Drucksache 17 / 14 735 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Clara Herrmann (GRÜNE) vom 15. Oktober 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. Oktober 2014) und Antwort Anschläge auf Religionsgemeinschaften seit 2012 II - Moscheen Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Grundlage für die Beantwortung der Anfrage bildet der „Kriminalpolizeiliche Meldedienst in Fällen Politisch motivierter Kriminalität“ (KPMD-PMK). Dabei handelt es sich entgegen der „Polizeilichen Kriminalstatistik “ (PKS) um eine Eingangsstatistik. Die Fallzählung erfolgt tatzeitbezogen, unabhängig davon, wann das Ermittlungsverfahren an die Staatsanwaltschaft abge- geben wurde. Die folgenden statistischen Angaben stellen keine Einzelstraftaten der Politisch motivierten Kriminalität (PMK) dar. Bei der Darstellung handelt es sich um Fall- zahlen. Ein Fall bezeichnet jeweils einen Lebenssachverhalt in einem engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit identischer oder ähnlicher Motivlage, unabhängig von der Zahl der Tatverdächtigen, Tathandlungen, Anzahl der verletzten Rechtsnormen oder der eingeleiteten Ermitt- lungsverfahren. Die Fallzahlen der PMK unterliegen bis zum Ab- schluss der Ermittlungen – ggf. bis zum endgültigen Gerichtsurteil – einer Bewertung gemäß der angenommenen Tätermotivation. Darüber hinaus können Fälle der PMK erst nach dem Statistikschluss (z.B. bei Stichtagen oder Jahresabschlüssen) bekannt und entsprechend gezählt werden. Deshalb kommt es sowohl unter- als auch über- jährig immer wieder zu Fallzahlenänderungen. Die Fragen enthalten keine Definitionen der genutzten Begrifflichkeiten wie „Anschläge“ oder „Schändungen“. Insofern wurde zur Beantwortung auf begangene Strafta- ten aller Art abgestellt. 1. Wie viele Anschläge auf Moscheen, Moscheever- eine oder sonstige islamische Einrichtungen in Berlin gab es nach Kenntnissen des Senats seit dem Jahr 2012? (Bitte für jedes Jahr einzeln nach Ort, Name der Moschee, Art des Anschlags und Schadenshöhe auflisten.) 2. Wie viele Schändungen von Moscheen oder isla- mischen Einrichtungen durch Farbschmierereien, Schlachtabfälle etc. sind dem Senat seit dem Jahr 2012 in Berlin bekannt? (Bitte für jedes Jahr einzeln nach Ort, Name der Moschee sowie Art der Schändung auflisten.) Zu 1. und 2.: Es werden die im Polizeilichen Staats- schutz des Landeskriminalamtes (LKA) Berlin bekannt gewordenen Straftaten zugrunde gelegt, bei denen Mo- scheen bzw. islamische Einrichtungen direkt betroffen waren. Die Aufstellung der einzelnen Fälle ist als Anlage beigefügt. Angaben zur Schadenshöhe sind im KPMD- PMK nicht enthalten. 3. Bei welchen von diesen Anschlägen oder Schän- dungen von Moscheen konnten nach Kenntnissen des Senats mutmaßliche TäterInnen ermittelt werden? Zu 3.: Zu welchen Fällen Tatverdächtige bekannt wurden, ist den als Anlage beigefügten Sachverhalten zu entnehmen. 4. Welche Kenntnisse hat der Senat über das jeweili- ge Tatmotiv der Anschläge oder Schändungen? (Bitte jährlich aufschlüsseln und mit der Angabe des Ortes und nach politischem oder religiösem Hintergrund auflisten – Politisch motivierte Kriminalität - rechts, Politisch moti- vierte Kriminalität - links, Politisch motivierte Auslän- derkriminalität (getrennt nach mit und ohne Bezüge zum Islamismus), Sonstige? Wenn ein politischer Hintergrund ausgeschlossen wird, bitte begründen.) Zu 4.: Sowohl Tatmotiv – sofern bekannt - als auch Phänomenbereich sind in der beigefügten Anlage enthal- ten. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 735 2 5. Wie viele Morddrohungen gegen VertreterInnen von Moscheevereinen oder islamischen Verbänden gab es nach Kenntnissen des Senats seit 2012 in Berlin? (Bitte jährlich aufschlüsseln und mit der Angabe des Ortes und nach politischem und religiösem Hintergrund auflisten – Politisch motivierte Kriminalität - rechts, Politisch moti- vierte Kriminalität - links, Politisch motivierte Auslän- derkriminalität (getrennt nach mit und ohne Bezüge zum Islamismus), Sonstige? Wenn ein politischer Hintergrund ausgeschlossen wird, bitte begründen.) Zu 5.: Die Zugehörigkeit von Geschädigten bzw. Op- fern zu Organisationen, Institutionen oder Religionsge- meinschaften wird im Rahmen der Vorgangsbearbeitung nicht mit einem gesonderten Merkmal erfasst, um ggf. stigmatisierende Recherchen (z. B. mit dem Ziel, Perso- nenlisten nach Religionszugehörigkeit zu erstellen) aus- zuschließen. Die Frage kann entsprechend nicht beant- wortet werden. 6. Welche Kenntnisse hat der Senat über besondere Sicherheitsvorkehrungen der örtlichen Polizeibehörden zum Schutz von Moscheen und islamischen Einrichtun- gen in Berlin? Zu 6.: Aus sicherheitsrelevanten Gründen werden kei- ne konkreten Angaben zu polizeilichen Schutzmaßnah- men für Moscheen bzw. islamische Einrichtungen im Rahmen der Beantwortung einer Schriftlichen Anfrage dargelegt. Grundsätzlich werden die polizeilichen Schutz- konzepte nach einer Gefährdungsbewertung im Einzelfall entwickelt und richten sich nach dem Gefährdungsgrad. 7. Inwiefern hält der Senat zusätzliche Sicherheits- maßnahmen zum Schutz von Moscheen und islamischen Einrichtungen in Berlin für erforderlich? Zu 7.: Aufgrund der momentanen Gefährdungslage für Moscheen oder islamische Einrichtungen werden derzeit keine zusätzlichen Schutzmaßnahmen als die bisher getroffenen für notwendig erachtet. Eine Beurtei- lung der Gefährdungslage erfolgt fortlaufend und berück- sichtigt auch aktuelle Entwicklungen. Sollten gefähr- dungsrelevante Aspekte polizeiliches Handeln erforder- lich machen, werden durch die Polizei Berlin, in Abstim- mung mit anderen Behörden und Institutionen, lageange- passte Maßnahmen initiiert bzw. durchgeführt. 8. Welche verfassungsschutzrelevanten Erkenntnisse hat der Senat über die Beteiligung rechtsextremer Grup- pierungen an BürgerInneninitiativen und Protesten gegen den Bau / die Eröffnung von Moscheen in Berlin? (Bitte für jedes Jahr einzeln nach Ort, Anlass, Zeitpunkt und beteiligten Gruppierungen aufschlüsseln.) Zu 8.: Rechtsextremistische Parteien und Gruppierun- gen lehnen Moscheebauten grundsätzlich ab. Es gab seit 2012 jedoch keine dem Senat bekannte Beteiligung rechtsextremistischer Gruppierungen an Bürgerinitiativen und Protesten gegen den Bau oder die Eröffnung von Moscheen in Berlin, zumal öffentlichkeitswirksame Bau- vorhaben und Eröffnungen in diesem Zeitraum nicht bekannt sind. Berlin, den 30. Oktober 2014 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 31. Okt. 2014) Anlage zur Schriftlichen Anfrage 17/14 735 1 Sachverhalte zum Nachteil von Moscheen