Drucksache 17 / 14 957 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Turgut Altug (GRÜNE) vom 17. November 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. November 2014) und Antwort Lichtverschmutzung in Berlin – Störung von Mensch und Natur II Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Werden in Berlin Lichtimmissionen gemäß der „Hinweise zur Messung und Beurteilung von Lichtimmissionen“ gemessen? Wenn ja, mit welchen Ergebnissen? Bitte nach Bezirken auflisten. Wenn nein, warum nicht? Frage 2: Wie wird im Einzelfall ermittelt, ob eine Lichteinwirkung noch als zumutbar oder als schädliche Umwelteinwirkung anzusehen ist? Antwort zu 1 und 2: Für die Beurteilung der Erheb- lichkeit von Lichtimmissionen sind gemäß Nr. 1 Abs. 7 der Ausführungsvorschriften zum Landes-Immissions- schutzgesetz Berlin vom 10. Juli 2013 (Amtsblatt [ABl.] S. 1619) die „Hinweise zur Messung, Beurteilung und Minderung von Lichtimmissionen“ heranzuziehen, die als Anlage 2 den Ausführungsvorschriften beigefügt sind. Diese entsprechen wesentlich den Hinweisen der Bund- Länder-Arbeitsgemeinschaft Immissionsschutz (LAI) vom 13. September 2012. Nach diesen Hinweisen festge- stellte Überschreitungen der Immissionsrichtwerte sind in der Regel erhebliche Belästigungen und somit gemäß § 3 Absatz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes schädli- che Umwelteinwirkungen. Die Umwelt- und Naturschutzämter werden in der Re- gel anlassbezogen tätig. Die befragten Bezirksämter von Berlin berichten übereinstimmend, dass immer wieder Überschreitungen der Immissionsrichtwerte für die Raumaufhellung gemessen werden. Ursache sind bei- spielsweise Werbeanlagen oder Schaufenster. In den überwiegenden Fällen kann der Beschwerdegrund abge- stellt werden bzw. die Belästigungen können reduziert werden. Dies ist häufig auf kooperativem Wege mit dem Anlagenbetreiber möglich. Die Bewertungen von Lichtimmissionen erfolgt im Wege einer Einzelfallbe- trachtung. Verschiedene Bezirksämter von Berlin mach- ten weitere Angaben zum Themenkomplex. Das Bezirksamt Mitte teilt mit, dass Beschwerden über Raumaufhellung nach Überprüfung eher berechtigt sind, wogegen die Beschwerden über Blendungen eher unberechtigt sind. Der Bezirk Charlottenburg- Wilmersdorf hat folgende Messwerte übermittelt:  Die Messung einer Außenbeleuchtung ergab einen Wert von 0,86 Lux, der Immissionsrichtwert war daher nicht überschritten.  Die Messung einer Werbeanlage ergab einen Wert von 1,12 Lux. Es lag eine Immissionsrichtwert- überschreitung um 0,12 lx vor.  Die Messung einer Werbeanlage ergab einen Wert von 0,4 Lux, der Immissionsrichtwert war daher nicht überschritten.  Die Messung einer Werbeanlage ergab einen Wert von 0,6 Lux, der Immissionsrichtwert war daher nicht überschritten.  Die Messung einer Werbeanlage ergab einen Wert von 1,4 Lux, der Immissionsrichtwert war daher nicht überschritten. Diese Anlage wird nur tags- über betrieben.  Die Messung einer Parkdeckbeleuchtung ergab einen Wert von 2,3 Lux, der Immissionsrichtwert war daher überschritten.  Die Messung einer Innenhofbeleuchtung ergab einen Wert von 2,51 Lux, der Immissionsrichtwert war daher überschritten. Das Bezirksamt Spandau von Berlin teilt mit, dass vor der Durchführung der sehr aufwändigen Lichtimmissi- onsmessungen versucht wird, über kooperative Maßnah- men mit dem Verursacher Lichtminderungsmaßnahmen durchzusetzen, z. B. Klärung des notwendigen Lichtbe- darfs, Reduzierung des Beleuchtungsniveaus bzw. der Leistung der Beleuchtungsanlage, Begrenzung der Be- triebsdauer, Vermeidung des direkten Blickkontaktes Betroffener mit der Lichtaustrittsfläche durch Abschirm- blenden, Folien, niedrigere Lichtmaste. Bei Auswertung der letzten Lichtmessungen konnte festgestellt werden, dass der Immissionsrichtwert für die Nachtzeit selten überschritten wird. In Spandau betreffen die Beschwerden über Lichtimmissionen meist die Beleuchtungsanlagen der/des Nachbarin/Nachbarn, der auf ihrem/seinem Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 957 2 