Drucksache 17 / 14 628 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Silke Gebel (GRÜNE) vom 26. September 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 29. September 2014) und Antwort Wann ist Berlins Kanalisation instand? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat überwiegend nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist jedoch bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Anfrage zukommen zu lassen und hat daher die Berliner Wasserbetriebe (BWB) um eine Stellungnahme gebeten. Die Beantwortung der Anfrage beruht daher zum größten Teil auf der von den BWB übergebenen Stellungnahme. Das Land Berlin hat die Aufgaben der Abwasserent- sorgung in Berlin per Gesetz an die BWB übertragen und verfolgt insofern keine eigenen Sanierungsstrategien für die Anlagen der Abwasserentsorgung. Frage 1: Wie viele Schäden (bitte aufgeschlüsselt nach Schadensklasse) gibt es im Berliner Kanalnetz? Antwort zu 1: Mit der Kanalsanierungsstrategie 2011 wurde eine langfristige und nachhaltige Sanierungsstrate- gie für die rd. 14.000 Schäden der Schadensklasse 1A im Berliner Kanalnetz vorgelegt und durch die Aufsichts- gremien genehmigt. Diese Schäden werden bis 2020 beseitigt. Seit 2012 sind 6.000 Schäden der Schadensklasse 1A in Bearbeitung oder bereits beseitigt. In den Schadens- klassen 1B-2A/3 gibt es rd. 100.000 Schäden und 33.000 wurden seit 2012 beseitigt oder befinden sich in Arbeit. Frage 2: Wie viele Kilometer des rund 9600 km lan- gen Berliner Kanalnetzes sind damit schadhaft? Antwort zu 2: 2.200 km des Berliner Kanalnetzes ent- halten kurz- bis mittelfristig sanierungsbedürftige Schä- den. Diese reichen außerhalb der Wasserschutzzonen von der Schadensklasse 1A – 2B und innerhalb Wasserschutzzone von der Schadensklasse 1A – 3. Frage 3: Wie äußern sich diese Schäden? Antwort zu 3: Mit der Frage 3.1 sind Schäden be- schrieben, die einen akuten Havarie-Charakter aufweisen und daher (ohne vorherige Planung), quasi ad-hoc, besei- tigt werden müssen. Mit den Fragen 3.2 und 3.3 sind lediglich Schäden derjenigen Zustandsklasse beschrieben, die dringenden Sanierungsbedarf nach sich ziehen (sog. SK1A-Schäden). Darüber hinaus gibt es weitere Scha- densklassen, bei denen kurz- (SK 1B) bis langfristiger (bis SK 4) oder kein Handlungsbedarf (SK 5) besteht. Hierbei handelt es sich vorrangig um Risse o.Ä. Bezogen auf das gesamte Kanalnetz besteht bei ca. 22% des Netzes kurz- bis mittelfristiger, bei 48% mittel- bis langfristiger und bei ca. 30 % kein Sanierungsbedarf. Frage 3.1: Wie viele Schäden mit akuter Gefahrenwir- kung (z.B. Fahrbahnabsenkungen durch Untergrundtrich- ter) infolge defekter Abwasserkanalisation oder Abwas- serdruckrohrleitungen sind 2012, 2013 und 2014 in Berlin aufgetreten? (Orte, Daten, Reparaturkosten, Dauer der Reparatur) Antwort zu 3.1: Berlin hat eine Kanalnetzlänge von 9700 km und Abwasserdruckleitungslänge von 1170 km. Schäden mit akuter Gefahrenwirkung werden umgehend gesichert und zeitnah beseitigt. In der Abwasserkanalisa- tion treten jährlich rd. 200 Schäden und im Abwasser- drucknetz rd. 5-8 Schäden dieser Art auf. Frage 3.2: An wie vielen Stellen kam es zu einer Grundwasserinfiltration in die Kanalisation? Welche Kosten sind so durch erhöhte Betriebskosten entstanden? Antwort zu 3.2: Die Gesamtanzahl der Stellen, an de- nen es zur Infiltration im Berliner Kanalnetz kommt, ist nicht bekannt. Da das grundwasserbürtige Fremdwasser im Verhältnis zu den Gesamtabwassermengen eine unter- geordnete Rolle spielt, werden die Betriebskosten nicht gesondert erfasst. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 628 2 Frage 3.3: An wie vielen Stellen kam es zu einer Ex- filtration, also austretendem Abwasser? Welche Kosten sind dadurch entstanden? Antwort zu 3.3: Exfiltration in der Kanalisation ist nur anhand einer Dichtheitsprüfung sicher feststellbar. Die Dichtheitsprüfung wird in Berlin in Trinkwasserschutzge- bieten durchgeführt. Für diese Gebiete gibt es ein mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt ab- gestimmtes Prüfverfahren. Festgestellte Undichtigkeiten werden kurzfristig beseitigt. Frage 4: Wie wird die Qualität des Grundwassers in der Umgebung von identifizierten SK1A-Schäden über- wacht? Antwort zu 4.: Die von einzelnen Schäden möglich- erweise ausgehende Grundwasserbeeinträchtigung wird nicht erfasst. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt betreibt in Berlin ein flächendeckendes Grundwassermonitoring, sodass Einflüsse kommunaler Abwasseranlagen in ihrer Gesamtheit erfasst werden. Frage 5: Warum gibt es so viele schadhafte Stellen in der Berliner Kanalisation? Wie wurde bisher die Kanali- sation instand gehalten? (Bitte um Benennung der Jahres- investitionen der vergangenen 10 Jahre für die jeweiligen Schadensklassen und Gesamtkilometerangabe der Maß- nahmen) Antwort zu 5: Die Sanierungsstrategie 2011 beruht auf einer wesentlich erweiterten Datenbasis durch die konti- nuierliche Erstinspektion gegenüber der Sanierungsstrate- gie von 2008, die auf einem flächenhaften Ansatz beruhte. Schadensklassen standen nicht so stark im Fokus wie in der neuen, schadensgetriebenen Strategie. Seit dem Jahr 2007 wurden 385 Mio. Euro in die Sa- nierung des Kanalnetzes investiert. Dies entspricht einer sanierten Länge von 206,4 Kilometern. Pro Jahr wurden durchschnittlich 55 Mio. € für eine durchschnittliche Länge von 29,5 km ausgegeben. Mit der Umsetzung der Kanalsanierungsstrategie wurde die sanierte Kanalnetz- länge gesteigert. In 2014 werden voraussichtlich 52 km saniert. Frage 6: Wie viele Schäden (aufgeschlüsselt nach So- fort-Reparatur wegen „Gefahr im Verzug“ und nach Schadensklassen) wurden in den drei vergangenen Jahren beseitigt? Antwort zu 6: Siehe Antworten zu Fragen 1. und 3. Frage 7: Wie viele Kilometer schadhafte Kanalisation werden zukünftig pro Jahr behoben (bitte mit Benennung nach Schadensklasse) Antwort zu 7: Pro Jahr sollen durchschnittlich bis 2020 36 km der Schadensklasse 1A und 30 km der Scha- densklassen 1B – 2A/3 beseitigt werden. Frage 8: Wie viele Kilometer SK1A-Schäden sollen in den kommenden fünf Jahren beseitigt werden, bis alle Schäden dieser Klasse komplett beseitig sind? Antwort zu 8: In den kommenden fünf Jahren sollen die in 2011 bekannten SK 1A-Schäden beseitigt werden. Frage 9: Wie hoch sind die jährlichen Kosten für die Kanalsanierung (Bitte nach Schadensklasse auflisten und Jahr)? Antwort zu 9: Die durchschnittlichen Kosten für die investive Kanalsanierung liegen bei 44 Mio. € für die Schäden der Schadensklasse 1A und bei 35 Mio. € für die Schadensklassen 1B- 2A/3. Frage 10: Nach wie vielen Jahren ist mit einer erneu- ten Sanierung zu rechnen? Wie wird dieser Sanierungs- zyklus ermittelt? Antwort zu 10: In Abhängigkeit von den Belastungen eines Kanals ergibt sich die technische Nutzungsdauer. Um den Zeitpunkt einer erneuten Sanierungsnotwendig- keit zu ermitteln, werden in festgelegten Abständen (von 5-20 Jahren) Kamerabefahrungen zur Schadensbeurtei- lung der Kanäle durchgeführt. Frage 11: Wird der Senat ein Sanierungs- und Erneue- rungskonzept für die längste Berliner Infrastruktur, die Kanalisation, vorlegen? Wenn nein, warum nicht? Antwort zu 11: Kanalsanierung ist ein maßgebliches Tätigkeitsfeld zur Erhaltung der Infrastruktur für nachfol- gende Generationen; sie ist sehr kostenintensiv und muss mit Kontinuität im Sinne der Generationsgerechtigkeit durchgeführt werden. Mit der Kanalsanierungsstrategie der Berliner Was- serbetriebe liegt ein Konzept vor, das gemeinsam mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt erar- beitet und abgestimmt worden. Berlin, den 13. Oktober 2014 In Vertretung C h r i s t i a n G a e b l e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. Okt. 2014)