Drucksache 17 / 15 162 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Anja Kofbinger (GRÜNE) vom 11. Dezember 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. Dezember 2014) und Antwort Was tut der Senat zur Bekämpfung von Cybergewalt gegen Frauen und Mädchen? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche konkreten Konzepte und Maßnahmen führt der Senat derzeit zur Bekämpfung von Cybergewalt gegen Frauen und Mädchen durch? Welche konkreten Maßnahmen und Konzepte sind bis Ende der Legislatur- periode geplant? Zu 1.: Der Berliner Senat setzt sich gegen jede Form der Gewaltausübung ein und hat insbesondere für gewalt- betroffene Frauen ein weitgefächertes Angebot an Frau- enhäusern, Zufluchtswohnungen und Fachberatungsstel- len geschaffen. Mit der Integration der digitalen Medien und des Internets in die Arbeitswelt und das Privatleben ist eine neue Form von Kriminalität entstanden - Cyber- crime, die bislang in der Öffentlichkeit im Wesentlichen über die Diskussion zur IT- und Datensicherheit wahr- nehmbar ist. Die Innenministerkonferenz der Länder befasst sich seit geraumer Zeit mit Strategien zur Be- kämpfung von Cybercrime. Cyberkriminalität schließt den Aspekt von Cybergewalt ein und wird zunehmend öffentlich thematisiert, ohne bislang die besondere Betrof- fenheit von Mädchen und Frauen zu berücksichtigen. Vor dem Hintergrund ist in der Frauen- und Gleichstellungs- ministerinnenkonferenz ein Antrag zur „Bekämpfung von Cybergewalt gegen Frauen und Mädchen“ gestellt worden , dem Berlin beigetreten ist. Cybergewalt beinhaltet unterschiedliche Gewaltformen: Cybermobbing, Cyber- stalking, Cybergrooming und Cybersexism – von dem ausschließlich Frauen betroffen sind, die sich für Gleich- stellung und Feminismus einsetzen. Cybergewalt ist oft- mals die Fortsetzung von Gewalt im realen Raum und führt häufig zu dem Gefühl des völligen Ausgeliefertseins bei den Opfern. Die Bekämpfung von Cybergewalt ist ein neuer Hand- lungsbedarf, der in einigen Bereichen schon aufgegriffen wird. Insgesamt gesehen steht die Auseinandersetzung über die unterschiedlichen Bedarfe und notwendigen Konzepte und Maßnahmen am Anfang. In Kooperation mit der Bundesebene und dem bestehenden Hilfe- und Unterstützungssystem werden die erforderlichen Bedarfe zur Bekämpfung von Cybergewalt gegen Mädchen und Frauen identifiziert und mit entsprechenden Konzepten und Maßnahmen hinterlegt. 2. Wie wird der Senat die von der GFMK geforderte Zusammenarbeit mit der Bundesregierung bei der Schwerpunktsetzung des Themas in der Politik zur Be- kämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen um- setzen? Zu 2.: Die Bundesregierung ist mit dem Antrag der Frauen- und Gleichstellungsministerinnenkonferenz ge- beten worden, im Rahmen der Weiterentwicklung ihrer Politik zur „Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen“ Cybergewalt als neues Schwerpunktthema aufzunehmen und eine Fachtagung zu initiieren die dazu dienen soll, den Bedarf, Art und Umfang von Cyberge- walt besser zu erfassen, Praxiserfahrungen und Informati- onen über schon bestehende Unterstützungsangebote auszutauschen und darauf aufbauend eine gemeinsame Vorgehensweise zu entwerfen. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend wird in Kooperation mit der Friedrich-Ebert- Stiftung am 22. und 23. April 2015 dazu eine Fachtagung durchführen. Im Rahmen der anschließend stattfindenden Vorkonferenz der Frauen und Gleichstellungsministerin- nen wird eine mögliche Bund-Länder-Kooperation erör- tert. Die Frauen- und Gleichstellungsministerinnenkonfe- renz hat in dem vorliegenden Antrag weitergehend die Justizministerkonferenz, die Innenministerkonferenz und die Jugend- und Familienministerkonferenz gebeten, bei der Befassung mit dem Thema Cybergewalt die beson- dere Betroffenheit von Frauen einzubeziehen. Die Wirt- schaftsministerkonferenz hat am 10./11. Dezember 2014 den Antrag der Frauen- und Gleichstellungsministerin- nenkonferenz zur Kenntnis genommen. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 162 2 3. Mit welchen konkreten Konzepten und Maßnahmen plant der Senat, die vom GFMK geforderte Weiter- entwicklung und Verstetigung der Ansätze und Angebote zur Vermittlung von Medienkompetenz umzusetzen, um Mädchen und Frauen zu erleichtern, den männlich ge- prägten virtuellen Raum auch für sich zu beanspruchen? Zu 3.: Die Weiterentwicklung und Verstetigung der Ansätze und Angebote zur Vermittlung von Medienkom- petenz ist ein zentrales Anliegen des Landesprogramms „jugendnetz-berlin“. Die medienpädagogische Arbeit der bezirklichen Medienkompetenzzentren beinhaltet auch die Umsetzung von geschlechtergerechten Angeboten für Mädchen und junge Frauen, um sie zu befähigen, das Internet selbstbewusst und kompetent zu nutzen und mit problematischen Situationen im virtuellen Raum umzuge- hen. 4. Ist eine Evaluierung von entsprechenden Präventionsmaßnahmen unter Genderaspekten und anderen Diver- sity-Faktoren geplant? Wenn ja, wann und wie wird diese umgesetzt? Wenn nein, warum nicht? Zu 4.: Zielgenaue Präventionsmaßnahmen sind im Rahmen der Bedarfsprüfung entsprechend zu entwickeln. 5. In welcher Form plant der Senat, die Vermittlung von Werten im Internet und der entsprechenden Medien- kompetenz im Berliner Schulunterricht zu verankern? Zu 5.: Im neuen Rahmenlehrplan 1 – 10 der Länder Berlin und Brandenburg, der sich zurzeit in der Anhö- rungsphase befindet, wird erstmalig die Medienbildung neben anderen übergreifenden Themen auf eine curricu- lare Grundlage gestellt. Der fachübergreifende Teil B enthält in einem Basiscurriculum Medienbildung Stan- dards für die Medienbildung. Darüber hinaus enthält er eine Darstellung von Themen, die Schülerinnen und Schüler auf die Welt von morgen vorbereiten und zu ihrer gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Bil- dung beitragen sollen. Der souveräne und kompetente Umgang mit Medien ist notwendige Voraussetzung für gelingende Lebenspha- sen wie Schule, Ausbildung, Studium und Beruf gewor- den. Daraus folgt, dass der Bildungs- und Erziehungsauf- trag um den Bereich einer verbindlichen und umfassenden Förderung von Medienbildung für Kinder und Jugendli- che erweitert werden muss. Der im Basiscurriculum Medienbildung verwendete Medienbegriff schließt alle Medienarten vom gedruckten Buch über Zeitung, Radio, Film/Fernsehen bis hin zu digitalen Medien (z.B. Internet, Soziale Netzwerke, Smartphone und Computerspiele) ausdrücklich mit ein. Schulische Medienbildung versteht sich über alle Schul- stufen hinweg als ein dauerhafter, pädagogisch struktu- rierter und begleiteter Prozess der konstruktiven und kriti- schen Auseinandersetzung mit der Medienwelt, ihren Medientechnologien und -inhalten in allen Medienarten sowie dem eigenen Mediengebrauch. 6. Mit welchen konkreten Konzepten und Maßnah- men wird der Senat das bestehende Schutz- und Hilfe- system für von Gewalt betroffene Frauen und Mädchen bei der Bewältigung der Herausforderungen durch Cyber- gewalt im Rahmen der qualitativen Weiterentwicklung unterstützen? 