Drucksache 17 / 14 699 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dirk Behrendt (GRÜNE) vom 10. Oktober 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. Oktober 2014) und Antwort Wer wählt die Berliner und wer die Brandenburger Richtervertreter für den Richter- wahlausschuss? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche Richterinnen der gemeinsamen Obergerich- te sind für die Berliner Vorschlagslisten zur Wahl des Berliner Richterwahlausschusses wahlberechtigt? Zu 1.: Alle planmäßigen Richterinnen und Richter der gemeinsamen Obergerichte sind, da sie gemäß Artikel 2 Abs. 1 Satz 1 des Staatsvertrages über die Errichtung gemeinsamer Fachobergerichte der Länder Berlin und Brandenburg im Dienste auch des Landes Berlin stehen, für die Wahl der Bewerberinnen und Bewerber auf den Vorschlagslisten für die Wahl des Berliner Richterwahl- ausschusses wahlberechtigt 2. Richtet sich die Wahlberechtigung nach dem Sitz der gemeinsamen Obergerichte? Zu 2.: Nein. 3. Ist dem Berliner Senat bekannt, dass die Branden- burger Justizverwaltung die Auffassung vertritt, die Rich- terinnen des Oberverwaltungsgerichts Berlin/Branden- burg seien für die Brandenburger Vorschlagslisten wahl- berechtigt, obwohl das Gericht in der Hardenbergstraße liegt? Wie beurteilt der Berliner Senat diese Sichtweise? Zu 3.: Dem Berliner Senat ist diese Sichtweise be- kannt und wird von ihm geteilt. Über diese Sichtweise haben das Ministerium der Jus- tiz des Landes Brandenburg und die Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz im Vorfeld der Wahl der Mitglieder des Berliner Abgeordnetenhauses im Septem- ber 2011, die gemäß § 14 Satz 1 Berliner Richtergesetz (RiGBln) auch eine Neuwahl des Berliner Richterwahl- ausschusses notwendig machte, Einvernehmen erzielt. Bis dahin war das Ministerium der Justiz des Landes Bran- denburg davon ausgegangen, dass die Richterinnen und Richter auf Lebenszeit an den Fachobergerichten mit Sitz im Land Brandenburg (Landessozialgericht Berlin-Bran- denburg, Finanzgericht Berlin-Brandenburg) nur zu den im Land Brandenburg zu erstellenden Vorschlagslisten aktiv und passiv wahlberechtigt sind, die Richterinnen und Richter der im Land Berlin errichteten Obergerichte dagegen nur in Berlin. Das Ministerium der Justiz des Landes Brandenburg hat seinen Geschäftsbereich im Rahmen der durch die Landtagswahl im September 2014 gemäß §§ 14, 15 Brandenburgisches Richtergesetz (BbgRiG) begründeten Notwendigkeit der Vorbereitung einer Neuwahl des brandenburgischen Richterwahlaus- schusses ausdrücklich auf die geänderte Rechtsauffassung hingewiesen. 4. Wie wird ausgeschlossen, dass Richterinnen durch doppeltes Wahlrecht im gemeinsamen Richterwahlaus- schuss Berlin/Brandenburg doppelt vertreten sind? Zu 4.: Bei der Beantwortung dieser Frage ist zwischen aktivem und passivem Wahlrecht zu differenzieren. Dass die planmäßigen Richterinnen und Richter der gemeinsa- men Obergerichte für die Vorschlagslisten für die Wahl beider Richterwahlausschüsse ein aktives Wahlrecht ha- ben, ist dadurch gerechtfertigt, dass sie nach Artikel 2 Abs. 1 Satz 1 des Staatsvertrages über die Errichtung gemeinsamer Fachobergerichte der Länder Berlin und Brandenburg im Dienste beider Länder stehen. Soweit es das passive Wahlrecht betrifft, ist zunächst Folgendes anzumerken: Nach den bisherigen Erfahrungen zeichnen sich die Richterinnen und Richter, die an einer (Mit-)Arbeit im Richterwahlausschuss des Landes Berlin oder im Richterwahlausschuss des Landes Brandenburg (aus dessen jeweiligen Mitgliedern sich der gemeinsame Richterwahlausschuss zusammensetzt) interessiert sind und letztlich auch gewählt worden sind, dadurch aus, dass sie sich bewusst für den Ausschuss eines der beiden Län- der entschieden haben, und in Ansehung ihrer Verantwor- tung gegenüber ihren Wählerinnen und Wählern auf eine seriöse und sachgerechte (Ausschuss-)Tätigkeit fokussiert Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 699 2 sind. Vor diesem (Erfahrungs-) Hintergrund erscheint es kaum vorstellbar, dass eine dieser Richterkräfte überhaupt die Option ernstlich in den Blick nehmen würde, sich ebenfalls um eine Wahl in den Richterwahlausschuss des anderen Bundeslandes und damit im Ergebnis um einen „Doppelsitz“ im gemeinsamen Richterwahlausschuss zu bemühen. Sollte es aber wider Erwarten gleichwohl einmal dazu kommen, dass sich eine Richterin oder ein Richter auch in dem jeweils anderen Bundesland zur Wahl aufstellen lässt, dann haben letztlich der Landtag Brandenburg und das Abgeordnetenhaus von Berlin bei der eigentlichen Wahl der Mitglieder der jeweiligen Richterwahlausschüs- se darauf Bedacht zu nehmen, dass nicht eine in den Ber- liner Richterwahlausschuss gewählte Richterkraft auch in den Richterwahlausschuss des Landes Brandenburg ge- wählt wird, was mit Blick auf die bereits angesprochene Zeitversetztheit der Wahlen auch unproblematisch mög- lich ist. Die beiden Justizverwaltungen können nach der jeweils geltenden Richterwahlordnung auf die Vor- schlagslisten der Gerichte und Staatsanwaltschaften kei- nen Einfluss nehmen, sind aber nicht gehindert, bei Über- sendung der Vorschlagslisten an das jeweilige (Landes- )Parlament darauf hinzuweisen, dass eine vorgeschlagene Person bereits Mitglied des Richterwahlausschusses im anderen Bundesland ist. Berlin, den 27. Oktober 2014 In Vertretung Straßmeir Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 31. Okt. 2014)