Drucksache 17 / 14 769 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Fabio Reinhardt (PIRATEN) vom 20. Oktober 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 21. Oktober 2014) und Antwort Wenn nur der Profit zählt (IV) – Flüchtlingsunterkunft des privaten Heimbetreibers GEO Home Berlin in der Gürtelstraße Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele und welche Unterkünfte zur Unterbrin- gung von Flüchtlingen oder Obdachlosen betreibt der private Heimbetreiber GEO Home Berlin? Zu 1.: Der genannte Betreiber firmiert u. a. unter „GEO Home Berlin“ und „Evo Home“. „GEO Home Berlin“ betreibt zwei Gemeinschaftsunterkünfte im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, Ortsteil Friedrichshain. 2. Über welche Expertise in der Unterbringung von Flüchtlingen oder Obdachlosen verfügt der Heimbetreiber GEO Home Berlin, der die Flüchtlingsunterkunft in der Gürtelstraße betreibt? Zu 2.: Als erfahrener Betreiber von Hostels wurde der Betreiber, der in eigenen Objekten unterbringt, für geeig- net erachtet. 3. Hat der Betreiber GEO Home Berlin dem Land Berlin weitere Objekte zur Flüchtlings- und/oder Obdach- losenunterbringung angeboten und wenn ja, wann und wie ist der aktuelle Stand diesbezüglich? 4. Hat es neben dem Tagessatz weitere Geldflüsse wie etwa „Sonderkosten“ für die Belegung im Zusammenhang mit der Unterbringung der Flüchtlinge vom Oranienplatz durch das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LA- GeSo) an den Heimbetreiber GEO Home Berlin für die Unterkunft in der Gürtelstraße gegeben? Wenn ja, in welcher Höhe und wofür jeweils? 5. Hat der Heimbetreiber GEO Home Berlin für sein kooperatives Verhalten gegenüber Polizei, Ausländerbe- hörde und LAGeSo während der Proteste einiger Flücht- linge vom 26. August bis zum 7. September 2014 in der Gürtelstraße gegen ihren „Rauswurf“ aus der Unterkunft Entschädigungszahlungen bzw. anderweitige finanzielle Leistungen durch das Land Berlin erhalten? Wenn ja, wofür und in welcher Höhe? 6. Ist dem Senat bekannt, dass der Heimbetreiber GEO Home Berlin der Flüchtlingsunterkunft in der Gürtelstraße per Generalschlüssel in Abwesenheit der Bewoh- ner*innen deren Zimmer betreten, deren persönliche Sa- chen aus dem Zimmer entwendet und in den Keller ge- bracht hat, um sie innerhalb des Hauses „umzuverteilen“? Wenn ja, wie bewertet er dies? 8. Ist dem Senat bekannt, dass Mitarbeiter*innen der Flüchtlingsunterkunft des Heimbetreibers GEO Home Berlin in der Gürtelstraße an Bewohner*innen adressierte Briefe unbefugt geöffnet haben? Wie bewertet der Senat diese Verletzung des Briefgeheimnisses? 9. Ist dem Senat bekannt, dass Mitarbeiter*innen der Flüchtlingsunterkunft des Heimbetreibers GEO Home Berlin in der Gürtelstraße an Bewohner*innen per Postzu- stellungsurkunde zugestellte Briefe unbefugt geöffnet und Kopien der amtlichen Schriftstücke angefertigt haben? Wie bewertet der Senat diese Verletzung des Briefge- heimnisses? Zu 3. bis 6, 8. und 9.: Nein. 7. Welche Vorgaben stellt der Senat an die fachliche Qualifikation und Sprachkenntnisse von Sozialarbei- ter*innen in Flüchtlingsunterkünften? Hat der Heimbe- treiber GEO Home Berlin diese Vorgabe für die Flücht- lingsunterkunft in der Gürtelstraße erfüllt? Zu 7.: Nach den geltenden Qualitätsanforderungen für Gemeinschaftsunterkünfte muss das für den Betrieb der Einrichtung eingesetzte Personal persönlich und fachlich für die ausgeübte Tätigkeit geeignet sein. Mindestens die Hälfte des eingesetzten Personals muss über Erfahrung (in der Regel Berufserfahrung, die in Ausnahmefällen auch durch Praktika oder ehrenamtliche Tätigkeiten ersetzt werden kann) in der Arbeit mit dem unterzubringenden Personenkreis verfügen. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 769 2 Im Bereich Soziale Arbeit ist sicherzustellen, dass ausreichend Fachkräfte (z. B. Diplom-Sozialpädago- ginnen und Diplom-Sozialpädagogen (FH), Diplom- Sozialarbeiterinnen und Diplom-Sozialarbeiter (FH), Sozialpädagoginnen/Sozialarbeiterinnen und Sozialpäda- gogen/Sozialarbeiter (B.A.) beschäftigt sind. 10. Ist dem Senat bekannt, dass der Heimbetreiber GEO Home Berlin in der Gürtelstraße die Bewoh- ner*innen auffordert, bei Verlassen der Einrichtung ihre Zimmerschlüssel an der Pforte abzugeben? Hält der Senat dies für zulässig? Welche Vorgaben macht der Senat den Heimbetreibern dahingehend? Zu 10.: Diese Maßnahme wird im Rahmen des Heim- betriebs als notwendig und vertretbar erachtet. Auch in vielen Hotelbetrieben ist die Abgabe des Zimmerschlüs- sels bei der Rezeption vor dem Verlassen des Hauses gängige Praxis. Es besteht andernfalls das Risiko, dass bei einem Verlust des Schlüssels unangemessen hohe Kosten für den Austausch der Schließanlage zu Lasten des Be- treibers anfallen. Vor diesem Hintergrund vermag diese Vorgabe des Heimbetreibers nicht beanstandet werden. 11. Ist dem Senat bekannt, dass der Heimbetreiber GEO Home Berlin alle Bewohner*innen der Flüchtlings- unterkunft fotografiert hat, um Hausausweise mit Licht- bildern auszugeben und eine zentrale Datei/Liste mit den Fotos aller Bewohner*innen anzulegen? Hält er diese Praxis für zulässig? Zu 11.: Diese Maßnahme des Betreibers ist dem Senat bekannt und dient der Aufrechterhaltung eines ungestör- ten Heimbetriebes und dem Schutz der Bewohnerinnen und Bewohner, da andernfalls eine Kontrolle, ob nur berechtigte Personen die Einrichtung betreten, für den Betreiber nicht möglich wäre. 12. Ist es zutreffend, dass die Ausländerbehörde Ber- lin digitale Auszüge aus dem Ausländerzentralregister an den Heimbetreiber GEO Home Berlin gesandt hat, damit die Mitarbeiter*innen diese Personen als Bewohner*innen der Unterkunft identifizieren? Zu 12.: Grundsätzlich trifft dies nicht zu. In einem Einzelfall hat die Ausländerbehörde ein im Ausländer- zentralregister gespeichertes Foto mit den persönlichen Daten der oder des Betroffenen an den Heimbetreiber GEO Home Berlin gesandt. Dies diente allein dazu, die Identität dieser Person zu klären, bei der der Verdacht des leistungsrechtlichen Doppelbezugs bestand. 13. Ist es zutreffend, dass der Heimbetreiber GEO Home Berlin während der Proteste einiger Flüchtlinge vom 26. August bis zum 7. September 2014 in der Gürtel- straße gegen ihren „Rauswurf“ aus der Unterkunft eine Liste mit den Fotos der Bewohner*innen an die Berliner Polizei gegeben hat? Zu 13.: Für das weitere polizeiliche Vorgehen und insbesondere für die laufenden Verhandlungen im Rah- men des Einsatzes an bzw. in der Flüchtlingsunterkunft Gürtelstraße war erheblich, ob sich die auf dem Dach befindlichen Personen legal im Gebäude aufhielten. Auf Nachfrage im Zuge der polizeilichen Ermittlungen hän- digte eine am Empfang der Unterkunft von der Fa. GEO Home Berlin beschäftigte Person hierzu freiwillig eine Liste der im Haus lebenden Personen an die Verhand- lungsgruppe des Landeskriminalamtes (LKA) aus. Die Polizei handelte auf Grundlage des § 18 des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes – ASOG Bln. Nach Klärung dieser Ermittlungsfrage wurde die Liste vernich- tet. Berlin, den 05. November 2014 In Vertretung Dirk G e r s t l e _____________________________ Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Nov. 2014)