Drucksache 17 / 14 954 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Heiko Thomas und Thomas Birk (GRÜNE) vom 30. Oktober 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. November 2014) und Antwort Auf welchem Stand ist die Umsetzung der Arbeitsgruppenergebnisse zur sexuellen Ge- sundheit? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche Ergebnisse der Themengruppe „Prävention mit Migrant(inn)en“ zum „Rahmenkonzept des Senats zur Prävention von HIV/Aids, Hepatitis- und sexuell über- tragbaren Infektionen sowie zur Versorgung von Men- schen mit HIV/Aids und/oder chronischen Hepatitisinfek- tionen in Berlin“ und zum „Entwicklungskonzept für die Prävention von HIV/Aids, sexuell übertragbaren Infektio- nen und Hepatitiden in Berlin“ von Prof. Rosenbrock wurden a) bislang umgesetzt? b) befinden sich derzeit in der Umsetzung? c) sind zur Umsetzung in naher Zukunft geplant? Zu 1 a bis c: Aus der extern moderierten Themen- gruppe ist eine Arbeitsgruppe erwachsen, die sich mit der Frage beschäftigt hat, inwieweit die bereits in der The- mengruppe erarbeitete Checkliste zur Arbeit mit Migran- tinnen und Migranten verbindlicher gestaltet und in die Förderpraxis der für Gesundheit zuständigen Senatsver- waltung integriert werden kann. Nach verschiedenen Treffen der Arbeitsgruppe wurde eine Checkliste zur Überprüfung der Transkulturalität von Projekten erarbeitet, welche die im Handlungsfeld „HIV/Aids, sexuell übertragbare Infektionen und Hepatitiden “ des Integrierten Gesundheitsprogramms (IGP) geförderten Träger als Anlage zum Verwendungsnach- weis 2014 im Rahmen eines Probelaufs ausfüllen sollen. Die Checkliste wurde erst kürzlich den Projektleitungen und Geschäftsführungen der betroffenen Projekte vorge- stellt. Nach Vorliegen der Bögen wird die für Gesundheit zuständige Senatsverwaltung gemeinsam mit den Projek- ten eine Auswertung der Rückläufe vornehmen und ggf. die Checkliste noch einmal hinsichtlich der Praktikabilität überarbeiten. Ziel ist zunächst eine transkulturelle Öff- nung der im betreffenden Handlungsfeld geförderten Projekte und längerfristig die transkulturelle Öffnung möglichst aller im IGP geförderten Projekte, d. h. hand- lungsfeldübergreifend. 2. Welche Ergebnisse der Themengruppe „Prävention mit Frauen und transidenten Menschen in der Prostituti- on“ zum Rahmenkonzept des Senats und dem Entwicklungskonzept von Prof. Rosenbrock wurden a) bislang umgesetzt? b) befinden sich derzeit in der Umsetzung? c) sind zur Umsetzung in naher Zukunft geplant? Zu 2 a bis c: Nach Beendigung der extern moderierten Themengruppe ist aus dieser eine Arbeitsgruppe erwach- sen, die sich mit dem Schwerpunkt „Prävention an Orten sexueller Dienstleistungen/Prostitutionsstätten“ befasst. Vornehmlich geht es hier um die Arbeitsbedingungen von Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern an diesen Orten. Eine erste Zusammenstellung von Mindeststandards, aufgeschlüsselt nach unterschiedlichen Arten von Prosti- tutionsstätten, bezüglich sicherer, selbstbestimmter und gewaltfreier Arbeitsbedingungen für die dort tätigen Frauen wurde im Dezember letzten Jahres von der Ar- beitsgemeinschaft (AG) erarbeitet und ist bereits für di- verse Stellungnahmen bezüglich der neu zu regelnden Prostitutionsgesetzgebung verwendet worden. Längerfris- tiges Ziel ist, dass die formulierten Mindeststandards als Grundlage für eine Nutzungsvereinbarung zwischen den Betreiberinnen und Betreibern und den bei ihnen tätigen Frauen dienen sollen. Der Entwurf für eine solche Nut- zungsvereinbarung, in welcher sich die Betreiberin oder der Betreiber zur Erfüllung dieser Kriterien in ihren oder seinen Räumen verpflichtet und die Frauen ihrerseits die Einhaltung bestimmter Bedingungen zusichern, liegt ebenfalls vor. In Ergänzung dazu ist eine Telefonliste mit Notrufnummern sowie Nummern bestimmter Anlaufstel- len, welche Beratung anbieten, erstellt worden, die in den Räumen ausgehängt werden soll. Nach dem Sexarbeits- kongress im September dieses Jahres wurde die Übersicht über Mindeststandards noch einmal überarbeitet/ergänzt. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 954 2 3. Welche Ergebnisse der Themengruppe „Prävention im Gefängnis“ zum Rahmenkonzept des Senats und dem Entwicklungskonzept von Prof. Rosenbrock wurden a) bislang umgesetzt? b) befinden sich derzeit in der Umsetzung? c) sind zur Umsetzung in naher Zukunft geplant? Zu 3 a und b: Bei den unter c) aufgeführten Maßnah- men handelt es sich um diejenigen Maßnahmen, die in Abstimmung mit der für Justiz zuständigen Senatsverwal- tung aus der Themengruppe „Prävention in Haft“ priorisiert wurden. Die für Justiz zuständige Senatsverwaltung hat dabei deutlich gemacht, dass sie sich für die Umset- zung der genannten Maßnahmen federführend verant- wortlich sieht. In diesem Jahr wurden jedoch noch keine diesbezüglichen Gespräche zwischen den beiden Verwal- tungen geführt. Zu 3 c: Die Umsetzung folgender, mit der für Justiz zuständigen Senatsverwaltung abgestimmten Präventi- onsmaßnahmen in den Justizvollzugsanstalten (JVA) ist für 2015 geplant: - regelmäßig stattfindende Infoveranstaltungen für Inhaftierte mit dem Schwerpunkt „Gesundheit“ - Erstellung einer Infomappe zu gesundheitsbezogenen Themen - Ausbau des Fortbildungsangebots für JVA-Bedienstete - Sicherstellung des Zugangs zu „Safer-Sex“-Utensilien für Inhaftierte. 4. Welche Ergebnisse der Themengruppe „Prävention mit Menschen, die injizierbare Drogen gebrauchen“ zum Rahmenkonzept des Senats und dem Entwicklungskon- zept von Prof. Rosenbrock wurden a) bislang umgesetzt? b) befinden sich derzeit in der Umsetzung? c) sind zur Umsetzung in naher Zukunft geplant? Zu 4 a bis c: Für diese Themengruppe ist nur ein Er- gebnis bzw. Ziel formuliert worden, nämlich politische Rahmenbedingungen für HIV- und Suchtprävention zu schaffen. Die Umsetzung dieser Zielstellung, insbesondere zu den Themen Spritzentausch in Haft und zu Platzverwei- sen für drogenkonsumierende Menschen, befindet sich derzeit im senatsinternen Abstimmungsprozess und wird auch in 2015 fortgeführt. 5. Welche Ergebnisse der Themengruppe „Beratung, Versorgung und ergänzende Pflege für Menschen mit HIV/Aids sowie ggf. Hepatitiden und Drogenproblemen zum Rahmenkonzept des Senats und dem Entwicklungs- konzept von Prof. Rosenbrock wurden a) bislang umgesetzt? b) befinden sich derzeit in der Umsetzung? c) sind zur Umsetzung in naher Zukunft geplant? Zu 5 a: Es wurde noch keine der priorisierten Maß- nahmen umgesetzt. Zu 5 b: In Umsetzung befindlich ist die Maßnahme, ein Infopaket mit Materialien über Träger und ihre Ange- bote für Flüchtlinge bei deren Ankunft in einer Einrich- tung zu erstellen. Diesbezüglich ist ein Projekt in Kooperation mit der Alice-Salomon-Hochschule (ASH) geplant. Studierende der ASH sollen Flüchtlinge vor Ort in ihrer Unterkunft nach ihren Bedarfen bezüglich gesundheitlicher Aufklä- rung befragen, so dass längerfristig ein auf die realen Bedarfe der betroffenen Menschen abgestimmtes und auf die unterschiedlichen Communities zugeschnittenes In- fopaket zusammengestellt werden kann. Ein erster Termin mit Studierenden der ASH hat vor kurzem in einem Flüchtlingsheim in Marzahn-Hellersdorf stattgefunden; weitere Termine sollen folgen. Zu 5 c: In naher Zukunft ist die Umsetzung folgender zwei Maßnahmen geplant: - Bereich „medizinisch-pflegerische Versorgung“: Verbesserung des Entlassungsmanagements von Kliniken - Bereich „Arbeit“: gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit mit niedrigschwelligen Materialien und im In- ternet. 6. Welche Ergebnisse der Themengruppe „Prävention mit Männern, die Sex mit Männern haben (MSM) zum Rahmenkonzept des Senats und dem Entwicklungskon- zept von Prof. Rosenbrock wurden a) bislang umgesetzt? b) befinden sich derzeit in der Umsetzung? c) sind zur Umsetzung in naher Zukunft geplant? Zu 6 a und b: Mit der Überführung der bisher aus Mit- teln der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin (DKLB) geförderten „Berliner Testkampagne“ in den Landeshaushalt ab Februar 2014 wurde der im Prozess der Umset- zung von Rahmen- und Entwicklungskonzept zu HIV/Aids, sexuell übertragbare Infektionen (STI) und Hepatitiden geforderten Etablierung von Checkpoints, in denen sowohl psychosoziale als auch medizinische Ange- bote für die Klientinnen