Drucksache 17 / 14 625 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Stefan Evers (CDU) vom 25. September 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 26. September 2014) und Antwort Anschluss von Kleingärten an die Kanalisation Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Gibt es Beispiele von an die öffentlichen Abwasseranlagen angeschlossenen Kleingartenanlagen in Berlin und wie bewertet der Senat diese Entwässerungs- praxis im Vergleich zu Sickergruben insbesondere in ökologischer Hinsicht? Antwort zu 1: Es gibt Kleingartenanlagen in Berlin, die an die Kanalisation angeschlossen sind. Das Betreiben von Sickergruben ist auch aus ökologischen Gründen nicht zulässig. Frage 2: Wie ist der Anschluss einer Kleingartenanla- ge an die öffentlichen Abwasseranlagen aus rechtlicher Sicht zu bewerten insbesondere hinsichtlich der Bestim- mungen des § 3 Bundeskleingartengesetz? Antwort zu 2: Gemäß § 3 Bundeskleingartengesetzes ist der Anschluss von Gartenlauben an die Wasserversor- gung grundsätzlich nicht zulässig. Daher dürften in Kleingärten keine Abwässer und durch Verwendung von Trockentoiletten keine Fäkalien anfallen, die zu beseiti- gen wären. Abwasseranlagen gehören nach den Zielvor- stellungen des Bundeskleingartengesetzes über eine kleingärtnerische Nutzung zu den Einrichtungen, die unzulässig sind. Frage 3: Gibt es eine einheitliche Praxis der Berliner Bezirke in dieser Frage und wenn nein, warum nicht? Antwort zu 3: Da sich in Berlin seit langem in der überwiegenden Anzahl der Lauben Spültoiletten, Duschen u.ä. befinden und rechtmäßig errichtete übergroße Bau- lichkeiten und rechtmäßig bestehende Wohnnutzungen Bestandsschutz genießen, wurde für Kleingartenanlagen auf landeseigenen Grundstücken die Abwasser- und Fäka- lienbeseitigung privatrechtlich über den Muster- Zwischenpachtvertrag, der Bestandteil einer Verwal- tungsvorschrift ist, geregelt. Danach sind außerhalb von Wasserschutzgebieten grundsätzlich Humustoiletten an- zustreben. Wenn jedoch Abwässer anfallen, sind diese in vom Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt) allgemein bauaufsichtlich zugelassenen Abwassersammelbehältern zu sammeln und ordnungsgemäß durch ein von den Berli- ner Wasserbetrieben zugelassenes Unternehmen zu ent- sorgen. Anschlüsse von Kleingärten an die Kanalisation kön- nen nach Prüfung vorgegebener Kriterien und Sachverhal- te durch die/den Grundstückseigentümerin/ Grundstücks- eigentümer zugelassen werden, wenn das Pachtgrund- stück im Wasserschutzgebiet liegt oder andere Anlagen aus wirtschaftlichen oder ökologischen Gründen nicht vertretbar sind. Ein Anspruch auf Erteilung einer Zu- stimmung besteht nicht. Frage 4: Hat der Anschluss von Kleingartenanlagen an die öffentlichen Abwasseranlagen nach den bisherigen Erfahrungen des Senats einer unerlaubten Wohnnutzung Vorschub geleistet, wenn ja, wie ist dies belegt? Antwort zu 4: Dem Senat liegen keine Erkenntnisse vor, ob der Anschluss von Kleingartenanlagen an die Kanalisation einer Wohnnutzung Vorschub leistet oder nicht. Frage 5: Wenn nein, was spricht aus Sicht des Senats gegen eine berlinweit einheitliche Praxis zugunsten des Anschlusses von Kleingartenanlagen an die öffentlichen Abwasseranlagen? Antwort zu 5: Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 25.2.1998 (1 BvR 207/97) die Zulässig- keit von Ver- und Entsorgungseinrichtungen in Garten- lauben im kleingartenrechtlichen Regelungssystem ver- fassungsrechtlich grundsätzlich ausgeschlossen. Ein An- schluss der Laube an Ver- und Entsorgungsanlagen birgt die Gefahr, dass die Pachtpreisbindung verfassungsrecht- lich nicht mehr zu halten ist. Der Verpächter erleidet bei einer Pachtpreisbindung einen Renditeverlust, der sich Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 625 2 nur unter dem Gesichtspunkt der Sozialpflichtigkeit des Eigentums rechtfertigen lässt. Dies setzt voraus, dass die soziale Ausrichtung der Kleingärten gewahrt beliebt. Die bessere Ausstattung der Laube insbesondere durch einen Kanalisationsanschluss macht aber bei einem Pächter- wechsel einen höheren Kapitaleinsatz erforderlich und schließt sozial schwächere Bewerberinnen und Bewerber aus. So fordert z.B. ein Berliner Bezirksverband bei Päch- terwechsel 2.700 € nur für den Kanalisationsanschluss von der/dem neuen Pächterin/Pächter. Eine weitere Folge der besseren Ausstattung der Lau- ben wäre eine notwendige Änderung des bauplanungs- rechtlichen Charakters der Kleingärten. Diese können nicht mehr als Grünflächen qualifiziert werden, sondern als Baugebiete, die der Erholung dienen. Es muss daher grundsätzlich dabei bleiben, dass ein Anschluss von Gartenlauben an die Kanalisation nur in begründeten Fällen zulässig ist und durch die/den Grund- stückseigentümerin/Grundstückseigentümer zugelassen wird. Berlin, den 08. Oktober 2014 In Vertretung C h r i s t i a n G a e b l e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. Okt. 2014)