Drucksache 17 / 14 982 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Elke Breitenbach (LINKE) vom 19. November 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 19. November 2014) und Antwort Mindestens Mindestlohn: Interessiert das die Jobcenter? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft zum Teil Sachverhal- te, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl um eine sachgerechte Antwort bemüht und hat daher die zuständi- ge Regionaldirektion Berlin-Brandenburg (RD BB) der Bundesagentur für Arbeit (BA) um Angaben gebeten, die bei der nachfolgenden Beantwortung berücksichtigt sind. 1. Trifft es zu, dass die Berliner Jobcenter öffentlich geförderte Arbeitsverhältnisse, die über den 31.12.2014 hinausgehen, nicht daraufhin überprüfen wollen, ob die dann geltenden Regelungen zum Mindestlohn eingehalten werden? Zu 1.: Das Land Berlin fördert seit dem 1.1.2014 öf- fentliche geförderte Arbeitsverhältnisse nur mit, wenn diese den Bestimmungen des Landesmindestlohngesetzes entsprechen. Grundsätzlich obliegt die Prüfung von Ar- beitsverhältnissen der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) der Bundeszollverwaltung und der Deutschen Rentenversicherung. Bei öffentlich geförderten Beschäf- tigungsverhältnissen geht der Senat davon aus, dass die Berliner Jobcenter die ab dem 1. Januar 2015 geltenden bundesgesetzlichen Regelungen zum Mindestlohn einhal- ten. 2. Wenn ja, hält der Senat dieses Vorgehen für ange- messen und falls ja warum? Zu 2.: Die Jobcenter haben den Auftrag, bei der Ein- richtung von Beschäftigungsmaßnahmen nach § 16 e Abs. 2 S. 4 SGB II i.V.m. § 91 Abs. 2 SGB III einen einschlä- gigen Tariflohn oder, wo ein solcher fehlt, das ortsübliche Entgelt zugrunde zu legen. Hierbei berücksichtigen sie im Übrigen auch die Regelungen zum Mindestlohn des Lan- des Berlin. Aufgrund der Erfahrungen während der zügi- gen Umsetzung des Landesmindestlohngesetzes ist von einer ebenso reibungslosen Umsetzung des Mindestlohn- gesetzes (MiLoG) des Bundes auszugehen. 3. Welche Maßnahmen ergreift der Senat, um dieses Vorgehen zu ändern und zu garantieren, dass die Jobcen- ter die Zahlung des Mindestlohns ab dem 01.01.2015 überprüfen und so ein Lohndumping verhindern? 4. Welche Maßnahmen zur generellen Sicherstellung der Einhaltung von Mindestlohnbedingungen und korrek- ter tariflicher Eingruppierung bei Arbeitsangeboten der Bundesagentur bzw. der Jobcenter ab 2015 sind aus Sicht des Senates notwendig und was tut der Senat, um die Umsetzung dieser Maßnahmen bei den Agenturen für Arbeit und den Jobcentern zu gewährleisten? Zu 3. und 4.: Es gelten weiterhin die Weisungen zur Prüfung von Lohnangeboten im Vermittlungsprozess mit Stand 11. August 2014 (siehe Anlage). Die Agenturen für Arbeit sind für die Sicherstellung der Umsetzung dezent- ral verantwortlich. Eine ergänzende Weisung im Zusam- menhang mit der Einführung des Mindestlohngesetzes ab dem 1. Januar 2015 wird den Agenturen für Arbeit und den gemeinsamen Einrichtungen voraussichtlich im De- zember zur Verfügung stehen. Die Einhaltung der Wei- sungen durch die Agenturen für Arbeit unterliegt der Rechts- und Fachaufsicht der Bundesagentur für Arbeit. Berlin, den 5. Dezember 2014 In Vertretung Boris Velter Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Dez. 2014) Prüfung von Lohnangeboten im Vermittlungsprozess Arbeitshilfe für Vermittlungs- und Beratungsfachkräfte Z E N T R AL E – AV 1 2 , G S 1 1 , AU G U ST 2 0 1 4 I N T E R N Gesetzliche Grundlagen Prüfverfahren Informationen und Quellen Seite 2 Inhaltsverzeichnis Vorwort .......................................................................................................................................... 