Drucksache 17 / 14 843 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Christopher Lauer (PIRATEN) vom 27. Oktober 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 29. Oktober 2014) und Antwort Datenbanken des Berliner Verfassungsschutzes (IV) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Personendatensätze sind aktuell in der Amtsdatei des Berliner Verfassungsschutzes gespeichert und wie viele der gespeicherten Personen sind minderjäh- rig? (Bitte die aktuelle Gesamtzahl angeben und nicht wie bei der Anfrage des Abgeordneten Tom Schreiber (SPD) in der Drucksache Nr. 17/14392 lediglich auf meine Klei- ne Anfrage Nr. 17/13233 verweisen.) Zu 1.: Mit Stand 31. Oktober 2014 sind insgesamt 2.891 Personendatensätze in der Amtsdatenbank des Ber- liner Verfassungsschutzes gespeichert. Davon sind 11 Personen minderjährig (14 bis 18 Jahre, siehe § 12 des Verfassungsschutzgesetzes Berlin – VSG Bln). 2. Wie viele der in der Amtsdatei des Berliner Ver- fassungsschutzes aktuell gespeicherten Personen sind mit „Extremismusbezug“ gespeichert und welchen „Phänomenbereichen “ sind diese zugeordnet? Zu 2.: In der Amtsdatei sind sämtliche Personen we- gen Bezügen zu extremistischen Bestrebungen oder si- cherheitsgefährdenden oder geheimdienstlichen Tätigkei- ten gespeichert. Die wegen Extremismusbezug gespei- cherten Personen sind den Phänomenbereichen Rechtsext- remismus, Linksextremismus, Ausländerextremismus, Islamismus und islamistischer Terrorismus sowie dem Beobachtungsobjekt Scientology-Organisation zugeord- net. 3. Falls der Senat die o.g. Frage nach den in der un- terschiedlichen „Phänomenbereichen“ erfassten Personenanzahl nicht beantworten sollte: Was spricht nach Ansicht des Senats dagegen, dass die Öffentlichkeit er- fährt, welche „Phänomenbereiche“ der Berliner Verfassungsschutzes schwerpunktmäßig „beobachtet“? Zu 3.: Der Senat hat auf die Schriftliche Anfrage des Fragestellers Nr. 17/13233 vom 13. Februar 2014 den Ausschuss für Verfassungsschutz des Abgeordnetenhau- ses in geheimer Sitzung am 04. April 2014, an der der Fragesteller teilgenommen hat, über die in den unter- schiedlichen Phänomenbereichen jeweils erfasste Perso- nenanzahl informiert. Eine Veröffentlichung der Einzel- zahlen kann aus den in der Antwort des Senats auf Frage 4 der Schriftlichen Anfrage des Fragestellers Nr. 17/13233 vom 13. Februar 2014 genannten Gründen nicht erfolgen. Darüber hinaus besagt allein die Anzahl der erfassten Personen in einem Phänomenbereich nichts über die Intensität der von ihnen ausgehenden, teils gewaltbe- reiten Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung und kann in der Öffentlichkeit einen unzu- treffenden Eindruck über die Gefahren für die in § 5 Ab- satz 2 VSG Bln genannten Schutzgüter hervorrufen. Über die tatsächlich bestehenden Gefahren informiert der Senat die Öffentlichkeit gemäß § 26 Absatz 1 VSG Bln unter anderem durch den jährlich erscheinenden Verfassungs- schutzbericht. 4. Erfasst der Berliner Verfassungsschutz auch „Verdachtsfälle “ in seinen Dateien? Wenn ja, a. wie viele Personen sind in seinen Dateien aktuell als Verdachtsfälle gespeichert? b. wie ist die „Wiedervorlagefrist“ nach der Erstspeicherung bei „Verdachtsfällen“, bis zu der die Speicherung überprüft werden muss? c. kann die Speicherung als „Verdachtsfall“ im Rahmen dieser Überprüfung verlängert werden? Um welchen Zeitrahmen kann die Speicherung als „Verdachtsfall“ verlängert werden? Wie gestaltet sich eine solche „Überprüfung “? Zu 4.: Der Berliner Verfassungsschutz speichert per- sonenbezogene Daten in seiner Amtsdatenbank gemäß § 11 Absatz 1 Satz 1 VSG Bln, wenn tatsächliche Anhalts- punkte für Bestrebungen oder Tätigkeiten nach § 5 Absatz 2 VSG Bln vorliegen oder dies für die Erforschung oder Bewertung von gewalttätigen Bestrebungen oder geheim- dienstlichen Tätigkeiten nach § 5 Absatz 2 VSG Bln er- forderlich ist. Die gesetzliche Wiedervorlagefrist beträgt gemäß § 13 Absatz 1 Satz 2 VSG Bln längstens fünf Jah- Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 843 2 re, im Einzelfall kann auch eine kürzere Frist sachgerecht sein. Sofern die gespeicherten Informationen Bestrebun- gen nach § 5 Absatz 2 Nummer 1 oder 3 VSG Bln betref- fen, sind die Informationen spätestens zehn Jahre nach der zuletzt gespeicherten relevanten Information zu löschen. 