Drucksache 17 / 14 979 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Claudia Hämmerling (GRÜNE) vom 18. November 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 19. November 2014) und Antwort Werden Pferde geschlachtet, weil EU-Subventionen wegfallen? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Welchen Zweck hat die Pferde- und Rinder- haltung auf den ehemaligen Rieselfeldern in Hobrechts- felde und auf den Flächen Buch und Gorin sowie im Na- turschutzgebiet Schönerlinder Teiche? Antwort zu 1: Im Bereich der ehemaligen Rieselfelder um Hobrechtsfelde und Buch wird seit 2011 das vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) gefördertes Erpro- bungs- und Entwicklungsvorhaben (E+E) „Rieselfeldlandschaft Hobrechtsfelde“ durchgeführt. Im Projekt werden auf ca. 850 ha ausgewählte Teilflächen mit Rin- dern und Pferden verschiedener Extensivrassen ganzjäh- rig beweidet. Die Flächen befinden sich in der Verwal- tung der Berliner Forsten und liegen sowohl innerhalb als auch außerhalb Berlins. Der Förderverein Naturpark Bar- nim e.V. ist Projektträger. Projektpartner sind die Berliner Forsten, die Naturparkverwaltung Barnim und die Senats- verwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt sowie wei- tere Institutionen aus dem Land Brandenburg. Ziel des Projektes ist es, mittels extensiver Beweidung auf den ehemaligen Rieselfeldern rund um Hobrechtsfelde eine halboffene Waldlandschaft zu entwickeln und zu fördern. Im Fokus des Projektes stehen sowohl Naturschutzzielset- zungen (Habitatvielfalt, landschaftliche Diversität / Dy- namik, ausgedehnte Übergangsstadien zwischen Gehölz- strukturen und Offenlandschaft, Schaffung von Pionier- standorten) als auch forstwirtschaftliche Ziele wie die Förderung von Zielbaumarten für den lichten Eichen- mischwald und das Zurückdrängen nicht heimischer Pflanzenarten (sog. Neophyten). Das Projekt wird durch ein ebenfalls vom BfN finanziertes wissenschaftliches Monitoring begleitet, welches die Hochschule für Nach- haltige Entwicklung Eberswalde durchführt. Das Naturschutzgebiet „Schönerlinder Teiche“ liegt außerhalb Berlins im Landkreis Barnim im Land Bran- denburg, insofern kann der Senat zu diesem Teil der Fra- ge keine Stellungnahme abgeben. Frage 2: Trifft es zu, dass die Förderung für die Pfer- dehaltung im Kulturlandschaftsprogramm (KULAP) 2015 in der neuen Förderperiode wegfällt, bzw. verringert wer- den soll? Wie hoch war die Förderung bislang und wie hoch ist die Differenz der Förderung nach der Reduzie- rung der Fördersumme? Antwort zu 2: Die Förderung der Grünlandnutzung mit Weidetieren erfolgt im Rahmen der KULAP 1 - Richtlinie. Die Berechnung erfolgt gemäß Umrechnungs- schlüssel in Rauhfutter fressende Großvieheinheiten (RGV) oder Großvieheinheiten (GVE). Die Förderhöhe für Grünlandnutzung je Hektar und Jahr richtet sich nach den einzelnen Förderregelungen der KULAP-Richtlinie und betrug in der bestehenden Förderperiode zwischen 45 und 640 €/ha. Künftig sind Förderbeträge zwischen 96 und 1.300 €/ha vorgesehen. Welche der neuen Fördermöglichkeiten im KULAP für das Beweidungsprojekt Hobrechtsfelde genutzt werden können, hängt von weite- ren Rahmenbedingungen ab. Im Allgemeinen darf der Tierbesatz im Unternehmen eines Antragstellers 2,0 GVE/ha Landwirtschaftlicher Nutzfläche (LN) nicht überschreiten. Bei ausgewählten Förderregelungen wird aber ein Mindestbesatz von 0,5 RGV/ha Grünland (GL) vorgeschrieben, der bisherige Mindestbesatz war 0,3 RGV/ha GL. Aus dieser Anhebung ergibt sich nunmehr ein Zielkonflikt, denn der Besatz in der Beweidung der halboffenen Weidelandschaft Hobrechtsfelde muss aus forst- und naturschutzfachlichen Gründen unter 0,5 GVE/ha liegen. Die Agrarförderung im Land Berlin er- folgt auf Basis des Gesetzes zum Staatsvertrag der Länder Berlin und Brandenburg auf dem Gebiet der Landwirt- schaft (Landwirtschaftsstaatsvertrag). Die Prüfung und Abwicklung der Fördermittel obliegt den im Land Bran- denburg gelegenen Landwirtschaftsbehörden. Die Neu- ausrichtung der Landwirtschaftsförderung ab 2015 befin- det sich in der abschließenden Beratung. Ob und in wie- weit andere Fördermöglichkeiten wie z.B. die sogenannte Heidepflege naturschutzfachlich bedeutsamer Flächen genutzt werden können, muss