3 1. Grundsatz der Vermittlung ....................................................................................................... 5 1.1. Rechtliche Aspekte ................................................................................................................. 5 1.1.1. Verstoß gegen ein Gesetz ...................................................................................................... 5 1.1.2. Verstoß gegen die guten Sitten .............................................................................................. 6 1.1.3. Einstellung der Vermittlungsbemühungen .............................................................................. 7 2. Verfahren zur Prüfung der Lohnangaben ................................................................................. 8 2.1. Lohn- und Gehaltsangaben im stellenorientierten Vermittlungsprozess ................................ 8 2.1.1. Prüfverfahren ........................................................................................................................11 2.1.1.1. Prüfung der Anwendbarkeit eines Tarifvertrags .........................................................11 2.1.1.2. Prüfung auf Anwendbarkeit eines Mindestlohn- bzw. allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrags .........................................................................................................................12 2.1.1.3. Prüfung der Üblichkeit des Tariflohns ........................................................................12 2.1.1.4. Ermittlung der ortsüblichen Entlohnung .....................................................................13 3. Informationsquellen ................................................................................................................ 14 Seite 3 Änderungshistorie Lfd. Nr. Fundstelle Inhalt Datum 1 2.1. Erfassung des Tarifvertrags und der maßgeblichen Entgeltgruppe 04.04.2014 2 2.1.1.1. Erfassung des Tarifvertrags und der maßgeblichen Entgeltgruppe 04.04.2014 3 1.1.3. Ablehnung des Vermittlungsauftrags bei fehlender Lohnangabe 04.04.2014 4 2.1. Neuer Screenshot P41 (Pflichtfeld Tarifbindung) 29.04.2014 Seite 4 Vorwort Die Bundesagentur für Arbeit (BA) und die gemeinsamen Einrichtungen müssen sich bei der Vermittlungsarbeit innerhalb der gesetzlichen Rahmenbedingungen bewegen. So ist es ihnen untersagt zu vermitteln, wenn ein Ausbildungs - oder Arbeitsverhältnis begründet werden soll, das gegen ein Gesetz oder die guten Sitten verstößt (§ 36 Abs. 1 SGB III bzw. § 16 Abs. 1 Satz 4 SGB II i. V. m. § 36 Abs. 1 SGB III). Die Ablehnung eines Vermittlungsauftrags auf dieser Grundlage muss dabei zwingend auf einer fundierten und nachvollziehbaren Prüfung beruhen. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die ergänzend zum erzielten Arbeitsentgelt Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II beziehen, haben bei gesetzes- bzw. sittenwidriger Entlohnung Anspruch auf Zahlung der Differenz zur üblichen Vergütung. Die gemeinsamen Einrichtungen sind in diesen Fällen gemäß § 33 SGB II i.V. m. § 115 SGB X zur Durchsetzung übergegangener Arbeitsentgeltansprüche gegen Arbeitgeber angehalten. Diese Arbeitshilfe regelt das Vorgehen bei der Prüfung von Lohnangeboten und arbeitsvertraglich vereinbarten Vergütungen zur Feststellung eines Gesetzesverstoßes oder von Sittenwidrigkeit im Sinne des § 36 Abs. 1 SGB III. Sie bietet eine Übersicht über seriöse Quellen, die dabei genutzt werden können. Aus der Transparenz über die Lohnhöhe ergeben sich außerdem noch zahlreiche Zusatznutzen im