Drucksache 17 / 14 968 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Silke Gebel (GRÜNE) vom 12. November 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. November 2014) und Antwort Wo befindet sich Mikroplastik im Berliner Trinkwasser und den Berliner Gewässern? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Werden in Berlin Untersuchungen zur Belas- tung der Gewässer und des Trinkwassers mit Mikroplas- tik, also Partikeln uns Fasern unter 5 Mikrometern aus Produkten wie beispielsweise Kosmetikartikeln, Zahnpas- ta oder Abrieb von Fleecen etc. durchgeführt? Frage 1.1: Wenn ja, von wem und mit welchen Ergeb- nissen? Frage 1.2: Wenn nein, warum nicht? Frage 2: Wie viel Mikroplastik befindet sich jeweils in Berlins Gewässern, Trinkwasser, Kläranlagenausläufen und Klärschlamm? Antwort zu 1 und 2: Quantitative Untersuchungen zur Belastung der Gewässer in Berlin wurden noch nicht durchgeführt. Partikuläre Bestandteile wie Mikroplastik sind im Trinkwasser im Rahmen von qualitativen Unter- suchungen nicht nachweisbar. Eine quantitative Bestim- mungsmethode, die ausschließlich den Mikroplastikbe- standteil (Größenbereich von 5 mm bis in den Mikro- Bereich) erfasst, gibt es derzeit noch nicht. Die Berliner Wasserbetriebe beteiligen sich im Rahmen ihrer For- schung & Entwicklung an der Entwicklung von Bestim- mungsmethoden für bestimmte Fraktionen an Mikroplas- tik. Aufgrund der inzwischen entstandenen aktuellen Fragen zur Gesundheits- oder Umweltrelevanz von Mik- roplastik hat das Umweltbundesamt gemeinsam mit der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung, der Technischen Universität Berlin und den Berliner Wasser- betrieben in einer zukünftigen Fördermaßnahme „MachWas “ eine Förderskizze erarbeitet, um quantitative Nachweisverfahren zu entwickeln und eine Stoffbilanz für die Stadt Berlin zu erstellen. Das Umweltbundesamt führt aktuell Untersuchungen zu Mikroplastik in behandeltem Abwasser exemplarisch durch. Im Klärwerk werden flo- tierende, absetzbare und adsorbierbare Mikroplastikbe- standteile zurückgehalten. Die Messung der abfiltrierba- ren Stoffe als Maß für partikuläre Bestandteile im Abwas- ser erfolgt regelmäßig. Im Ablauf der Klärwerke der Berliner Wasserbetriebe sind schon heute die abfiltrierbaren Stoffe auf einem sehr niedrigen Konzentrationsniveau. Der Eliminierungsgrad liegt bei 99 %. Dieser Eliminierungsgrad gilt auch für die Mikroplastikbestandteile. Frage 3: Sind dem Senat laufende und/oder abge- schlossene Studien und Forschungsprojekte zu den ge- sundheitlichen und ökologischen Risiken von Mikroplas- tik in der Umwelt bekannt? Wenn ja, welche? Frage 3.1: Sind dem Senat die Untersuchungen von Herrn Prof. Dr. Liebezeit bekannt, der in Bier, Honig und Trinkwasser Mikroplastik nachgewiesen hat? Frage 3.2: Sind dem Senat die Untersuchungen des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), das zu viel Mikroplastik im Auslauf von Kläranlagen festgestellt hat? Frage 3.3: Sind dem Senat die Untersuchungen von Aaron Lechner u.a. bekannt, wonach in der Donau mehr Mikroplastik als Fischeier zu finden sind? Antwort zu 3: Dem Senat sind die genannten Untersu- chungen teilweise bekannt. Über die genannten Untersu- chungen hinaus werden derzeit in Deutschland eine Reihe weiterer Projekte zum Thema durchgeführt bzw. vorberei- tet. Über die Zielsetzung der laufenden Projekte und über den Stand der Erkenntnisse ist der Senat unterrichtet. Forschungsbedarf besteht in der Entwicklung und Evalu- ierung geeigneter Methoden zur Extraktion, Detektion, Identifikation und Quantifizierung der Partikel zwischen 1µm und 5mm sowie in der Schaffung einer wissenschaft- lichen Grundlage zur Bewertung von Mikroplastik in der aquatischen Umwelt. Zudem bedarf es der Identifizierung und Quantifizierung von weiteren Eintragspfaden jenseits der Kläranlagen. Frage 4: Wie beurteilt der Senat die gesundheitlichen und ökologischen Risiken durch Mikroplastik in den Berliner Gewässern und dem Trinkwasser? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 968 2 Frage 4.1: Welche Schadstoffe binden sich in den Ber- liner Gewässern an das Mikroplastik? Frage 4.2: Wie bewertet der Senat, dass Mikroplastik- partikel im Klärschlamm bei einer landwirtschaftlichen Nutzung durch Auswaschung in die Böden und Gewässer und damit letztendlich in die Nahrungskette von Tieren und Menschen gelangen? Antwort zu 4: Das Bundesinstitut für Risikobewertung kam in seiner Stellungnahme vom 3. Januar 2014 zu dem Ergebnis, dass nach derzeitigem Kenntnisstand ein ge- sundheitliches Risiko für Verbraucherinnen und Verbrau- cher nicht besteht. Als Begründung wird angeführt, dass die Plastikpartikel eine Größe aufweisen, die über den Stuhl ausgeschieden werden. Wissenschaftliche Grundla- gen zur Bewertung von Mikroplastik in der aquatischen Umwelt liegen aktuell noch nicht vor. Erst auf der Grund- lage eines wissenschaftlich validen Bewertungskonzeptes können Aussagen zur ökologischen Relevanz von Mikro- plastikteilen getroffen werden. Dazu laufen bundesweit eine Vielzahl von Untersuchungen. Sollten Mikroplastik- partikel im Klärschlamm bei einer landwirtschaftlichen Nutzung durch Auswaschung in die Böden und Gewässer und damit letztendlich in die Nahrungskette von Tieren und Menschen gelangen und dort ein Risiko darstellen, ist dieser Eintragspfad kritisch zu sehen. In Berlin werden die im Klärwerk zurückgehaltenen Mikroplastikbestand- teile mit dem Klärschlamm ausgetragen und thermisch verwertet. Dadurch können keine Mikroplastikteilchen in die Umwelt gelangen, wie es bei Kläranlagen mit land- wirtschaftlicher Schlammausbringung der Fall sein könn- te. Frage 7: Welche Maßnahmen hat der Senat bisher er- griffen, um die Freisetzung von Mikroplastikpartikeln in die Umwelt einzuschränken, und welche Maßnahmen sind weiter geplant? Frage 7.1: Gibt es in Berliner Kläranlagen Tuchfilter oder eine andere Schlussfiltration, die eine Reduktion von bis zu 97 % der Mikroplastikpartikel leisten? Wenn ja, in welchen Kläranlagen gibt es diese Schlussfiltration? Wenn nein, warum nicht? Frage 7.2: Inwiefern setzt er sich dafür ein, den Klär- schlamm erst nach Klärung des Plastikgehaltes für eine landwirtschaftliche Folgenutzung freizugeben? Frage 7.3: Wie setzt sich der Senat dafür ein, dass Mikroplastik in Produkten erst gar nicht in Umlauf ge- bracht wird oder durch abbaubare Stoffe ersetzt wird? Antwort zu 7: Siehe Antworten zu 1, 2, 3 und 4. Frage 8: Welche Kosten entstehen für die Maßnah- men, um die Freisetzung von Mikroplastik einzuschrän- ken bzw. ganz zu verhindern? Frage 8.1: Wer kommt für diese Kosten auf? Frage 8.2: Teilt der Senat meine Ansicht, dass die In- verkehrbringer und Hersteller von Mikroplastik mit auf- kommen müssen? Wenn Ja, plant er eine diesbezügliche Bundesratsinitiative? Antwort zu 8: Dazu liegen dem Senat keine systemati- schen Erkenntnisse vor. Die angeführten grundlegenden Untersuchungen zu Eintrags- und Herkunftsbereichen und Relevanz von Mikroplastik müssen erst abgewartet wer- den. Berlin, den 02. Dezember 2014 In Vertretung C h r i s t i a n G a e b l e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. Dez. 2014)