geprüft werden. Für diese Art der Flächenbewirtschaftung sind lediglich Schafe und 1 Kulturlandschaftsprogramm Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 979 2 Rinder förderfähig. Ziel ist es, alle Möglichkeiten der EU- Agrarförderung für die Weiterführung der Beweidung als ökologisch wirksame Flächenpflege auszuschöpfen. Frage 3: Treffen Informationen zu, dass der Betreiber des Guts Hobrechtsfelde beabsichtigt, die Pferdehaltung zu reduzieren oder aufzugeben? Frage 4: Wie bewertet der Senat die Informationen, dass der Betreiber wegen der gegebenenfalls wegfallen- den Förderung die Wildpferde schlachten will? Frage 5: Wie bewertet der Senat die Wildpferde in und um Hobrechtsfelde aus touristischer Sicht? Frage 6: Ist eine gegebenenfalls geplante Schlachtung der Pferde mit dem Förderverein Naturpark Barnim e.V. abgesprochen? Frage 7: Treffen Informationen zu, dass der Betreiber mit dem Land Berlin einen Vertrag abgeschlossen hat bzw. abschließen will? Welchen Inhalt hat der Vertrag in Bezug auf die Pferdehaltung? Antwort zu 3-7: Die Finanzierung dieses Bewei- dungsprojektes im Rahmen des vom BfN geförderten E+E-Vorhabens wird im März 2015 abgeschlossen. Im Grundsatz ist jedoch wegen ihrer positiven Wirkung hin- sichtlich der Entwicklung der Offenlandflächen, zum Schutz der Biologischen Vielfalt (Flora/Fauna) und zur Aufwertung der touristischen Attraktivität die Weiterfüh- rung der Beweidung Ziel der Bemühungen der Projekt- partner. Zurzeit sind die Fragen der Flächenkulisse, der Vertragsgestaltung und der ökonomischen Perspektive Gegenstand von Verhandlungen zwischen den Projekt- partnern. Die Vertreterinnen und Vertreter des Landes Berlin versuchen das sowohl fachlich als auch ökono- misch sinnvollste Ergebnis zu erzielen. Die Verhandlun- gen sind noch nicht abgeschlossen. In welchem Umfang zukünftig Pferderassen Teilflächen beweiden werden, wird auf Basis der Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung und Ausgestaltung der vertraglichen Rahmen- bedingungen entschieden werden. Alle Beteiligten sind sich der Tatsache bewusst, dass die extensiven Pferderas- sen wie Fjord-Pferd und Konik die Attraktivität der Be- weidung und der Weidelandschaft für Besucherinnen und Besucher aus dem städtischen Raum enorm steigern kön- nen. Auch wenn die Tiere ganzjährig in der Landschaft eingesetzt werden, bleiben diese Nutztiere und sind somit keine Wildtiere. Sowohl im Rahmen des jetzigen E+E- Projektes als auch in der Weiterführung der Beweidung sind und bleiben die Weidetiere (Rinder, Pferde) im pri- vaten Eigentum und in der Verantwortung der/des Tier- halterin/Tierhalters. Diesem obliegen auch Fragen der Tiervermarktung und Verwertung unter Einhaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen. Frage 8: Hat die schlechte Personalbesetzung der For- stämter Einfluss auf die Bewirtschaftung der oben ge- nannten Stadtgutflächen? Antwort zu 8: Die Flächen, welche die Fragestellung Beweidungsprojekt Hobrechtsfelde betreffen, sind keine Stadtgutflächen, sondern Flächen der Berliner Forsten. Die Personalausstattung der Forstämter richtet sich grund- sätzlich nach den personalwirtschaftlichen Möglichkeiten und Vorgaben. Frage 9: Wie bewertet der Senat die Tatsache, dass ei- ne unerwünschte Vermehrung der Pferde durch empfäng- nisverhütende Maßnahmen hätte verhindert werden kön- nen? Antwort zu 9: Die im Beweidungsprojekt eingesetzten Tiere (Pferde, Rinder) sind landwirtschaftliche Nutztiere und unterliegen den wirtschaftlichen Erwägungen der/des Tierhalterin/ Tierhalters im Rahmen der zulässigen Tiernutzung. Frage 10: Welcher finanzielle Schaden ist gegebenen- falls auf Verbiss-Schäden durch die Wildpferde seit Pro- jektbeginn zurückzuführen? Antwort zu 10: Ziel des E+E-Vorhabens war es, die Wirkung der Beweidung auf die halboffene Waldland- schaft und die ausgewählten Hochwaldflächen zu erpro- ben und hinsichtlich der forstlichen und naturschutzfach- lichen Zielsetzungen wissenschaftlich zu bewerten. Bei der Größe der Beweidungsfläche und den vielen positiven Effekten ist der Verbiss von Einzelbäumen wirtschaftlich nicht relevant. Berlin, den 28. November 2014 In Vertretung C h r i s t i a n G a e b l e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. Dez. 2014)