Drucksache 17 / 14 714 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Sabine Bangert (GRÜNE) vom 14. Oktober 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. Oktober 2014) und Antwort Langzeiterwerbslose: Lohnkostenzuschuss und Coaching vom Bund und/oder Berlin? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche Berliner Jobcenter haben jeweils in welcher Höhe Mittel aus dem für die Förderperiode 2014- 2020 geplanten BMAS-ESF-Bundesprogramm „Betriebliche Perspektive für langzeitarbeitslose Bezieherinnen und Bezieher von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende“ (LZA) bisher beantragt bzw. falls noch nicht beantragt, planen dieses Programm umzusetzen (bitte für jedes JC getrennt ausweisen und falls möglich, bitte die geplanten Förderfälle nennen)? a) Wie sind die beantragten Mittel jeweils auf die drei Programmteile Betriebsakquise, Arbeitnehmer- /Arbeitnehmerinnencoaching und finanzieller Aus- gleich von individuellen Minderleistungen ver- teilt? b) Wie sind die jeweiligen Fördersummen auf die Jahre 2014-2020 verteilt? c) Bis zu welchem Zeitpunkt sind Rückmeldungen aller Jobcenter zum ESF-Bundesprogramm spätes- tens zu erwarten und wie bewertet der Senat den bisherigen Rücklauf? 2. Wie viele zusätzliche Einstellungen von so genannten Betriebsakquisiteurinnen bzw. -akquisiteuren sind mit dem ESF-Bundesprogramm ab wann von den Jobcentern geplant? a) Welche Akteure der Berliner Arbeitsmarktpolitik haben in Berlin bereits Personen mit vergleichba- rem Tätigkeitsprofil angestellt und wie viele Per- sonen arbeiten derzeit in diesem Bereich? b) Aus welchen Branchen und Teilen des Arbeitsmarkts sollen laut Aussage der Jobcenter die Be- triebsakquisiteurinnen/-akquisiteure schwerpunkt- mäßig ArbeitgeberInnen gewinnen bzw. welche Empfehlung spricht der Senat hier selbst zur För- derung des Berliner Arbeitsmarktes aus? 3. Wie viele zusätzliche Einstellungen von Coaches für Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer sind mit dem ESF- Bundesprogramm ab wann von den Jobcentern geplant? a) Welche Akteure der Berliner Arbeitsmarktpolitik haben bereits Coaches im Rahmen des Berliner Jobcoachingprogramms eingestellt, wie viele sind hier aktuell beschäftigt? Zu 1. 2. und 3.: Bisher liegt nur ein Entwurf einer Förderrichtlinie zu dem Programm „Betriebliche Perspektive für langzeitarbeitslose Bezieherinnen und Bezieher von Leistungen der Grundsicherung vor. Deshalb können noch keine Mittel beantragt werden. Es bestehen deshalb auch noch keine regionalisierten Planungen, die mit Mit- teln des Landes Berlin finanziert werden. In Berlin sind derzeit 205 Jobcoaches bei 61 Trägern beschäftigt, die mit Mitteln des Landes Berlin finanziert werden. 4. Worin unterscheiden sich die Voraussetzungen für das Coaching der Langzeiterwerbslosen im Rahmen des BMAS-ESF-Bundesprogramms und im Rahmen des Ber- liner Jobcoachingprogramms des Senats? Zu 4.: Bei dem geplanten Bundesprogramm handelt es sich um ein nachgehendes Coaching nach Beschäfti- gungsaufnahme mit dem Ziel der Stabilisierung des Be- schäftigungsverhältnisses. Das Berliner Jobcoaching in der öffentlich geförderten Beschäftigung wird überwie- gend begleitend für die Teilnahme an Maßnahmen der Beschäftigungsförderung und an Qualifizierungsmaß- nahmen angeboten. Dieses Coaching findet parallel zur Beschäftigung in den Maßnahmen statt. 5. Worin unterscheiden sich die Voraussetzungen für ArbeitgeberInnen und für zu fördernde Personen für ei- nerseits den Zugriff auf Minderleistungsausgleich nach BMAS-ESF-Bundesprogramm und andererseits den KMU-Lohnkostenzuschusses mittels Landesförderung? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 714 2 Zu 5.: Die Zielgruppe für das Landesprogramm ist an- ders definiert als die für das geplante Bundesprogramm (ausweislich des vorliegenden Entwurfs). Fördervoraus- setzung ist im Landesprogramm nicht Langzeitarbeitslo- sigkeit, sondern: a) Arbeitslose, die mindestens 6 Monate arbeitslos gemeldet sind, b) Erwerbstätige Arbeitslosengeld II-Empfangende, die abhängig in Vollzeit und Teilzeit beschäftigt sind, einschließlich geringfügig Beschäftigter so- wie Selbständige, c) Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus dem Bundesprogramm Bürgerarbeit, aus Förderung von Arbeitsverhältnissen (FAV) nach § 16 e SGB II und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus anderen Ar- beitsgelegenheiten nach § 16 d SGB II. Im geplanten Bundesprogramm können voraussicht- lich erwerbsfähige Leistungsberechtigte im Sinne des § 7 SGB II gefördert werden, wenn diese 1. seit mindestens zwei Jahren ohne Unterbrechung arbeitslos sind, 2. das 35. Lebensjahr vollendet haben, 3. über keinen oder keinen verwertbaren Berufsab- schluss verfügen und 4. voraussichtlich nicht auf andere Weise in den all- gemeinen Arbeitsmarkt eingegliedert werden können (Prognoseentscheidung). Gefördert werden zusätzliche Beschäftigungsverhält- nisse von privaten und öffentlichen Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern, die unbefristet sind oder eine Laufzeit von mindestens 24 Monaten haben und bei denen die Wo- chenarbeitszeit 20 Stunden nicht unterschreitet. 6. Wie wird der Senat ab Umsetzung des ESFBundesprogramms in Berlin mit den landeseigenen Ange- boten Jobcoaching und Lohnkostenzuschuss/KMU umge- hen und diese zukünftig gestalten? a) Inwiefern unterscheiden sich die Ziele und Zielgruppe der beiden Ansätze auf Bundes- und Lan- desebene nach Einschätzung des Senats? b) Wie will der Senat zukünftig Doppelförderungen ausschließen? Zu 6.: Von der weiten Arbeitgeberdefinition des ge- planten Bundesprogrammes ist auch der Kreis der kleine- ren und mittleren Unternehmen (KMU) mit Sitz in Berlin erfasst, die in den Genuss des Landeszuschusses KMU kommen können. Der im Entwurf des Bundesprogramms definierte Kreis der förderfähigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer überschneidet sich teilweise auch mit je- nem nach den Landesinstrumenten. Sobald die endgültige Ausgestaltung des Bundesprogrammes und eine Teilnah- me von Berliner Jobcentern daran feststeht, wird der Se- nat prüfen, ob und welcher Anpassungsbedarf hinsichtlich der Landesinstrumente besteht. Hinsichtlich des Jobcoachings in der öffentlich geförderten Beschäftigung wird gegenwärtig kein Änderungsbedarf gesehen, da das Bundesprogramm gemäß Planungen kein maßnahmebe- gleitendes, sondern ein nachgehendes Coaching nach Integration zum Zwecke der Stabilisierung des Arbeits- verhältnisses anbieten soll. Anpassungsbedarf besteht möglicherweise bei einer Beteiligung Berlins am Pro- gramm beim Berliner Jobcoaching im ersten Arbeits- markt. a) Das Bundesprogramm fokussiert auf die unmittel- bare Integration in den ersten Arbeitsmarkt und versucht dabei, besonders marktferne erwerbsfähi- ge Hilfebedürftige anzusprechen. Die Landesin- strumente verfolgen das langfristige Ziel der Be- seitigung der Hilfebedürftigkeit durch begleitende Hilfen, die bereits frühzeitig im Integrationspro- zess greifen und die marktfernen sowie marktnähe- ren Arbeitslosen zur Verfügung stehen und sind eine mittelbare Brücke in den ersten Arbeitsmarkt b) Doppelförderungen sind beim derzeitigen Stand der Konzeptionierung des Bundesprogramms bei allen Instrumenten ausgeschlossen. Eine Förde- rung setzt eine Bestätigung des Jobcenters über das Vorliegen der persönlichen Fördervoraussetzungen voraus. Im Falle des Lohnkostenzuschusses muss der Arbeitgeber nachweisen, keine anderweitige Lohnförderung zu erhalten. 7. Wurde das ESF-Bundesprogramm „Betriebliche Perspektive für langzeitarbeitslose Bezieherinnen und Bezieher von Leistungen der Grundsicherung für Arbeit- suchende“ mit den Bundesländern abgestimmt? Falls ja, zu welchem Zeitpunkt erfolgte die Abstimmung. Falls nicht, wie bewertet der Senat dieses Vorgehen? Zu 7.: Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat auf Arbeitsebene (Bund-Länder-Ausschuss Arbeitsgruppe Eingliederung) ab Januar 2014 über den jeweiligen Stand der Überlegungen zu dem geplanten Bundesprogramm informiert. Darüber hinaus besteht ein kontinuierlicher Austausch zwischen BMAS und Senat. Der Senat ist der Auffassung, dass diese Konsultationen hilfreich sind. Berlin, den 29. Oktober 2014 In Vertretung Boris Velter Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 31. Okt. 2014)