Vermittlungsprozess: So sind passgenauere Vermittlungsvorschläge möglich, welche die Chancen auf einen Vermittlungserfolg erhöhen. Höhere Vermittlungsquoten bei zu besetzenden Stellen können wiederum entscheidend zu einer höheren Zufriedenheit seitens der Arbeitgeberkundinnen und Arbeitgeberkunden beitragen. Im SGB III-Bereich wird außerdem eine rasche Klärung der Zumutbarkeit eines Stellenangebots für Arbeitnehmerkundinnen und Arbeitnehmerkunden ermöglicht . Im SGB II-Bereich kann eine angemessene Entlohnung zur Reduzierung oder zum Wegfall der Hilfebedürftigkeit beitragen. Letztendlich wird der Prozess mit dieser Arbeitshilfe transparent, einheitlich und somit nachvollziehbar gestaltet. Seite 5 1. Grundsatz der Vermittlung Nach § 36 Abs. 1 SGB III bzw. § 16 Abs. 1 Satz 4 SGB II i. V. m. § 36 Abs. 1 SGB III dürfen die BA und die gemeinsamen Einrichtungen nicht vermitteln, sofern ein Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis begründet werden soll, das gegen ein Gesetz oder die guten Sitten verstößt. 1.1. Rechtliche Aspekte 1.1.1. Verstoß gegen ein Gesetz Ein Verstoß gegen ein Gesetz liegt vor, wenn z. B. tarifliche Regelungen oder Mindestarbeitsbedingungen nicht eingehalten werden, obwohl die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber hierzu verpflichtet ist. Zu unterscheiden ist, ob Tarifverträge für bestimmte Branchen, Wirtschaftszweige oder Unternehmen lediglich von tarifgebundenen Arbeitgebern anzuwenden sind, oder ob ein tariflich festgelegter Mindestlohn aufgrund einer gesetzlichen Regelung oder durch Festschreibung in einem allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag von allen Arbeitgebern einer Branche verbindlich anzuwenden ist. Im Rahmen der Arbeitsvermittlung sind bei Entgegennahme, Veröffentlichung und Bearbeitung von Arbeitsstellenangeboten als zwingende Arbeitsbedingungen die Mindestlöhne und gegebenenfalls für allgemeinverbindlich erklärte Tarifverträge zu beachten. Ein Mindestlohn ist ein in der Höhe festgelegtes, niedrigstes rechtlich zulässiges Arbeitsentgelt. Die Festsetzung erfolgt durch eine gesetzliche Regelung oder durch eine Festschreibung in einem allgemeinverbindlichen Tarifvertrag . Rechtliche Grundlagen dafür sind das ArbeitnehmerEntsendegesetz (AEntG), das Tarifvertragsgesetz (TVG) oder das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG). Der mit HEGA 05/10 – 01 / GA Nr. 19/2010 „Arbeitsvermittlung in Verbindung mit dem Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG); Beachtung Mindestlöhne und zwingende Arbeitsbedingungen “ veröffentlichte „Leitfaden Mindestlöhne/zwingende Arbeitsbedingungen “ stellt ein regelmäßig aktualisiertes Verzeichnis der nach TVG für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge, der Mindestlöhne nach dem AEntG und der Lohnuntergrenze in der Arbeitnehmerüberlassung entsprechend AÜG zur Verfügung. Werden Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer mit Tätigkeiten beschäftigt , die in den Geltungsbereich eines im Anwendungsbereich des Arbeitnehmer -Entsendegesetzes (AEntG) für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages oder einer Rechtsverordnung nach dem AEntG fallen, so ist das dort vorgeschriebene Mindest(stunden)entgelt für die im jeweiligen Kalendermonat geleisteten Arbeitsstunden zwingend zu zahlen (§ 8 Abs. 3 AEntG). Weitere Voraussetzung ist, dass auch die Entleiherin bzw. der Entleiher in den Geltungsbereich des entsprechenden Tarifvertrages / der entsprechenden Rechtsverordnung fällt. Seite 6 Für die Prüfung der Arbeitsbedingungen nach § 8 AEntG sind die Behörden der Zollverwaltung zuständig (§ 16 AEntG). Insofern ist bei der Vermittlung in ein Arbeitsverhältnis als Leiharbeitnehmerin oder Leiharbeitnehmer nur die Einhaltung der dort geltenden Lohnuntergrenze zu prüfen. Zuständig für die richtige Lohnzahlung durch die Entleiherin bzw. den Entleiher ist die Verleiherin bzw. der Verleiher als Vertragsarbeitgeberin bzw. Vertragsarbeitgeber . 