6.1 In welcher Form wird IT-Expertise in entspre- chende psychosoziale Beratungsangebote integriert? 6.2 Mit welchen konkreten Konzepten und Maßnah- men wird der Senat die von der GFMK geforderte koor- dinierende Öffentlichkeitsarbeit und die Vernetzung mit Angeboten auf Bundesebene umsetzen? Zu 6., 6.1. und 6.2.: Der Berliner Senat setzt sich im Rahmen der o.g. Ausführungen zu den Fragen 1. und 2. für ein entsprechendes Schutz- und Hilfesystem für von Gewalt betroffenen Mädchen und Frauen und die damit zukünftig verbundenen Weiterentwicklungsnotwendig- keiten, Öffentlichkeitsarbeit und Vernetzung ein. Ansätze im Umgang mit Cybergewalt gibt es in Berlin im Bereich der Stalkingberatung. Der Bedarf an psycho- sozialer Beratung und Begleitung von Frauen und Mäd- chen, die von Stalking betroffen sind, hat in den vergan- genen Jahren erheblich zugenommen. Vor diesem Hinter- grund hat der Senat den Aufbau von Selbsthilfegruppen und einer Beratungsstelle für von Stalking betroffene Frauen und Mädchen beim Frieda Frauenzentrum unter- stützt. Im Rahmen der Neuausschreibung des Fraueninf- rastrukturprogramms konnte im Januar 2014 dort eine Stelle für Stalkingberatung eingerichtet werden. Der Umgang mit Cybergewalt bildet im Rahmen der Stalkingberatung einen wesentlichen Schwerpunkt. Ein weiteres Aufgabenfeld besteht in der Schulung von Mul- tiplikatorinnen und Multiplikatoren, das auch den Um- gang mit Cybergewalt umfasst. Der Ausbau von und die Mitarbeit in Netzwerkstrukturen zur adäquaten Unterstüt- zung der Opfer ist eine weitere mit der Stelle verbundene Zielstellung. Im Rahmen der Netzwerkarbeit wird eine Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die noch immer erheblich unterschätzte Bedrohungssituation der Opfer mit ihren teilweise gravierenden Auswirkungen auf deren soziales Leben und die Gesundheit angestrebt sowie die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die eigenen Risiken bei der Internetnutzung. Wildwasser - Arbeitsgemeinschaft gegen sexuellen Missbrauch an Mädchen e. V. berich-tet, dass insbeson- dere von jungen Frauen und in den Mädchenberatungs- stellen Themen wie Cybermobbing, Grooming und sexu- elle Gewalt im Internet im Rahmen von Beratungen und Präventionsveranstaltungen angesprochen werden. Wei- terführend dazu bietet Wildwasser e.V. in begrenztem Umfang auch eine Chatberatung an. Zusätzliche Ange- bote werden nur im Rahmen weiterer finanzieller Unter- stützung möglich sein. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 162 3 7. Wann und in welchem Rahmen werden sich die einzelnen Senatsverwaltungen mit dem Thema Cyberge- walt auseinandersetzen? Zu 7.: Neben den in den anderen Fragen angesproche- nen Verwaltungen verweist die Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz auf einen Beschluss der Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister. Der Senator für Justiz und Verbraucherschutz hat sich an der 85. Konferenz der Justizministerinnen und Justiz- minister am 25. und 26. Juni 2014 im Ostseebad Binz auf Rügen beteiligt, auf der folgender Beschluss gefasst wor- den ist: „1. Die Justizministerinnen und Justizminister haben sich mit dem Phänomen des Cybermobbings be- fasst. Sie nehmen mit Besorgnis zur Kenntnis, dass die Zahl von Diffamierungen im Internet, insbesondere in sozialen Netzwerken, in den vergangenen Jahren erheb- lich gestiegen ist. 2. Die Justizministerinnen und Justizminister bitten den Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz zu prüfen, ob das Unrecht des Cybermobbings durch die geltenden strafrechtlichen Vorschriften angemessen er- fasst wird und ob sie die erforderliche generalpräventive Wirkung entfalten. 