Drucksache 17 / 15 107 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Klaus Lederer (LINKE) vom 03. Dezember 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 04. Dezember 2014) und Antwort Ausstattung und Perspektiven der Ausbildung für den Allgemeinen Vollzugsdienst in Berlin Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie ist konkret die Resonanz auf die Werbungsbe- mühungen des Senats für die Gewinnung von Auszubil- denden für den Allgemeinen Vollzugsdienst in den Jus- tizvollzugsanstalten Berlins? Zu 1.: Für den Einstellungsjahrgang 2014 zur Ausbil- dung für den allgemeinen Justizvollzugsdienst (AVD) waren 3 Lehrgänge à 20 Anwärterinnen und Anwärter vorgesehen. Hierfür lagen insgesamt 565 Bewerbungen vor. Von den Bewerberinnen und Bewerbern wurden 64 für eine Einstellung als geeignet eingeschätzt. Nach Rücknahme von Bewerbungen haben im Jahr 2014 schließlich 52 Auszubildende den Vorbereitungsdienst aufgenommen. Im laufenden Auswahlverfahren für das Jahr 2015 (Ausschreibungsbeginn September 2014) lie- gen bisher 315 Bewerbungen vor (Stand 16.12.2014). Die Bewerbungsfristen sind noch nicht abgelaufen und eine Aussage über die Anzahl der geeigneten Bewerberinnen und Bewerber ist noch nicht möglich. Im Vergleich mit dem Einstellungsverfahren für den Jahrgang 2014 ist jedoch von deutlich rückläufigen Bewerbungszahlen auszugehen. 2. Worin sieht der Senat mögliche Probleme bei der Gewinnung von Personal für den Allgemeinen Voll- zugsdienst im Land Berlin in den vor uns liegenden Jah- ren? Zu 2.: Neben dem demografischen Faktor bedingt durch geburtenschwächere Jahrgänge besteht eine deutli- che Konkurrenzsituation gegenüber anderen öffentlichen Arbeitgebern des Landes Berlin, Behörden anderer Bun- desländer und dem Bund selbst. Auch wirken sich Ver- besserungen auf dem privatwirtschaftlichen Arbeitsmarkt hinsichtlich des Wunsches nach einem Berufswechsel hemmend aus. Bei der Gewinnung von Personal muss sich der Justizvollzug dieser Konkurrenzsituation ver- stärkt stellen. Die in den vergangenen Jahren bei einigen Ausbil- dungslehrgängen schwierige Situation zur Frage der mög- lichen anschließenden Weiterbeschäftigung im Berliner Justizvollzug ist einer der Gründe für den Rückgang der Bewerbungen. Hinzu kommt die Höhe der derzeitigen Anwärterbezüge. Diese bietet wenig Anreize für den gesuchten Bewerberkreis, der aufgrund bereits vorhande- ner Berufs- und Lebenserfahrung sehr gut für die Justiz- vollzugsdienst geeignet wäre, in der Regel aber auch schon familiäre Verpflichtungen hat. Für die Ausbildung im AVD werden Bewerberinnen und Bewerber mit abge- schlossener Berufsausbildung und mindestens zweijähri- ger beruflicher Tätigkeit gesucht. Mit den Anwärterbezü- gen in Höhe von monatlich 934,35 € brutto plus Zulagen und gegebenenfalls Familienzuschlag und Kindergeld ist es jedoch kaum möglich, eine Familie finanziell zu unter- halten. Es ist bekannt, dass viele Anwärterinnen und An- wärter während ihrer Ausbildung einer Nebentätigkeit nachgehen müssen, um finanzielle Einbußen gegenüber vorhergehenden beruflichen Tätigkeiten ausgleichen zu können. 