Drucksache 17 / 15 116 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Martin Delius (PIRATEN) vom 04. Dezember 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. Dezember 2014) und Antwort Quo Vadis Jugendforum I: Wie weiter mit den Forderungen der Jugendlichen? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Ist dem Senat die Forderung der Jugendlichen auf dem Berliner Jugendforum vom 29. November 2014 bekannt, vermehrt Vereine und Verbände in die Pflicht zu nehmen, Aufklärungsarbeit in den Schulen zu den The- men Sexualität sowie geschlechtliche und sexuelle Viel- falt zu betreiben und diese Vereine und Verbände ver- mehrt mit Personal und finanziellen Mitteln auszustatten? a) Wenn ja, wie bewertet der Senat diese Forderung? b) Welche Vereine und Verbände haben im letzten und im laufenden Schuljahr an welchen Schulen in wel-chen Bezirken Aufklärungsarbeit in den Be- reichen Sexualität sowie geschlechtliche und sexu- elle Vielfalt im Rahmen der Initiative Sexuelle Vielfalt in welchem Umfang geleistet? c) Welcher Mehrbedarf an Personal und finanziellen Mitteln bei welchen der unter 1b) genannten Ver- bände und Vereine sind dem Senat bekannt? Zu 1. a - c): Die Forderung ist dem Senat bekannt. Im Rahmen der Initiative "Berlin tritt ein für Selbstbestim- mung und Akzeptanz sexueller Vielfalt" (ISV) setzt der Senat die für die Fortbildung und Aufklärung zum The- menbereich LSBTI (Lesbisch, Schwul, Bisexuell, Trans- gender, Intersexuell) zur Verfügung stehenden Haus- haltsmittel ein. Im Auftrag der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft sind im Rahmen der ISV folgende Projekte bzw. Vereine in Schulen tätig: die Bildungsiniti- ative QUEERFORMAT, Landesverband Berlin-Branden- burg des Lesben- und Schwulenverbandes Deutschland (LSVD), das Projekt queer@school des Jugendnetzwer- kes Lambda Berlin-Brandenburg, die Initiative Intersekti- onale Pädagogik (I-Päd) des Migrationsrates Berlin-Bran- denburg. Eine zusammenfassende Übersicht über alle durchgeführten Fortbildungen und Aufklärungsworkshops in den genannten Schuljahren liegt noch nicht vor, da die Daten zu den Schulworkshops zum Teil erst Anfang 2015 ausgewertet werden. Darüber hinaus leisten weitere Vereine und Verbände Aufklärungsarbeit an den Schulen, die in Eigenverant- wortung der Schulen und Lehrkräfte eingeladen werden. Im Bereich der regionalen Fortbildung für Lehrkräfte haben im Schuljahr 2013/2014 im Rahmen der ISV 24 Fortbildungen zum Themenbereich LSBTI/Diversity stattgefunden, im angelaufenen Schuljahr konnten bereits 10 Fortbildungen erfolgreich durchgeführt werden, da- runter zahlreiche Fachgespräche für schulische Kontakt- personen für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt. Mehr- bedarf wurde bereits im Haushaltsjahr 2013 von den Pro- jekten queer@school und I-Päd angemeldet und bewilligt. 2. Ist dem Senat die Forderung der Jugendlichen, auf dem Berliner Jugendforum, insb. der an dieser Veran- staltung teilgenommenen Kinder- und Jugendparlamente Charlottenburg-Wilmersdorf, Tempelhof-Schöneberg und Treptow-Köpenick bekannt, 10% der Mittel für die Ju- gendhilfe in die Jugendarbeit fließen zu lassen und von diesen 10% die finanziellen Bedarfe der Kinder- und Jugendparlamente zu decken? a) Wenn ja, wie bewerten der Senat, insb. die Senats- verwaltung für Finanzen und die jeweils zuständi- gen Bezirksämter die Forderung der Kinder- und Jugendparlamente? b) Was ist der aktuelle Arbeitsstand und was sind die aktuellen Zwischenergebnisse der „Arbeitsgruppe zur Finanzierungsssystematik in der Kinder- und Jugendarbeit“? c) Wie viele Haushaltsmittel wurden für den Bereich Jugendhilfe in den Jahren 2013 bis 2014 in Berlin und den einzelnen Bezirken zur Verfügung gestellt und welcher Anteil dieser Jugendhilfemittel (ab- solut und in Prozent) wurde in den einzelnen Be- zirken in den Jahren 2013 bis 2014 für die Jugendarbeit eingesetzt? Zu 2. a - c).: Die Forderung der Kinder und Jugendli- chen aus den Kinder- und Jugendparlamenten und vielen anderen Akteuren der Jugendarbeit auf dem Berliner Jugendforum ist dem Senat bekannt. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 116 2 Der Senat misst der Jugendarbeit im Allgemeinen so- wie einer fachlich geeigneten und effizienten Angebots- gestaltung hohe Bedeutung zu. Er unterstützt daher auch die Anstrengungen der Bezirke zur Sicherung von Min- dest- und Qualitätsstandards in der Jugendarbeit. Die in der Fragestellung genannte Arbeitsgruppe der Geschäftsstelle Produktkatalog Bezirke hat ihre diesbe- zügliche Arbeit zwischenzeitlich beendet und die Arbeits- ergebnisse in einem „Bericht zur produktbezogenen Finanzierungssystematik der bezirklichen Allgemeinen Kinder- und Jugendförderung zusammengefasst. Der Bericht enthält eine Analyse der Produktstruktur, der Mengenbuchungen sowie der Budgetierungs- und Plan- mengenverfahren und zeigt Alternativen hierzu auf. Die- ser Bericht mit Empfehlungen und Feststellungen als Grundlage für weitere Entscheidungen wurde in der Sit- zung des Rates der Bürgermeister am 04. Dezember 2014 zur Kenntnis genommen. Zukünftig soll auf dieser Grund- lage ein Plausibilitätskostensatz Anwendung finden. Der Bericht wird darüber hinaus dem Unterausschuss Bezirke des Hauptausschusses im Januar vorgelegt werden. Die Finanzierung der bezirklichen Kinder- und Ju- gendarbeit ist Bestandteil der Globalsummenzuweisung der Senatsverwaltung für Finanzen an die Bezirke und unterliegt den hierfür einschlägigen Normen und Verfah- rensgrundsätzen. Dies gilt auch für die innerbezirkliche Verwendung der zugewiesenen Globalsummen bei der Aufstellung und Bewirtschaftung von Bezirkshaushalts- plänen. Hier entscheiden die Bezirke im Rahmen ihrer Globalsummenverantwortung und nach eigener Schwer- punktsetzung über die Verwendung der zugewiesenen Mittel. Globalsummen und Bezirkshaushaltspläne unter- liegen dabei der parlamentarischen Haushaltsberatung und –beschlussfassung. Auch die Stadträtinnen und Stadträte für Jugend haben zum oben genannten Bericht Stellungnahme genommen. Sie betonen die Notwendigkeit einer angemessenen Fi- nanzierung der Leistungen nach den §§ 11,13 und 16 SGB VIII und sehen die Vorschläge der Arbeitsgruppe der Geschäftsstelle Produktkatalog, als eine gute Grund- lage im Budgetierungsverfahren. Darüber hinaus halten sie die Prüfung einer gesetzlichen Regelung für die Ju- gendarbeit zur Formulierung von Fachlichkeit und Stan- dards im Rahmen eines Kinder-, Jugend- und Familien- förderungsgesetzes für notwendig. Die Finanzierung der Arbeit von Kinder- und Jugend- parlamenten ist eine Aufgabe, die jedoch nicht nur die Jugendarbeit sondern alle Politikbereiche betrifft. Kinder- und Jugendbeteiligung kann deshalb sowohl im Rahmen der Mittel, die die Bezirke für Angebote der Jugendarbeit nach § 11 des Achten Sozialgesetzbuches (SGB VIII) bereitstellen, als auch aus anderen Bereichen der bezirkli- chen Haushalte (z.B. dem für die Arbeit der Bezirksver- ordnetenversammlung zuständigen Bereich) finanziert werden. Die Ausgaben des Jahres 2013 sind der Beantwortung der Schriftlichen Anfragen Nr. 17/13606 vom 28.04.2014 über „Ausgaben für die Kinder- und Jugendarbeit in Berlin - Gesamtbilanz 2013 sowie Nr. 17/13607 vom 24.04.2014 über „ Ausgaben für die Kinder- und Jugendarbeit in Berlin - Globalsummenprinzip“ zu entnehmen. Aussagen zum Haushaltsjahr 2014 liegen noch nicht vor. 3. Ist dem Senat die Anregung der Jugendlichen auf dem Berliner Jugendforum bekannt, dass das von der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft geplante Jugendportal eine Schnittstelle in die Landespo- litik benötige und Klarheit darüber herrschen solle, worin die Beteiligung münden soll? a) Wenn ja, wie bewertet der Senat diese Anregung und wie gedenkt er, diese umzusetzen? b) Auf welchem Stand befindet sich die Einrichtung des Jugendportals und welcher Zeitplan liegt in der Se- natsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft vor? Zu 3. a - b.: Die Anregung der Jugendlichen auf dem Berliner Jugendforum ist dem Senat bekannt. Der Senat möchte mit dem geplanten Berliner Ju- gendportal nicht nur informieren und beraten, sondern auch einen Ort des Austausches, der Diskussion und Mei- nungsbildung bieten, aber auch Mitwirkung und Mitge- staltung ermöglichen. Jugendliche sollen sich in unter- schiedlichen Beteiligungsformaten wie z.B. Online-Kon- sultationen, in politische Prozesse einbringen können. Das Konzept befindet sich in der finalen Abstimmung. Der Start des Portals ist für Herbst 2015 geplant. 4. Ist dem Senat die Forderung der Jugendlichen auf dem Berliner Jugendforum bekannt, vermehrt finanzielle Mittel in die Umsetzung der inklusiven Schule fließen zu lassen, um die bereits bestehenden Konzepte umsetzen zu können? a) Wenn ja, wie gedenkt Frau Senatorin Scheeres (SenBildJugWiss) diese Forderung in die Beratungen für den Haushaltsentwurf 2016/17 einfließen zu lassen? b) Wie hoch schätzt die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft den Mehrbedarf für die Umset- zung der inklusive Schule und wie verteilt sich dieser auf welche Bereiche? Zu 4.: Dem Senat ist die Forderung der Jugendlichen auf dem Berliner Jugendforum nach einem vermehrten Mitteleinsatz für die Entwicklung der inklusiven Schulen bekannt. Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft hat dem Hauptausschuss des Abgeordne- tenhauses "Eckpunkte für ein Konzept „Auf dem Weg zur inklusiven Schule“" vorgelegt, die u.a. beschreiben, welche Maßnahmen in den kommenden Jahren geplant sind. Die Finanzierung einzelner Maßnahmen wird in den Haushaltsberatungen zum Doppelhaushalt 2016/17 zu erörtern sein. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 116 3 5. Ist dem Senat die Forderung der Jugendlichen auf dem Berliner Jugendforum bekannt, an den Gymnasien Schüler*innen die Wahlfreiheit zu ermöglichen, das Abi- tur nach 12 oder nach 13 Jahren zu absolvieren bzw. grundsätzlich das 13. Schuljahr an Gymnasien zu ermög- lichen, um einen von den Schüler*innen mehrfach geäu- ßerten Leistungsdruck und Freizeitmangel entgegenzu- wirken? Zu 5.: Das Berliner Schulsystem entspricht dem Wunsch von Eltern und Jugendlichen nach der Auswahl zwischen dem 12jährigen und dem 13jährigen Weg zum Abitur, indem mit der Integrierten Sekundarschule und dem Gymnasium zwei Schularten bereitstehen, die je- weils einen der beiden Wege anbieten. Bislang liegt kein wissenschaftlicher Nachweis dafür vor, dass der 12jährige Weg zum Abitur einen größeren Leistungsdruck oder einen Freizeitmangel bewirkt; entsprechende Untersu- chungen haben in Bezug auf Belastungsgefühl und das Freizeitverhalten von Schülerinnen und Schülern beider Wege keine signifikanten Unterschiede erwiesen. Es besteht daher kein Anlass, die bestehenden Regelungen für den Weg zum Abitur an den beiden weiterführenden Schularten in Berlin zu ändern. Berlin, den 18. Dezember.2014 In Vertretung Sigrid Klebba Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 29. Dez. 2014)