Drucksache 17 / 14 911 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dirk Behrendt (GRÜNE) vom 03. November 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. November 2014) und Antwort Rechtsmittel bei Freispruch wegen Schuldunfähigkeit? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche rechtlichen Möglichkeiten hat ein Ange- klagter, der wegen Schuldunfähigkeit nach § 20 StGB freigesprochen worden ist, sich gegen diese Entscheidung zur Wehr zu setzen, um eine Eintragung nach § 11 BZRG zu verhindern? Zu 1.: Ein freisprechendes Urteil kann die/der sich nur durch die Gründe beschwert fühlende Angeklagte nicht anfechten, da sich eine Beschwer nur aus dem Urteils- spruch ergeben kann. Dies gilt auch bei Freisprechung wegen Schuldunfähigkeit nach § 20 des Strafgesetzbuches (StGB). Ein solches Urteil ist nur dann anfechtbar, wenn zugleich Maßregeln der Sicherung und Besserung (§ 61 StGB) angeordnet worden sind. Etwas anderes ergibt sich auch nicht im Hinblick auf die registerrechtliche Behand- lung der Entscheidung, die sowohl dem Schutz der/des Angeklagten als auch dem Gemeinwohl dient. § 11 Bundeszentralregistergesetz (BZRG) regelt die Registereintragung bei Schuldunfähigkeit der/des Ange- klagten ohne Anordnung einer Maßregel, wenn die Ent- scheidung auf Grund des Gutachtens eines Sachverständi- gen ergangen ist. § 24 Abs. 3 BZRG regelt die Entfernung dieser Eintragung nach bestimmten Fristen; § 25 BZRG sieht unter anderem für Eintragungen nach § 11 BZRG die vorzeitige Entfernung aus dem Register vor, insbe- sondere im Interesse der Rehabilitierung der/des Be- troffenen. Die Anordnung kann auf Antrag oder von Amts wegen ergehen, gegen die Ablehnung steht der Antrag- stellerin/dem Antragsteller die Beschwerde beim Bundes- amt für Justiz zu. Bei Nichtabhilfe entscheidet das Bun- desministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, gegen die dortige Zurückweisung der Beschwerde kann gemäß § 23 Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungs- gesetz (EGGVG) Antrag auf gerichtliche Entscheidung beim Kammergericht Berlin gestellt werden. Im Übrigen sind Eintragungen nach § 11 BZRG nur in Führungszeugnissen für Behörden, nicht aber in Privat- führungszeugnisse aufzunehmen. 2. Wie viele Fälle sind dem Senat bekannt, in dem Betroffene gegen einen Freispruch wegen Schuldunfähig- keit vorgegangen sind? In wie vielen Fällen waren sie erfolgreich? Zu 2.: Eine diesbezügliche statistische Erfassung er- folgt nicht. 3. Trifft es zu, dass im Fall eines Freispruchs wegen Schuldunfähigkeit bei gleichzeitiger Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung (§§ 63, 64, 69, 70 StGB) die Anknüpfungstat im Protokoll der Hauptver- handlung regelmäßig nicht genannt wird? Zu 3.: Auf dem Deckblatt des Protokolls der Haupt- verhandlung ist regelmäßig ersichtlich, welche Tat der/dem Angeklagten zur Last gelegt wird. Die Anknüp- fungstat findet sich überdies in den schriftlichen Urteils- gründen wieder (§ 267 Abs. 6 StPO). In die Kette der angewendeten Vorschriften (§ 260 Abs. 5 S. 1 StPO) muss die entsprechende Norm hingegen nicht aufgenom- men werden, ebenso wenig ist sie Bestandteil des Tenors. 4. Hält der Senat diese Praxis ggf. mit den Vorgaben der Strafprozessordnung für vereinbar? 5. Falls ja, wie bewertet der Senat ggf. diese Praxis mit Blick auf die Möglichkeit der Betroffenen, sich gegen die Anordnung der Maßnahme rechtlich zur Wehr zu setzen? Zu 4. und 5.: Die Fragen betreffen die Durchführung des gerichtlichen Verfahrens. Hierzu nimmt der Senat aus bekannten Gründen keine Stellung. Berlin, den 20. November 2014 In Vertretung Straßmeir Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 26. Nov. 2014)