Drucksache 17 / 14 604 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Marianne Burkert-Eulitz (GRÜNE) vom 23. September 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. September 2014) und Antwort Kinder vor den Berliner Familiengerichten? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele kindschaftsrechtliche Verfahren (im Sinne des FamFG) vor den Berliner Familiengerichten wurden in den Jahren 2011, 2012 und 2013 geführt? Zu 1.: Im Jahr 2011 gab es vor den Berliner Familien- gerichten 10.594 Kindschaftssachen, im Jahr 2012 insge- samt 11.362 und im Jahr 2013 insgesamt 11.799. Dabei können mehrere Kindschaftssachen (z. B. elterliche Sorge und Umgangsrecht) Gegenstand eines Verfahrens sein. 2. Ab welchem Alter werden Kinder vor den Berliner Familiengerichten angehört? Zu 2.: Nach der Rechtsprechung des Bundesverfas- sungsgerichts sind Kinder so früh wie möglich zu hören. Die Entscheidung obliegt der zuständigen Richterin oder dem zuständigen Richter unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls in richterlicher Unabhängigkeit. In der Praxis der Berliner Familiengerichte gilt das Alter von drei Jahren als untere Grenze. 3. Nach welchen Qualifikationskriterien werden Richter_innen für die Abteilungen mit kindschaftsrechtli- chen Verfahren bei den Berliner Familiengerichten aus- gewählt? Zu 3.: Die Kriterien sind dem Senat nicht bekannt. Die Geschäftsverteilung obliegt den Präsidien der Gerichte in richterlicher Unabhängigkeit. 4. Wie viele Proberichter_innen gibt es derzeit an den Berliner Familiengerichten, wie viele waren es 2011, 2012 und 2013? Zu 4.: Derzeit sind bei Berliner Familiengerichten 11 Abteilungen mit Proberichterinnen oder Proberichtern besetzt, 2011 waren es 23 Abteilungen, 2012 insgesamt 20 Abteilungen und 2013 insgesamt 19 Abteilungen. 5. Wie lang ist die durchschnittliche Verbleibensquo- te von Familienrichter_innen an den Berliner Familienge- richten? Zu 5.: Die durchschnittliche Verbleibensquote von Familienrichterinnen und Familienrichter an den Berliner Familiengerichten ist dem Senat nicht bekannt. 6. Welche Aus-, Fortbildungs- und Weiterbildungs- möglichkeiten für Familienrichter_innen und Rechtspfle- ger_innen, die in kindschaftsrechtlichen Verfahren tätig sind gibt es und wie werden diese Angebote von den aktiven Berliner Familienrichter_innen genutzt? Zu 6.: Aus-, Fortbildungs- und Weiterbildungsmög- lichkeiten für die Familienrichterschaft bestehen im Rah- men der Fortbildungen an der Deutschen Richterakade- mie, des Fortbildungsverbundes norddeutscher Länder sowie der ländereigenen Angebote an der Justizakademie des Landes Brandenburg in Königs Wusterhausen. Das Angebot umfasst dabei in diesem Jahr Veranstal- tungen wie „Praktische Aspekte internationaler Rechtsstreitigkeiten in Familiensachen“, „Systemische Konfliktlösungen im Familienrecht“, „Familienrecht für Fortgeschrittene “, „Interdisziplinäres Jugendstraf- und Familienrecht “, „Einführung in das Ehe- und Familienrecht“, „Einführung in das Familienrecht“, „FamFG-Verfahrensrecht in Familiensachen sowie Betreuungs- und Unterbrin- gungssachen“, „Gewalt in der Familie – Familien- und strafrechtliche Aspekte, Stalking und Kindesmissbrauch“, „Praktische Fragen im familienrichterlichen Dezernat“, „Die Anhörung/Vernehmung von Kindern und Jugendlichen “, „Konfliktlösung im Sorge- und Umgangsrechtsverfahren “, „Das familienrechtliche Dezernat“ oder „Mediation im familiären Kontext“. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 604 2 Daneben öffnet das Sozialpädagogische Fortbildungs- institut Berlin-Brandenburg (SFBB) viele geeignete Fort- bildungen auch für die Berliner Familienrichterschaft, die wiederum selbst in diesen (und auch anderen) Tagungen des SFBB auch Referentinnen und Referenten stellt. Das Angebot umfasst Veranstaltungen wie „Die Bedeutung von Persönlichkeitsmerkmalen (und/oder -störungen) bei Trennungs- und Scheidungskonflikten (Schutzauftrag und passgenaue Hilfen)“, „Gewaltsame Beziehungskonflikte bei Trennung und Scheidung; das Berliner Hilfesystem für Gewaltbetroffene, gewaltausübende und betroffene Kinder, Kooperationserfordernisse im Rahmen des be- schleunigten Familienverfahrens“, „Die Umgangspflegschaft und der Begleitete Umgang im FamG-Verfahren - Ziele, Indikationen, konzeptionelle Einbettung. Berück- sichtigung erschwerender Kriterien wie eskalierte Kon- flikte, Gewalt, Alkohol, psychische Erkrankung“, „Interdisziplinäre Zusammenarbeit von Jugendamt und Famili- engericht“, „Rolle und Auftreten des RSD im Gerichtstermin des FamFG-Verfahrens bei Kindeswohlgefähr- dung“, „Ressourcen- und lösungsorientierte Beratung und Mediation im Rahmen des FamFG“, „Gesellschaft in Bewegung - neue gesetzliche Grundlagen im Familien- recht - Herausforderungen für Beratung und Interventio- nen“, „Workshop: Familienkonflikte mit Auslandsbezug, Fachberatung und Supervision – Schwierige Fallkonstellationen mit hoch konflikthaften Eltern“, „Gewaltsame Beziehungskonflikte bei Trennung und Scheidung“. Das Angebot richtet sich in Inhalt und Umfang nach dem jeweils jährlich festgestellten Bedarf. So gab es auch schon Fortbildungen wie „Anhörung in Kindschaftssachen “, „Familienpsychologische Gutachten“, „Psychisch kranke Eltern“, „Pflegekinder und Pflegefamilien“ und „Umgang mit dem umgangsunwilligen Kind“. Über das familienrechtsspezifische Angebot hinaus steht der Fami- lienrichterschaft natürlich auch das Fortbildungsangebot im Bereich Verhalten und Kommunikation offen. Die Familienrichterschaft nimmt sämtliche Angebote sehr rege in Anspruch. Bei der Ausbildung der Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger wird das Familienrecht im theoretischen Teil mit Lehrveranstaltungen von 107 Doppelstunden berücksichtigt. Eine praktische Ausbildung erfolgt an ca. 30 Arbeitstagen im Sachgebiet Familienrecht zuzüglich Praxisbegleitunterricht an der Hochschule für Wirtschaft und Recht. Das Sachgebiet Familienrecht umfasst neben Kindschaftssachen auch die Bereiche Eherecht, Pfleg- schaft und Vormundschaft. Familienrecht ist Prüfungs- fach. 2014 gab es zu folgenden Themen Fortbildungsange- bote: „Fachtagung RVG in Zivil- und Familiensachen“, „Kosten in Familiensachen“, „Anhörung von Kindern in Familien- und Vormundschaftssachen“, „Fachtagung Familien- und Vormundschaftsrecht“, „Grundlagen PKH und VKH“, „Das vereinfachte Unterhaltsverfahren“, „Rechnungslegung bei Betreuern, Pflegern und Vormündern “ und „Zwangsmittel nach § 35 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG)“. Bei allen Veranstaltungen überstieg die Zahl der Interessentinnen und Interessenten die Zahl der zur Verfügung stehenden Plätze. 7. Wie oft wurden in den Jahren 2011, 2012, 2013 für Kinder und Jugendliche Verfahrensbeistände gemäß § 158 FamFG an den Berliner Familiengerichten bestellt, welchem Prozentsatz aller kindschaftsrechtlichen Verfah- ren in diesen Zeiträumen entspricht dies? Zu 7.: Die Anzahl der Verfahrensbeistände für Kinder und Jugendliche gemäß § 158 des FamFG ist dem Senat nicht bekannt, da sie statistisch nicht erfasst wird. Berlin, den 10. Oktober 2014 In Vertretung Straßmeir Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. Okt. 2014)