Drucksache 17 / 15 005 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Joachim Krüger (CDU) vom 24. November 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 25. November 2014) und Antwort Städtische Bibliotheken und „freie Träger“ Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. An welchen Orten und seit wann führen in Berlin „freie Träger“ eine vorher städtische Bibliothek? Zu 1.: Entsprechend der Zweistufigkeit der Berliner Verwaltung liegt die Zuständigkeit für die Berliner Öf- fentlichen Bibliotheken bei den Bezirken. Aus diesem Grund wurden entsprechende Informationen bei den bezirklichen Bibliotheken abgefragt und die Antworten als Grundlage für die Beantwortung genommen. Bezirksamt Mitte von Berlin Im Bezirk Mitte werden städtische Bibliotheken nicht durch freie Träger geführt, jedoch unterstützt. Es exis- tiert zu einem Bibliothekstandort eine Kooperations- vereinbarung des Amtes für Weiterbildung und Kultur zur Unterstützung des Bibliotheksbetriebs vor Ort durch einen freien Träger. Für einen anderen Standort wird eine solche Vereinbarung angestrebt. Bezirksamt Pankow von Berlin Drei ehemalige Stadtteilbibliotheken der Stadtbiblio- thek Pankow (in Wilhelmsruh, Französisch Buchholz und Prenzlauer Berg) werden heute von Vereinen oder in Kooperation mit Vereinen betrieben, wobei grund- sätzlich zwei Modelle zu unterscheiden sind: außer- halb des Öffentlichen Dienstes oder mit bezirklicher Beteiligung. a) Außerhalb des Öffentlichen Dienstes • Nachbarschaftsbibliothek Französisch Buchholz, betrieben durch den Verein Nachbarschaftsbibli- othek in Französisch Buchholz e.V. • Ortsteilbibliothek Wilhelmsruh, betrieben durch den Verein Leben in Wilhelmsruh e.V. b) Mit bezirklicher Beteiligung • Kurt-Tucholsky-Bibliothek (KTB) als Teil der Stadtbibliothek Pankow, betrieben in Kooperati- on mit dem Verein Pro Kiez Bötzowviertel e.V. 2. Welche Erfahrungen wurden ggf. mit diesen Trä- gern gemacht? Zu 2.: Bezirksamt Mitte von Berlin Die Erfahrungen sind grundsätzlich positiv. Die Öff- nungszeiten werden kontinuierlich, störungs- und un- terbrechungsfrei angeboten. Bezirksamt Pankow von Berlin Zu a) In beiden Fällen existieren Kooperationsvereinbarun- gen zwischen dem Bezirksamt – hier Amt für Weiterbildung und Kultur - und den Vereinen, in denen die notwendige Zusammenarbeit geregelt ist. Da die Ver- eine den Betrieb der Bibliotheken vollkommen selbst- ständig handhaben, gibt es faktisch nur wenige Berüh- rungspunkte. Durch das große Engagement der Ver- einsmitglieder kann ein nach außen relativ stabiles Angebot gewährleistet werden, das mit dem Angebot der im VÖBB zusammengeschlossenen, mit Fachper- sonal betriebenen Bibliotheken jedoch nicht konkur- rieren kann. Zu b) Bei diesem Mischmodell regelt ein zwischen dem Be- zirksamt und dem Verein abgeschlossener Betriebs- führungsvertrag relativ kleinteilig die Pflichten beider Partner. Dabei trägt der Bezirk mit der Immobilie und dem Transportservice, der Informations- und Kom- munikations-Technik, einem Anteil am Medienetat sowie weiteren Sachmitteln, vor allem aber ständiger Beratung, Schulung, (IT-)Betreuung und Medienein- arbeitung einen sehr hohen Anteil. Dem Verein ob- liegt ausschließlich die Organisation des Publikums- dienstes mit Freiwilligen. Da auf politischen Wunsch hin die KTB Teil des Ver- bundes der Öffentlichen Bibliotheken Berlins (VÖBB- Verbundes) bleiben sollte, müssen hier auch dessen Standards hinsichtlich Informationstechnik (IT) und Benutzungsbedingungen der Öffentlichen Bibliothe- ken Berlins verbindlich und dauerhaft gewährleistet werden. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 005 2 Wie bei den Vereinsbüchereien unter a) ist auch hier das persönliche Engagement der Vereinsmitglieder sehr groß. In der Gesamtschau der zurückliegenden Jahre bleibt jedoch festzuhalten, dass die KTB ohne den im- mensen Betreuungsaufwand seitens der hauptamtlichen Fachkräfte der Stadtbibliothek Pankow nicht arbeitsfähig wäre. Ein weiteres Erschwernis stellt die bei Freiwilligen naturgemäß nicht zu beeinflussende Fluktuation dar, die statt Zunahme des Erfahrungswissens (und folglich gerin- ger werdender Fehlerquote) die ständige Einarbeitung neuer Freiwilliger zur Regelaufgabe der Stadtbibliothek werden lässt. 3. Mit welchen Mitteln finanzieren sich diese „freien Träger“? Zu 3.: Bezirksamt Mitte von Berlin Das Betriebs- und Finanzierungskonzept des freien Trägers ist nicht Bestandteil der Kooperationsverein- barung. Insofern kann hier keine Aussage dazu ge- macht werden. Bezirksamt Pankow von Berlin Zu a) Als Verein werden Einnahmen über Vereinsbeiträge und Spenden generiert. Im Rahmen der Kooperations- vereinbarung sichert der Bezirk durch € 5.500, ab 2014 pro Jahr € 10.000 pro Verein die Kosten für die bestehende Infrastruktur ab. Zu b) Ebenfalls ein Verein mit Vereinsbeiträgen und Spen- den, der neben der Bibliothek noch weitere Tätigkeits- felder gemäß Vereinssatzung betreut. Der Bezirk tritt hier mit € 5.000 für den Kauf von Medien, ganz wesentlich aber über Infrastruktur (bezirkliche Immobi- lie), weitere Sachkosten sowie Personalkosten ein. 4. Haben die „freien Träger“ bei der Übernahme einer Bibliothek einen Qualitäts-Anforderungskatalog ein- schließlich einer Festlegung des Umfangs der Öffnungs- zeiten als dauerhafte Verpflichtung unterzeichnen müs- sen? Zu 4.: Bezirksamt Mitte von Berlin Im Bezirk Mitte haben „freie Träger“ keine Bibliothek übernommen. Für Kooperationspartnerinnen und Ko- operationspartner gilt: Die Aufrechterhaltung der Öff- nungszeiten im jeweils notwendigen Umfang ist in der Kooperationsvereinbarung als für den freien Träger verpflichtend festgehalten. Abläufe und Prozesse wur- den von der Stadtbibliothek in Schulungen vermittelt und sind in einem Prozesshandbuch beschreiben, das die auszuführenden Aufgaben verbindlich regelt. Bezirksamt Pankow von Berlin Zu a) Nein, da außerhalb des VÖBB. Die Vereine haben ei- gene Benutzungsordnungen erlassen und regeln ihr Ausleihgeschäft eigenständig. Zu b) Der Betriebsführungsvertrag regelt Mindestanforde- rungen an Servicestandards, wie sie für VÖBB- Bibliotheken berlinweit vorgeschrieben sind. Die Öff- nungsstunden sollen dabei nicht unter 18 pro Woche sinken. 5. Geht die Arbeit der „freien Träger“ in die Kostenleistungsrechnung (KLAR) ein und wenn ja, auf welche Weise? Zu 5.: Bezirksamt Mitte von Berlin Alle Kosten und Mengen der bezirklichen Bibliothe- ken fließen im Rahmen der durch den Berliner Pro- duktkatalog für den Produktbereich 70 (Stadtbiblio- theken) definierten Regelungen in die Kostenleis- tungsrechnung (KLR) ein. Bezirksamt Pankow von Berlin Nein, der Aufwand der Vereinsmitglieder kann in der KLR nicht berücksichtigt werden. Zu a) Nein. Den Kosten des Bezirks im Kapitel des Amts für Weiterbildung und Kultur in Höhe von € 20.000 p.a. stehen keine in der KLR verwertbaren Leistungen gegenüber. Zu b) Die gemäß den Produktblättern erbrachten Leistungen (Mengen) werden in der KLR auf die Stadtbibliothek gebucht, ebenso wie die auf Bezirksseite anfallenden direkten (Informations- und Kommunikationstechnik- IKT, Sachmittel, Personal) und indirekten (Verrech- nungen, Umlagen höherer Ebenen) Kosten. Berlin, den 09. Dezember 2014 In Vertretung Tim Renner Der Regierende Bürgermeister von Berlin Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. Dez. 2014)