Drucksache 17 / 15 245 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katrin Lompscher und Uwe Doering (LINKE) vom 08. Januar 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. Januar 2015) und Antwort Sind Seniorenwohnanlagen für Land und Bezirke nichts mehr wert? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Antwort basiert in Gänze auf einer Zulieferung des für Stadtentwicklung und für die seniorenpolitische Leitlinie 4 „Wohnen im Alter“ zuständigen Senatsressorts sowie den Zulieferungen des von den Fragen 5-6 sowie 10-11 direkt betroffenen Bezirksamtes Steglitz-Zehlen- dorf sowie den vorliegenden Zulieferungen der weiteren befragten Bezirke (vgl. Bezirksumfrage zur Beantwortung der Schriftlichen Anfrage 17/15237). 1. Wie viele Seniorenwohnanlagen mit wie vielen Wohneinheiten gab es vor zehn Jahren im Eigentum des Landes, der Bezirke bzw. der städtischen Wohnungsbau- gesellschaften und wie viele sind es heute? Zu 1.: Auf der Grundlage von 15 „GrundstücksLeihverträgen “ mit verschiedenen Wohnungsbaugesellschaften bzw. -genossenschaften wurden zwischen Ende der 1960’er Jahre und Mitte der 1970’er Jahre Seniorenwohnhäuser errichtet (vgl. Antwort auf die Schriftliche Anfrage 17/14511 der Abgeordneten Katrin Lompscher und Steffen Zillich (Die Linke) vom 08.09.2014). Davon befinden sich derzeit neun Grundstücke im Ei- gentum des Landes Berlin. Gemäß den bezirklichen Haushaltsplänen 2014/2015 sind insgesamt 27 Seniorenwohnhäuser mit 2.039 Wohneinheiten im Eigentum des Landes, der Bezirke bzw. der städtischen Wohnungsbaugesellschaften. Gesonderte Zulieferungen der Bezirke: - Reinickendorf: Sämtliche ehemals zwölf Senioren- wohnhäuser mit insgesamt 1259 Wohneinheiten wurden im Zeitraum 2003-2009 an die jeweiligen Eigentümer zurückgegeben. - Spandau: Es gab und gibt zwei landeseigene Senio- renwohnhäuser mit insgesamt 128 Wohneinheiten, die im Fachvermögen des Sozialamts gebucht sind. - Neukölln: Es gab und gibt ein Seniorenwohnhaus mit 139 Wohneinheiten mit einem Generalmietvertrag des Bezirksamtes mit dem Eigentümer. - Steglitz-Zehlendorf: Von den fünf Wohnanlagen mit 443 Wohneinheiten aus 2005 befinden sich 2015 noch drei mit 290 im Eigentum des Bezirks. - Friedrichshain-Kreuzberg: 2005 gab es einen Be- stand von vier Seniorenwohnhäusern mit insgesamt 297 Wohneinheiten. - Treptow-Köpenick: Unveränderter Bestand mit ei- nem Seniorenwohnhaus. - Tempelhof-Schöneberg: Aktuell befinden sich zwei Seniorenwohnhäuser mit insgesamt 97 Wohneinheiten im Eigentum des Bezirks. 2. Wie viele und welche Seniorenwohnanlagen sind im Sozialen Wohnungsbau errichtet worden? Zu 2.: Von den in der Antwort zu 1. genannten 27 Se- niorenwohnhäusern sind neun im Sozialen Wohnungsbau errichtet worden. Die unter 1. aufgeführten Seniorenwohnhäuser der Bezirke Spandau, Neukölln und Tempelhof-Schöneberg sind ausdrücklich nicht im Sozialen Wohnungsbau errich- tet worden. Von den drei Seniorenwohnanlagen des Be- zirks Steglitz-Zehlendorf ist ein Teil einer Anlage im Sozialen Wohnungsbau errichtet worden. 