Drucksache 17 / 14 664 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Anja Kofbinger (GRÜNE) vom 29. September 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 06. Oktober 2014) und Antwort Gender Mainstreaming in der Bildungspolitik II Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. In der Beantwortung der Frage 2 der Schriftlichen Anfrage zu Gender Mainstreaming in der Bildungspolitik vom 28. Mai 2014 (DrsNr. 17/13938) weist der Senat auf Informationsveranstaltungen im Vorfeld der Einstellungs- verfahren hin, auf denen für die Bewerbung und Einstel- lung männlicher Erzieher und Lehrkräfte, vor allem im Grundschulbereich, geworben werde. Auf die Fragen nach den Erfolgen dieser Maßnahmen und der Bewertung der derzeitigen Situation von männlichen Erziehern und Lehrern an Grundschulen geht der Senat in der Beantwor- tung nicht ein. Zu diesem Themenkomplex ergeben sich demnach noch Nachfragen: a. Welche messbaren Ziele hat sich der Senat bei der Steigerung des Männeranteils an Grundschulen (in dieser Legislaturperiode) gesetzt? b. Wie misst der Senat den Erfolg bei der Steigerung des Männeranteils an Grundschulen durch die durchge- führten Informationsveranstaltungen? Wie bewertet der Senat aufgrund der Ergebnisse diese Veranstaltungen? Konnten die gesetzten Ziele dadurch erreicht werden bzw. ist von einer zukünftigen Verbesserung der Situation auszugehen? Zu 1a. und 1b.: Konkrete Ziele zur Steigerung des An- teils männlicher Dienstkräfte sind nicht festgelegt wor- den. Erste Ergebnisse aus den Informationsveranstaltun- gen stehen dem Senat erst in den kommenden Jahren zur Verfügung, wenn die Entscheidung für ein Studium er- folgt und erfolgreich abgeschlossen wurde. An den Uni- versitäten wurden die Kapazitäten erweitert, um dem steigenden Bedarf an den Grundschulen gerecht zu wer- den. Daraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass mehr männliche Studierende diese Plätze für ein Lehramt an Grundschulen belegen werden. Berlin liegt 2013 in der Rangliste der Bundesländer bei dem Männeranteil in Kitas auf dem zweiten Platz hinter Hamburg mit 8,3 % (Fachkräfte inclusive Prakti- kanten, etc.). Hamburg verfügt über einen Männeranteil von 10,2 % und der Bundesdurchschnitt liegt bei 4,1 %. Berlin konnte innerhalb der letzten sieben Jahre eine Steigerung des Männeranteils in dem Bereich von 3,9 % erzielen. Weiterhin hat Berlin 2012/2013 den höchsten Anteil an männlichen Studierenden in Fachschulen für Sozialpä- dagogik - 23,5 %. Das wird zukünftig den Anteil der männlichen Erzieher in Kitas und Grundschulen weiter steigern. c. Wie plant der Senat über das Durchführen von In- formationsveranstaltungen hinaus den Mangel an männli- chen Fachkräften im Bereich der Kindertagesstätten und Grundschulen zu beheben? Gibt es beispielsweise Ansät- ze den Jungen schon in der Schule diesen Berufszweig näher zu bringen? Wenn nein, warum nicht? d. Was hält aus Sicht des Senats Männer davon ab, sich für den Beruf des Grundschullehrers oder Erziehers zu entscheiden? Wie bewertet der Senat die derzeitigen Situation von männlichen Erziehern und Lehrern an Grundschulen? Zu 1c.: Maßnahmen, die schon in der Schule den Jun- gen den Berufszweig der Lehrkraft oder des Erziehers näher bringen sollen, liegen im Aufgabenbereich der Berufsberatung und Berufsorientierung der Agentur für Arbeit. Ein gemeinsames Vorgehen und weitere Maß- nahmen dazu werden zurzeit geprüft. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 664 2 Seit 2011 haben Schüler am Boys' Day die Möglich- keit, Berufe insbesondere auch in Kindertagesstätten zu erkunden. Ziel ist die Erweiterung ihres Berufswahlspekt- rums auf Berufe im erzieherischen, pflegerischen und sozialen Bereich. Das wird von den weiterführenden allgemeinbildenden Schulen im Bereich der schulischen Berufs- und Studienorientierung unterstützt. Bei der Weiterentwicklung des Gleichstellungspolitischen Rah- menprogramms werden entsprechende Zielsetzungen dazu geprüft. Zu 1d.: Entsprechende Erkenntnisse für die Entschei- dung von Männern bei der Berufswahl liegen dem Senat nicht vor. Geschlechterspezifische Daten bezüglich der Arbeitssituation sind nicht vorhanden. 