3. Die Justizministerinnen und Justizminister appellie- ren an die Betreiber von sozialen Netzwerken, ihrerseits gegen Cybermobbing vorzugehen, etwa durch die Ein- richtung von Hilfe- und Beratungsteams sowie kurzfristig wirkenden, effektiven Melde- und Löschmechanismen. Sie regen – nicht zuletzt auch unter Berücksichtigung des Urteils des EuGH vom 13. Mai 2014 (Az. C-131/12) und das darin gestärkte „Recht auf Vergessenwerden“ im Internet - an, dass der Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz in geeigneter Form, etwa im Rahmen eines Runden Tisches, mit den Betreibern entsprechende Lösungsmöglichkeiten erörtert.“ Der Polizeipräsident erläutert, dass das Thema Cyber- gewalt auf Anfrage im Rahmen der Anti-Gewalt-Veran- staltungen in Schulen mitbehandelt wird. Im Rahmen des stadtweiten Konzeptes zur Internetkriminalität (Internet- Gefahren – Neue Medien) werden themenbezogene Informationsveranstaltungen in Schulen durchgeführt. Eine gesonderte themenbezogene Informationsveranstaltung zum Thema Cybergewalt wird von der Polizei Berlin nicht angeboten. Es wird in der Vermittlung nicht nach Geschlechtern unterschieden. So werden die Maßnahmen allen Schülerinnen und Schülern angeboten und nicht nur ausschließlich Schülerinnen. Die Vermittlung von Medienkompetenz obliegt nicht der Polizei. Sie ist vielmehr ein pädagogischer Auftrag und wird durch das Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg wahrgenommen. Das Thema „Cybergewalt“ stellt keinen eigenständigen Straftatbestand dar, diesbezügliche Straftaten werden gemäß der deliktischen Ausrichtung bei der Polizei Berlin bearbeitet. Vorgänge die sich beispielsweise gegen die sexuelle Selbstbestimmung richten, werden somit im LKA 1 (Delikte am Menschen) bearbeitet. 8. In welchem Rahmen plant der Senat, Polizei und Justiz zum Thema Cybergewalt zu schulen? Welche Res- sourcen werden hierfür zur Verfügung gestellt? Zu 8.: Das Phänomen der „Cybergewalt“ umfasst in seiner Komplexität diverse Aspekte, die themenübergrei- fend für die Aus- und Fortbildung von Richtern und Staatsanwälten von Relevanz sind. Cybergewalt ist vor allem ein spezieller Bereich der Internetkriminalität, wobei gerade die gravierendsten Probleme der Strafverfolgung dieser Kriminalitätsart - wie z. B. die Rückverfolgung der ins Internet gestellten Dateien zu deren Urheber - auch bei der Cybergewalt eine gewichtige Rolle spielen. Die Aus- und Fortbildung des höheren Justizdienstes zur Verfolgung von Internetkrimi- nalität nimmt bei den Fortbildungsangeboten des Gemein- samen Juristischen Prüfungsamtes der Länder Berlin und Brandenburg eine hervorgehobene Position ein. An der Justizakademie des Landes Brandenburg in Königs Wusterhausen finden regelmäßig Fortbildungsveranstal- tungen für den höheren Justizdienst der Länder Berlin und Brandenburg statt, die vom Gemeinsamen Juristischen Prüfungsamt der Länder Berlin und Brandenburg organi- siert werden und bei denen die Bekämpfung der Cyber- kriminalität ausführlich behandelt wird. So fanden in den Jahren 2013 und 2014 3 eintägige Veranstaltungen an der Justizakademie zum Thema „Internetkriminalität “ statt, die sich u.a. mit den technischen Grundlagen und möglichen Ermittlungsmaßnahmen im Bereich der Cyberkriminalität befassten. Darüber hinaus veranstaltete das Gemeinsame Juristi- sche Prüfungsamt der Länder Berlin und Brandenburg in 2014 im Rahmen des