Drucksache 17 / 14 768 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Fabio Reinhardt (PIRATEN) vom 20. Oktober 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 21. Oktober 2014) und Antwort Wenn nur der Profit zählt (III) – Mängel in der Flüchtlingsunterkunft des privaten Heimbetreibers PeWoBe in Neukölln-Britz - Nachfragen zu Drs. 17/14458 Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Was sind die Gründe für die Kostensteigerung bei der Herrichtung der Flüchtlingsunterkunft in Neukölln- Britz von den vertraglich vereinbarten rund 5,5 Millionen Euro (plus eine mögliche zehnprozentige Überschreitung) auf rund 8,2 Millionen Euro? Zu welchem Zeitpunkt war dem Senat bekannt, dass die Herrichtungskosten steigen? Zu 1.: Der im Vertrag genannte Betrag in Höhe von 5,5 Millionen Euro ist ein Nettobetrag, die 8,2 Millionen Euro stellen dagegen einen Bruttobetrag (inkl. Mehrwert- steuer) dar. Eine Erhöhung der Baukosten ergab sich unter ande- rem durch eine in Abstimmung mit dem Bezirk vorge- nommene nachträgliche Änderung der Bauplanung. Zum anderen waren in der ursprünglichen Kalkulation keine Winterbaukosten veranschlagt, die dann - aufgrund des verzögerten Baubeginns - Mehrausgaben verursacht ha- ben, welche aber im Rahmen der vertraglich vereinbarten Mehrkostenregelung blieben. Die Maßnahmen des Winterbaus waren erforderlich und notwendig, um den Rohbau vor den großen Nieder- schlagsmengen des Winters 2013/2014 zu schützen. Nach Er-richtung des Rohbaus bedurfte die bereits durchnässte Gebäudehülle einer Einhausung und zielgerichteter Trocknungsmaßnahmen. Die von der PeWoBe zur Errichtung der Gemein- schaftsunterkunft Haarlemer Straße geltend gemachten Mehrkosten des Winterbaus wurden durch den Baucon- troller Herrn Devermann geprüft. Nach Freigabe der aus Sicht des Controllers anzuerkennenden Mehrkosten, wel- che in vier Teilrechnungen fällig wurden, waren diese durch das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LA- GeSo) auszuzahlen. Im Einzelnen wird auf die beigefügte Anlage verwie- sen. 2. Wer ist der „unabhängige Dritte“, der den Bau direkt und im Auftrag des Landes Berlins begleitet und geprüft hat? Zu 2.: Bei dem vom LAGeSo beauftragten externen und unabhängigen Projektcontroller handelt es sich um den Diplom-Kaufmann Herrn Devermann, der vertraglich zugesichert hat, dass keinerlei wirtschaftliche und/oder rechtliche Beziehungen zwischen ihm und dem General- unternehmer bestehen. 3. Welche Unternehmen bzw. Subunternehmen haben im Auftrag des Heimbetreibers PeWoBe die Flüchtlings- unterkunft in Neukölln-Britz errichtet? Kann der Senat ausschließen, dass es sich dabei um Unternehmen aus dem Firmenkonglomerat von PeWoBe-Chef Helmuth Penz gehandelt hat? Zu 3.: Dem Senat liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 4. Ist die Aufschaltung der Brandmeldeanlage auf die Empfangsanlage in der Leitstelle der Berliner Feuerwehr mittlerweile erfolgt? Wenn ja, seit wann? Wenn nein, warum nicht? Zu 4.: Die Brandschutzanlage ist vollumfänglich funk- tionsfähig. Alle erforderlichen Vorarbeiten für eine Auf- schaltung sind nunmehr abgeschlossen. Als Termin für die Aufschaltung zur Feuerwehr ist die 48. Kalenderwo- che 2014 vorgesehen. 5. Welche konkreten Mängel hat das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) bei seinen Begehun- gen der Flüchtlingsunterkunft in Neukölln-Britz jeweils festgestellt und dem Betreiber PeWoBe mitgeteilt? Ist der jeweils festgestellte Mangel behoben worden? Wenn ja, seit wann jeweils? Wenn nein, warum jeweils nicht? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 768 2 Zu 5.: Am 04.04.2014, 01.07.2014 und 11.08.2014 fanden Begehungen in der Einrichtung statt. Die dabei festgestellten Mängel bezüglich der Warmwasserversor- gung, der Regenwasserableitung und der fehlenden Kin- derbetreuung wurden zwischenzeitlich beseitigt. Fehlende Ausstattung im Sanitärbereich wurde bereits nachgerüstet. Die Einhaltung der vertraglich geforderten Qualitätsanforderungen wird weiter überprüft. Der Be- treiber ist bemüht, Beanstandungen zeitnah abzuhelfen. 6. Hat das LAGeSo dem Betreiber PeWoBe der Flüchtlingsunterkunft in Neukölln-Britz Sanktionen (Kür- zung des Tagessatzes, Vertragsstrafen, Belegungsstopp etc.) wegen nicht erbrachter Leistung angedroht bzw. gegen ihn verhängt? Wenn ja, aus welchen Gründen, welcher Art waren die Sanktionen und in welchem Um- fang? Wenn nein, warum nicht? Zu 6.: Die Prüfung, ob und in welchem Umfang die festgestellten Mängel zu Tagessatzkürzungen oder Ver- tragsstrafen führen, ist noch nicht abgeschlossen. 7. Wie ist der aktuelle Stand bezüglich des Weiterbe- triebs der Flüchtlingsunterkunft in Neukölln-Britz auf dem jetzigen Grundstück, das laut Betreibervertrag vom November 2013 am 31. Dezember 2015 geräumt an den Eigentümer zurückgegeben werden muss? 8. Welche Bedingungen werden von Seiten des Grundstückeigentümers, der Krieger Grundstück GmbH, an eine Weiternutzung des Grundstücks in der jetzigen Form gestellt? 9. Sozialsenator Czaja sagte in der Sitzung des Haupt- ausschusses am 1. Oktober 2014, dass die „in modularer Leichtbauweise“ errichtete Flüchtlingsunterkunft in Neukölln -Britz auch ab- und an einem neuen Standort wieder- aufgebaut werden könne, falls der Grundstückseigentümer das Grundstück nicht für eine Weiternutzung in der jetzi- gen Form überlässt. Welche Kosten würden dem Land Berlin für den Ab- und Wiederaufbau der Unterkunft an einem neuen Standort entstehen? Zu 7. bis 9.: Mit dem Grundstückseigentümer werden derzeit Gespräche über eine längere Nutzung des Grund- stückes geführt, da der Bedarf an Unterbringungsplätzen nach wie vor sehr hoch ist und daher angestrebt wird, die Unterkunft längerfristig nutzen zu können. 10. Gab und gibt es von Seiten des Senats neben den direkt erstatteten Herrichtungskosten weitere Geldflüsse außerhalb des Tagessatzes an den Heimbetreiber der Flüchtlingsunterkunft in Neukölln-Britz (etwa für „Sonderkosten “ im Zusammenhang mit der Unterbringung der Flüchtlinge vom Oranienplatz)? Wenn ja, wofür und in welcher Höhe? Zu 10.: Nein. 11. Ist es zutreffend, dass die Flüchtlingsunterkunft nicht an die öffentliche Kanalisation angeschlossen ist? Wenn ja, warum nicht? Wie erfolgt die Entsorgung des Abwassers in der Flüchtlingsunterkunft in Neukölln-Britz stattdessen? Zu 11.: Die Einrichtung ist an die öffentliche Kanali- sation angeschlossen. 12. Ist dem Senat bekannt, dass es durch die Entsor- gung des Regenwassers über Sickergräben entlang der Hauswände zu Mückenplagen in der Flüchtlingsunter- kunft kommt? Wenn ja, wie bewertet der Senat dies? Zu 12.: Das Regenwasser wird über Sickergräben ab- geführt. Bei einer Begehung am 14.08.2014 gab es keine Anhaltspunkte für eine Mückenplage. Zwischenzeitlich wurde durch Baumaßnahmen si- chergestellt, dass das Regenwasser besser versickern kann. 13. Ist dem Senat bekannt, dass die Warmwasserelekt- roboiler der Flüchtlingsunterkunft regelmäßig überlastet sind und nicht ausreichend Warmwasser erzeugen, um den Bedarf zu decken? Wenn ja, wurde dem Heimbetrei- ber durch das LAGeSo dieser Mangel mitgeteilt und wenn ja, mit welchem Ergebnis? Zu 13.: Probleme mit der Warmwasserversorgung wurden beim Betreiber beanstandet und von diesem durch entsprechend veranlasste Umbaumaßnahmen zwischen- zeitlich beseitigt. Seither wurden keine Beschwerden mehr bekannt. 