Drucksache 17 / 15 110 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Gerwald Claus-Brunner (PIRATEN) vom 03. Dezember 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. Dezember 2014) und Antwort Brandbeschleuniger als Wärmedämmung an Hausfassaden? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: a) Wie hoch stuft der Senat die Brandgefahr von wär- megedämmten Fassaden ein, verglichen mit sol- chen ohne Wärmedämmung? b) Sind entsprechende Untersuchungen oder Studien in Auftrag gegeben worden? Wenn nein, bis wann ist mit der Umsetzung zu rechnen? Antwort zu 1: Nach den bauordnungsrechtlichen Vor- schriften ordnungsgemäß ausgeführte wärmegedämmte Fassaden, bei denen Wärmedämmverbundsysteme (WDVS) mit Polysteroldämmplatten ausgeführt wurden, lassen für den Gebäudebestand keine konkrete Gefahr erkennen. In einer – im Verhältnis zu den verbauten Systemen – sehr geringen Anzahl von Ereignissen hat fahrlässige oder vorsätzliche Brandstiftung außerhalb der Gebäude im Sockelbereich der WDVS zu Bränden mit einem rasanten Abbrandverhalten des auf Ölbasis herge- stellten Materials Polysterol geführt, nachdem das Feuer bei Versagen des Außenputzes das geschmolzene und abgelaufene Polysterol entzündet hat. Brandstiftung wird vom Schutzziel des Bauordnungsrechts jedoch nicht er- fasst. Gleichwohl können eine Vielzahl einfacher Vorkeh- rungen für diese Gefahr getroffen werden. Diese Brander- eignisse sind von einer Projektgruppe der Bauminister- konferenz untersucht worden. Im Ergebnis wurde eine Versuchsreihe mit von außen verursachten Brandherden durchgeführt. Frage 2: Wie viele Brandereignisse mit Personenscha- den gab es seit Einführung der Energiesanierungsförde- rung 2001 im Land Berlin? Antwort zu 2: Der Senatsverwaltung für Stadtent- wicklung und Umwelt liegen hierzu keine Daten vor. Frage 3a: Inwieweit ist dem Senat bekannt, wie oft es seit 2001 zu Brandfällen kam (insbesondere Großbrände), in deren Verlauf die Wärmedämmung der Fassaden in Brand geraten ist? Frage 3b: Gibt es hierzu Berichte und/oder Statistiken der Berliner Feuerwehr? Antwort zu 3 a und b: Die Berliner Feuerwehr führt hierüber keine Statistiken. Frage 4: Wie bezieht die Berliner Feuerwehr zu der Problematik Stellung? Wurde dem Senat dazu bereits ein allgemeiner Bericht, bzw. eine Beurteilung der Gefah- renlage vorgelegt? Frage 5: Welche Maßnahmen schlägt die Berliner Feuerwehr zur Reduzierung der Brandgefahr von wärme- gedämmten Fassaden vor? Antwort zu 4 und 5: Die Berliner Feuerwehr sieht den Einsatz von brennbaren Materialien (z.B. Polysterol) als kritisch an. Sie hat hierzu keine Stellung bezogen, da bereits mit Beschluss vom 20./21. September 2012 die Bauministerkonferenz den Ausschuss für Stadtentwick- lung, Bau- und Wohnungswesen beauftragte, unter Einbe- ziehung der Feuerwehr, alle relevanten Brandereignisse von Wärmedämmverbundsystemen mit Polystyrol- Dämmstoffen unter Berücksichtigung der besonderen Umstände und Gefahren bei Montagezuständen zu unter- suchen und, sofern angezeigt, konkrete Handlungsemp- fehlungen auszusprechen. Hierzu wurde die in der Ant- wort zu Frage 1 genannte Projektgruppe gebildet, die der 126. Bauministerkonferenz am 13./14. November 2014 einen Zwischenbericht mit Handlungsempfehlungen vor- gelegt hat. Diesen Zwischenbericht hat die Berliner Feu- erwehr zur Information erhalten und den für den Vor- beugenden Brand- und Gefahrenschutz zuständigen Dienststellen zur Kenntnis gegeben. Die Berliner Feuerwehr kann keine eigenständigen Maßnahmen zur Reduzierung der Brandgefahr von wär- megedämmten Fassaden vorschlagen, weil die Zuständig- keit für diese Thematik bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt liegt. Daher hat die Berli- Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 110 2 ner Feuerwehr dem Senat keinen allgemeiner Bericht bzw. keine Beurteilung der Gefahrenlage vorgelegt. Frage 6: Gibt es zuverlässige Schutzmaßnahmen, die Hauseigentümern/Mietern empfohlen