Drucksache 17 / 14 812 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Martin Delius (PIRATEN) vom 24. Oktober 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. Oktober 2014) und Antwort Compliance Management Systeme bei landeseigenen Unternehmen: Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nicht allein aus eigener Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Anfrage zukommen zu lassen und hat daher die Vivantes - Netzwerk für Gesundheit GmbH um Stellungnahmen gebeten, die von dort jeweils in eigener Verantwortung erstellt und dem Senat übermittelt wurden. Sie sind in die Antworten einbezogen. 1. Ist bei Vivantes ein Compliance Management Sys- tem installiert? 3. Welche Selbstverpflichtungen sind im Zusammen- hang mit dem Compliance Management System verein- bart worden? Zu 1. und 3.: Bei Vivantes ist frühzeitig eine Vielzahl Compliance-relevanter Strukturen und Prozesse innerhalb der Organisationsstruktur implementiert worden. Im Jahr 2012 hat bei Vivantes ein Prozess eingesetzt, das Thema Compliance auch unter dieser Begrifflichkeit im Unter- nehmen einzuführen. Seitdem wurden bereits wesentliche Maßnahmen ergriffen, um den Compliance-Prozess vo- ranzutreiben. Im laufenden Jahr 2014 ist mit der Installie- rung eines Compliance Management Systems ein wesent- licher Meilenstein dieses Prozesses erreicht worden. Die Geschäftsführung hat am 13. Mai 2014 einen Verhaltenskodex verabschiedet, dessen Präambel die Werte zusammenfasst, denen sich das Unternehmen in besonderer Weise verpflichtet sieht: „Vertrauen ist die Basis für unsere Arbeit mit und in unserem Unternehmen. Es kann nur dort wachsen, wo gegenseitiger Respekt, Fairness, Loyalität, Qualität sowie Verantwortung gelebt werden. Diese Werte sind die Grundlage unserer Unter- nehmenskultur.“ Der Verhaltenskodex wird bis zum Jahresende durch ein Vivantes-Leitbild und Führungsgrund- sätze ergänzt werden, die gegenwärtig im Rahmen eines Kultur- und Organisationsentwicklungsprozesses („Vivantes 2.0“) erarbeitet werden. Als Krankenhausunternehmen hat sich Vivantes paral- lel einen speziellen Verhaltenskodex zum Umgang mit Patientinnen und Patienten sowie Kolleginnen und Kolle- gen gegeben. Dort ist u. a. geregelt, dass Vivantes kein grenzverletzendes oder übergriffiges Fehlverhalten von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern toleriert und dann, wenn Verletzungen des Kodex bemerkt werden, aktiv und professionell Position dagegen zu beziehen ist. 2. Nach welchem Rahmenkonzept wurde das Com- pliance Management System installiert? 4. Wie ist das Compliance Management System zerti- fiziert? 6. Auf welche Art und Weise werden von welcher Stelle die Compliance-Risiken erfasst und verarbeitet? Zu 2., 4. und 6.: Das Compliance Management System von Vivantes richtet sich perspektivisch am IDW- Prüfungsstandard zur Prüfung von Compliance Manage- ment Systemen (Konzeptions-, Angemessenheits- oder Wirksamkeitsprüfung - IDW PS 980) aus. Die Compliance Regelungen von Vivantes sind im Jahr 2013 einer Bestandsaufnahme und Bewertung durch eine Rechtsanwaltskanzlei unterzogen worden, die sich inhaltlich insbesondere an den Vorgaben des IDW PS 980 orientiert hat. Seit 2007 besteht bei Vivantes ein Risikomanagement. Die verschiedenen Risiken werden analysiert, identifiziert und in einem jährlichen Risikobericht aufgeführt. Die Risikoerkennung erfolgt im Rahmen von Interviews mit den einzelnen Abteilungsleiterinnen und Abteilungslei- tern, Diskussionen mit dem Betriebsrat, externer Prüfung durch die Wirtschaftsprüferinnen und Wirtschaftsprüfern und dem Berliner Rechnungshof. Gleichzeitig findet eine Benchmark-Analyse hinsichtlich Markt und Wettbewerb per Beobachtung in einzelnen Bereichen statt. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 812 2 5. Welche Ziele sind im Rahmen des Compliance Management Systems vorgegeben? 9. Existieren im Zusammenhang mit dem Compliance Management System Bonus- bzw. Malus-Regelungen? Wenn ja, wie sind diese ausgestaltet? Zu 5. und 9.: Die Festlegung der Compliance-Ziele auf der Grundlage der allgemeinen Unternehmensziele ist ein laufender Prozess bei Vivantes. Als Compliance- spezifische Ziele wurden definiert: • Schaffung einer bewussten Compliance-Kultur, • Bündelung der Organisation, • regelmäßige Erstellung eines Jahres-Compliance- Berichtes, • interne und externe Kommunikation zu Compliance -Themen, • Überwachung. Gegenwärtig bestehen keine Bonus- bzw. Malus- Regelungen im Zusammenhang mit dem Compliance Management System. 7. Auf welche Art und Weise werden die Beschäftig- ten über das Compliance Management System informiert und/oder fortgebildet und auf welche Art und Weise wer- den den Beschäftigten entsprechende Verfahrensanwei- sungen und Verhaltenskodizes zugänglich gemacht? 8. Auf welche Art und Weise werden Verstöße gegen die in Frage 7. genannten Verfahrensanweisungen/Verhal- tenskodizes geahndet? Zu 7. und 8.: Die Compliance-relevanten Richtlinien und Vorgaben sind im Vivantes-Intranet im Organisati- onshandbuch veröffentlicht. Dort sind diese bereichs- und themenspezifisch angeordnet. Auf diese Weise besteht für sämtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Möglich- keit, im Intranet jederzeit Compliance-relevante Infor- mationen abzurufen. Das kann auch über die auf den Stationen oder in den öffentlich zugänglichen Bereichen vorhanden PC-Terminals erfolgen. Die Beschäftigten werden darüber hinaus über Mitar- beiterbriefe, Berichte in den internen Kommunikations- medien („Vivantes News“ und „Einblick“) sowie in Abteilungs - und Teamsitzungen über den Inhalt und die Anforderungen des Compliance-Programms informiert. Besonders wichtige Informationen werden bei der Einstel- lung übergeben bzw. bei Aktualisierungen mit dem Ge- haltsnachweis übermittelt. Auf der mehrmals im Jahr stattfindenden Begrüßungsveranstaltung für neue Mitar- beiterinnen und Mitarbeiter informiert die Compliance- Beauftragte über das Compliance Management System. Auf einer sog. Führungskräftekonferenz, die am 22. Mai 2014 für alle Top-Führungskräfte einschließlich der Chefärztinnen und Chefärzte stattgefunden hat, ist zudem die Alltagsrelevanz des Themas Compliance in einem speziell dafür konzipierten Workshop behandelt worden. Das Vivantes Institut für Fort- und Weiterbildung führt umfangreiche Schulungen zu verschiedenen Com- pliance-Themen durch wie z. B. zum Thema Datenschutz, Beschaffungshandbuch/Vergaberecht und Missbrauch- sprävention durch. Referenten sind Vivantes-Mitarbeite- rinnen und Mitarbeiter (Vorgesetzte und interne Fachleu- te) sowie externe Fachleute. Für alle Veranstaltungen gibt es mindestens einen zusätzlichen Termin, damit möglichst alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Möglichkeit er- halten teilzunehmen. Die Teilnahme an den Schulungen wird teilweise durch Unterschriftslisten dokumentiert. Es ist geplant, die verpflichtende Teilnahme an den Schulun- gen in SAP zu hinterlegen, um eine bessere Kontrolle und Nachhaltung zu erreichen. Sanktionen für den Fall von Mobbing, sexueller Be- lästigung und Diskriminierung werden in der Gesamtbe- triebsvereinbarung Umgang am Arbeitsplatz geregelt. Spezielle Regelungen und Informationen zu Sanktionen im Fall von anderen Compliance-Verstößen gibt es ge- genwärtig noch nicht. 