Drucksache 17 / 15 041 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Gerwald Claus-Brunner (PIRATEN) vom 26. November 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. November 2014) und Antwort Brennstoffzelle, Antrieb der Zukunft! Wird die Chance in Berlin genutzt? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wurden im Zuge des 2006 von der Bundesregie- rung ausgerufenen Innovationsprogramms "Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie" außer des von der EU geförderten Wasserstoffbusprojektes HyFLEET:CUTE Maßnahmen im Land Berlin ergriffen, um dieses Pro- gramm zu verwirklichen? Wenn ja, um welche genau handelt es sich, inwieweit kam es zu einer Umsetzung und welche Erkenntnisse wurden dabei gewonnen? Zu 1.: Im Dezember 2002 wurde die Clean Energy Partnership (CEP) als gemeinsame Initiative von Politik und Industrie unter Federführung des Bundesverkehrsmi- nisteriums, mit der Zielvorgabe die Alltagstauglichkeit von Wasserstoff als Kraftstoff zu erproben, gegründet. Seit 2008 ist die CEP ein Leuchtturmprojekt des Natio- nalen Innovationsprogramm Wasserstoff- und Brennstoff- zellentechnologie (NIP), das von der Nationalen Organi- sation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NOW) umgesetzt wird. Ein Zusammenschluss von 20 Industriepartnern – Air Liquide, BMW, die Berliner Verkehrsbetriebe BVG, Bohlen & Doyen, Daimler, EnBW, Ford, GM/Opel, Hamburger Hochbahn, Honda, Hyundai, Linde, Shell, Siemens, die Stuttgarter Straßenbahnen SSB, Total, Toyota, Vattenfall, Volkswagen und Westfa- len – beteiligt sich an der CEP. In Arbeitsgruppen arbeiten Expertinnen und Experten aus den Unternehmen an strategischen Maßnahmen und bereiten den Weg für die Markteinführung der Wasserstofffahrzeuge. Am Standort Berlin ist ein Großteil der CEP-Flotte mit ca. 60 Fahrzeu- gen im Einsatz. Insgesamt generiert die CEP wertvolle Erkenntnisse aus dem Umgang mit der Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie, etwa bei der Standardisie- rung von Betankungsprozessen und will so die techni- schen Voraussetzungen für eine breite Markteinführung in den kommenden Jahren schaffen. Die geplante Erweite- rung des Tankstellennetzes in Deutschland in den kom- menden Jahren fußt ebenso wie die Erzielung von Seri- entauglichkeit von Brennstoffzellenfahrzeugen auf Erfah- rungen der CEP. Ein weiteres vom NIP gefördertes Projekt mit Beteili- gung von Berliner Unternehmen war das Qualifizierungs- vorhaben „Etude“ (Laufzeit: 2012-2014). Inhaltlich adressierte das Projekt die drei zentralen Ausbildungsbereiche Berufsausbildung (Sekundarstufe II), Hochschulausbil- dung und berufliche Weiterbildung. Konkrete Erkennt- nisse wurden noch nicht veröffentlicht. 2. Wie viele Wasserstofftankstellen gibt es aktuell im Land Berlin und wo liegen diese? Zu 2.: Derzeit werden in Berlin vier Wasserstofftank- stellen an folgenden Standorten betrieben: - Linde / Total, D-10243, Berlin, Holzmarktstraße - Linde / Total, D-10557, Berlin, Heidestraße - Shell, D-10829, Berlin, Sachsendamm - Linde / Total, D-14055, Berlin, Jafféstraße Hinzu kommt die im Land Brandenburg gelegene Sta- tion von Total am Flughafen Schönefeld. 3. Welche konkreten Planungen zur Einrichtung eines entsprechenden Tankstellennetzes gibt es und welche Teststandorte sollen bis 2020 noch realisiert werden? Inwieweit kann dabei die Förderung vom "Bundesminis- terium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung" in An- spruch genommen werden? Zu 3.: Im Juni 2012 beschlossen das Bundesministe- rium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) und die Industriepartner Air Liquide, Air Products, Daimler, Linde und Total Deutschland in einer gemeinsamen Ab- sichtserklärung den Ausbau des Tankstellennetzes. Bis Ende 2015 wird der Aufbau von 50 Wasserstofftankstel- len (davon 7 in Berlin-Brandenburg) abgeschlossen sein. Deutschland wird damit das erste Land weltweit sein, das über ein derartiges Netz verfügt. Die Errichtung dieser Stationen erfolgte und erfolgt ganz überwiegend mit Un- terstützung aus dem Programm NIP (vgl. Frage 1) unter Federführung des BMVI. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 041 2 Im September 2013 haben sich die Partner der H2 Mobility Initiative – Air Liquide, Daimler, Linde, OMV, Shell und Total – auf einen konkreten Handlungsplan verständigt. Er sieht vor, dass das Netz von Wasserstoff- tankstellen in Deutschland bis 2023 auf 400 Stationen ausgebaut wird. Die genauen Teststandorte sind allerdings noch nicht öffentlich bekannt. Die H2 Mobility Initiative ist nicht öffentlich gefördert. Die Umsetzung des Tank- stellenprogramms wird aller Voraussicht nach eine ge- mischt private und öffentliche Finanzierung aufweisen. Einzelheiten hierzu sind nicht bekannt. 