1.1.2. Verstoß gegen die guten Sitten Sittenwidrig ist ein Lohnangebot dann, wenn in einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis die Höhe der Vergütung in einem auffälligen Missverhältnis zur Arbeitsleistung steht. Zudem muss dieses Missverhältnis durch Ausnutzung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin zustande gekommen sein. Die Sittenwidrigkeit von Löhnen ist nicht durch eine gesetzliche Legaldefinition bestimmt. Die BA orientiert sich bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit von Lohnangeboten jedoch an der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes (BAG). Ob ein auffälliges Missverhältnis zwischen dem Wert der Arbeitsleistung und der Lohnhöhe vorliegt, bestimmt sich nach dem objektiven Wert der Arbeitsleistung. Nach dem Urteil des BAG vom 22. April 2009 – 5 AZR 436/08 liegt dieses auffällige Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vor, wenn die Arbeitsvergütung nicht einmal zwei Drittel eines in der betreffenden Branche und Wirtschaftsregion üblicherweise gezahlten Tariflohns erreicht. Die Üblichkeit der Tarifvergütung liegt dann vor, wenn mehr als 50 Prozent der Arbeitgeber eines Wirtschaftsgebiets in der entsprechenden Branche tarifgebunden sind oder wenn die organisierten Arbeitgeber mehr als 50 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eines Wirtschaftsgebiets beschäftigen. Ist ein Tariflohn üblich, entspricht dieser dem Wert der Arbeitsleistung. Entspricht die verkehrsübliche Vergütung nicht dem Tariflohn, sondern liegt darunter, ist vom allgemeinen Lohnniveau (Ortsüblichkeit) in der entsprechenden Branche im Wirtschaftsgebiet auszugehen. Als ortsüblich wird der durchschnittliche Lohn eines Wirtschaftsgebietes in der entsprechenden Branche bezeichnet. Im Sinne einschlägiger LAGEntscheidungen ist es dabei plausibel, das jeweilige Bundesland als Wirtschaftsgebiet zu Grunde zu legen. Die Sittenwidrigkeit einer Entlohnung setzt, wie bereits dargestellt, zudem voraus, dass das auffällige Missverhältnis zwischen der Arbeitsleistung und der Höhe der Vergütung durch Ausnutzung der Zwangslage, der Unerfahrenheit , des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers zustande gekommen sein muss. Dies erfordert nach der Rechtsprechung des BAG (vgl. Urteil vom 27. Juni 2012 - 5 AZR 496/11) eine verwerfliche Gesinnung der Arbeitgeberin bzw. des Arbeitgebers. Das Vorliegen einer solchen verwerflichen Gesinnung muss durch Tatsachen festgestellt werden. Eine verwerfli- Seite 7 che Gesinnung wird jedoch vermutet, wenn lediglich 50 Prozent des maßgeblichen Lohnes (siehe oben) oder weniger gezahlt werden. 1.1.3. Einstellung der Vermittlungsbemühungen Wird ein Gesetzesverstoß im Sinne des § 36 Abs. 1 SGB III festgestellt oder steht die Entlohnung im Missverhältnis zum gegebenenfalls vorhandenen Tarifvertrag, zum üblichen Tariflohn oder zur ortsüblichen Entlohnung, wird mit der Arbeitgeberin bzw. dem Arbeitgeber Rücksprache gehalten. Ist sie bzw. er nicht bereit, das Stellenangebot hinsichtlich der Entlohnung anzupassen , wird unter Hinweis auf die gesetzliche Regelung des § 36 Abs. 1 SGB III bzw. § 16 Abs. 1 Satz 4 SGB II i. V. m. § 36 Abs. 1 SGB III der Vermittlungsauftrag abgelehnt. Erfolgt seitens der Arbeitgeberin bzw. des Arbeitgebers trotz der in 2.1. aufgeführten Vorteilsübersetzung