5. Wie viele Personen sind durch den Berliner Ver- fassungsschutz in den Jahren seit 2009 in a. seiner Amtsdatei, b. der Verbunddatei Nachrichtendienstliche Informati- onssystem (NADIS), c. der Antiterrordatei (ATD), d. der Rechtsextremismusdatei (RED), neu gespeichert worden und heute noch im Bestand? (Bitte nach Jahr, Datei und Anzahl aufschlüsseln.) Zu 5.: Von den heute (Stichtag 31. Oktober 2014) im Bestand befindlichen Personendatensätzen wurde folgen- de Anzahl im erfragten Zeitraum erstmalig gespeichert: Jahr Amtsdatenbank Verbunddatei NADIS 2009 198 5386 2010 251 3852 2011 304 2679 2012 355 3400 2013 400 2180 2014 442 2577 Die im Verlauf der Jahre steigende Anzahl der in der Amtsdatenbank neu erfassten Personen bedeutet nicht zwingend eine Zunahme der Speicherzahlen, weil Aus- gangspunkt der Statistik jeweils der aktuelle Bestand ist und dort die bereits gelöschten Datensätze nicht enthalten sind. Bei den für die Verbunddatei NADIS genannten Zahlen ist zu berücksichtigen, dass ein Großteil der Spei- cherungen auf der Mitwirkung an gesetzlich vorgeschrie- benen Überprüfungen von Personen, zum Beispiel nach dem Sicherheitsüberprüfungsgesetz oder dem Luftsicher- heitsgesetz, beruht. Soweit die sehr engen gesetzlichen Voraussetzungen (zum Beispiel Terrorismusverdacht bei der Antiterrordatei oder Gewaltbereitschaft bei der Rechtsextremismusdatei) vorliegen, werden Personen, die in der Verbunddatei NADIS eingetragen sind, zusätzlich in der Antiterrordatei bzw. in der Rechtsextremismusdatei gespeichert, um die Informationen auch den beteiligten Polizeibehörden und den Nachrichtendiensten des Bundes zur Verfügung zu stellen. 6. Wie viele Datenabfragen erfolgten durch den Ber- liner Verfassungsschutz in den Jahren seit 2009 in a. seiner Amtsdatei, b. der Verbunddatei Nachrichtendienstliche Informati- onssystem (NADIS), c. der Antiterrordatei (ATD), d. der Rechtsextremismusdatei (RED), (Bitte nach Jahr, Datei und Anzahl aufschlüsseln.) Zu 6.: Eine statistische Erhebung der in den genannten Dateien durchgeführten Datenabfragen erfolgt durch den Berliner Verfassungsschutz nicht und ist auch nicht beab- sichtigt. Soweit Datenabfragen beim Berliner Verfas- sungsschutz protokolliert werden, weist der Senat darauf hin, dass die Protokolldaten ausschließlich zur Daten- schutzkontrolle geführt werden und keine automatisierte Auswertung im Hinblick auf die Fragestellung gestatten (siehe bereits die Antwort auf Frage 11 der Schriftlichen Anfrage des Fragestellers Nr. 17/13233 vom 13. Februar 2014). Dem Senat ist es deshalb nicht möglich, diesbe- züglich eine Auskunft zu geben. 7. Wie viele Datenabfragen erfolgten durch den Ber- liner Verfassungsschutz in den Jahren seit 2009 a. in Melderegistern, b. in Gewerbedateien, c. im Zentralen Fahrzeugregister, d. im Gemeinsamen Reiseportal der Länder e. im Ausländerzentralregister und der Visadatei sowie f. im Nationalen Waffenregister sowie g. im europäischen VIS-Informationssystem (VIS)? (Bitte nach Jahr und Anzahl aufschlüsseln.) Zu 7.: Eine statistische Erhebung der durchgeführten Abfragen von Daten aus den genannten Registern erfolgt beim Berliner Verfassungsschutz nicht und ist auch nicht beabsichtigt. Daher ist dem Senat eine Auskunft zu der Fragestellung nicht möglich. 8. Inwiefern ist die Amtsdatei des Verfassungsschut- zes Berlin in den Jahren seit 2009 fortentwickelt worden und welche Kosten sind dadurch angefallen? Zu 8.: Für die Fortentwicklung der Amtsdatenbank des Berliner Verfassungsschutzes sind folgende Kosten angefallen: 2010 19.230,40 € 2011 15.962,17 € 2012 30.496,35 € 2013 51.532,51 € Neben Anpassungen der Software an geänderte Ar- beitsabläufe waren in den Jahren 2011 bis 2013 insbeson- dere aufwändige Anpassungen der technischen Schnitt- stelle zu der Verbunddatei NADIS notwendig geworden. Berlin, den 07. November 2014 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. Nov. 2014)