hiesigen Fortbildungskonzepts „Fortbildung IT-Kriminalität“ eine 6-tägige Spezialschulung für Spezialistinnen und Spezialisten zur Bekämpfung der IT-Kriminalität aus dem Bereich der Gerichte und Staatsanwaltschaften. Ziel dieser Fortbildungsmaßnahme war, bei den Justizbehörden Spezialistinnen und Spezia- listen auszubilden, die den ständig wachsenden techni- schen und juristischen Anforderungen bei der Verfolgung von Straftaten im Zusammenhang mit dem Internet - so auch der Cybergewalt - gewachsen sind. Themen dieser 6-tägigen Ausbildung waren u. a. EDV-Beweis-siche- rungsmaßnahmen, Ermittlungen in Datennetzen und mit Auslandsbezug, Herausforderung Massendaten, Probleme des Datenschutzes etc. Hintergrund dieser Fortbildungs- maßnahme war u.a., dass sich zurzeit in Berlin eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft zur Bekämpfung der Internetkriminalität im Aufbau befindet. Auch in 2015 wird das Gemeinsame Juristische Prüfungsamt der Länder Berlin und Brandenburg eine Fortbildungsveranstaltung speziell nur für die Dezernentinnen und Dezernenten dieser Schwerpunktstaatsanwaltschaft ausrichten. Auch die sonstigen Aspekte, die bei der Verfolgung der Cyber- gewalt gegen Frauen und Mädchen eine Rolle spielen, finden in den Fortbildungsangeboten für die Angehörigen des höheren Justizdienstes des Landes Berlin Berücksich- tigung: So wird das Gemeinsame Juristische Prüfungsamt der Länder Berlin und Brandenburg in 2015 an der Justiz- Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 162 4 akademie eine Fortbildungsveranstaltung zum Thema: „Opferschutz in der Strafrechtspflege“ veranstalten, bei der auch auf die geplante Einführung der psychosozialen Prozessbegleitung - ein Instrument, das sicher auch im Bereich der Cybergewalt eine Rolle spielen wird - durch das 3. Opferrechtsreformgesetz eingegangen werden soll. Ebenso wird in 2015 eine Fortbildungsveranstaltung zum Thema „Rechtsprechung des BGH zum materiellen Sexualstrafrecht und zum entsprechenden Verfahrens- recht“ stattfinden, bei der Aspekte des Themas ebenfalls Berücksichtigung finden werden. Zudem wurde zuletzt im Oktober 2013 eine 2-tägige Lehrveranstaltung zum The- ma „Stalking und häusliche Gewalt“ durch das Gemeinsame Juristische Prüfungsamt der Länder Berlin und Brandenburg an der Justizakademie durchgeführt; hierbei wurden übergreifend Aspekte von Gewalt gegen Frauen und Mädchen in die Veranstaltung einbezogen. Darüber hinaus stehen für die Berliner Richterinnen und Richter und Staatsanwältinnen und Staatsanwälte fortlaufend Plätze an der Deutschen Richterakademie zur Verfügung, die jährlich Fortbildungen zum Thema Inter- netkriminalität, Opferschutz, Sexualstraftaten und Stal- king anbietet. Das Thema Cybergewalt wird durch die Polizei Berlin bei Bedarf im Rahmen von Anti-Gewalt-Veranstaltungen und themenbezogenen Informationsveranstaltungen ange- sprochen. Die Hochschule für Wirtschaft und Recht hat eine In- ternetplattform eingerichtet, die zum Thema Cybermob- bing informiert. Erste Kontakte zwischen den Verant- wortlichen dieser Internetplattform und der Zentralstelle für Prävention haben stattgefunden. Es ist eine Koopera- tion von Seiten der Hochschule für Wirtschaft und Recht mit der Polizei Berlin geplant. Im Rahmen dieser Verein- barung ist geplant, dass sich die Präventionsbeamten der Abschnitte mit einer Fortbildung informieren und schulen lassen können. Die Ausgestaltung einer solchen Fortbil- dung muss noch vorgenommen werden. 