Drucksache 17 / 14 915 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Gerwald Claus-Brunner (PIRATEN) vom 06. November 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. November 2014) und Antwort Streikt auch der Senat? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft teilweise Sachverhal- te, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Frage zukommen zu lassen und hat daher die BVG AöR und S-Bahn Berlin GmbH um eine Stellungnahme gebeten, die von dort in eigener Verantwortung erstellt, dem Senat übermittelt und in den untenstehenden Antworten kenntlich gemacht wurde. Frage 1: Wird der Senat infolge der durch Streiks be- dingt nicht-erbrachten Leistungen im Jahr 2014 Gelder von der S-Bahn-Berlin zurückfordern? Wenn ja, inwie- weit wird dies geschehen? Wenn nein, warum nicht? Antwort zu 1: Streikbedingt wurden in den Monaten September und Oktober 2014 von der S-Bahn Berlin GmbH Leistungen in Höhe von insgesamt 211.014 Zug- kilometern (Zugkm) nicht erbracht. Für den Monat No- vember liegt der Liefernachweis der S-Bahn Berlin GmbH noch nicht vor. Aufgrund der o.a. nicht erbrachten Leistungen wird das Land Berlin den finanziellen Beitrag im Rahmen der Abschlagszahlung für den Monat Dezem- ber 2014 um 1.837.933 Euro kürzen. Entsprechend den Regularien des Verkehrsvertrages erfolgt die endgültige Feststellung der ausgefallenen Zugkm und des Pünktlichkeitsgrades sowie die daraus resultierende monetäre Bewertung im Rahmen der Schlussabrechnung 2014. Frage 2: Hat der Senat im Allgemeinen geprüft, ob die Deutsche Bahn/S-Bahn Berlin für Ausfälle durch Arbeits- kampfmaßnahmen in Regress genommen werden kann? Wenn ja, inwieweit ist dies möglich und wann wird es umgesetzt? Wenn nein, wann wird dies geschehen? Antwort zu 2: Kürzungen für die nicht erbrachten ver- einbarten Verkehrsleistungen gegenüber der Bahn erfol- gen gemäß den Regelungen des jeweiligen Vertrages (s. Antwort 1). Zu Ansprüchen von Bahnkunden gegenüber der Deutschen Bahn s. Antwort 7. Frage 3: Auf welche zusätzlichen Kapazitäten können BVG und S-Bahn im Falle von Arbeitskampfmaßnahmen generell zurückgreifen. Antwort zu 3: Die S-Bahn Berlin GmbH teilt hierzu mit: „Es bleibt unklar, ob nach zusätzlichen Kapazitäten der S-Bahn Berlin bei Bestreikung selbiger oder bei Be- streikung der BVG gefragt ist. Im Falle streikbedingter Verkehrseinschränkungen bei der BVG könnte die S-Bahn Berlin GmbH während der Hauptverkehrszeiten (werktags außer samstags zwischen 6 und 9 Uhr sowie 14 und 19 Uhr) nicht ohne Weiteres zusätzliche S-Bahn-Züge zum Einsatz bringen. Während dieser Zeiträume wird planmäßig die maximale Anzahl verfügbarer Fahrzeuge eingesetzt. In den verbleibenden Zeiträumen werden weniger Fahrzeuge eingesetzt, so dass sich dann auch mehr Spiel- räume für zusätzliche S-Bahn-Fahrten eröffnen, soweit auch die notwendigen Lokführer zur Verfügung stehen. Grundsätzlich ist anzumerken, dass insbesondere bei kurzfristigem, unvorhersehbarem Bedarf nach Zusatzfahr- ten, kaum Möglichkeiten für eine Realisierung bestehen. Bei längerem Vorlauf könnte ein entsprechender Einsatz geplant werden. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 915 2 Im Fall streikbedingter Verkehrseinschränkungen bei der S-Bahn Berlin GmbH kann nicht pauschal einge- schätzt werden, wie viele Mitarbeiter dem Streikaufruf folgen und umgekehrt wie viele Mitarbeiter zur Verfü- gung stehen. Bei den jüngsten Streiks hatte die S-Bahn Berlin GmbH jeweils versucht, das eingeschränkte Ver- kehrsangebot verlässlich zu gestalten. Die Fahrgäste konnten dann davon ausgehen, dass die in den Informati- onsmedien aufgeführten Züge auch verkehren.“ Die BVG AöR teilt hierzu mit: „Im Straßenbahnbereich kann die BVG in solchen Fällen für besonders nachgefragte Strecken reagieren, indem Fahrzeuggrößen und Zugbehängungen auf die steigende Nachfrage angepasst werden. Im U-Bahn- sowie im Omnibusbereich stehen in der Hauptverkehrszeit keine zusätzlichen Kapazitäten zur Verfügung.“ Frage 4: Gibt es Pläne, im Falle von Arbeitskampf- maßnahmen zusätzliche Transportkapazitäten in Form von Omnibussen von Dritten bereitstellen zu lassen? Wenn ja, wie schnell können die Pläne umgesetzt wer- den? Antwort zu 4: Die BVG AöR teilt hierzu mit: „Im Falle eines Streiks versucht die BVG, alle kurzfristig bei den bereits vertraglich gebundenen Subunter- nehmern sowie privaten Busfirmen zur Verfügung ste- henden Fahrzeuge einzusetzen. Eine vertraglich geregelte, langfristige Bereithaltung von Fahrzeugen und Fahrpersonal durch Dritte für Son- dersituationen wie z.B. Streiks ist wirtschaftlich nicht darstellbar, da die Subunternehmer die ihnen entstehen- den Bereithaltungskosten vertraglich weiterreichen wür- den.