildungs- und Teilhabeleistungen (BuT) in Berlin für das Jahr 2013 wurde ermittelt, dass von den durchschnittlich 73.019 anspruchsberechtigten Kindern im Alter von 0 bis 5 Jah- ren im Durchschnitt 7.003 Kinder die Angebote im Rah- men des BuT genutzt haben. Es ist zu berücksichtigen, dass in dieser Altersgruppe nicht alle Kinder eine Kindertageseinrichtung oder eine Kindertagespflege besuchen. Eine Erhebung, wie viele Kitakinder anspruchsberechtigt auf BuT-Leistungen sind, liegt nicht vor. Die Entscheidung zur tatsächlichen An- tragstellung ist auch nach Hinweis und Beratung den Eltern überlassen. Berlin, den 07. Oktober 2014 In Vertretung Boris V e l t e r Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Okt. 2014)