Drucksache 17 / 14 723 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Turgut Altug und Stefanie Remlinger (GRÜNE) vom 13. Oktober 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. Oktober 2014) und Antwort Werbung und Sponsoring an Berliner Schulen Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. An welchen Schulen hat nach Kenntnis des Senats die Schulkonferenz im Sinne des § 76 Verhaltensregeln bzw. Grundsätze im Umgang mit Werbung und Sponso- ring beschlossen? 2. An welchen Schulen finden nach Kenntnis des Se- nats Werbemaßnahmen statt? 3. An welchen Schulen finden nach Kenntnis des Se- nats Sponsoring statt? 4. Wie viele Mittel konnten Schulen nach Kenntnis des Senats durch Werbung und Sponsoring einwerben (sortiert nach Schulform, Bezirk und Schule)? Zu 1. bis 4.: Im Rahmen der Wahrnehmung der Selbstgestaltung und Eigenverantwortung im Sinne des § 7 des Schulgesetzes entscheidet jede Schule im Rahmen der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Grundsätze bezüglich Werbung und Sponsoring. Eine gesonderte Erfassung dieser Beschlusslagen sowie der eingeworbe- nen Mittel erfolgt nicht. 5. Nach welchen haushaltsrechtlichen Vorgaben müssen diese Mittel verbucht werden? Zu 5.: Der Umgang mit Einnahmen ist grundsätzlich in der Landeshaushaltsordnung und im Haushaltsplan geregelt. Die Wahrnehmung der Selbstgestaltung und Eigen- verantwortung der Schulen im Sinne von § 7 des Schulge- setzes (SchulG) schließt den Umstand ein, dass Schulen als nichtrechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzen und somit grundsätzlich „im Namen des Landes Berlin“ handeln. Als nachgeordnete Anstalten müssen alle Einnahmen und Ausgaben der Schulen über den Landeshaushalt verbucht werden. Nur so kann dem Kontrollrecht des Parlaments Rechnung getragen werden. Vorliegend muss haushalterisch zwischen „Werbeeinnahmen “ und „Einnahme aus Sponsoring“ unterschieden werden. Werbeeinnahmen sind in der Regel im Titel 11924 (Werbeerlöse) zu vereinnahmen. Der-artige Einnahme lösen grundsätzlich keine Ansprüche auf Mehrausgaben aus, d. h. Schulen, die Einnahmen aus Werbeerlösen er- zielen, können daraus keinen finanziellen Vorteil erlan- gen. Einnahmen aus Sponsoring stellen demgegenüber zweckgebundene Einnahmen dar, die über den Titel 11997 (zweckgebundene Einnahmen aus Sponsoring) verbucht werden. Sponsoringmittel können von den Schu- len in voller Höhe (allerdings zweckgebunden) zusätzlich zu ihrem Schuletat verausgabt werden. Diese Mittel kön- nen in das Folgejahr übertragen werden. 6. Welche Erfahrungen haben die Schulen mit Wer- bung und Sponsoring im Rahmen des § 76 SchulG bisher gesammelt? 7. Wie bewertet der Senat diese Erfahrungen? Zu 6. und 7.: Grundsätzlich nutzen die Schulen die im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten eingeworbenen Mittel gern zur weiteren Ausgestaltung des Schulalltags, von Festen und Wettbewerben. Die Erfahrungen mit Sponsoren sind unterschiedlich zu bewerten – neben dem Gedanken, einen wichtigen und wertvollen Beitrag zur Förderung von Kindern und Jugendlichen zu leisten, steht manchmal auch die Idee der Platzierung des eigenen Produktes bzw. der eigenen Dienstleistung im Vorder- grund. Hier ist es die Aufgabe der Schulleitungen, genaue Prüfungen vorzunehmen und ggf. auch Schülerinnen und Schüler altersentsprechend im Sinne der Verbraucherbil- dung mit einzubeziehen. 