Drucksache 17 / 14 878 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Tom Schreiber (SPD) vom 28. Oktober 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. November 2014) und Antwort Salafismus in Berlin – Rekrutierungsmaßnahmen Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche Hinweise liegen dem Senat vor, dass Sa- lafisten öffentliche und private Einrichtungen (Sportstu- dios, Schwimmbäder etc.) benutzten, um gezielt Anhä- nger zu rekrutieren? Zu 1.: Es liegen keine Erkenntnisse vor, die auf ge- plante organisatorische Maßnahmen von Salafistinnen und Salafisten in öffentlichen und privaten Einrichtungen zur Rekrutierung neuer Anhängerinnen und Anhänger hindeuten. Lediglich in Einzelfällen wurde bekannt, dass eine salafistische Einflussnahme im Umfeld von Berliner Schulen stattgefunden hat. Etwas anderes gilt hingegen bei salafistischen Aktio- nen auf öffentlichem Straßenland. Das „LIES!“ Projekt um das salafistische Predigernetzwerk „Die wahre Religion “ ist in Berlin seit 2012 aktiv. Im Rahmen von Projekten der „Street Dawa“ gibt es neuerdings das Projekt „Jesus im Islam“. Hier werden, ähnlich wie bei „LIES!“, Informationsmaterialien in der Öffentlichkeit verteilt. Darüber hinaus finden in Berlin auch regelmäßig öffentli- che Auftritte von salafistischen Predigern in Moscheen oder im öffentlichen Straßenland statt. So trat im Januar 2014 z.B. der bekannte salafistische Prediger Pierre Vogel in Berlin öffentlich in Erscheinung. 2. Welche Hinweise hat das LKA hinsichtlich Aktivi- täten der Scharia-Polizei oder ähnlichen politisch- salafistischen Aktionsformen in Berlin? Zu 2.: Der Polizei Berlin sind derzeit keine Ereignisse in Berlin bekannt, die vergleichbar mit den Aktivitäten der „Scharia-Polizei“ in Wuppertal wären. Darüber hinaus liegen der Polizei Berlin derzeit keine Erkenntnisse vor, dass vergleichbare Aktivitäten durch die salafistische Szene in Berlin geplant sind. 3. Wie schätzt der Senat den Erfolg von salafistischen Rekrutierungsmaßnahmen seit 2012 ein? Zu 3.: Der Salafismus ist die derzeit am schnellsten wachsende islamistische Bestrebung. Die Bemühungen salafistischer Organisationen und Netzwerke zur Rekru- tierung neuer Anhängerinnen und Anhänger / Unterstütze- rinnen und Unterstützer zeigen durchaus Wirkung. Das salafistische Berliner Personenpotenzial wächst seit dem Jahr 2012 kontinuierlich an. Nach aktuellem Stand sind in Berlin 570 Salafisten bekannt, davon 290 Personen als gewaltorientiert. 4. Was unternimmt der Senat, um diesen einen Riegel vorzuschieben? Zu 4.: Um der wachsenden Attraktivität des Salafis- mus etwas entgegenzusetzen, sind parallel zu Repressi- onsmaßnahmen auch Präventions- und Deradikalisie- rungs-maßnahmen erforderlich. Die Sensibilisierung und Kompetenzstärkung der Öffentlichkeit gilt dabei als ein wichtiger Bereich von Präventionsarbeit. Um diese Aufgabe leisten zu können, wurde 2011 in der Senatsverwaltung für Inneres und Sport das Arbeits- gebiet „Prävention des islamistischen Extremismus“ eingerichtet , das zu den Themen Islamismus, Salafismus und islamistischer Terrorismus fortbildet. Zielgruppen der Prävention sind insbesondere Schulen, Polizeibehörden, Justiz, zivilgesellschaftliche Präventionsträger, politische Stiftungen und Vertreter der Wirtschaft. Angesichts der wachsenden Zahl salafistischer An- hängerinnen und Anhänger sowie nach Irak und Syrien ausreisender gewaltbereiter Jihadistinnen und Jihadisten beabsichtigt der Senat über die allgemeine Präventionsar- beit hinaus im Bereich Deradikalisierung und Intervention tätig zu werden. Derzeit wird dazu bei der Senatsverwal- tung für Inneres und Sport ein Konzept entwickelt. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 878 2 Konkrete Hinweise, die die Polizei Berlin erreichen, werden entsprechend ihrer Bedeutung entweder gefahren- abwehrrechtlich nach den Möglichkeiten des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (ASOG) Berlin bis zur Beseitigung der konkreten Gefahr oder aber strafrechtlich durch das Einleiten von Strafermittlungsverfahren bear- beitet. Um die Entstehung von phänomenbezogenen Struktu- ren im Land Berlin zu verhindern bzw. mögliche Radika- lisierungen frühzeitig zu erkennen, arbeitet das zuständige Dezernat im polizeilichen Staatsschutz der Polizei Berlin eng mit weiteren Polizeidienststellen, sämtlichen Landes-, aber auch bundesweiten Sicherheitsbehörden sowie mit unterschiedlichen lokalen zivilgesellschaftlichen Organi- sationen zusammen. Berlin, den 18. November 2014 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. Nov. 2014)