und Klienten vorgehalten wer- den, in weiten Teilen Rechnung getragen. Bei der „Berliner Testkampagne“ handelt es sich um ein trägerübergreifendes Beratungs- und Testangebot zu HIV/Aids, Syphilis und Hepatitis C für die Zielgruppe der Männer, die Sex mit Männern haben (MSM) sowie für Menschen, die injizierbare Drogen konsumieren. Insbesondere durch die Anbindung des Testangebots des Projekts Pluspunkt an den Standort der Schwulenbe- ratung Berlin gGmbH in der Wilhelmstraße werden die Voraussetzungen für einen ‚Checkpoint‘ als niedrigschwelligen Ort für integrierte Gesundheitsförderung und -versorgung für die Zielgruppe der MSM erfüllt. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 954 3 Längerfristiges Ziel ist es, das Testangebot um Tests auf Chlamydien, Gonokokken und Tuberkulose (TBC) zu erweitern. Zu 6 c: Die Maßnahme „Stärkung der primärpräventiven Vor-Ort-Arbeit mittels personalkommunikativer Ansätze und medialer Materialien“ soll in 2015 vorangetrieben werden. 7. Welche Ergebnisse der Themengruppe „Sexuelle Gesundheit und Suchtprävention in Jugend- und Bil- dungsarbeit zum Rahmenkonzept des Senats und dem Entwicklungskonzept von Prof. Rosenbrock wurden a) bislang umgesetzt? b) befinden sich derzeit in der Umsetzung? c) sind zur Umsetzung in naher Zukunft geplant? Zu 7 a: Bislang umgesetzt wurde die Maßnahme „Versendung einer Bedarfsabfrage an die Anbieterinnen und Arbeiter von Integrationskursen“ mit dem Ziel der besseren Erreichbarkeit von Migrantinnen und Migranten. Zu 7 b und c: Nach Beendigung der externen Modera- tion ist in einer aus der Themengruppe entstandenen Ar- beitsgruppe vereinbart worden, zunächst eine Über-sicht über die sexualpädagogisch arbeitenden Träger in Berlin und deren Angeboten zu erstellen, um diese den weiter- bildenden Schulen in Berlin bekannter zu machen. Die im Herbst 2013 erstellte Angebotsübersicht wurde Ende Oktober/Anfang November letzten Jahres an alle Berliner Oberschulen zusammen mit Materialien der Bundeszent- rale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) und dem Hinweis auf den bevorstehenden Welt-Aids-Tag am 01. Dezember versandt. Die Angebotsübersicht sollte jährlich aktualisiert und an die Berliner Oberschulen versandt werden. Die Übersicht wurde demzufolge gerade aktuali- siert und mit einem neuen Layout versehen; der Versand erfolgte wie im Vorjahr per Post und per E-Mail an die weiterführenden Schulen kurz vor dem Welt-Aids-Tag und zusammen mit Materialien der BZgA. In naher Zukunft soll dann mit der Erstellung eines Kompendiums mit Modulen für sexualpädagogische In- terventionen begonnen werden. 8. Wie bewertet der Senat den bisherigen Umset- zungsstand des Rahmenkonzepts des Senats zur Präventi- on von HIV/Aids, Hepatitis- und sexuell übertragbaren Infektionen sowie zur Versorgung von Menschen mit HIV/Aids und/oder chronischen Hepatitisinfektionen in Berlin und des Entwicklungskonzepts für die Prävention von HIV/Aids, sexuell übertragbaren Infektionen und Hepatitiden in Berlin von Prof. Rosenbrock vor dem Hin- tergrund, dass die Koalitionsparteien in ihrem Koalitions- vertrag vereinbart hatten, eine zügige Umsetzung beider Konzepte sicherzustellen? Welche Schritte möchte der Senat in der verbleibenden Legislaturperiode unterneh- men, um nicht umgesetzte Ergebnisse des Rahmenkon- zepts des Senats und des Entwicklungskonzepts von Prof. Rosenbrock zu verwirklichen? Zu 8.: Der Senat bewertet den bisherigen Umset- zungsstand der aus den Themengruppen priorisierten Maßnahmen als sehr positiv. Mit einigen Arbeitsgruppen wurde direkt nach Been- digung der externen Moderation begonnen; insofern ist eine zügige Umsetzung gegeben. Bei der Vielzahl von unterschiedlichen Maßnahmen war von vornherein klar, dass eine Realisierung als Gesamtpaket in 2014 nicht möglich sein würde und mit einigen Maßnahmen erst in 2015 begonnen werden könne. Haushaltsmittel für die weitere Umsetzung der Maßnahmen wurden von der für Gesundheit zuständigen Senatsverwaltung angemeldet. Berlin, den 05. Dezember 2014 In Vertretung Dirk G e r s t l e _____________________________ Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 08. Dez. 2014)