14. Gibt es in der Flüchtlingsunterkunft in Neukölln- Britz mittlerweile einen Gemeinschaftsraum, der für die Bewohner*innen jederzeit zugänglich ist? Wenn nein, warum nicht? Zu 14.: In der Einrichtung gibt es zwei große und mehrere kleinere Gemeinschaftsräume. Die Räume wer- den den Bewohnerinnen und Bewohnern vom dortigen Personal auf Anfrage jederzeit zugänglich gemacht. 15. Gibt es in der Flüchtlingsunterkunft in Neukölln- Britz mittlerweile eine Kinderbetreuung? Wenn ja, seit wann und zu welchen Zeiten findet eine Kinderbetreuung statt? Wenn nein, warum nicht? Zu 15.: Seit dem 01.09.2014 wird eine Kinderbetreu- ung Montag bis Freitag in der Zeit von 8.30 bis 12.00 Uhr und von 12.30 bis 16.30 Uhr angeboten. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 768 3 16. Wie bewertet der Senat die hohe Personalfluktua- tion in der Flüchtlingsunterkunft in Neukölln-Britz hin- sichtlich der Arbeitsbedingungen beim Heimbetreibers PeWoBe? Zu 16.: Eine Bewertung kann derzeit nicht erfolgen, da die diesbezüglichen Gespräche mit dem Betreiber noch nicht abgeschlossen sind. 17. Hat das LAGeSo geprüft, ob die als Brandwachen in der Flüchtlingsunterkunft in Neukölln-Britz eingesetz- ten Sicherheitsbediensteten allesamt über die erforderli- che Qualifikation verfügen? Wenn ja, wann erstmals? Wenn nein, warum nicht? 18. Wie wird sichergestellt, dass die als Brandwachen tätigen Sicherheitsbediensteten nicht zu anderen Zwecken eingesetzt werden? Zu 17. und 18.: Sollten qualifizierte Brandwachen von der Bauaufsicht gefordert worden sein, geht der Senat davon aus, dass diese Auflage im Zusammenwirken von Bauaufsicht und Betreiber erfüllt wurde. Berlin, den 10. November 2014 In Vertretung Dirk G e r s t l e _____________________________ Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. Nov. 2014) Anlage 1 Volker Devermann Projektmanagement BV Neue Späthstr./Haarlemer Str. Gesamtkalkulation incl. Gebäudeverschiebung Haus 2 um 15 Meter und Winterbaumaßnahmen - Rechnungsstellung durch PeWoBe GmbH, aufgestellt durch Bauleitungsbüro Asseon GmbH & Co KG Pos.-Nr. Bezeichnung Summe gemäß Summe gemäß Baukosten- Nachtragsvereinbarung Winterbaukosten gemäß Gesamtkosten Vertrag vom 11.11.2013 übersicht Fa. Asseon 09.12.13 Datum: 24.03.2014 Abrechnung vom 26.03.2014 mit Schlussrechnung netto € netto € netto € netto € 1. Baunebenkosten/ Honorare 548.306,39 825.247,10 825.247,10 KGr. 700 Sonstiges 86.000,00 1. Nachtrag Änd. Bauantrag/Mehrkosten Architekt 42.830,72 42.830,72 2. Nachtrag Mehrung Architekten-Nebenkosten 2.500,00 2.500,00 3. Nachtrag Mehrung Statikerkosten 23.319,24 23.319,24 4. Nachtrag Neuplanung Landschaftsarchitekt 25.170,82 25.170,82 5. Nachtrag Neu-Einmessung ÖbV-Lageplan 6.483,54 6.483,54 6. Nachtrag Zusätzliches Bodengutachten 3.200,00 3.200,00 2. Baustelleneinrichtung 173.863,87 159.989,68 159.989,68 KGr. 300 3. Rohbau/Ausbau 3.042.617,66 2.890.887,39 2.890.887,39 KGr. 300 7. Nachtrag Mehrung Oberbodenaushub 146.323,06 146.323,06 8. Nachtrag Mehrung der Streifenfundamente 63.047,63 63.047,63 9. Nachtrag Materialwechsel auf Asphalt-Estrich 118.739,88 118.739,88 4. Haustechnik und Elektroarbeiten 956.251,26 956.251,24 956.251,24 KGr. 400 10. Nachtrag zusätzliche Hebeanlage 43.000,00 43.000,00 5. Außenleitungen 173.863,87 173.863,87 173.863,87 KGr. 400 12. Nachtrag Mehrung Außenleitungen 14.919,00 14.919,00 6. Außenanlagen 500.915,07 475.578,84 475.578,84 KGr. 500 11. Nachtrag Mehrung Außenanlagen 170.000,00 170.000,00 Nachtrag Winterbaukosten 718.984,33 718.984,33 gesamt netto 5.481.818,12 5.481.818,12 659.533,89 718.984,33 6.860.336,34 + 19% Mehrwertsteuer 1.041.545,44 1.041.545,44 125.311,44 136.607,02 1.303.463,90 Gesamtsumme brutto 6.523.363,56 6.523.363,56 784.845,33 855.591,35 8.163.800,24 V.Devermann 03.07.2014 S17-14768 S1714768_Anlage