bzw. Mitwirkungspflicht nicht mindestens die Angabe der unteren Grenze des Arbeitsentgelts, wird der Vermittlungsauftrag ebenfalls abgelehnt (s. auch 2.1). In diesen Fällen wird das Stellenangebot nicht in VerBIS aufgenommen, ein ggf. bereits erfasstes Stellenangebot ist zu stornieren.1 Stellenangebote, welche durch die Arbeitgeberin bzw. den Arbeitgeber selbst in der JOBBÖRSE erfasst oder per HR-BA-XML übermittelt und mit Vermittlungsauftrag an den AG-S übergeben wurden, sind in oben genannten Fällen über das Papierkorb-Symbol in der „Übersicht der Stellenangebote “ zu löschen. Vor der Löschung ist zwingend ein Vermerk mit der Begründung für die Ablehnung des Vermittlungsauftrages in der Stellenangebotshistorie zu erstellen. Voraussichtlich mit einer der nächsten VerBIS-Programmversionen wird für die vom Arbeitgeber mit Vermittlungsauftrag übermittelten Stellenangebote die Funktion „Vermittlungsauftrag ablehnen“ zur Verfügung stehen. Diese ersetzt dann das oben beschriebene Verfahren der Löschung der betreffenden Stellenangebote. 1 Zum Verfahren bei der Prüfung von Stellenangeboten gilt generell die HEGA 10/10 – 01. Seite 8 Für eine Veröffentlichung von Stellenangeboten in der JOBBÖRSE ohne Vermittlungsauftrag sind konkrete Angaben zur Entlohnung nicht erforderlich . Die Hinweise zur Rechtslage und den damit verbundenen Konsequenzen stellen eine Anhörung i. S. des § 24 Abs. 1 SGB X dar. Die Ablehnung des Vermittlungsauftrags erfolgt grundsätzlich mündlich. Dieser mündliche Verwaltungsakt wird schriftlich bestätigt, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber dies unverzüglich verlangt (§ 33 Abs. 2 SGB X). Unabhängig davon muss die Ablehnung des Vermittlungsauftrags stets dokumentiert werden. Wird im Einzelfall eine gesetz- oder sittenwidrige Entlohnung festgestellt, berechtigt dies nicht, das Unternehmen zeitweise oder dauerhaft aus der Vermittlung auszuschließen. Die Prüfung auf sittenwidrige Entlohnung stellt eine auftragsbezogene Einzelfallprüfung dar, das heißt, die Vermittlung kann nur für das maßgebliche Stellenangebot eingestellt bzw. versagt werden . Wurden bereits Vermittlungsvorschläge für ein Stellenangebot mit gesetzes - oder sittenwidriger Entlohnung erstellt, können diese keine Rechtsfolgen für die Bewerberin bzw. den Bewerber nach sich ziehen. 2. Verfahren zur Prüfung der Lohnangaben 2.1. Lohn- und Gehaltsangaben im stellenorientierten Vermittlungsprozess Im Rahmen der Übernahme neuer Vermittlungsaufträge und anlassbezogen z. B. aufgrund eingehender Informationen von Bewerberinnen und Bewerbern bei laufenden Vermittlungsaufträgen wird geprüft, ob der angebotene Lohn augenfällig und offenkundig in einem auffälligen Missverhältnis zur Arbeitsleistung steht. Hierzu ist zwingend die Höhe der Entlohnung für die konkrete Arbeitsstelle zu erfragen und zu prüfen. Dabei ist die zu leistende Arbeitszeit zu berücksichtigen. Das Lohnangebot ist wesentlicher Bestandteil des Stellenangebots. Angaben wie „nach Vereinbarung“, „nach Absprache“, „ortsüblich“ usw. sind nicht zulässig. Auf Wunsch der Arbeitgeberin bzw. des Arbeitgebers kann allerdings von einer Veröffentlichung des Lohnangebots für die konkrete Stelle abgesehen werden. Eine Dokumentation im Stellenangebot erfolgt dann nur intern. Zur Klärung der mit der Vermittlungstätigkeit verbundenen rechtlichen Fragestellungen – Rechtmäßigkeit des Stellenangebots nach § 36 Abs. 1 SGB III bzw. § 16 Abs. 1 Satz 4 SGB II und Zumutbarkeit nach § 140 SGB III bzw. § 10 SGB II – ist mindestens die untere Grenze des Arbeitsentgelts für die angebotene Tätigkeit anzugeben. Das Fragerecht gegenüber den Arbeitgebern ergibt