Drucksache 17 / 14 668 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katrin Möller (LINKE) vom 02. Oktober 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 06. Oktober 2014) und Antwort Kita-Wartelisten – kein Ende in Sicht? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Kann der Senat bestätigen, dass Berliner Kindertagesstätten weiterhin Wartelisten führen und es nach wie vor der Regelfall ist, dass Eltern auf mehreren Wartelisten geführt werden bzw. weitergeführt werden, obwohl sie bereits mit einem Platz versorgt sind? 2. Wie bewertet der Senat zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Realisierung seines Ziels, durch die Einführung des Fachverfahrens ISBJ-Vormerkung Mehrfachanmel- dungen bzw. Bedarfsmeldungen trotz Versorgung mit einem Kitaplatz zu vermeiden? 3. Welche Gründe sind ausschlaggebend dafür, dass das von Frau Senatorin Scheeres in der Plenarsitzung des Abgeordnetenhauses am 13. September 2012 wie folgt beschriebene System bisher nicht funktioniert: „…möchten wir über unser ISBJ-System ein Verfahren entwickeln, das an die Wartelisten bei den Trägern ge- knüpft ist, dass die Nummer des Kitagutscheins in das System eingegeben wird. Und wenn jetzt eine Kita einen Kitagutschein entgegengenommen hat, die Familie hat den Platz, kommt automatisch auf den anderen Wartelis- ten diese Person nicht mehr vor, so dass wir einen konkre- ten Überblick in diesem Bereich haben.“? 4. Welche Funktionen soll das Fachverfahren ISBJVormerkung beinhalten und welche davon sind zum ge- genwärtigen Zeitpunkt regelhaft eingeführt? Zu 1. – 4.: Das Fachverfahren ISBJ-Vormerkung wurde Anfang 2014 mit allen vorgesehenen Funktionalitäten planmäßig eingeführt. Im Einzelnen wurden folgende funktionalen Erweiterungen bereitgestellt: - (I) Bereitstellung eines online - Kitagutscheinantrags : Mit Hilfe des Formularservice des IT- Dienstleistungszentrums (ITDZ) wurde im Internet (unter www.berlin.de) ein dynamisches Formular zur Verfügung gestellt, mit dem Eltern einen An- trag auf einen Kitagutschein stellen können. - (II) Neugestaltung und Ausbau des ISBJTrägerportals : Das ISBJ-Trägerportal, auf das Träger mit Hilfe eines benutzerspezifischen Zerti- fikats zugreifen können, wurde um die Anwen- dungen „Kitaverzeichnis“‘, „Freiplatzmeldung“ und „Stellenbörse“ erweitert. Diese Anwendungen ermöglichen es Trägern, im Trägerportal aktuelle Informationen zur jeweiligen Kindertageseinrich- tung, zu freien Platzangeboten sowie zu Stellenge- suchen zu pflegen und diese unmittelbar unter www.berlin.de einer breiten Öffentlichkeit anzu- zeigen. - (III) ISBJ1-Vormerkung (im engeren Sinne): Hierbei handelt es sich um eine neue, über das ISBJ-Trägerportal bereitgestellte Fachanwendung für Träger. Dieses bietet Trägern die Möglichkeit, trägerspezifische Vormerkungen elektronisch zu erfassen und mit Vormerkungen anderer Träger abzugleichen. So erhält ein Träger bezogen auf die eigenen Vormerkungen kontinuierlich Rückmel- dung über etwaige Statusänderungen. Hierzu zäh- len beispielsweise Informationen über die Beantra- gung, das Ausstellen bzw. das Einlösen eines Ki- tagutscheins sowie den Vertragsbeginn. Im Falle eines Vertragsschlusses in einer anderen Einrich- tung wird die Vormerkung bei den anderen Trä- gern, die das Kind vorgemerkt haben „deaktiviert“, so dass alle Anbieter, die das Fachverfahren nut- zen, jederzeit einen Überblick über die aktuelle Bedarfslage haben. Dies entspricht der von Frau Senatorin Scheeres am 13. September 2012 im Abgeordnetenhaus beschriebenen Funktionsweise. Grundsätzlich können Träger nicht gehindert werden, eigene Wartelisten zu führen. Der Senat geht jedoch von einer erheblichen Anreizwirkung zur Teilnahme am ISBJ- Vormerksystem aus, da der planerische Nutzen, an einem vernetzten System der Platzsteuerung beteiligt zu sein, für die Träger eine erhebliche Entlastung darstellt. Die Betei- ligungsquote nach der Einführung steigt weiter. 