Drucksache 17 / 14 810 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Martin Delius (PIRATEN) vom 24. Oktober 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. Oktober 2014) und Antwort Aufarbeitung der Bespitzelung des Berliner Sozialforums durch den Berliner Verfas- sungsschutz Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Anträge auf Akteneinsicht wurden wann bei welchen Stellen im Zusammenhang mit der Überwa- chung der Initiative für ein Berliner Sozialforum durch den Verfassungsschutz gestellt? Zu 1.: Die Initiative für ein Berliner Sozialforum (BSF) ist vom Berliner Verfassungsschutz nicht „überwacht “ worden. Das BSF war zu keiner Zeit ein Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes. Beobachtet wurden bestimmte linksautonome Gruppierungen, die versucht hatten, auf das Sozialforum oder andere Institutionen Einfluss zu nehmen. Aufgrund von Kontakten dieser Gruppierungen zum BSF sind in den über diese Gruppie- rungen angelegten Akten des Verfassungsschutzes auch vereinzelte Aussagen zum BSF enthalten. Beim Berliner Verfassungsschutz waren seit Mitte Ju- ni 2006 bis Anfang Januar 2007 103 Anträge auf Aus- kunft bzw. Akteneinsicht eingegangen (vgl. die Antwort auf Frage 1 der Kleinen Anfrage Nr. 16/10194 vom 10. Januar 2007). Ob und gegebenenfalls wie viele dieser Anträge im Zusammenhang mit dem Thema BSF standen, kann heute nicht nachvollzogen werden. Antragstellerin- nen und Antragsteller sind nicht verpflichtet, eine Motiva- tion oder Begründung für ihren Antrag anzugeben. Auf- grund intern geltender datenschutzrechtlicher Vorschrif- ten sind Unterlagen aus abgeschlossenen Auskunfts- bzw. Akteneinsichtsverfahren am Ende des fünften Kalender- jahres, das dem der vorgangsabschließenden Verfügung folgt, zu vernichten. 2. Wie viele dieser Anträge wurden positiv beschie- den? 3. Wie viele dieser Anträge wurden mit welcher je- weiligen Begründung abgelehnt? Zu 2. und 3.: Nach § 31 Absatz 1 Satz 1 des Gesetzes über den Verfassungsschutz in Berlin erteilt die Verfas- sungsschutzbehörde einer natürlichen Person über die zu ihr gespeicherten Informationen auf Antrag unentgeltlich Auskunft. Aufgrund dieses gesetzlichen Anspruches wird kein Antrag abgelehnt. Jede Auskunftspetentin und jeder Auskunftspetent erhält einen das Verfahren abschließen- den Bescheid. 4. Wie viele Klagen gegen das Land Berlin sind im Zusammenhang mit der Überwachung der Initiative für ein Berliner Sozialforum durch den Verfassungsschutz noch anhängig? Zu 4.: Die Initiative für ein Berliner Sozialforum (BSF) ist vom Berliner Verfassungsschutz nicht über- wacht worden. Insoweit wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Gegen in den Jahren 2006 und 2007 erteilte Aus- kunftsbescheide wurde in acht Fällen Klage eingereicht. Hiervon haben in fünf Fällen die Klägerinnen und Kläger in den Klagebegründungen angegeben, auch an der Initia- tive für ein Berliner Sozialforum beteiligt gewesen zu sein. Insofern kann in diesen fünf Fällen von einem „Zusammenhang mit dem BSF“ gesprochen werden. 5. Durch wen wird das Land Berlin in den in Frage 4. genannten Verfahren vertreten? Zu 5.: Das Land Berlin wird in Klageverfahren durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der zuständigen Senats- verwaltung vertreten. In Fällen von besonderer Bedeutung kann eine Rechtsanwaltskanzlei beauftragt werden. 6. Kam es seit der medialen Enthüllung der Überwa- chung der Initiative für ein Berliner Sozialforum im Jahr 2006 zur Vernichtung von in diesem Zusammenhang erstellten Aktenstücken? Wenn ja, bei welcher Stelle und mit welcher Begründung? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 810 2 Zu 6.: Die Initiative für ein Berliner Sozialforum (BSF) ist vom Berliner Verfassungsschutz nicht über- wacht worden. Insoweit wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Unterlagen, die für die Aufgabenerfüllung nicht oder nicht mehr erforderlich sind, werden entsprechend den gesetzlichen Vorschriften des Berliner Verfassungs- schutzgesetzes vernichtet. Vernichtungen werden aber weder statistisch erfasst noch werden die Begründungen für Vernichtungen dokumentiert. Im Zusammenhang mit den in Frage 4 genannten, noch nicht abgeschlossenen Klageverfahren „mit BSFBezug “ sind die Aktenrückhalte noch vorhanden. In einem Klageverfahren wurden zwei Originalaktenstücke im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen Relevanzprü- fung vernichtet; in diesem Fall sind Sicherheitskopien vorhanden. 7. Sieht der Senat die Bespitzelung der Initiative für ein Berliner Sozialforum sowie von Initiativen, die dem Umfeld des Sozialforums zugerechnet werden konnten, durch den Berliner Verfassungsschutz heute als Fehler an? Wenn ja, mit welcher Begründung? Wenn nein, mit welcher Begründung? Zu 7.: Weder die Initiative für ein Berliner Sozialfo- rum (BSF) noch andere Initiativen, die dem Umfeld des Sozialforums zugerechnet werden konnten, wurden vom Berliner Verfassungsschutz beobachtet. Insoweit wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Im Übrigen ist eine „Bespitzelung“ weder Auftrag des Verfassungsschutzes noch erfolgt sie. Nach seinem ge- setzlichen Auftrag sammelt der Verfassungsschutz Infor- mationen über die in § 5 Absatz 2 Verfassungsschutzge- setz Berlin (VSG Bln) genannten Bestrebungen und Tä- tigkeiten und wertet diese aus. Berlin, den 07. November 2014 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. Nov. 2014)