und islamischen Einrichtungen 2012 bis Stichtag 20. Oktober 2014 Die Sortierung erfolgt nach Phänomenbereich und Tatzeit. Phänomen Zähldelikt Thema Tatzeit Sachverhalt Straße Hnr Ortsteil geklärt ohne § 306a StGB 08.03.2013 02:34:00 In einem Wohn-/Geschäftshaus wurde durch unbekannte Täterinnen/ Täter im frei zugänglichen Untergeschoss Müll in Brand gesetzt. Das Feuer griff auf den direkt angrenzenden Büroraum der Ensar-Comii-Moschee über und zerstörte diesen. Ein politisch motivierter Hintergrund ist nicht erkennbar. Aufgrund der Lage der Brandausbruchsstellen und der Spuren ist davon auszugehen, dass die Täterinnen/ Täter nicht gewusst haben, dass das Tiefgeschoss zur Moschee gehört, da dies nicht ersichtlich ist. Spandauer Damm 44 Charlottenburg nein ohne § 306a StGB 11.08.2014 22:50:00 In einem Rohbau im Hinterhof der Mevlana-Moschee wurde ein Brand gelegt. Im Zuge der Ermittlungen konnte ein Tatverdächtiger ermittelt werden. Hinweise auf eine rechtsmotivierte Motivation liegen derzeit nicht vor, die Ermittlungen werden jedoch weiterhin in alle Richtungen geführt. Skalitzer Str. 131 Kreuzberg ja ohne § 303 StGB 18.10.2014 04:40:00 Eine unbekannte Täterin/ ein unbekannter Täter besprühte eine Hauswand des Mashari-Centers (Moschee) mit dem Buchstaben „T“ und dem Zeichen „&“. Offenbar konnte er seinen Schriftzug nicht mehr beenden. Eine politische Motivation ist zur Zeit nicht erkennbar. Wiener Str. 1 Kreuzberg nein Anlage zur Schriftlichen Anfrage 17/14 735 2 Phänomen Zähldelikt Thema Tatzeit Sachverhalt Straße Hnr Ortsteil geklärt PMAK religiös motiviert § 167 StGB Rel;zA 12.12.2013 12:30:00 Der Gesch. hielt sich im Gebetsraum der Technischen Universität auf. Eine unbekannte männliche Person sprach ihn auf Arabisch an und erklärte ihm, dass seine Religion die falsche sei, da sie nur aus Mördern bestehe. Des Weiteren stieß die Person mehrfach den Gebetsteppich mit Füßen. Der Geschädigte gehört der schiitischen Glaubensrichtung an. Straße des 17. Juni 135 Charlottenburg nein PMKrechts § 130 StGB fref;Rel 04.04.2012 18:00:00 Unbekannte Täterinnen/ Täter verteilten vor der islamischen Grundschule mehrere Flugblätter mit rechtsgerichtetem Inhalt. Boppstr. 4 Kreuzberg nein PMKrechts § 303 StGB fref;Rel 08.04.2012 05:30:00 Unbekannte Täterinnen/ Täter warfen über die Mauer der Sehitlik-Moschee vier Luftballons, die mit roter Farbe gefüllt waren. Weiterhin wurde im Eingangsbereich eine Abbildung mit einem Schwein und dem Schriftzug "Frohe Ostern" angebracht. Columbiadamm 128 Neukölln nein PMKrechts § 166 StGB fref;Rel 28.04.2012 04:15:00 Unbekannte Täterinnen/ Täter legten neben dem Eingangsbereich der Sehitlik-Moschee zwei Schweineköpfe ab. Beide Köpfe waren halbiert, wobei die einzelnen Kopfhälften mit Gummibändern zusammengehalten wurden. Columbiadamm 128 Neukölln ja PMKrechts § 303 StGB fref;Rel 24.09.2012 13:00:00 Unbekannte Täterinnen/ Täter brachten an die Fassade des Instituts „Buhara e. V.“ Aufkleber mit islamfeindlichem Inhalt an. Bei Buhara e.V. werden Islamwissenschaft, Korankunde und Theologie unterrichtet. Wallensteinstr. 