Drucksache 17 / 15 075 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Wolfgang Brauer (LINKE) vom 01. Dezember 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 01. Dezember 2014) und Antwort Bibliothek auf dem Weg zum Bildungsdiscounter? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Gibt der Senat mit dem Wegfall des Standortes für den Neubau der Zentral- und Landesbibliothek (ZLB) am Tempelhofer Feld auch das anspruchsvolle Zukunftspro- gramm der ZLB auf? Zu 1.: Nein. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf meine ausführliche Antwort zu Frage 1. der Schriftli- chen Anfrage Nr. 17/14 497 vom 24. September 2014. 2. Soll die ZLB künftig auf eine Verbrauchsbibliothek mit ausschließlich hohem Medienumsatz (Massenge- schäft) reduziert werden? Zu 2.: Nein, die Zentral- und Landesbibliothek Berlin (ZLB) erfüllt den kompletten gesetzlichen Auftrag sowohl als Zentralbibliothek des öffentlichen Bibliothekswesens als auch als Landesbibliothek. 3. Wie definiert der Senat die neuen Begriffe „Massengeschäft “ und Nischengeschäft“ im Zusammenhang mit Bibliotheksangeboten? Zu 3.: Die ZLB ist als öffentlich-rechtliche Stiftung gemäß ihres gesetzlichen Auftrages eigenständig dafür verantwortlich, die bibliothekarischen Geschäftsgänge zu organisieren und auszurichten. Im Übrigen verweise ich auf meine Antwort zu Frage 7. der Schriftlichen Anfrage 17/14 497. 4. Hält der Senat den Gebrauch des kommerziellen Begriffspaares „Nischengeschäft“ versus „Massengeschäft “ für tauglich, um das komplexe Aufgabenfeld der öffentlichen Bibliotheken für die Vermittlung von Bil- dung und Kultur in Berlin abzubilden? Zu 4.: Ja, siehe Antwort zu Frage 3. 5. Seit wann ist dem Senat eine „Personalbudgetüberschreitung “ der ZLB bekannt und wodurch ist diese verursacht? Zu 5.: Die ZLB hat ihr Personalbudget nicht über- schritten. Würde der Stellenplan der ZLB allerdings voll ausgeschöpft, käme es insbesondere wegen nicht ausfi- nanzierter tariflich bedingter Kostensteigerungen der letzten Jahre zu einer Budget-überschreitung. Deshalb werden derzeit nicht alle Stellen voll besetzt. Der Vor- stand hat den Stiftungsrat hierzu erstmals im November 2013 ausführlich informiert. 6. Welche Auswirkungen hat diese Budgetüber- schreitung auf die Arbeit der Stiftung und welche Maß- nahmen wurden eingeleitet, um den Etat der Stiftung wieder in das erforderliche Gleichgewicht zwischen Ein- nahmen und Ausgaben zu bringen, ohne die bisherige Qualität der Arbeit der ZLB zu gefährden? Zu 6.: Siehe Antwort zu Frage 5. 7. Wie bewertet der Senat die Tatsache, dass in der ZLB Aufgaben, die bislang zu den Kernaufgaben der Stammbelegschaft wie dem Einstelldienst gehörten, an Fremdfirmen vergeben werden? Zu 7.: Ich verweise auf meine Antwort zu Frage 6. der Schriftlichen Anfrage17/ 14 497. 8. Wie bewertet der Senat die Tatsache, dass die Be- schäftigten des Einstelldienstes, die innerhalb der Biblio- thek die gleichen Aufgaben zu erledigen haben wie die Stammbelegschaft, offensichtlich schlechter entlohnt werden und zudem einem weitgehenden Kontaktverbot in Angelegenheiten ihrer Arbeitsaufgaben zur Stammbeleg- schaft unterliegen? Zu 8.: Ich verweise auf meine Antwort zu Frage 6. der Schriftlichen Anfrage17/ 14 497. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 075 2 9. Wird die Auswahl des Erwerbs von Neuerschei- nungen in der ZLB auch weiterhin in der Hand von Fach- lektoren liegen oder soll deren Arbeit vorwiegend durch externe Dienstleister wie den ekz-bibliotheksservice in Reutlingen erfüllt werden, die nur ein fertig konfektio- niertes und deutschlandweit standardisiertes Angebot liefern können? Zu 9.: Die Medienauswahl obliegt – wie alle anderen bibliothekarischen Prozesse und Aufgaben – der Verantwortung der ZLB als eigenständiger Stiftung öffentlichen Rechts gemäß ihrem gesetzlichen Auftrag. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass Fremdleistungen in Lektorat, Erwerb und Einarbeitung von Medien für Bibliotheken seit langem Standard im deutschen Bibliothekswesen sind. In der ekz bibliotheks-service garantiert ein bundes- weiter Lektoratsverbund von und Bibliothekarinnen und Bibliothekaren für die qualifizierte Auswahl stark nachge- fragter Medien für Öffentliche Bibliotheken. 10. Wird die ZLB auch weiterhin einen jährlichen Neuzugang von ca. 36.000 Buchtiteln pro Jahr einstellen können (einschließlich der ca. 10.000 Pflichtexemplare), oder ist hier eine deutliche Reduzierung vorgesehen? Zu 10.: Die ZLB geht davon aus, dass die Anzahl der beschafften Medien unverändert bleibt. Während die Medienanzahl im jährlichen Zugang der ZLB unverändert bleiben soll, soll sich die Titelbreite um 10 % von 66.000 auf 60.000 Titel verringern. Dies soll zugunsten einer Mehrfachanschaffung besonders nachgefragter Titel pas- sieren, damit die Nutzerinnen und Nutzer einen schnelle- ren Zugriff darauf haben. Die ZLB wird damit allein im Bereich des „Massengeschäfts“ immer noch durchschnittlich eine 3-6fache Titelzahl als die Bezirkssysteme haben, ohne dass die zahlreichen Titel in den Sonderbereichen der ZLB schon berücksichtigt wären. 11. Werden inhaltlich erhaltenswerte Medien weiter- hin auf Dauer archiviert, auch wenn es sich nicht um Pflichtexemplare oder Berlinliteratur handelt, oder steht der ZLB ein ähnliches „Aussonderungs-gebot“ ins Haus, dem sich die bezirklichen Bibliotheken regelmäßig unter- ziehen müssen? Zu 11.: Die ZLB wird alle Archivierungspflichten, die sich aus dem gesetzlichen Auftrag wie z.B. der Landes- bibliotheksfunktion oder speziellen Bibliotheksprofilen ergeben, erfüllen. 12. Welche Gründe führten zur Einstellung der „Jahresberichte der Berliner Öffentlichen Bibliotheken“ und wann wird deren Erstellung und lückenlose Veröffentli- chung wieder aufgenommen? Zu 12.: Die Herausgabe und Veröffentlichung der „Jahresberichte der Berliner Öffentlichen Bibliotheken“ bis 2009 durch das für Kultur zuständige Senatsressort erfolgte als besondere und zusätzliche Dienstleistung vor dem Hintergrund der Zweistufigkeit der Berliner Verwal- tung, um eine Gesamtschau auf das Berliner Öffentliche Bibliothekswesen bieten zu können. Im Zuge einer deutlichen Umorientierung der Bericht- erstattung für Kultureinrichtungen von rein statistischen Übersichten zu Controlling-und Monitoringprozessen, sowie knapper werdenden Ressourcen, wurde in den vergangenen Jahren für den Bibliotheksbereich versucht, ein ebensolches Berichtssystem zu etablieren. Mit dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) geförderten Projekt Nutzungsmonitoring für öffentliche Bibliotheken (NuMOB) ist dafür ein entscheidender Schritt getan. Die ZLB wird ab 2015 u.a. auf dieser Grundlage eine kontinuierliche Berichterstattung zu den Berliner Öffentlichen Bibliotheken fortsetzen. Berlin, den 16. Dezember 2014 In Vertretung Tim Renner Der Regierende Bürgermeister von Berlin Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. Dez. 2014)