4. Wie viele Wasserstofftankstellen wären notwendig, um eine grundlegende Versorgung für einen flächende- ckenden Einsatz Brennstoffzellen- bzw. Brennstoffzellen- hybridbussen gewährleisten zu können und welche Kos- ten würden dabei entstehen? Zu 4.: Eine Untersuchung zur notwendigen Dichte (einschließlich Kosten) bei flächendeckendem Einsatz von Brennstoffzellenbussen ist dem Senat nicht bekannt. 5. Inwieweit ist es geplant, die BVG-Busflotte um be- reits in anderen Städten getestete Brennstoffzellen- bzw. Brennstoffzellenhybridbusse wie z. B. den Mercedes- Benz O 530 BZH zu erweitern? Zu 5.: Derzeit gibt es von Seiten der BVG keine Be- strebungen die Brennstofftechnologie im ÖPNV einzuset- zen. Der Fokus liegt aktuell auf der Erprobung von batte- rieelektrischen Linienbussen (Linie 204 wird im Sommer 2015 mit vier Bussen in den Linienbetrieb gehen). Aller- dings plant die BVG die Beteiligung an einer Untersu- chung zur Kommerzialisierungsstrategie für die Brenn- stoffzellentechnologie in Bussen. Die Teilnahme an dieser Studie gilt als Voraussetzung zur Teilnahme an zukünfti- gen EU-Vorhaben zur Erprobung von brennstoffzellen- betriebenen Bussen. 6. Wie bewertet der Senat die Vorteile der Reichweite nicht an Gleise gebundener Fahrzeuge mit Brennstoffzel- lenantrieb gegenüber solchen mit reinem Elektroantrieb? Zu 6.: Laut vorliegender Expertenaussage besitzen beide Antriebsarten Stärken und Schwächen. Jeweilige Randbedingungen entscheiden, welche Antriebsart im konkreten Fall zu präferieren wäre. Dazu ein Beispiel: Ist eine hohe Tagesreichweite ohne Zwischenladung bzw. Betankung erforderlich, ist der brennstoffzellenbe- triebene Bus im Vorteil. Ist eine induktive Ladeinfra- struktur am Einsatzort – wie beim in Vorbereitung befindlichen E-Bus Projekt mit der Linie 204 – ist der batterieelektrische Antrieb im Vorteil. In diesem Fall kann die Batterieanlage optimiert (verkleinert) werden, was wiede- rum die Energieeffizienz erhöht. 7. Plant der Senat wirtschaftliche Erleichterungen für Unternehmen, die in ihrer Fahrzeugflotte Fahrzeuge mit Brennstoffzellenantrieb einsetzen? Wenn ja, welche ge- nau? Zu 7.: Derzeit sind keine diesbezüglichen Maßnahmen in Planung. 8. Fördert der Senat Unternehmen, die Brennstoffzel- lenantriebe herstellen oder erforschen? Wenn ja, um wel- che Unternehmen/Forschungseinrichtungen/Universitäten handelt es sich, seit wann läuft die jeweilige Förderung und wann endet diese? Woher werden die Geldmittel genommen? Zu 8.: Nach derzeitigem Erkenntnisstand werden kei- ne Unternehmen bzw. keine Wissenschaftseinrichtung im Bereich Brennstoffzellenantriebe gefördert. 9. Wirbt der Senat aktiv um die Ansiedlung von Un- ternehmen oder Forschungseinrichtungen, die sich spezi- ell der Forschung zu dieser modernen Antriebstechnik verschrieben haben? Mit welcher Summe wurde die Er- forschung und Entwicklung von Brennstoffzellentechnik seit 2006 gefördert? Zu 9.: Der Senat plant im Zuge der E-Mobilitätsstra- tegie auch die Chancen der E-Mobilität über Brennstoff- zellentechnologie stärker auszuloten und einzubinden. Im Aktionsprogramm „Berlin-Brandenburg elektrisiert“, welches im März 2014 veröffentlicht wurde, wird die Brennstoffzelle als ein signifikanter Aspekt in der Wert- schöpfungskette von Elektrofahrzeugen benannt. In die- sem Zusammenhang werden zukünftig auch Unternehmen und Forschungseinrichtungen mit Kompetenzen in der Brennstoffzellentechnik in der regionalen Ansiedlungs- strategie verstärkt berücksichtigt. Es soll in diesem Zuge untersucht werden, unter welchen Bedingungen und mit welchen Maßnahmen in Berlin Wertschöpfung für Was- serstoff- und Brennstoffzellentechnologie aufgebaut wer- den kann. Das geplante Nachfolgeprogramm des NIP (vgl. Frage 1) soll insbesondere darauf zielen, die Zulie- ferindustrie für Komponenten der Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie in Deutschland zu stärken und auszubauen. Berlin, den 12. Dezember 2014 In Vertretung Guido B e e r m a n n ................................................................. Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. Dez. 2014)