werden können? Wenn ja, welche sind dies? Antwort zu 6: In Kürze werden Handlungsempfehlun- gen der Bauministerkonferenz in Form eines Merkblatts erarbeitet, in dem Eigentümern/Verfügungsberechtigten von bestehenden Gebäuden mit WDVS aus Polysty- roldämmmplatten Maßnahmen im Falle von nah am Ge- bäude vorhandenen größeren Brandlasten aufgezeigt werden (z.B. Abstandsempfehlungen). Frage 7: Wie weit wurde in den Genehmigungsverfah- ren zu Fassadensanierungen auf die korrekte Einhaltung aktuell technisch möglicher Brandschutzvorkehrungen geachtet? Antwort zu 7: Nach § 62 Abs. 1 Nr 11 der Bauord- nung für Berlin (BauO Bln) nachträgliche Dämmungen an bestehenden Gebäuden verfahrensfrei - mit Ausnahme bei Hochhäusern; die Eigentümer/Verfügungsberechtigten müssen die Brandschutzanforderungen des § 28 Abs. 3 BauO Bln einhalten. Frage 8: a) Welche öffentlichen Gebäude wurden mit einer Polysteroldämmung ausgestattet? b) Wann ist dies jeweils geschehen, bei welchen Ge- bäuden ist dies geplant? Bitte nach Liegenschaften bezirksweise aufschlüsseln. c) Wurde dabei auf den Einsatz von Mineralwolle oder anderen nicht brennbaren Materialien geach- tet? Wenn nein, warum nicht? d) Wurden beim Einbau der Systeme zur Wärmedäm- mung Brandbarrieren zwischen den Etagen inte- griert? Wenn nein, warum nicht? Antwort zu 8: Der Senatsverwaltung für Stadtent- wicklung und Umwelt liegt keine Zusammenstellung öffentlicher Gebäude mit WDVS aus Polystyroldämmm- platten vor. Frage 9: Sind die Ergebnisse der Bauministerkonfe- renz der Bundesländer zur Untersuchung von Außen- brandgefahren hinsichtlich verstärkter Brandschutzmaß- nahmen umgesetzt worden bzw. in die jeweiligen Verord- nungen übernommen worden? Wenn nein, warum nicht und bis wann ist mit der Ausführung zu rechnen? Antwort zu 9: Die konkreten Vorgaben für die Aus- führung von WDVS mit Polystyroldämmplatten ergeben sich aus den allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen der einzelnen Systeme, die das Deutsche Institut für Bau- technik (DIBt) erteilt. Die Ergebnisse der Versuchsreihe mit von außen verursachten Brandherden zeigen, dass in Bezug auf diese neuen Brandszenarien neue und ergän- zende Regelungen sinnvoll sind. Dies wird bei der Neu- erteilung von Zulassungen berücksicht; die Bestimmun- gen bestehender Zulassungen werden in einer angemesse- nen Frist geändert. Über die bei der Ausführung von WDVS mit Polystyroldämmplatten notwendigen Maß- nahmen wird das DIBt zeitnah informieren. Frage 10: Ist es geplant, Verordnungen zu erlassen, die die Verwendung von brennbaren Materialien bei der Wärmedämmung generell untersagen? Wenn nein, bis wann ist mit einer Umsetzung zu rechnen? Antwort zu 10: Die Bauministerkonferenz kommt zu dem Ergebnis, dass es einer Änderung der Musterbauord- nung nicht bedarf. Da die Brandschutzanforderungen der BauO Bln der Musterbauordnung entsprechen, kommen zusätzliche Regelungen für die Verwendung von brennba- ren Materialien bei der Wärmedämmung auch im Land Berlin nicht in Betracht. Frage 11: a) Wie wird die Bauausführung und Einhaltung der be- stehenden Vorschriften hinsichtlich des Brandschutzes auf den im Land Berlin befindlichen Baustellen über- wacht? b) Wie oft und von wem werden Kontrollen durchge- führt? c) In welchem Umfang würde Personal zur umfassenden Kontrolle benötigt und wie hoch ist der derzeitige Ist- Bestand Antwort zu 11 a und b: Eine Überwachung der Bau- ausführung gemäß § 80 Abs. 1 BauO Bln erfolgt in den Fällen des Neubaus oder der nicht verfahrensfreien Ände- rung bestehender Gebäude immer dann stichprobenhaft durch den Prüfingenieur für Brandschutz, wenn der Brandschutznachweis bauaufsichtlich geprüft werden muss, d.h. bei Gebäuden der Gebäudeklassen 4 und 5 und bei Sonderbauten. Antwort zu 11 c: Der Senat sieht keinen weiteren Kontrollbedarf bei der Bauausführung. Berlin, den 19. Dezember 2014 In Vertretung R. L ü s c h e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. Dez. 2014)