3. Wie hoch sind die durchschnittlichen Mieten in den Seniorenwohnanlagen im frei finanzierten und im Sozia- len Wohnungsbau? Zu 3.: Hierzu liegen dem Senat keine Erkenntnisse vor. Gesonderte Rückmeldungen der Bezirke: - Spandau: Die durchschnittlichen Warmmieten betra- gen 8,80 € bzw. 8,61 € pro Quadratmeter. - Neukölln: Die durchschnittliche Warmmiete beträgt 521,60 €. - Steglitz-Zehlendorf: Folgende durchschnittliche Net- tokaltmieten wurden erzielt: Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 245 2 Wohnanlagen Wohnfläche in m² Nettokaltmiete ges. Nettokaltmiete/m² Wohnanlage 1- Haus 1 26 82,00 € 3,15 €/m² Wohnanlage 1- Haus 2 48 272,00 € 5,68 €/m² Wohnanlage 1- Haus 3 26 67,00 € 2,58 €/m² Wohnanlage 2- Haus 1 25 78,00 € 3,12 €/m² Wohnanlage 2- Haus 2 41 168,00 € 4,10 €/m² Wohnanlage 2- Haus 3 41 163,00 € 3,97 €/m² Wohnanlage 3- Haus 1 45 (sozialer Wohnungsbau) 523,00 € 11,62 €/m² Wohnanlage 3- Haus 2 45 (sozialer Wohnungsbau) 509,00 € 11,31 €/m² Wohnanlage 3- Haus 3 40 263,00 € 6,75 €/m² - Tempelhof-Schöneberg: Der Mietpreis liegt bei 5,90 € nettokalt. 4. Für wie viele und welche Seniorenwohnanlagen mit wie vielen Wohneinheiten sind in der nächsten Zeit Ver- äußerungen geplant? Zu 4.: Hierzu liegen dem Senat keine Erkenntnisse vor. Gesonderte Rückmeldungen der Bezirke: - Spandau, Treptow-Köpenick, Tempelhof-Schöne- berg: Es gibt derzeit keine derartigen Pläne. - Neukölln: Das Bezirksamt ist nur der Generalmieter (s. Antwort zu 1.). - Steglitz-Zehlendorf: Derzeit wird zu allen drei Wohnanlagen im Bezirk überlegt, unter welchen Bedin- gungen diese weiter betrieben werden sollen. In diese Überlegungen ist auch die Möglichkeit der Veräußerung einbezogen. 5. Trifft es zu, dass das Seniorenwohnhaus in der Mudrastraße in Lankwitz, das sich im Eigentum des Be- zirks befindet, vor dem Verkauf steht, und wenn ja, wel- che Bedingungen gibt es im Verkaufsverfahren und wird städtischen Wohnungsbaugesellschaften ein Vorkaufs- recht oder ein Kauf zu besonderen Konditionen einge- räumt? Zu 5.: Es trifft zu, dass das zuständige Bezirksamt derzeit prüft, ob und ggf. unter welchen Rahmenbedin- gungen sich der Bezirk von seinen Seniorenwohnhäusern - da-runter auch die Mudrastraße 1-11 - trennt. Für diese Prüfung hat das Bezirksamt zur Beurteilung der aktuellen Situation und der sich daraus ergebenden Handlungs- möglichkeiten eine „Arbeitsgruppe Seniorenwohnhäuser“ gebildet. Im Ergebnis wurde festgestellt, dass sich der Gebäudekomplex Mudrastraße 1-11 in einem desolaten baulichen Zustand befindet. Die Durchführung der dring- lichsten Sanierungsmaßnahmen würde Kosten von min- destens acht Millionen Euro verursachen. Diese Prognose umfasst noch nicht die weiteren Investitionserfordernisse für die Veränderung der derzeitigen Wohnungszuschnitte, die Ausstattung aller Wohnungen mit Bädern, Reno- vierungen sowie die Ertüchtigung der Aufzugsanlage. Aufgrund dieses Sachstandes ist eine Abgabe der Im- mobilie Mudrastraße 1-11 an die Liegenschaftsfonds Berlin GmbH & Co. KG zur Vermarktung eine adäquate Handlungs-möglichkeit, die vorrangig geprüft wird. Da zu dieser Option jedoch noch nicht alle notwendigen Infor- mationen vorliegen, ist eine abschließende Entscheidung zur Zukunft der Seniorenwohnanlage Mudrastraße 1-11 noch nicht getroffen worden. Vor dem Hintergrund, dass die Entscheidung zur Ab- gabe an die Liegenschaftsfonds Berlin GmbH & Co. KG noch nicht getroffen ist, kann vom Bezirk zu der Frage, an wen und ggf. zu welchen Bedingungen/Konditionen die Liegenschaftsfonds Berlin GmbH & Co. KG die Liegen- schaft zu gegebener Zeit ggf. vermarktet, keine Aussage getroffen werden. Für den Bezirk erscheinen alle unter Punkt 5. der Schriftlichen Anfrage genannten Optionen möglich. 