Drucksache 17 / 14 771 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Hakan Taş (LINKE) vom 20. Oktober 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 21. Oktober 2014) und Antwort Rechtlicher Umgang mit Konzerten der extremen Rechten in Berlin Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Konzerte der rechtsextremen Szene fan- den in den Jahren 2013 und 2014 in Berlin nach Kenntnis des Senats statt und wie viele davon waren angemeldet? Zu 1.: Nach Kenntnis des Senats von Berlin fand in den Jahren 2013 und 2014 im Berliner Stadtgebiet ein Konzert der rechtsextremen Szene statt. Dieses war nicht angemeldet. 2. Welche Auflagen wurden den Veranstaltern ange- meldeter Konzerte der rechtsextremen Szene in den Jah- ren 2013 und 2014 jeweils gemacht und auf welcher ge- setzlichen Grundlage ergingen die einzelnen Auflagenbe- scheide? 3. Welche Verstöße gegen Auflagenbescheide für Konzerte der rechtsextremen Szene sind dem Senat be- kannt und wie haben die zuständigen Behörden jeweils auf diese Verstöße reagiert? Zu 2. und 3.: Es wurden keine Konzerte angemeldet und somit auch keine beauflagt. 4. In wie vielen Fällen kam es im Zusammenhang von Auflagenbescheiden für Konzerte der extremen Rech- ten zu Einsprüchen von Seiten der Veranstalter und wie ist über diese Einsprüche jeweils entschieden worden? Zu 4.: Entfällt (vergleiche Antwort zu 2. und 3.). 5. Welche Urteile der Verwaltungs- und Oberverwal- tungsgerichte im Zusammenhang mit Konzerten der ext- remen Rechten in Berlin liegen seit 2009 vor (bitte mit Aktenzeichen angeben)? Zu 5.: Im genannten Zeitraum sind keine Entschei- dungen des Verwaltungsgerichts Berlin oder des Ober- verwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg hinsichtlich von versammlungs- oder polizeirechtlichen Maßnahmen in Bezug auf Konzerte der rechtsextremen Szene in Berlin ersichtlich. 6. Welche Erklärung hat der Senat für die rechtlich unterschiedliche Bewertung von Konzerten der extremen Rechten in anderen Bundesländern, die dazu führt, dass Konzertveranstalter durch einfache räumliche Verlegung rechtlichen Auflagen ausweichen können? Zu 6.: Eine im Vergleich zu Berlin unterschiedliche rechtliche Bewertung von Konzerten der rechtsextremen Szene in anderen Ländern ist dem Senat nicht bekannt. 7. Gibt es Absprachen zwischen den Bundesländern zum juristischen Umgang mit Konzerten der rechtsextre- men Szene und wenn ja, welche? Wenn nein, hält der Senat solche Absprachen für erstrebenswert? Zu 7.: Nein, derartige Absprachen gibt es nicht. Sol- che wären auch nicht hilfreich, da jeweils die konkreten Umstände des Einzelfalls für die Beurteilung der Rechts- lage entscheidend sind. 8. Welche rechtlichen Grundlagen sind für den Um- gang mit Konzerten der extremen Rechten in Berlin maß- geblich und wie weit spielen hier das Versammlungsrecht und landesrechtliche Bestimmungen eine Rolle? Zu 8.: Je nach den konkreten Umständen des Einzel- falls kann es sich bei einem Konzert der rechtsextremen Szene um eine Versammlung im Sinne des Versamm- lungsgesetzes oder um eine sonstige Veranstaltung han- deln, für die das allgemeine Polizei- und Ordnungsrecht einschlägig wäre. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 771 2 9. Nach welchen Kriterien erfolgt die Zuordnung der juristischen Bewertung eines Nazikonzertes unter den Blickwinkel des Polizeirechts/Versammlungsrechts oder des Ordnungsrechts? Zu 9.: Nach der Rechtsprechung des Bundesverfas- sungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts sind Versammlungen im Sinne des Artikel 8 des Grundgeset- zes und damit auch des Versammlungsgesetzes örtliche Zusammenkünfte mehrerer Personen zu gemeinschaftli- cher, auf Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung. Der gemein- schaftlich verfolgte Zweck der Teilnehmerinnen und Teilnehmer muss folglich die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung sein. Bloße Unterhaltungszwecke ge- nügen nicht, um der Veranstaltung den rechtlichen Cha- rakter einer Versammlung zu geben. Im Einzelfall ist in einer Abwägung zu ermitteln, welche Elemente einer Veranstaltung für eine Teilhabe an der öffentlichen Mei- nungsbildung sprechen und welche dieser Zweckrichtung nicht zuzurechnen sind. Überwiegt das Gewicht der zuerst genannten Elemente, ist die Veranstaltung ihrem Ge- samtgepräge nach eine Versammlung. Im umgekehrten Fall genießt die Veranstaltung nicht den Schutz des Ver- sammlungsrechts und unterfällt dem allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht. Lässt sich kein eindeutiges Überge- wicht einer Seite feststellen, ist im Zweifel von einer Versammlung auszugehen. Berlin, den 28. Oktober 2014 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 31. Okt. 2014)