Drucksache 17 / 14 940 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Christopher Lauer (PIRATEN) vom 11. November 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. November 2014) und Antwort Speicherung Personengebundener Hinweise (PHW) (III): Zweck der Eigensicherung nur vorgeschoben Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welcher Zweck (Schutz der einschreitenden Poli- zeikräfte, Schutz von Betroffenen, Schutz Dritter, Ermitt- lungsunterstützung) steht bei den einzelnen bundesweiten und berlinspezifischen personengebundenen Hinweise (PHW) jeweils im Vordergrund? (Bitte einzeln aufschlüs- seln.) Zu 1.: Vor dem Hintergrund des Bedarfs an ermitt- lungsunterstützenden Hinweisen (EHW) wird der jeweili- ge Zweck der bisher verwendeten personengebundenen Hinweise (PHW) aktuell durch eine Bund-Länder- Arbeitsgruppe überprüft. In Abhängigkeit von der noch nicht abgeschlossenen bundesweiten Abstimmung ist beabsichtigt, auch die berlinspezifischen PHW zu über- prüfen. Eine detaillierte Aufschlüsselung der PHW und der dazu jeweils bestimmten Voraussetzungen im Rah- men einer Schriftlichen Anfrage wird aus Gründen der Eigensicherung der eingesetzten Polizeikräfte und der Wahrung des einsatztaktischen Erfolges polizeilicher Maßnahmen auch auf der Grundlage des § 11 Informati- onsfreiheitsgesetz (IFG) weiterhin abgelehnt. 2. Welche bundesweiten und berlinspezifischen PHW haben überwiegend ermittlungsunter stützende Funktion? (Bitte einzeln auflisten.) Zu 2.: Siehe Antwort zu Frage 1. 3. Welche bundesweiten und berlinspezifischen PHW schätzt der Senat als überarbeitungswürdig ein, weil sie ihren ursprünglichen Zweck, den Schutz der einschreiten- den Polizeikräfte, nicht (mehr) erfüllen, da sie vorwie- gend eine ermittlungsunterstützende Funktion haben bzw. die Vergabekriterien/-praxis dem ursprünglichen Zweck nicht (mehr) gerecht werden? Zu 3.: Siehe Antwort zu Frage 1. 4. Warum trat im Laufe der Zeit bei zahlreichen PHW der ursprüngliche Zweck (Schutz der einschreiten- den Polizeikräfte) in den Hintergrund und die die ermitt- lungsunterstützende Funktion zunehmend in den Vorder- grund? Müsste die meisten PHW nicht eigentlich in er- mittlungsrelevante Hinweise (EHW) umbenannt werden? Zu 4.: Einzelne bislang in unterschiedlicher Ausprä- gung dem Schutz von Betroffenen bzw. der Eigensiche- rung von Polizeikräften dienende PHW haben sich in der Praxis auch als ermittlungsunterstützende Hinweise er- wiesen. Die zu Frage 1 erwähnte Bund-Länder-Arbeits- gruppe prüft daher auch eine Differenzierung nach der überwiegenden Zweckbestimmung. Das schließt eine zukünftige Doppelfunktion einzelner Hinweise, die auch in Abhängigkeit von der Entwicklung bestimmter Delikts- felder steht, nicht aus. 5. Wie bewertet der Berliner Senat, dass zunehmend mehr PHW ihren ursprünglichen Zweck, die Eigensiche- rung von Polizeikräften, nicht (mehr) erfüllen, da sie vorwiegend ermittlungsunterstützende Ziele verfolgen oder die Vergabepraxis/-kriterien dem ursprünglichen Zweck nicht (mehr) gerecht werden? Zu 5.: Nach gegenwärtigem Stand der Prüfungen dient der überwiegende Teil der verwendeten PHW unverändert dem Zweck des Schutzes von Betroffenen und der Eigen- sicherung von Polizeikräften. 6. Sollen die ermittlungsrelevanten Hinweise (EHW) eingeführt werden, weil ein großer Teil der bundesweiten und berlinspezifischen PHW vorwiegend ermittlungsun- terstützende Ziele verfolgen oder die Vergabepraxis/- kriterien dem ursprünglichen Zweck nicht (mehr) gerecht werden? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 940 2 Zu 6.: Beide Aspekte der Fragestellung treffen nicht zu. Die Praxis der Kriminalitätsbekämpfung hat jedoch den Bedarf an ermittlungsunterstützenden Hinweisen aufgezeigt, so dass vor diesem Hintergrund die erwähnte Bund-Länder-Arbeitsgruppe eingerichtet wurde 7. Wie ist das interne Verfahren zur Festlegung von neuen, berlinspezifischen PHW innerhalb der Berliner Polizei ausgestaltet? Welche Stellen sind antragsberech- tigt? Welche Anforderungen/Kriterien muss ein „Antrag“ erfüllen? Unter welchen Voraussetzungen wird ein berlin- spezifischer PHW eingeführt? Wie ist das polizeiinterne Entscheidungsverfahren ausgestaltet? Welche Stellen sind beteiligt etc.? Zu 7.: Für die Einführung berlinspezifischer PHW ist in der Polizei kein besonderes Antragsverfahren vorgese- hen. Vorschläge können von allen Polizeibediensteten auf dem Dienstweg eingebracht werden. Die Prüfung der fachlichen, datenschutzrechtlichen und technischen Vo- raussetzungen erfolgt in Verantwortung des zuständigen Sachbereiches im Stab des Landeskriminalamtes unter Einbindung der Bedarfsträger, des behördlichen Daten- schutzes und der Datenverarbeitung. Soweit die entspre- chenden Voraussetzungen gegeben sind, ist über die Be- hördenleitung die Zustimmung der Senatsverwaltung für Inneres und Sport einzuholen. Vorbehaltlich dieser Zu- stimmung erfolgt die Umsetzung im Polizeilichen Lan- dessystem zur Information, Kommunikation und Sachbe- arbeitung (POLIKS). 8. Von welchen Stellen innerhalb der Berliner Polizei dürfen jeweils welche PHW vergeben werden? (Bitte nach PHW und Stelle aufschlüsseln.) Zu 8.: Die Vergabe der PHW ist abhängig vom jewei- ligen Deliktsfeld und den deliktisch relevanten Personen. Eine Aufschlüsselung kann mit Hinweis auf die Antwort zu Frage 1 nicht erfolgen. 9. Verwendet die Berliner Polizei neben den PHW und den geplanten EHW weitere Kategorien von Hinwei- sen? Wenn ja, welche und in welchen Dateien und in welchen Datenfeldern? Handelt es sich dabei jeweils um Freitext- oder um Katalogfelder? Zu 9.: Neben den PHW können in POLIKS vorgangs- bezogen - ermittlungsrelevante Hinweise (ERH) zu Tatver- dächtigen und - sachbezogene Hinweise (SHW) gespeichert werden. Die ERH erfassen Hinweise, die für die Ermittlungen im jeweiligen Vorgang von Bedeutung sind. Die SHW dienen der Hervorhebung bestimmter Merkmale einer Sache (bspw. „Explosionsgefahr“), die ggf. auch im POLIKS bzw. INPOL veröffentlicht werden können, bspw. im Zusammenhang mit einer Sachfahn- dung. Die jeweiligen Angaben sind entweder katalogbasiert oder katalogunterstützt erfassbar. 10. Welche ermittlungsrelevanten „Zusatzmerkmale“ wie „K.O.-Tropfen“ werden in POLIKS gespeichert (vgl. Antwort auf Frage 5 in Drucksache 17/12237? In welchen Datenfeldern werden diese jeweils gespeichert und wel- che Katalogbegriffe werden dafür jeweils verwendet? (Bitte einzeln auflisten. Zu 10.: „Zusatzmerkmale“ im Sinne der Fragestellung können in vielfältiger Form gespeichert werden. Die bei- spielhaft angeführten KO-Tropfen können als Fallmerk- mal zum Modus operandi erfasst werden. 11. Was sind „Ermittlungsrelevante Besonderheiten“ (ERB)? In welchen Dateien/Datenfeldern werden diese gespeichert? Was ist jeweils ihr Zweck? Handelt es sich um Freitextfelder oder um Katalogfelder? Zu 11.: „Ermittlungsrelevante Besonderheiten“ sind im POLIKS als gesonderte Kategorie nicht vorhanden. Im POLIKS können ermittlungsrelevante Hinweise (ERH) erfasst werden (siehe Antwort zu 9.). Es sind diverse Attribute als „Besonderheiten“ erfassbar. Hinsichtlich des Begriffs „Besonderheiten“ bestehen diese in Form von speicherbaren Fallmerkmalen zum Modus operandi. Berlin, den 25. November 2014 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. Dez. 2014)