sich aus § 39 Abs. 1 SGB III bzw. § 16 Abs. 1 Satz 4 SGB II i. V. m. § 36 Abs. 1 SGB III, die die Mitwirkungsobliegenheiten von Arbeitgebern bestimmen. Entscheidend für eine erfolgreiche Kommunikation mit der Arbeitgeberin bzw. dem Arbeitgeber ist an dieser Stelle die vertriebsorientierte Vorteilsübersetzung . Den Arbeitgebern sollten die Zusatznutzen des Lohnangebots im Vermittlungsprozess erläutert werden. Transparenz über die Lohnhöhe ermöglicht zum einen vorab eine bessere Einschätzung der Besetzungs- konkrete Benennung der Entlohnung maßgebend Mitwirkungspflicht der Arbeitgeber Seite 9 chancen durch den AG-S. Zum anderen sind passgenauere Vermittlungsvorschläge möglich (z.B. durch eine vorherige Klärung der Zumutbarkeit für SGB III-Kundinnen und SGBIII-Kunden), welche die Chancen auf einen Vermittlungserfolg erhöhen. Unter den Bedingungen zunehmender Konkurrenz um qualifizierte Fachkräfte kann ein attraktives Lohnangebot außerdem ein entscheidender Wettbewerbsvorteil der Arbeitgeberin bzw. des Arbeitgebers sein, den es hervorzuheben lohnt. Der Verweis auf die Mitwirkungspflicht sollte in jedem Fall nur als letzte Möglichkeit genutzt werden, wenn auch durch intensive Vorteilsübersetzung keine Kooperationsbereitschaft zu erzielen ist. Die Dokumentation erfolgt in VerBIS unter Zeit/Gehalt  Vergütungsinformationen . Dort ist die Tarifbindung und ggf. der angewandte Tarifvertrag zu erfassen bzw. das konkrete Lohnangebot durch die Arbeitgeberin bzw. den Arbeitgeber zu benennen. Die Angabe kann in Form des Stundenlohns oder als Monatslohn erfolgen. Möchte die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber trotz Vorteilsübersetzung nicht, dass sein Lohnangebot in der JOBBÖRSE veröffentlicht wird, ist diese Information nicht unter Vergütungsangebot sondern unter Sonstige Informationen und Funktionen  Interne Informationen zum Stellenangebot zu dokumentieren. Seite 10 Abb. 2: Wir bieten - Reiter "Zeit/ Gehalt" Lohn- und Gehaltsangaben bei Ausbildungsverhältnissen Gemäß § 35 Abs. 1 BBiG ist ein Berufsausbildungsvertrag in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse einzutragen, wenn der Vertrag insgesamt dem BBiG entspricht – die Zahlung einer angemessenen Ausbildungsvergütung ist darunter ein zu prüfender Punkt. Insgesamt obliegt die Überprüfung hinsichtlich der Übereinstimmung mit den Vorschriften des BBiG den Kammern. Das Zustandekommen eines Ausbildungsvertrags mit einer sitten- oder gesetzeswidrigen Entlohnung ist durch dieses Prüfverfahren ausgeschlossen. Berücksichtigung des nachgefragten Qualifikationsniveaus Bei der Prüfung des Lohnangebots muss auch berücksichtigt werden, für welche Tätigkeit der gebotene Lohn gezahlt werden soll. Es können insgesamt fünf Leistungsgruppen anhand Ausbildung, Berufserfahrung und Art Einstufung in entsprechende Entgeltgruppe Seite 11 der ausgeübten Tätigkeit unterschieden werden.2 Das von der Arbeitgeberin bzw. vom Arbeitgeber nachgefragte Qualifizierungsniveau muss sich dabei im Lohnangebot widerspiegeln. Bei tarifgebundenen Arbeitgebern regelt der Tarifvertrag die Eingruppierung in die entsprechenden Entgeltgruppen. Die Entgeltgruppe ist daher eine wichtige Information für ein aussagekräftiges Stellenangebot und ist beim Arbeitgeber zu erfragen. Sie ist zusätzlich zum Tarifvertrag im Stellenangebot im Feld „Tarifvertrag“ zu erfassen, es sei denn, die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber kann aus objektiven Gründen im Einzelfall noch keine Aussage zur Eingruppierung treffen. 