“ Die S-Bahn Berlin GmbH teilt hierzu mit: „Die S-Bahn Berlin GmbH hat bei den jüngsten Streiks der Lokführer der GdL alles daran gesetzt, auf den Linien einen 20-Minuten-Takt aufrecht zu erhalten, wo es keine leistungsfähigen Alternativreisemöglichkeiten mit Straßenbahn oder U-Bahn gibt. Wo dies mangels Trieb- fahrzeugführern nicht gelungen ist, wurden Ersatzverkeh- re mit Bussen eingerichtet (z.B. nach Teltow und Hen- nigsdorf). Da die Streiks von der Gewerkschaft nur sehr kurzfristig terminiert wurden, hatten auch die Busunter- nehmen nur kurze Vorwarnzeiten, um Personal zu aktivie- ren. Somit konnten nur begrenzt Busersatzleistungen angeboten werden. Ein großflächiger Ersatzverkehr mit Bussen ist wegen der verfügbaren Buskapazitäten und der großen Anzahl betroffener Fahrgäste nicht realisierbar. Die Vorlaufzeit für einen Ersatzverkehr mit Bussen ist zwar geringer als bei einem ad hoc-Einsatz von Zügen. So können Ersatzverkehre mit Bussen je nach Einsatzgebiet und Umfang des Ersatzverkehrs auch innerhalb weniger Stunden eingerichtet werden.“ Frage 5: Stehen für die Beauftragung Dritter finanziel- le Mittel zur Verfügung? Wenn nein, in welchem Kapitel des Einzelplans 12 müssten diese Mittel veranschlagt werden? Frage 6: Werden oder wurden der BVG entsprechend zusätzliche Finanzmittel zur Verfügung gestellt, um für entsprechende Situationen gewappnet zu sein? Wenn ja, wann und in welcher Höhe? Wenn nein, ist es geplant, diese im Zuge von Haushaltsnachträgen zu verfügen? Antwort zu 5 und 6: Die Beauftragung Dritter erfolgt in der Regel durch die Verkehrsunternehmen. In den zwischen dem Land Berlin und den in Berlin verkehren- den Verkehrsunternehmen abgeschlossenen Verkehrsver- trägen sind zum Ersatz- und Sonderverkehr entsprechende Festlegungen enthalten, die auch die Abrechnung und Finanzierung regeln. Die Mittel für die Bestellung von Verkehrsleistungen sind im Kapitel 1270 in den Titeln 54045 – Leistungen des innerstädtischen ÖPNV, 54080 - Leistungen des Regionalbahnverkehrs und 54081 – Leistungen des SBahnverkehrs veranschlagt. Sowohl bei der BVG als auch bei anderen Anbietern von Busverkehren in Berlin und dem Umland stehen nur begrenzte personelle und technische Kapazitäten für Son- dermaß-nahmen zur Verfügung. Frage 7: Inwieweit werden die Fahrgäste, die von den Angebotseinschränkungen und Ausfällen infolge der Arbeitskampfmaßnahmen betroffen sind, entschädigt? Wie sieht dies im Detail aus? Antwort zu 7: Die S-Bahn Berlin GmbH teilt hierzu mit: „Seit dem 29. Juli 2009 gilt das Fahrgastrechtegesetz im Eisenbahnverkehr in Deutschland. Es gilt für alle Züge von der S-Bahn bis zum ICE, unabhängig davon, von welchem Eisenbahnunternehmen sie betrieben werden. Sie gelten auch für Reiseketten aus Zügen verschiedener Eisenbahnunternehmen, die mit einer Fahrkarte genutzt werden. Somit ist gesetzlich geregelt, ob und welche Ansprüche Fahrgäste bei Zugverspätungen, Zugausfällen oder Anschlussversäumnissen geltend machen können. Ein Streik ist kein Versagensgrund, weshalb auch für diesen Fall die Fahrgastrechte voll zur Anwendung kom- men. Mit der Abwicklung dieser Ansprüche wurde das Ser- vicecenter Fahrgastrechte von den teilnehmenden Eisen- bahnen - so auch von der S-Bahn Berlin GmbH - mit der Durchführung der Fahrgastrechte, insbesondere von Er- stattungs- und Entschädigungsvorgängen, beauftragt. Detailinformationen im Internet: http://www.s-bahn- berlin.de/unternehmen/fahrgastrechte_kurz.htm Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 915 3 Zur Geltendmachung der Ansprüche kann entweder das Fahrgastrechte-Formular oder ein formloses Schrei- ben unter Hinzufügung der Belege verwendet werden. Anschrift: Servicecenter Fahrgastrechte 60647 Frankfurt am Main Deutschland Für Rückfragen zum Bearbeitungsstand des Antrages ist das Servicecenter Fahrgastrechte auch telefonisch unter der Rufnummer 0180 6 20 21 78 (20 ct/Anruf aus dem deutschen Festnetz, Tarife bei Mobilfunk max. 60 ct/Anruf) erreichbar. Weiterhin gelten die Beförderungsbedingungen und die Tarifbestimmungen des Gemeinsamen Tarifs im Ver- kehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB), hier insbeson- dere die §§ 14 und 16.“ Die BVG AöR teilt hierzu mit: „Der VBB-Tarif sieht keine Entschädigung und/oder Erstattung im Streikfall vor. Eine Entschädigung wird generell nicht gewährt, die Erstattung von VBB- Fahrausweisen erfolgt ggf. durch das betroffene Unter- nehmen auf dem Kulanzweg.“ Berlin, den 26. November 2014 In Vertretung C h r i s t i a n G a e b l e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. Dez. 2014)