2. In der Antwort zu Frage 3 der Schriftlichen Anfra- ge vom 28. Mai 2014 (DrsNr. 17/13938) antwortet der Senat, dass Gender Mainstreaming innerhalb des Moduls „Erziehen und Innovieren“ behandelt werde. Warum wird Gender Mainstreaming als Querschnittsaufgabe nicht in allen Modulen, sondern lediglich in einem einzelnen Modul separat behandelt? Zu 2.: Das Thema Gender Mainstreaming wird selbst- verständlich als Querschnittsaufgabe des Vorbereitungs- dienstes aufgefasst und zieht sich entsprechend durch sämtliche Pflichtbausteine des Vorbereitungsdienstes. Im Pflichtbaustein 1 des Moduls „Erziehen und Innovieren“ wird es explizit genannt, um ihm auf diese Weise zusätz- liche verbindliche Nachdrücklichkeit zu verleihen. Dar- über hinaus wird den Lehramtsanwärterinnen und Lehr- amtsanwärtern ein Wahlbaustein "Gendersensible Unter- richtsgestaltung" angeboten. 3. Fragen 4 und 5 der Schriftlichen Anfrage vom 28. Mai 2014 (DrsNr. 17/13938) beantwortet der Senat damit, dass Gender Mainstreaming in der regionalen Fortbildung thematisiert wurde, Schulen Beratungsbedarf zu diesem Thema signalisieren könnten, zudem seien Angebote zur Unterstützung von Frauen in der Bewerbung um eine Funktionsstelle vorhanden, es gäbe zusätzliche Materia- lien und Fortbildungen für pädagogische Fachkräfte zu den Themen Geschlecht, Geschlechtsidentität und sexuel- le Orientierung und es würden Ansprechpersonen für geschlechtliche und sexuelle Vielfalt an Berliner Schulen benannt. In den Rahmenlehrplänen werde in Kapitel B und in den neuen Fachplänen das Thema Gender Mainstreaming berücksichtigt. Zu den Ergebnissen dieser Maßnahmen äußert sich der Senat jedoch nicht. Es erge- ben sich noch folgende Fragen: a. Warum wird Gender Mainstreaming als Quer- schnittsaufgabe neben den neuen Fachplänen lediglich in Kapitel B der Rahmenlehrpläne umgesetzt? e. Wie evaluiert der Senat die Umsetzung von (den genannten) Hinweisen, Tipps und Beispielaufgaben zum Thema Gender Mainstreaming an den Berliner Schulen? Wie bewertet er diese Maßnahmen mit Blick auf die ge- messenen Erfolge? Zu 3a. und 3e.: Die einzelnen Teile des Rahmenlehr- plans für die Primarstufe und Sekundarstufe I werden zur Anhörung Ende November 2014 veröffentlicht. In einer unveröffentlichten Entwurfsfassung des Teil B des künf- tigen Rahmenlehrplanes wird Gender Mainstreaming als übergreifendes Thema für den Unterricht in allen Fächern herausgearbeitet. Der Teil B des Rahmenlehrplanes ist mit den Teilen A (Bildung und Erziehung in der Primarstufe und Sekundar- stufe I) und C (Fachteile) des Rahmenjahrplanes vernetzt. Das heißt, dass das Thema Gender Mainstreaming insbe- sondere auch in den Fachteilen des Rahmenlehrplanes verankert ist. Die Einschätzung der ausschließlichen Thematisie- rung von Gender-Mainstreaming im Teil B ist eine unbe- gründete Vermutung und sachlich unzutreffend. Der neue Rahmenlehrplan wird erst Ende November mit Beginn der Anhörungsphase öffentlich gemacht. Dann können die entsprechenden Hinweise, Tipps und Beispiele eingesehen werden. Da es sich um ein Zweiländerprojekt der Länder Ber- lin und Brandenburg handelt, ist die Zustimmung der beiden Bildungsverwaltungen vor der Veröffentlichung der Anhörungsfassungen erforderlich. Diese ist noch nicht erfolgt. b. Wie wird Gender Mainstreaming in den genannten einzelnen Angeboten umgesetzt? (Bitte einzeln aufschlüs- seln oder Beispiele angeben!) c. Wie wurden die Ergebnisse der „Fachtagung zur Implementierung von Gender Mainstreaming in den Un- terricht“ einbezogen? d. Welche Schulen meldeten in dieser Legislaturperi- ode Beratungsbedarf zum Thema Gender Mainstreaming an und wie wurde dem entsprochen? Zu 3b. - 3d.: Dem Beratungsbedarf von Schulen wird im Rahmen von schulinternen Lehrkräftefortbildungen (SchiLF) und in der regionalen Fortbildung entsprochen. Zusätzlich stehen Multiplikatorinnen und Multiplikatoren bereit, die unter Berücksichtigung von Gender Main- streaming z.B. bei Schulentwicklungsprozessen oder zu Themen demokratischer Schulkultur beraten. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 664 3 Die angesprochene Fachtagung war als Beispiel für eine Veranstaltung im Rahmen der regionalen Fortbildung genannt. Die Auswirkungen der Fachtagung auf die Pro- zesse in den beteiligten Schulen wurden nicht abgefragt. Ein weiteres Beispiel für die Umsetzung von Gender Mainstreaming in der Legislatur ist die Fortbildung "Ma- thematik: Gender, Migration und Schule". Grundsätzlich ist anzumerken, dass der Aspekt „Gender Mainstreaming“ immanenter Bestandteil der Fortbildungs - und Beratungsangebote der regionalen Fortbildung ist. f. Wie und von wem wurden die im Rahmen der ISV zur Verfügung gestellten Materialien und Fortbildungen genutzt? Wie evaluiert der Senat die Ergebnisse? g. Zu welchen Verbesserungen hat die Benennung von Ansprechpartner_innen für geschlechtliche und sexu- elle Vielfalt an Berliner Schulen geführt und mit welchen Methoden wird dies evaluiert? Wird das Gesprächsange- bot der Ansprechpartner_innen genutzt? Wie wird das Vorhandensein der Ansprechpartner_innen kommuni- ziert? Zu 3f. und 3g.: Die im Rahmen der Initiative „Selbstbestimmung und Akzeptanz sexueller Vielfalt“ erstellten Materialien werden in großem Umfang von den Bil- dungseinrichtungen, auch aus anderen Bundesländern, nachgefragt. Sie werden in den Veranstaltungen der regionalen Fortbildung Lehrkräften, Erzieherinnen und Erziehern und Sozialpädagoginnen bzw. Sozialpädagogen, insbe- sondere aber den Kontaktpersonen für geschlechtliche und sexuelle Vielfalt/Diversity, vorgestellt. Die Kontakt- personen werden der Senatsverwaltung für Bildung, Ju- gend und Wissenschaft gemeldet. Ein Austausch über die Erfahrungen und Strategien findet in den im Rahmen der regionalen Fortbildung durchgeführten Fachgesprächen statt. Eine weitere Evaluation erfolgt derzeit nicht. 4. Der Senat antwortet auf Frage 6 der Schriftlichen Anfrage vom 28. Mai 2014 (DrsNr. 17/13938), dass die Umsetzung der Maßnahmen zu den im „Handlungsrahmen Schulqualität in Berlin“ aufgeführten Qualitätskriterien auch im Bereich des Gender Mainstreaming in der Verantwortung der Berliner Schulen läge. a. Wie stellt der Senat die eigenverantwortliche Um- setzung des Qualitätskriteriums Gender Mainstreaming im „Handlungsrahmen Schulqualität der Berliner Schulen “ sicher? b. In welcher Form und mit welchen Instrumenten berücksichtigt die Schulinspektion wesentliche Aspekte nicht diskriminierender Schulkultur und Bildungsarbeit? Welche wesentlichen Aspekte sind hier gemeint und mit welchen Instrumenten und Indikatoren wird bei der Eva- luierung gearbeitet? Zu 4a. und 4b.: Das Schulgesetz enthält den Gleich- stellungsauftrag und den Auftrag zur Umsetzung des Gender Mainstreaming-Prinzips. Diese Zielsetzung ist für alle Schulen verbindlich (unabhängig von ihren Schul- entwicklungsschwerpunkten). Im Rahmen der Weiterent- wicklung des Gleichstellungspolitischen Rahmenpro- gramms wird es zukünftig darum gehen, die Genderkom- petenz in den Schulen zu erhöhen und die Schulen stärker zu befähigen, diesen Auftrag umzusetzen. Der Hand- lungsrahmen Schulqualität wird dabei einbezogen. Die Schulinspektion evaluiert Aspekte der nicht dis- kriminierenden Schulkultur und Bildungsarbeit. Berlin, den 17. Oktober 2014 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 21. Okt. 2014)