3. Welche Möglichkeiten sieht der Senat, den Ausbil- dungsgang für Bedienstete des Justizvollzugs attraktiver zu machen? Zu 3.: Der Ausbildungsgang für den AVD ist als sol- cher durch den Wechsel zwischen theoretischem Unter- richt und Praktika in unterschiedlichen Vollzugsarten und Vollzugsstandorten attraktiv ausgerichtet. Hinsichtlich einer möglichen Attraktivitätssteigerung wird auf die Antwort auf Frage 4 verwiesen. 4. Was insbesondere kann der Senat unternehmen, um erfahreneren Bewerber*innen („lebensältere Lehrgänge“) einen Einstieg in diese Laufbahn zu ermöglichen, die regelmäßig schon über eine Berufsbiografie verfügen und für die - angesichts des überschaubaren Ausbildungsent- gelts, möglicherweise bereits nach Familiengründung - eine solche Berufswahl schlicht absolut unattraktiv ist (Anrechnung von Vor-Dienstzeiten u.ä.)? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 107 2 Zu 4.: Um die Bewerbungsmotivation von lebensälte- ren Bewerberinnen und Bewerbern zu erhöhen, wird derzeit die Wiedereinführung der Gewährung von Son- derzuschlägen zu den Anwärterbezügen geprüft. Entspre- chende Zuschläge werden in anderen Bundesländern gezahlt. Die Anrechnung von Erfahrungsstufen erfolgt nach Maßgabe der Regelungen des Bundesbesoldungsge- setzes in der Überleitungsfassung für Berlin im Zusam- menhang mit der Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe. 5. Wird darüber nachgedacht, für spezielle Anforde- rungen in den verschiedenen Bereichen des Justizvollzu- ges (Offener Vollzug, Frauenvollzug, U-Haft-Vollzug, Jugendvollzug, Vollzug der Sicherungsverwahrung) spe- zifische Ausbildungsmodule anzubieten, um den Bewer- ber*innen eine adäquate Vorbereitung für die jeweils besonderen Herausforderungen dieser Bereiche zu ermög- lichen? Zu 5.: Im Rahmen der zweijährigen Ausbildung im AVD erhalten die Anwärterinnen und Anwärter im 2. Ausbildungsjahr den sogenannten „vollzugsformspezifischen Unterricht“. In diesem Unterricht werden sie auf das sich daran anschließende letzte große Praktikum in einer der Justizvollzugsanstalten vorbereitet und mit den Besonderheiten dieser Vollzugsform vertraut gemacht. Zum Abschluss dieses Praktikums wird die berufsprakti- sche Lernzielkontrolle durchgeführt, die Teil der Ab- schlussnote der Ausbildung ist. Die theoretische und praktische Ausbildung der Anwärterinnen und Antwärter für den AVD ist im Interesse einer großen Verwendungs- breite entsprechend differenziert gestaltet, so dass über den bisherigen Umfang hinausgehende, weitere spezifi- sche Ausbildungsmodule derzeit nicht vorgesehen sind. 6. Welche Möglichkeiten sieht der Senat, mittelfristig die Aufstiegsperspektiven und das Prämiensystem im Allgemeinen Vollzugsdienst zu verbessern, um auch langjährig Bediensteten eine attraktive Option für ihre Dienstausübung zu ermöglichen und den gewachsenen Anforderungen an die Resozialisierungsarbeit, die auch durch den Allgemeinen Vollzugsdienst erledigt werden, Rechnung zu tragen? Zu 6.: In begrenztem Umfang besteht für bestimmte herausgehobene Aufgaben des AVD (z. B. 