Drucksache 17 / 14 606 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Stefan Evers (CDU) vom 23. September 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. September 2014) und Antwort Wohnungsbordelle in Berlin Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie hat sich die Zahl von Bordellbetrieben in Ber- lin in den vergangenen drei Jahren entwickelt (nach Be- zirken)? Zu 1.: Dem Senat liegen keine belastbaren statisti- schen Zahlen über die tatsächliche Anzahl von Bordellbe- trieben vor. Zwar sind Betreiber und Betreiberinnen von Prostitutionsstätten gehalten, ihr Gewerbe anzuzeigen, es bestehen jedoch derzeit weder rechtliche Regularien hin- sichtlich der Führung eines entsprechenden Betriebes noch ist diese Betriebstätigkeit in der Wirtschaftszweig- systematik des Statistischen Bundesamtes enthalten. Da die Anzeigenden somit selbst eine Bezeichnung für die Art der von ihnen ausgeübten Tätigkeit auswählen und angeben, wird hier eine Vielzahl unterschiedlicher Begrif- fe verwendet, die eine aussagekräftige statistische Aus- wertung nicht möglich machen. Anhaltspunkte ergeben sich jedoch aus gefahrenab- wehrrechtlichen Kontrollmaßnahmen bzw. aus laufenden Ermittlungsverfahren, in deren Kontext der Polizei Bor- dellbetriebe bekannt werden, wobei Bordellbetriebe hier – in Abgrenzung zu den in den folgenden Fragen themati- sierten „Wohnungsbordellen“ – Betriebe umfassen, die auch nach außen beispielsweise durch entsprechende Werbung deutlich als Prostitutionsstätte erkennbar sind. Für die Jahre 2013 und 2014 können nachfolgende Zahlen benannt werden: Anzahl Bordelle pro Bezirk Bezirk Jahr 2013 Jahr 2014 Charlottenburg- Wilmersdorf 24 21 Friedrichshain- Kreuzberg 17 16 Lichtenberg 4 4 Marzahn-Hellersdorf 8 7 Mitte 32 30 Neukölln 21 24 Pankow 19 20 Reinickendorf 6 6 Spandau 6 7 Steglitz-Zehlendorf 6 5 Treptow-Köpenick 3 3 Tempelhof-Schöneberg 27 30 Gesamt 173 173 Eine computerunterstützte Zuordnung der Bordelle zu den jeweiligen Bezirken erfolgt erst ab 2013. 2. Wie vielen Bordellbetrieben wurde in diesem Zeit- raum der Betrieb aus jeweils welchen Gründen versagt (nach Bezirken)? Zu 2.: Hierzu liegen dem Senat nur wenige belastbare Zahlen vor. Da das Betreiben eines Bordells gewerbe- rechtlich nicht reguliert ist, kann nicht auf die entspre- chenden Statistiken zurückgegriffen werden. Eine Abfra- ge bei den Bezirken bezüglich planungsrechtlicher Versa- gungen erbrachte das folgende Ergebnis: In den letzten drei Jahren wurden sechs Anträge bzw. Nutzungsände- rungen von Wohnungsbordellen mit der Begründung versagt, dass nach herrschender Rechtsprechung Prostitu- tionsstätten im allgemeinen Wohngebiet als unzulässig angesehen werden (Reinickendorf 2; Charlottenburg- Wilmersdorf, Marzahn-Hellersdorf, Spandau und Steglitz jeweils 1; Mitte, Neukölln, Tempelhof-Schöneberg und Treptow-Köpenick keine; die übrigen Bezirke haben keine Angaben gemacht). Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 606 2 3. Wie stellt sich die Rechtslage für den Betrieb soge- nannter „Wohnungsbordelle“ derzeit dar? Zu 3.: Unter „Wohnungsbordell“ wird im Folgenden ein Prostitutionsbetrieb verstanden, der sich in einer nach außen unauffälligen Wohnung befindet, die nicht auch zum Wohnen genutzt wird. Im gewerberechtlichen Sinne sind Wohnungsbordelle bislang ebenso unreguliert wie die unter 1. erwähnten Bordellbetriebe. In der Praxis ist für die Rechtslage von Wohnungsbordellen insbesondere das Bauplanungsrecht relevant, das u.a. die Zulässigkeit einer Nutzung regelt, bzw. die hierzu vorhandene Recht- sprechung. Bei der bauplanungsrechtlichen Beurteilung der Zu- lässigkeit eines Bordellbetriebs gilt bislang überwiegend eine typisierende Betrachtungsweise, die keine Berück- sichtigung der konkreten Störsituation im Einzelfall vor- nimmt, sondern grundsätzlich davon ausgeht, dass solche Bordellbetriebe typischerweise mit Störungen für das Wohnumfeld verbunden sind. Vor diesem Hintergrund ist in reinen Wohn- und allgemeinen Wohngebieten keine Form der Prostitution bauplanungsrechtlich zulässig. In besonderen Wohngebieten und Mischgebieten sind Woh- nungsbordelle grundsätzlich nicht zulässig. Abweichend von der allgemeinen Rechtsprechung hat nur die 19. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin für die Beurteilung der Zulässigkeit eines Bordells eine Ein- zelfallprüfung der konkreten Störsituation vorgenommen. Wenn im konkreten Fall keine Störung des Wohnens vorliegt, dann kommt die 19. Kammer zur Zulässigkeit des Bordells. Eine Bestätigung dieser Rechtsauffassung durch das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg ist dem Senat nicht bekannt. In Kerngebieten und Gewerbegebieten wiederum sind Wohnungsbordelle planungsrechtlich zulässig. Wegen der Unvereinbarkeit mit der Zweckbestimmung von Indust- riegebieten sind entsprechende Betriebe in diesen Gebie- ten nicht zulässig. Zudem besteht nach § 1 Absatz 9 Baunutzungsverord- nung (BauNVO) die Möglichkeit, in Bebauungsplänen Vergnügungsstätten bzw. Bordellbetriebe auszuschließen. 4. Wie hat sich die Zahl dieser „Wohnungsbordelle“ in den vergangenen drei Jahren entwickelt (nach Bezirken)? Zu 4.: Für Wohnungsbordelle wird gleichermaßen auf die allgemeinen Hinweise in der Antwort zu Frage 1 ver- wiesen. Die polizeilich bekannt gewordenen Wohnungs- bordelle schlüsseln sich wie folgt auf: Anzahl Wohnungsbordelle pro Bezirk Bezirk Jahr 2013 Jahr 2014 Charlottenburg- Wilmersdorf 19 16 Friedrichshain- Kreuzberg 20 20 Lichtenberg 10 10 Marzahn-Hellersdorf 2 2 Mitte 26 25 Neukölln 31 31 Pankow 17 17 Reinickendorf 14 15 Spandau 6 6 Steglitz-Zehlendorf 8 7 Treptow-Köpenick 13 13 Tempelhof- Schöneberg 32 34 Gesamt 198 196 Hinweis: Die Anzahl der Wohnungsbordelle gemäß Tabelle zu Frage 4 ist nicht als Teilmenge der Anzahl der Bordelle zu Frage 1 zu verstehen, sondern gesondert zu betrachten. 5. Wie stellt sich nach den Erkenntnissen des Senats Kriminalitätsbelastung im Umfeld von Bordellbetrieben, insbesondere im Umfeld von „Wohnungsbordellen“ und gibt es hier einen erkennbaren Zusammenhang? Zu 5.: Eine grundsätzliche Erhebung von Kriminali- tätsbelastung im Zusammenhang mit Orten der Prostituti- onsausübung findet bei der Polizei Berlin nicht statt. Die- se kann nur anlassbezogen am Einzelfall orientiert erho- ben werden. 6. Wie hoch schätzt der Senat die Dunkelziffer illega- ler „Wohnungsbordelle“ und was wird dagegen unternommen ? Zu 6.: Von Seiten der Polizei Berlin können hierzu keine seriösen Angaben gemacht werden, da es aufgrund der insbesondere zu 1. geschilderten Rechtslage bereits unmöglich ist, belastbare Zahlen zu legal betriebenen Prostitutionsstätten anzugeben. Berlin, den 13. Oktober 2014 In Vertretung Barbara L o t h Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. Okt. 2014)