1 ISBJ = Integrierte Software Berliner Jugendhilfe Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 668 2 Eltern ist es freigestellt, sich bei einer oder mehreren Kindertageseinrichtungen um einen Betreuungsplatz zu bemühen. Dies entspricht der im Berliner Kindertages- förderungsgesetzes (KitaFöG) angelegten Logik des Ab- gleichs von Angebot und Nachfrage, so dass Eltern, vor- behaltlich der Verfügbarkeit eines Angebotes mit einem Bieter ihrer Wahl einen privatrechtlichen Betreuungsver- trag schließen können. Das neue Fachverfahren ISBJ-Vormerkung kann inso- fern nicht auf eine Vermeidung von Mehrfachanmeldun- gen zielen, sondern auf die Bereitstellung aktueller Infor- mationen für die Anbieter und damit einen dezentralen Abgleich der tatsächlichen aktuell bestehenden Nachfra- ge. Mit Hilfe des Systems kann bezogen auf alle erfassten Vormerkungen festgestellt werden, wie viele Kinder sich tatsächlich hinter der Zahl der Mehrfachanmeldungen verbergen. 5. Wie viele Träger mit wie vielen Platzkapazitäten beteiligen sich zum jetzigen Zeitpunkt am neuen Fachver- fahren ISBJ-Vormerkung, wie viele Träger mit wie vielen Platzkapazitäten beteiligen sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht daran? 6. Welche Gründe sind nach Kenntnis des Senats wesentlich für die Nichtteilnahme von Kita-Trägern am Fachverfahren ISBJ-Vormerkung und was tut der Senat, um noch mehr Kita-Träger für die Teilnahme zu gewin- nen? 7. Wie viele Kita-Plätze waren zum 30. September 2014 von den Kita-Trägern als frei gemeldet worden? Zu 5. - 7.: Wie bereits in der Anfrage 17/13 022 darge- legt, erwartet die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (SenBildJugWiss), dass sich der Nut- zungsgrad der neuen Anwendung ISBJ-Vormerkung nach und nach weiter erhöhen wird. Zu diesem Zweck wurden im 1. Halbjahr 2014 zahlreiche Informationsveranstaltun- gen bei Trägerverbänden und in Bezirken durchgeführt. Die neuen Funktionalitäten fanden dabei eine überwie- gend positive Resonanz. In der Folge nimmt der Nut- zungsgrad, wenn auch weiterhin auf niedrigem Niveau, kontinuierlich zu. Aktuell (Stand 30.09.2014) sind beispielsweise 487 freie Plätze von 40 Trägern über die Kitafreiplatzmeldung unter www.berlin.de erfasst. Die Anwendung ISBJ- Vormerkung nutzen aktuell 23 Träger mit einer Platz- kapazität von rd. 8.200 Plätzen. Ein wesentlicher Grund für den verzögerten Aufbaus der Nutzung liegt in der verspäteten Bereitstellung einer technischen Standardschnittstelle zur Anbindung indivi- dualer Kitafachverfahren an die zentrale Anwendung ISBJ-Vormerkung. Diese Standardschnittstelle befindet sich gegenwärtig im Testverfahren. Mit einer Bereitstel- lung wird bis Ende 2014 gerechnet. Nach der Bereitstellung der Standardschnittstelle kön- nen u. a. die Fachverfahren der Berliner Kita-Eigen- betriebe sowie der großen Wohlfahrtsverbände angebun- den werden. In der Folge wird die Zahl der eingebunde- nen Träger und Plätze deutlich steigen. Dies setzt aller- dings auch die Schaffung der technischen Voraussetzun- gen auf Seiten der Träger voraus. Im Übrigen führt die im Zusammenhang mit der neu- en Rahmenvereinbarung Tagesbetreuung (RV Tag) einge- führte Verpflichtung zur Nutzung des ISBJ-Trägerportals für alle Träger > 20 Plätzen lt. Betriebserlaubnis zu einer stetig steigenden Anzahl der Träger mit einem zertifizier- ten Zugang zum ISBJ-Trägerportal, und damit auch zur neuen Anwendung ISBJ-Vormerkung. Zur Unterstützung der neu im Trägerportal registrierten Träger wurden der ISBJ-Trägerservice personell verstärkt und zusätzliche Schulungsangebote für Träger in das Programm aufge- nommen. 8. Wie bewertet der Senat zum gegenwärtigen Zeitpunkt seine Möglichkeiten, gemeinsam mit den Bezirken einen realistischen Überblick über Angebot und Nachfra- ge nach Kita-Plätzen in den Bezirksregionen zu erhalten? 9. Welche Aktivitäten unternimmt der Senat gegenwärtig auch angesichts des Scheiterns des Projektes einer IT-gestützten Kita-Bedarfsanalyse, um seine Kitabedarfs- planung zu verbessern und die Eltern bei der Suche nach einem Kitaplatz zu unterstützen? Zu 8. und 9.: Mit Hilfe der bestehenden Planungs- und Controllinginstrumente kann auch ohne das ausgesetzte Projekt IT-gestützte Kitabedarfsanalyse eine realistische Einschätzung über Angebot- und Nachfrage nach Kita- Plätzen erfolgen. Hierzu trägt auch das neue Fachverfah- ren ISBJ-Vormerkung bei, das den Trägern über die neue Funktion ‚Kita-Verzeichnis‘ eine einfache und schnelle Möglichkeit zur Erfassung der tatsächlich angebotenen Plätze zur Verfügung stellt. Hinsichtlich der Bedarfsplanung befinden sich der Se- nat und die Bezirke im Rahmen der AG Planung ferner in einer kontinuierlichen Abstimmung auf Basis vereinbarter Planungsinstrumente. Berlin, den 15. Oktober 2014 In Vertretung Sigrid Klebba Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. Okt. 2014)