1. Schichtleite- rin/Schriftleiter, Vollzugsdienstleiterin/Vollzugsdienst- leiter) die Möglichkeit, innerhalb der Laufbahn Ämter bis zur Besoldungsgruppe A 11 zu erreichen, sofern bestimm- te formale Voraussetzungen erfüllt sind und die betref- fenden Bediensteten an einer berufsbegleitenden Qualifi- zierungsmaßnahme erfolgreich teilgenommen haben. Im Rahmen der Personalentwicklung machen die Justizvoll- zugsanstalten von dieser Möglichkeit auch Gebrauch, sofern entsprechend bewertete Aufgabengebiete hierfür zur Verfügung stehen. Das Zulagen- und Prämiensystem wird derzeit dahin- gehend überprüft, inwieweit für die Vergabe transparente und gerechte Vergabekriterien gefunden werden können. 7. Wie viele Bedienstete des Berliner Justizvollzugs nutzten bislang die Möglichkeit zur Wegbewerbung für die Gerichtsvollzieherlaufbahn und welche Justizvoll- zugsanstalten sind davon in welchem Umfang betroffen? Wie werden diese Abgänge kompensiert? Zu 7.: Die Zahl der Bewerbungen für die Gerichts- vollzieherlaufbahn und die Verteilung auf die Justizvoll- zugsanstalten bitte ich der nachfolgenden Tabelle zu ent- nehmen: JVA Tegel JVA Moabit JVA Plöt- zensee JVA Hei- dering JVA des Offenen Vollzuges Berlin JVA für Frauen Berlin JSA Berlin JAA Berlin Zahl der Bewerbungen seit 2012 2012: 9 2013: 0 2014: 2 2012: 0 2013: 1 2014: 2 2012: 0 2013: 2 (für 2014) 2014: 0 2012: 0 2013: 1 2014: 0 2012: 0 2013: 4 (für 2014) 2014: 0 2012: 0 2013: 2 (für 2014) 2014: 0 2012: 3 2013: 7 (für 2014) 2014: 0 2012: 0 2013: 0 2014: 0 Zahl der ausgewählten Bewerber/ -innen 2012: 2 2013: 0 2014: 1 2012: 0 2013: 1 2014: 1 2012: 0 2013: 0 2014: 1 (für 2014) 2012: 0 2013: 0 2014: 0 2012: 0 2013: 0 2014: 3 2012: 0 2013: 1 (für 2014) 2014: 0 2012 : 2 2013 : 1 (für 2014) 2014 : 0 2012: 0 2013: 0 2014: 0 Zahl der freigegebenen Bewerber/ -innen 2012: 2 2013: 0 2014: 1 2012: 0 2013: 1 2014: 0 2012: 0 2013: 0 2014: 1 2012: 0 2013: 0 2014: 0 2012: 0 2013: 0 2014: 2 2012: 0 2013: 0 2014: 1 2012 : 2 2013 : 0 2014 : 1 2012: 0 2013: 0 2014: 0 Grundsätzlich haben die Justizvollzugsanstalten in der Vergangenheit entsprechende Ausbildungen regelmäßig ermöglicht und beabsichtigen dies im Wesentlichen auch weiterhin zu tun, um im Interesse einer angemessenen Personalentwicklung derartige Ausbildungen für Mitar- beitende des Vollzuges zu ermöglichen. Vor dem Hinter- grund der bekannten Personalsituation im AVD wird dies jedoch immer schwieriger. Eine Kompensation dieser Abgänge während der Ausbildungszeit als Gerichtsvoll- zieherin oder Gerichtsvollzieher ist derzeit nicht möglich, da die Stellen in diesem Zeitraum nicht neu besetzt wer- den können. Gegenwärtig wird gemeinsam mit dem Kammergericht insoweit an einer für den Justizvollzug angemessenen Lösung gearbeitet. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 107 3 8. Wie hoch ist in den Berliner Justizvollzugsanstalten jeweils die Quote der besetzten Stellen im Verhältnis zu den nach Stellenplan vorgesehenen Dienstposten (bitte aufgliedern nach Teilanstalten und nach Leitungs- /Stabsstellen, Psycholog*innen, Sozialarbeiter*innen, Allgemeiner Vollzugsdienst, ärztlichem Personal sowie Werkdienste und sonstige Aufgaben im Vollzug)? Zu 8.: Dienst- posten Behörde Behörden- leitung mit Stab (AL,VL,StD,LSe usw.) Psychologischer Dienst Sozialdienst Allgemeiner Vollzugsdienst Ärztliches Personal Kranken- pflegedienst Werkdienst Verwaltungs- dienst Sonstige 7 von 8 Stellen besetzt 1,5 von 1,5 Stellen besetzt 12,2 von 13 Stellen besetzt 242 von 266 Stellen besetzt 30 von 32 Stellen besetzt 124 von 128 Stellen besetzt 40 von 40 Stellen besetzt 86 von 79 Stellen besetzt 13 von 15 Stellen besetzt Quote 88% Quote 100% Quote 94% Quote 91% Quote 94% Quote 97% Quote 100% Quote 92% Quote 87% 3 von 3 Stellen besetzt 3,5 von 5,5 Stellen besetzt 6 von 6 Stellen besetzt 119 von 131,8 Stellen besetzt 11 von 14 Stellen besetzt 4 von 4 Stellen besetzt 13 von 15 Stellen besetzt 3,5 von 3,5 Stellen besetzt Quote 100% Quote 63,6% Quote 100% Quote 90,2% Quote 78,5% Quote 100 % Quote 86,6% Quote 100% 8 von 8 Stellen besetzt 2 von 2 Stellen besetzt 23 von 24 Stellen besetzt 150 von 151,5 Stellen besetzt 2 von 2 Stellen besetzt 10 von 12 Stellen besetzt 2 von 2 Stellen besetzt Quote 100% Quote 100% Quote 95% Quote 99% Quote 100% Quote 83% Quote 100% 4 von 4 Stellen besetzt 6,25 von 6,25 Stellen besetzt 23,88 von 26,5 Stellen besetzt 337,23 von 379,02 Stellen besetzt 25 von 25 Stellen besetzt 13 von 13 Stellen besetzt 63,20 von 75,25 Stellen besetzt 3,83 von 4 Stellen besetzt Quote 100% Quote 100% Quote 90% Quote 88% Quote 100% Quote 100% Quote 83% Quote 95% 14,75 von 15 Stellen besetzt 31,5 von 35 Stellen besetzt 40,75 von 46 Stellen besetzt 412 von 447 Stellen besetzt 41 von 41 Stellen 55 von 55 Stellen besetzt 55,10 von 58 Stellen besetzt Quote 98% Quote 90% Quote 88% Quote 92% Quote 100% Quote 100% Quote 95% 2 von 2 Stellen besetzt 2 von 2 Stellen besetzt 19 von 21 Stellen besetzt 2 von 2 Stellen besetzt 1 von 1 Stelle besetzt Quote 100% Quote 100% Quote 90,5% Quote 100% Quote100 % 6 von 7 Stellen besetzt 2 von 2 Stellen besetzt 19 von 20 Stellen besetzt 153 von 160 Stellen besetzt 30 von 31 Stellen besetzt Quote 85% Quote 100% Quote 95% Quote 95% Quote 96% 5 von 6 Stellen besetzt 13,5 von 15,5 Stellen besetzt * 18 von 21 Stellen besetzt * 247 von 252 Stellen besetzt * 9 Stellen 9 besetzt 20 von 22 Stellen besetzt * 27 von 27,3 Stellen besetzt 5 von 5 Stellen besetzt Quote 83% Quote 87% Quote 86% Quote 98% Quote 100 % Quote 91% Quote 100 % Quote 100% JVA Plötzensee JVA für Frauen Berlin JVA des Offenen Vollzuges JVA Moabit JVA Tegel JAA Berlin JSA Berlin JVA Heidering *Aufgrund der in 2014 erfolgten Organisationsbetrachtung ist ein veränderter Stellenbedarf in der JSA ab 2016 festgelegt wor- den. Die Stellen werden deshalb in einigen Bereichen sukzessive nicht mehr besetzt. Die Aufgliederung nach Teilanstalten ist nicht dar- stellbar, da der größte Teil der Stellen bereichsübergrei- fend in den Justizvollzugsanstalten tätig ist und eine ge- naue Differenzierung nicht möglich ist. Berlin, den 18. Dezember 2014 In Vertretung Straßmeir Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 29. Dez. 2014)