2.1.1. Prüfverfahren Abb. 1: Prüflogik Sittenwidrigkeit 2.1.1.1. Prüfung der Anwendbarkeit eines Tarifvertrags 2 Zur Definition der Leistungsgruppen s. Arbeitshilfe „Leistungsgruppen“ unter Arbeitshilfen AG-S Prüfung, ob die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber in den Geltungsbereich eines Tarifvertrags fällt Prüfung, ob die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber in den Geltungsbereich eines Tarifvertrags fällt Prüfung, ob die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber in den Geltungsbereich eines festgelegten Mindestlohns bzw. eines für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrags fällt Ermittlung der ortsüblichen Entlohnung in der betreffenden Branche und Wirtschaftsregion wenn nein wenn nein wenn nein Prüfung, ob der geltende Tariflohn in der betreffenden Branche und Wirtschaftsregion üblich ist Seite 12 Die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber ist zu befragen, ob er in den Geltungsbereich eines Tarifvertrags, welcher das Entgelt regelt, fällt. Ist dies der Fall, ist zwingend der entsprechende Tarifvertrag und nach Möglichkeit die maßgebliche Entgeltgruppe, welche für die ausgeschriebene Tätigkeit zur Anwendung kommt, zu erfassen. 2.1.1.2. Prüfung auf Anwendbarkeit eines Mindestlohn- bzw. allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrags Ist die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber nicht tarifgebunden, ist zu prüfen, ob dieser einen Mindestlohn zu beachten oder einen für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag verbindlich anzuwenden hat. Hierzu ist die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber zu befragen. Als ergänzendes Hilfsmittel dient der „Leitfaden Mindestlöhne/zwingende Arbeitsbedingungen“, welcher fortwährend aktualisiert wird. Darin sind alle aktuell gültigen und für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge sowie die durch Rechtsverordnung verbindlichen Mindestlöhne aufgrund des Arbeitnehmer -Entsendegesetzes aufgeführt. Neben diesen bundesweit geltenden Mindestlohntarifverträgen gibt es auch allgemeinverbindliche Tarifverträge auf regionaler Ebene. Diese sind im „Verzeichnis der für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge“ des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales geordnet nach Wirtschaftsgruppen aufgelistet. Wird die Gültigkeit eines Mindestlohns für die Arbeitgeberin bzw. den Arbeitgeber festgestellt, ist zu prüfen, ob das Lohnangebot dem geltenden Mindestlohn entspricht. 2.1.1.3. Prüfung der Üblichkeit des Tariflohns Ist die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber nicht Mitglied einer Tarifvertragspartei oder selbst Partei des Tarifvertrags und fällt sie bzw. er nicht unter den Geltungsbereich eines Mindestlohns bzw. allgemein verbindlichen Tarifvertrags , ist zu ermitteln, ob der geltende Tariflohn in der betreffenden Branche und Wirtschaftsregion üblich ist. Die Üblichkeit der Tarifvergütung liegt dann vor, wenn mehr als 50 Prozent der Arbeitgeber eines Wirtschaftsgebiets tarifgebunden sind oder wenn die organisierten Arbeitgeber mehr als 50 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eines Wirt- Prüfung, ob die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber in den Geltungsbereich eines festgelegten Mindestlohns bzw. eines für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrags fällt Prüfung, ob der geltende Tariflohn in der betreffenden Branche und Wirtschaftsregion üblich ist Seite 13 schaftsgebiets beschäftigen.3 Ist dies der Fall, ist der betreffende Tariflohn als Maßstab zur Prüfung heranzuziehen. Wenn der geltende Tariflohn üblich ist, ist zu ermitteln, ob das Lohnangebot diesen üblicherweise gezahlten Lohn um nicht mehr als ein Drittel unterschreitet . Unter Punkt 3 dieser Arbeitshilfe sind Quellen aufgelistet, auf die die Vermittlungsfachkräfte bei der Prüfung zurückgreifen können. Informationen zur Tarifüblichkeit können auch bei den jeweiligen Gewerkschaften und den Arbeitgeberverbänden erfragt werden. Hierzu empfiehlt es sich, einen vertrauensvollen Kontakt zu Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern der jeweiligen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden entsprechend der betreuten Branchen aufzubauen und zu pflegen. Oft sind Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner aus den Gewerkschaften Mitglieder der Verwaltungsausschüsse in den örtlichen Agenturen für Arbeit. Da gerade die Gewerkschaften ein hohes eigenes Interesse an der Umsetzung von Tarifverträgen haben, empfiehlt es sich, die Möglichkeit zur Netzwerkbildung zu nutzen und somit kompetente Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner zu gewinnen. 2.1.1.4. Ermittlung der ortsüblichen Entlohnung Bei der Ermittlung der ortsüblichen Entlohnung ist grundsätzlich auf allgemein anerkannte Quellen (z.B. Verdiensterhebung der Statistikämter, s. auch unter Punkt 3) zurückzugreifen. Eigenständige Erhebungen, die z. B. aus Erfahrungswerten der arbeitgeberorientierten Vermittlungsfachkräften und/oder auf Angaben aus EGZ-Förderanträgen hervorgehen, stellen keine ausreichende Prüfgrundlage dar und geben kein realistisches Bild des örtlichen Lohnniveaus wider. Der ortsübliche Lohn in der betreffenden Branche und Wirtschaftsregion ist als Maßstab zur Prüfung des angebotenen Lohns heranzuziehen. Hierbei ist konkret zu prüfen, ob das Lohnangebot den ortsüblichen Lohn nicht mehr als ein Drittel unterschreitet. Im Sinne einschlägiger LAGEntscheidungen ist es dabei plausibel, das jeweilige Bundesland als Wirtschaftsgebiet zu Grunde zu legen. 3 s. dazu Urteil BAG 22.04.2009 – 5 AZR 436/08 Ermittlung der ortsüblichen Entlohnung in der betreffenden Branche und Wirtschaftsregion Seite 14 3. Informationsquellen Tarifverträge Tarifregister der Bundesländer  Tarifregister Nordrhein-Westfalen  Tarifregister Niedersachsen  Tarifregister Hessen  Tarifregister Berlin und Brandenburg  Tarifregister Sachsen  Tarifregister Sachsen-Anhalt  Tarifregister Schleswig-Holstein  Tarifregister Mecklenburg-Vorpommern  Tarifregister Thüringen  Tarifregister Rheinland-Pfalz  Tarifregister Saarland  Tarifregister Bremen  Tarifregister Bayern Keine Internetpräsenz. Beim Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration können die in Bayern geltenden Tarifverträge als Loseblattsammlung erworben werden. Informationen unter Tel.: 089/1261-1268/- 1368  Tarifregister Baden-Württemberg Zugang für befugte Mitarbeiter mit Passwort. Hamburg führt (offensichtlich) keine Tarifregister Tarifinformationen der Gewerkschaften  Tarifarchiv des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung (DGB)  Tarifinfo der IG Metall  IG Metall Baden-Württemberg Allgemeinverbindlich erklärte Tarifverträge Verzeichnis der allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge des BMAS Mindestlöhne Leitfaden Mindestlöhne / zwingende Arbeitsbedingungen unter Intranet der Bundesagentur für Arbeit  Vermittlung  Arbeitgeberservice  Vermittlung  Arbeitshilfen  Mindestlöhne, Sittenwidrigkeit Seite 15 Verdiensterhebungen der Statistikämter Auswertungen für das gesamte Bundesgebiet -> Themen -> 62 Verdienste, Arbeitskosten -> 623 Laufende Verdiensterhebung -> 62321 Vierteljährliche Verdiensterhebung Zusätzliche, detaillierte Auswertungen bieten die „Fachserie 16“ des statistischen Bundesamtes bzw. die Internetauftritte der Statistischen Landesämter S17-14982 S1714982_Anlage