Grundstück eine Weg- oder Sicherheitsbeleuchtung in- stalliert hat oder die Leuchtreklamen von Geschäften. Das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf teilt mit, dass in den sehr seltenen Fällen, in denen es um die Erfassung der durch eine Lichtquelle erzeugten Blendung geht, die Messung von einer externen Stelle durchgeführt wird. Das Bezirksamt Neukölln von Berlin teilt mit, dass in 70 % der Fälle, in denen Messungen der mittleren Be- leuchtungsstärke durchgeführt wurden, Überschreitungen des Immissionsrichtwerts festgestellt wurden. In den meisten Fällen konnte eine kooperative Lösung mit den Anlagenbetreibern gefunden werden. Das Bezirksamt Reinickendorf von Berlin teilt mit, dass in allen Fällen mit festgestellten Überschreitungen der Immissionsrichtwerte für die Raumaufhellung durch geeignete Maßnahmen Abhilfe geschaffen werden konnte. Frage 3: Hält der Senat die bestehenden rechtlichen Regelungen für ausreichend, um Mensch und Natur vor den negativen Auswirkungen von Lichtimmissionen zu schützen? Antwort zu 3: Ja. Frage 4: An wen können sich Bürgerinnen und Bürger wenden, wenn sie sich durch Lichtimmissionen gestört fühlen? Antwort zu 4: Zuständig sind grundsätzlich die Um- welt- und Naturschutzämter der Bezirksämter von Berlin. Soweit die Lichtimmissionen von Kraftwerken ausgehen, ist das Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit Berlin zuständig, für die übri- gen genehmigungsbedüftigen Anlagen die Senatsverwal- tung für Stadtentwicklung und Umwelt. Diese ist eben- falls zuständig für baustellenbedingte Lichtimmissionen. Frage 5: Hat es in den Jahren 2012, 2013 und 2014 Beschwerden wegen Lichtimmissionen gegeben? Wenn ja, wie viele und in welchen Bezirken? Antwort zu 5: Von den Bezirksämtern von Berlin wurden folgende Angaben übermittelt: Mitte: Im Jahr 2012 gingen 10 Beschwerden ein, im Jahr 2013 gingen 22 Beschwerden ein und im Jahr 2014 gingen bisher 17 Beschwerden. Pankow: In Pankow gehen circa sieben Beschwerden pro Jahr ein. Charlottenburg-Wilmersdorf: In den Jahren 2012, 2013 und 2014 wurden in Charlottenburg-Wilmersdorf insgesamt 39 Lichtbeschwerden im Umwelt- und Natur- schutzamt bearbeitet. Spandau: Im Jahr 2012 gabe es fünf Beschwerden, im Jahr 2013 wurden drei Beschwerden bearbeitet und im Jahr 2014 gabe es bisher zwei Beschwerden über Lichtimmissionen. Steglitz-Zehlendorf: Pro Jahr gehen circa 10 bis 15 Beschwerden über Lichtimmissionen ein. Tempelhof-Schöneberg: Im 2012 gab es 12 Be- schwerdevorgänge, im Jahr 2013 gab es 18 Beschwerde- vorgänge und im Jahr 2014 gab es bisher 11 Beschwerde- vorgänge. Neukölln: Seit 2012 bis heute gab es insgesamt 19 Be- schwerden. Treptow-Köpenick: Im Jahr 2012 gingen vier Be- schwerden ein, im Jahr 2013 gingen drei Beschwerden ein und im Jahr 2014 gingen bisher ebenfalls drei Beschwer- den ein. Marzahn-Hellersdorf: 2012 bis 2014 insgesamt 12 Be- schwerden Lichtenberg: Im Bezirk Lichtenberg gab es im Zeit- raum 2012 bis 2014 weniger als 10 Beschwerden über Lichtimmissionen. Eine detaillierte Statistik wird nicht geführt. Reinickendorf: In den Jahren 2012, 2013 und 2014 hat es im Bezirk Reinickendorf 25 Beschwerden wegen Lichtimmissionen gegeben. Hauptverwaltung: Neben den Bezirken wurde auch die Hauptverwaltung im Rahmen ihrer Vollzugszustän- digkeit zu Beschwerden über Lichtimmissionen befragt. Im Zusammenhang mit dem Betrieb genehmigungsbe- dürftiger Anlagen gab es keine Beschwerden über Lichtimmissionen bei der zuständigen Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt sowie beim Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit Berlin. Beschwerden über baustellenbedingte Lichtimmissionen, die zuständigkeitshalber von der Se- natsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt bear- beitet werden, kommen wiederholt vor. Sie werden je- doch nicht separat erfasst, so dass quantitative Angaben hierzu nicht möglich sind. Berlin, den 28. November 2014 In Vertretung C h r i s t i a n G a e b l e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. Dez. 2014)