9. Mit welchen konkreten Konzepten und Maßnah- men plant der Senat, in der Öffentlichkeit auf das Problem von Cybergewalt gegen Frauen und Mädchen aufmerk- sam zu machen? Zu 9.: Das Programm Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes hat im Zusammenhang mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik ein Medienpaket mit dem Titel „Verklickt!“ erarbeitet, das auch den Schulen zur Verfügung gestellt wurde. Wei- tere Materialien sind:  Handreichung „Im Netz der neuen Medien“  Broschüre „Klicks-Momente“  Film „Chatten und Surfen. Aber sicher“  Medienpaket „Abseits“  Film „Wenn Liebe zur Bedrohung wird“  Das Netz vergisst nichts  HALLO. Jetzt reicht´s!  Opfer, Schlampe, Hurensohn – gegen Mobbing Bei der Berliner Polizei existieren bislang keine ei- genständigen „vernetzten Konzepte“ zum Thema Cybergewalt (siehe hierzu auch Frage 7 und 8). 10. Welche geschlechtsspezifischen Daten erhebt der Senat zu Cybergewalt? Zu 10.: Die für die Führung der bei der Generalstaats- anwaltschaft, der Staatsanwaltschaft und der Amtsanwalt- schaft geführten Verfahrensregister Js / UJs geltenden Regelungen verlangen die Erhebung der Personalien des Opfers nur in Fällen, in denen sich das Verfahren gegen Unbekannt richtet. Zwar dürften Angaben zum Opfer auch bei der Eintragung von Verfahren gegen namentlich bekannte Beschuldigte übernommen werden, sofern sie von der Polizei mitgeliefert werden. Eine Garantie hierfür gibt es jedoch nicht. Infolgedessen existieren keine Sta- tistiken, die auf das Geschlecht der Opfer abstellen, noch lassen sich solche nachträglich erstellen. Zudem verbietet § 6a des Berliner Datenschutzgesetzes die Erhebung von Informationen über das Sexualleben in Übereinstimmung mit Art. 8 Abs. 1 der EU-Datenschutzrichtlinie, so dass daher eine statistische Erfassung nicht zulässig wäre.“ Das Tatmittel „Internet“ wird seit dem Jahr 2004 über die Polizeiliche Kriminalstatistik ausgewertet. Im Jahr 2013 wurden 19.336 Fälle von Internetkrimi- nalität registriert. Im Vergleich zum Vorjahr (20.970) stellt dies eine Abnahme um 1.634 Fälle (-7,8%) dar. Aussagen zur Fallzahlenentwicklung im Jahr 2014 kön- nen erst zum Jahresabschluss getroffen werden. Geschlechtsspezifische Daten zu Geschädigten sind über die Polizeiliche Kriminalstatistik nur zu den soge- nannten Opferdelikten möglich. Der nachfolgenden Ta- belle sind die zur Sonderkennung „Internet“ erfassten Opferdelikte zu entnehmen. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 162 5 Delikt 2013 2012 M W M W Anbieten von Kindern zu sexuellen Handlungen 1 Bedrohung 33 27 25 23 Bestimmen eines Kindes zu sexuellen Handlungen an sich selbst 1 1 Einwirken auf Kind mittels Bild oder Ton 2 7 2 3 Exhibitionistische Handlungen 1 1 Nachstellung/Stalking 11 26 24 29 Sexuelle Handlungen an einem Kind oder durch ein Kind (auch durch Dritte) 1 2 Sexueller Missbrauch von Jugendlichen 1 Sexueller Missbrauch von Kindern für die Herstellung und Verbreitung pornografischer Schriften 1 Sonstige Nötigung 6 21 12 5 Sonstige Räuberische Erpressung 1 Sonstige sexuelle Nötigung 1 1 Sonstiger schwerer sexueller Missbrauch von Kindern 2 1 2 2 Gesamtergebnis 58 84 68 66 Quelle: DWH Polizeiliche Kriminalstatistik Recherche, 19.12.2014, Opferdelikte mit Sonderkennung „Internet“ Die Anzahl der weiblichen Geschädigten stieg 2013 im Vergleich zum Jahr 2012 von 66 auf 84. Der Anstieg ist insbesondere auf den Bereich der „Sonstigen Nötigung “ zurückzuführen. Berlin, den 22. Dezember 2014 In Vertretung Barbara L o t h Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 30. Dez. 2014)