20 Rummelsburg nein PMKrechts § 86a StGB fref;Rel;V/ P 28.10.2012 03:20:00 Unbekannte Täterinnen/ Täter beschmierten die Fensterscheiben einer Hauseingangstür mit zwei Hakenkreuzen. Im zweiten Stock des Gebäudes befindet sich die Ar Rahman Moschee. Tromsöer Str. 6 Gesundbrunnen nein PMKrechts § 185 StGB fref;Rel 15.11.2012 14:00:00 Auf einem Hinweisschild zur Moschee "Haus der Weisheit" wurden von unbekannten Täterinnen/ Tätern zwei fremdenfeindliche Aufkleber angebracht. Rathenower Str. 16EF Moabit nein Anlage zur Schriftlichen Anfrage 17/14 735 3 Phänomen Zähldelikt Thema Tatzeit Sachverhalt Straße Hnr Ortsteil geklärt PMKrechts § 303 StGB fref;Rel 30.03.2013 13:30:00 Unbekannte Täterinnen/ Täter brachten während des Gebets an den Außenseiten der Moschee Valide Sultan Camii die Worte "NO ISLAM" und im Treppenzugang zur Eingangstür die Worte "AUSLÄNDER RAUS" an. Hedwigstr. 15 Friedenau nein PMKrechts § 303 StGB fref;Rass; Rel 05.04.2013 12:00:00 Unbekannte Täterinnen/ Täter übersprühten einen vor der Moschee Valide Sultan Camii bereits angebrachten Schriftzug "NO TO RACISM" dergestalt, dass das Wort "NO" nunmehr mit dem Wort "YES" überschrieben wurde. Hedwigstr. 15 Friedenau nein PMKrechts § 303 StGB fref;Rel 17.10.2013 10:56:00 Unbekannte Täterinnen/ Täter beschmierten das Büroschild des Vereines Deutschsprachiger Muslimkreis Berlin e.V. (DKM e.V.). Bei dem Wort „Islamliteratur“ wurde die Worthälfte "literatur" durchgestrichen und durch „TERRORISTEN" ersetzt. Drontheimer Str. 16 Gesundbrunnen nein PMKrechts § 303 StGB fref;Rel 23.10.2013 05:25:00 Unbekannte Täterinnen/ Täter hebelten den eingemauerten Briefkasten der Sehitlik-Moschee auf und verteilten die Metallteile und die darin befindliche Post auf dem Gehweg. Columbiadamm 128 Neukölln nein Sonstige § 26 VersG I/S;MR 04.04.2013 11:35:00 Nach Zeugenaussagen waren auf das Gelände der Amadiyya Anjuman Lahore Pakistan Moschee mehrere Frauen mit unbekleideten Oberkörpern geklettert und hatten sechs Plakate, die sich mit der Rolle der Frau im Islam beschäftigten, angebracht. Brienner Str. 7 Wilmersdorf ja Sonstige § 303 StGB K/P 23.10.2013 08:00:00 Unbekannte Personen sprühten an die Grenzmauer zur Sehitlik-Moschee das Abbild eines Mannes, dessen Kopf in ein Palästinatuch gehüllt war. Des Weiteren trug er ein Maschinengewehr. Platz der Luftbrücke 5 Tempelhof nein Sonstige § 303 StGB K/P 19.10.2014 13:00:00 Unbekannte Täterinnen/ Täter schrieben auf das Namensschild des Briefkastens der Selimiye-Moschee den Schriftzug „ISIS“. Derzeit ist noch unklar, ob sich der Schriftzug für oder gegen den IS richtet. Vor diesem Hintergrund erfolgt die Zuordnung vorerst zu keinem Phänomenbereich. Brunowstr. 61 Tegel nein Anlage zur Schriftlichen Anfrage 17/14 735 4 Legende Abkürzung Bezeichnung AK Antikapitalismus asm antisemitisch Besch. Beschuldigte/ Beschuldigter fref fremdenfeindlich K/P Konfrontation/Politische Einstellung N/S Nationalsozialismus/Sozialdarwinismus ohne Staatsschutzkriminalität ohne explizite politische Motivation, keine Vergabe von Themenfeldern Pkw Personenkraftwagen PMAK Politisch motivierte Ausländerkriminalität PMK-links Politisch motivierte Kriminalität - links PMK-rechts Politisch motivierte Kriminalität - rechts Pol Polizei polGeg gegen sonstige politische Gegnerinnen/ Gegner Rass Rassismus Rel Religion SoA Sozialabbau StGB Strafgesetzbuch UvA Unterbringung von Asylbewerberinnen/ Asylbewerbern VersG Versammlungsgesetz V/P Verherrlichung Propaganda S17-14735 S1714735 Anlage