Drucksache 17 / 15 228 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Martin Delius (PIRATEN) vom 12. Dezember 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Januar 2015) und Antwort Geheimaufträge an Berliner Hochschulen und Universitäten Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Aufträge, bei denen eine unbeschränkte oder unbefristete Geheimhaltung der wissenschaftlichen Ergebnisse vorgeschrieben ist, wurden vom wissenschaft- lichen oder ggf. künstlerischen Personal der Universität bzw. Hochschule in den Jahren 2013 und 2014 übernom- men? (Bitte nach Universität bzw. Hochschule und Fach- bereichen aufschlüsseln) 2. Bei wie vielen Aufträgen, bei denen eine unbe- schränkte oder unbefristete Geheimhaltung der wissen- schaftlichen Ergebnisse vorgeschrieben ist, wurde in den Jahren 2013 und 2014 eine Genehmigung der Inan- spruchnahme von Einrichtungen, Personal und Material der Hochschule für Nebentätigkeiten beantragt? (Bitte nach Universität bzw. Hochschule und Fachbereichen aufschlüsseln) 3. Wie viele der in Frage 2 genannten Anträge auf In- anspruchnahme von Einrichtungen, Personal und Material der Hochschule für Nebentätigkeiten wurden genehmigt? (Bitte nach Universität bzw. Hochschule und Fachberei- chen aufschlüsseln) Zu 1. bis 3.: Die nachgefragten Informationen liegen dem Senat im Rahmen der Wahrnehmung der üblichen Aufgaben zur Fach- und Rechtsaufsicht routinemäßig nicht vor. Eine Vorabfrage in den zuständigen Hochschu- len ergab darüber hinaus, dass auch dort die erforderli- chen Daten nicht aggregiert vorliegen, sondern durch händische Sichtung sämtlicher in Hochschulen vorliegen- den Verträge gesondert ausgewertet werden müssen. Nach dieser Auskunft werden pro großer Berliner Univer- sität und pro Jahr zirka 200 Verträge über Forschungsvor- haben abgeschlossen. Hinzu kommen vergleichbare Ver- träge der Fachhochschulen. Die digitale Verwaltung die- ser Dateibestände sortiert sich i.d.R. nicht am Kriterium der Veröffentlichung oder der Geheimhaltung von For- schungsergebnissen. Gleichwohl sind allgemeine Aussagen zum angefrag- ten Komplex möglich. Grundsätzlich ist davon auszuge- hen, dass entsprechende Verträge keiner „Geheimhaltung “ unterliegen und ab einer bestimmten finanziellen Größenordnung auch den akademischen Gremien vorge- legt werden müssen. Die Frage, inwieweit der Auftraggeber verlangen kann, dass mögliche Forschungsergebnisse nur teilweise, verzögert oder gar nicht veröffentlicht werden dürfen, kann nur auf Grundlage der o.g. Vorabfrage und schät- zungsweise beantwortet werden. Demnach kommt es unter Berücksichtigung aller Kooperationsverträge bei einem einstelligen Prozentbereich zu Einschränkungen hinsichtlich der Veröffentlichungen. Dem Vertragsverhältnis liegt in der Regel die Situati- on zugrunde, dass ein Marktteilnehmer zur Realisierung seiner Produktidee oder zur Umsetzung seiner Geschäfts- idee einer Forschungsleistung bedarf, von der er vermutet, dass sie von einer Hochschule qualitativ hochwertiger oder kostengünstiger erbracht werden kann, als wenn er selbst eine Forschungs- und Entwicklungsabteilung auf- baut. Die Hochschulen profitieren von diesen Verträgen dadurch, dass sie mit den aktuellen Problemen und Pro- zessen innovativer Unternehmen vertraut bleiben, über die Drittmittel zusätzliches Personal und Infrastruktur finanzieren und sich für die Forschenden ggf. Nachfolge- tätigkeiten im privatwirtschaftlichen Arbeitsmarkt erge- ben. Im Zuge dieser Forschungskooperationen bzw. Drittmittelforschung kann es von Seiten des Unterneh- mens zum Schutz von Betriebsgeheimnissen oder zur Sicherung des mit der Forschung angestrebten Produkti- onsvorteils notwendig sein, die Veröffentlichung von Ergebnissen zeitlich zu verzögern oder zu beschränken. Auch in Fällen, wenn zunächst ein Patentschutz er- wirkt werden muss, können Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler - auch ohne Kooperationsverträge - ihre Forschungsergebnisse zurückhalten. Andernfalls bestände die begründete Gefahr, dass Fremde auf die Erfindung ein Schutzrecht anmelden und die eigentliche Erfinderin/der eigentliche Erfinder über ihre/seine eigene Entdeckung nicht mehr verfügen dürfte. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 228 2 Die abzuwägenden Schutzbedürfnisse bewegen sich dabei in einem grundsätzlichen Spannungsverhältnis zwischen der verfassungsrechtlich geschützten Freiheit der Forschung und der o.g. Auftragsforschung bzw. dem Eigentumsrecht der Auftraggeberin/des Auftragsgebers an Betriebsinterna. Dieses dürfte in dem Maße schärfer her- vortreten, als die Auftraggeberin/der Auftraggeber kein schutzwürdiges Interesse hat oder dieses Interesse als gemeinwohlschädigend bewertet werden kann. Die für Hochschulen zuständige Senatsverwaltung hat bereits 2011 alle Berliner Hochschulen brieflich um be- sondere Sensibilität bei der Abwägung der Schutzbedarfe gebeten und auf den „Code of Conduct“ des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft hingewiesen. Der Senat geht nach wie vor davon aus, dass die Berliner staatlichen Hochschulen sich diesen Grundsätzen ver- pflichtet fühlen. Berlin, den 26. Januar 2015 In Vertretung Steffen Krach Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. Jan. 2015)