10. Existiert eine Anlaufstelle für Whistleblower? Wenn ja, wo ist diese zu finden und auf welche Art und Weise werden die Beschäftigten darüber informiert? 11. Auf welche Art und Weise wird das Compliance Management System überwacht und evaluiert und von welcher Stelle werden evtl. Verstöße und eingeleitete Maßnahmen dokumentiert? 12. Finden in regelmäßigen Abständen externe Prü- fungen der Wirksamkeit und der Angemessenheit des Compliance Management Systems statt? Zu 10., 11. und 12.: Vivantes hat seit dem 15. Februar 2013 einen externen Rechtsanwalt als Ombudsmann be- stellt. An diesen von Vivantes vergüteten Ombudsmann kann sich jeder anonym wenden, der Hinweise darauf hat, dass bei Vivantes etwas nicht regulär läuft. Der Ombuds- mann kann in Absprache mit der meldenden Person und unter Wahrung von deren Anonymität Hinweise an die Geschäftsführung von Vivantes weitergeben, damit diese eingreifen oder eigene Untersuchungen anstellen kann. Über die Möglichkeit zur Einschaltung des Ombuds- mannes wird im Intranet von Vivantes informiert. Zudem ist in den internen Kommunikationsmedien („Vivantes News“ und „Einblick“) ausführlich über den Ombudsmann berichtet worden. Das Compliance Management System wird intern von einer Compliance-Beauftragten überwacht, die unmittel- bar an die Geschäftsführung berichtet. Unabhängig davon wird der Aufsichtsrat in einer zusammenfassenden Prä- sentation ebenfalls von der Compliance-Beauftragten unmittelbar informiert. Sie dokumentiert auch Compli- ance-Verstöße und die eingeleiteten Maßnahmen. In einer besonderen Richtlinie zu besonderen Vorkommnissen ist im Einzelnen geregelt, welche Ereignisse meldepflichtig sind und welche Maßnahmen vorzunehmen, d. h. welche Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 812 3 Meldewege einzuhalten sind. Die Richtlinie sieht vor, dass die Meldung eines Verstoßes zunächst an den jewei- ligen Vorgesetzten, d. h. insbesondere gegenüber allen Führungskräften, danach an die Leitung des Büros der Geschäftsführung und danach an die Geschäftsführung sowie die Compliance-Beauftragte erfolgt. Die Meldung erfolgt abhängig von der Dringlichkeit der Meldung und der Tages-/Wochenzeit elektronisch oder telefonisch. In dem für Vivantes besonders sensiblen Segment der Patientensicherheit hat sich dieses System bereits be- währt. So wurde im August 2014 ein meldepflichtiges besonderes Vorkommnis richtlinienkonform gemeldet und abgearbeitet. Gemeinsam mit der Geschäftsführung konnten aus dieser Erfahrung heraus Klinikabläufe sowie der Prozess der zu ergreifenden Folgemaßnahmen nach gemeldeten Compliance-Verstößen optimiert werden. Schließlich wurde der Aufsichtsrat von dem Vorkommnis in Kenntnis gesetzt. Schließlich berichtet die Compliance-Beauftragte über Meldungen zu besonderen Vorkommnissen auch regel- mäßig im Compliance-Komitee, wo ein etwa bestehender Handlungsbedarf erörtert und ggf. an die Geschäftsfüh- rung berichtet wird. Das Compliance-Komitee setzt sich neben der Compliance-Beauftragten aus den Leiterinnen und Leitern der folgenden Unternehmensbereiche zu- sammen: Interne Revision, Recht, Personal-wirtschaft, Datenschutzbeauftragter, Zentrale Vergabestelle und Risikomanagement. Es finden in regelmäßigen Abständen externe Prüfun- gen der Wirksamkeit und der Angemessenheit des Com- pliance Management Systems statt. Erstmalig wird das in 2014 installierte Compliance Management System im ersten Quartal 2015 turnusgemäß geprüft. Berlin, den 17. November 2014 In Vertretung Emine D e m i r b ü k e n - W e g n e r _____________________________ Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. Nov. 2014)