8. Welche weiteren Regelungen oder Vorgaben be- stehen, wenn an Schulen Sponsoring oder Werbung statt- findet? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 723 2 Zu 8.: Neben der bereits in Bezug genommenen Rechtsgrundlage des § 76 Absatz 2 Nummer 8b) SchulG sind, soweit im Rahmen des Sponsoring Werbung erfol- gen soll, die Verwaltungsvorschriften Werbung zu beach- ten, veröffentlicht im Amtsblatt von Berlin vom 28. Janu- ar 2011, S. 126. 9. Welche Formen des Sponsorings und welche Art an Werbung sind mit den bestehenden Regelungen gestat- tet? (Wäre es nach den bisherigen Regelungen z.B. mög- lich, dass eine Schule den Namen ihrer Aula einem Mö- belherstellerInnen widmet und dafür eine kostenfreie Bestuhlung erhält? Oder ein GetränkeproduzentInnen einem Schulsportfest kostenfreie Getränke zur Verfügung stellt, um die Marke zu bewerben?) Zu 9: Vor dem Hintergrund der Förderung der größt- möglichen Eigenverantwortung der Schulen im Land Berlin hat der Gesetzgeber zwar die Möglichkeiten für Werbung und Sponsoring geschaffen; ob und in welchem Umfang jedoch davon Gebrauch gemacht wird, entschei- det jeweils die Schulkonferenz in eigener Verantwortung. Selbstverständlich muss immer der Grundsatz beachtet werden, dass jede Form der finanziellen Unterstützung staatlichen Handelns (insbesondere bei Sponsoring der Fall) für die Öffentlichkeit erkennbar und nachvollziehbar sein muss. Eine vollständige Transparenz des Umfangs und der Art des Sponsorings ist daher unverzichtbar. Die Interessen des Landes Berlin dürfen durch Wer- bung oder Sponsoring nicht beeinträchtigt werden und insbesondere das Ansehen, die Unabhängigkeit und die Zweckbestimmung der Verwaltung müssen gewahrt blei- ben. Darüber hinaus muss die Maßnahme immer mit dem staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrag zu vereinba- ren sein. Von Werbung und Sponsoring unberührt bleibt daher als staatliche Aufgabe nach wie vor die personelle und sächliche Ausstattung der Schulen einschließlich der erforderlichen Lehr- und Lernmittel. Insofern begegnet das angeführte Beispiel des Möbelherstellers, der die Bestuhlung der Aula sponsert, durchaus rechtlichen Be- denken. Hingegen wäre die zweite Werbemaßnahme, das Bewerben einer Getränkemarke und die kostenlose Abga- be dieses Getränkes im Rahmen eines Schulsportfestes, denkbar und zulässig. 10. Wie bewertet der Senat Werbung an Schulen ins- besondere unter dem Aspekt der VerbraucherInnenbil- dung? 11. Welche Formen von Werbung und Sponsoring würde der Senat als positiv bewerten und welche Formen von Sponsoring und Werbung würde der Senat als negativ bewerten? Zu 10. und 11.: Die Zulässigkeit bzw. Unzulässigkeit von Werbung an Schulen ist rechtlich geregelt, eine wei- tergehende Bewertung erfolgt nicht. In der schulischen Verbraucherbildung steht u. a. die Auseinandersetzung mit den Mechanismen von Werbung im Focus der Refle- xion mit dem Ziel eines kritischen und mündigen Ver- braucherverhaltens. 12. Ist dem Senat bekannt, dass Werbeagenturen in- zwischen gezielt Ideen und Konzepte entwickeln, um stärker in den bisher weitestgehend „werbefreien Raum Schule“ zu gelangen (z.B. durch das Angebot spezifischer Unterrichtsmaterialien)? Zu 12.: Dem Senat liegen keine Kenntnisse über die taktischen Handlungsweisen von Werbeagenturen vor. Berlin, den 29. Oktober 2014 In Vertretung Dr. Knut Nevermann Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 31. Okt. 2014)