6. Wie erklärt sich der Instandsetzungsstau in der un- ter Punkt 5 genannten Seniorenwohnanlage? Zu 6.: Das Investitionsvolumen des zuständigen Be- zirks für alle bezirklichen Immobilien beträgt im Ansatz für 2015 2.691.000 Euro. Die Ansätze der Vorjahre be- wegen sind in einem vergleichbaren Rahmen. Von diesem Betrag sind die Investitionsmaßnahmen für alle Gebäude im Bestand des Bezirkes (außer Schul- und Sportanlagen) zu bestreiten. Berücksichtigt man den Investitionsbedarf von mindestens 8.000.000,00 Euro für die Anlage Mudra- straße wird deutlich, dass der Sanierungsbedarf der Ge- bäude mit den zur Verfügung stehenden Mitteln nicht annähernd zeitnah zu decken ist. Für die Seniorenwohnhäuser - auch die Mudrastraße 1-11 - wurden deshalb nur dringend notwendige Maß- nahmen für Brandschutz, Flucht- und Rettungswege und zur Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit neu ange- meldet. Das Vorhalten von kommunalem Wohnungsbestand stellt eine freiwillige Aufgabe des Bezirks dar, die er zu Zeiten anderer finanzieller Rahmenbedingungen vor rund 40 - 50 Jahren begonnen hat. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 245 3 Kameral gilt der Grundsatz der Gesamtdeckung nach § 8 Landeshaushaltsordnung (LHO), wonach alle Ein- nahmen zur Deckung aller Ausgaben dienen. Insofern besteht weder bei der Haushaltsplanaufstellung noch in der Haushaltswirtschaft eine direkte Verbindung zwi- schen der Einnahmen- und Ausgabenseite. Den Bezirken wird von der Senatsverwaltung für Finanzen eine Global- summe zugewiesen. Im Rahmen der eigenverantwortlichen Verwendung der Zuweisung durch den Bezirk war unter Berücksichti- gung von Veranschlagungsvorgaben und Prioritätenset- zungen eine weitergehende Finanzierung von Instandset- zungsvorhaben nicht möglich. 7. Wie werden die Mieteinnahmen von im Eigentum der Bezirke befindlichen Seniorenwohnanlagen durch die Bezirke verbucht und wie hoch sind die Instandhaltungs- und Instandsetzungsrücklagen für die einzelnen Objekte? Zu 7.: Die Bewirtschaftung der im Eigentum der Be- zirke befindlichen Seniorenwohn-häuser erfolgt in den Bezirken Charlottenburg-Wilmersdorf, Steglitz-Zehlen- dorf und Neukölln durch Generalmietverträge u. a. mit städtischen Wohnungsbaugesellschaften, Wohnungsbau- genossenschaften und Stiftungen. In den Bezirken Spandau, Steglitz-Zehlendorf und Tempelhof-Schöneberg erfolgt die Bewirtschaftung der im Eigentum der Bezirke befindlichen Seniorenwohnhäu- ser über den jeweiligen Haushaltsplan. 8. Inwieweit unterstützt der Senat die Bezirke beim Betreiben von Seniorenwohnanlagen, die einen hohen Investitionsbedarf aufweisen? 9. Hält der Senat Seniorenwohnanlagen im Bezirksei- gentum weiterhin für erstrebenswert oder unterstützt er die Bezirke beim Verkauf und wenn ja, wie wird der Ankauf durch städtische Wohnungsunternehmen beför- dert? Zu 8. und 9.: Die Seniorenwohnhäuser liegen in der Zuständigkeit und Verantwortung des jeweiligen Bezirks. 10. Trifft es zu, dass sich das Seniorenwohnhaus in der Tautenburger Straße in Lankwitz im Eigentum der WBM befindet, und wenn ja, wie gedenkt die städtische Wohnungsbaugesellschaft WBM mit der Seniorenwohn- anlage weiter umzugehen? 11. Wie erklärt sich der hohe Leerstand in dem unter Punkt 10 genannten Haus und wie wird gegen den Leer- stand behördlich vorgegangen? Zu 10. und 11.: In der Tautenburger Straße in Lank- witz befinden sich drei Seniorenwohnhäuser. Davon be- findet sich ein Haus mit Grund und Boden im bezirkli- chen Bestand (Tautenburger Str. 34). Zwei der Häuser (Tautenburger Str. 32 und 37/39) be- finden sich auf dem Grund und Boden des Bezirks ste- hend im Eigentum der Wohnungsbaugesellschaft Berlin- Mitte mbH (WBM) und sind per in den 1970´er Jahren geschlossenem Generalmietvertrag unabhängig von Leer- stand vom Bezirk angemietet. Welche Absichten die WBM mit den Objekten Tau- tenburger Straße 32 und 37/39 hat, kann der Bezirk nicht mit Bestimmtheit sagen. Dies müsste bei der WBM er- fragt werden. Derzeit ist die vorliegende Situation ver- tragsgebunden. Wie oben bereits ausgeführt, prüft der Bezirk, ob und ggf. wie er sich auch von diesen Liegenschaften trennen kann. Dazu gehört auch die Möglichkeit, den General- mietvertrag zu lösen und die Grundstücke an die WBM zu verkaufen. Die WBM hat nach Aufforderung durch den Bezirk mitgeteilt, dass sie die Leerstandswohnungen in der Tau- tenburger Straße 32 und 37/39 renovieren wird. 20 der leerstehenden Wohnungen sollen bis zum 15. Februar 2015 wieder im renovierten Zustand zur Verfügung ste- hen, weitere sechs Wohnungen sollen bis zum 30. März 2015 zur Verfügung stehen. Der Leerstand ergibt sich aus verschiedenen Gründen. Die Wohnungen sind teilweise in einem renovierungsbe- dürftigen Zustand, dem jetzt abgeholfen wird, die Woh- nungen entsprechen in Zuschnitt und Ausstattung nicht den heutigen Anforderungen möglicher Mieterinnen und Mieter, die Mieten sind durch den Förderungsabbau im Sozialen Wohnungsbau sehr hoch und die Häuser sind nicht barrierefrei. Ein behördliches Vorgehen gegen den Leerstand ist nur eingeschränkt möglich. Die Renovierung ist veran- lasst und die Wohnungen werden auch grundsätzlich von der hausverwaltenden Serviceeinheit des Bezirksamtes angeboten. Aber Wohnungsstandards (Größe, Zuschnitt, Ausstattung, etc.) von vor 40 – 50 Jahren sind nicht die beste Grundlage, um Interessenten als Mieterinnen und Mieter zu gewinnen. Und die Möglichkeit einer Zwangs- vermietung besteht nicht. Ggf. bietet eine Veräußerung der Häuser - sofern ein Erwerber entsprechende Investitionen vornimmt - die Möglichkeit, attraktiven, barrierefreien und modern aus- gestatteten Wohnraum anzubieten, der eine größere Nach- frage und insbesondere Annahme der Wohnungen von Mieterinnen und Mietern zur Folge hat. 12. Wie gedenkt der Senat Mieterinnen und Mieter von Seniorenwohnhäusern, die seinerzeit vom Bezirk oder vom Land errichtet wurden bzw. sich im Eigentum städtischer Wohnungsunternehmen befanden (wie etwa die Seniorenwohnanlage Hansa-Ufer 5), nach dem Ver- kauf der Häuser an Private zu unterstützen und plant das Land dabei auch den Rückkauf von Seniorenwohnhäusern durch seine städtischen Wohnungsunternehmen? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 245 4 Zu 12.: Ein Rückkauf von Seniorenwohnhäusern durch ein städtisches Wohnungsunternehmen ist nicht beabsichtigt. Berlin, den 27. Januar 2015 Mario C z a j a _____________________________ Senator für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 29. Jan. 2015)