Drucksache 17 / 15 246 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Fabio Reinhardt und Susanne Graf (PIRATEN) vom 08. Januar 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. Januar 2015) und Antwort Werden Berliner Flüchtlingskinder von Kita, Tagespflege sowie ergänzender Förderung und Betreuung an Grundschulen weiterhin ausgeschlossen? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Kinder unter 6 Jahren, wie viele Kinder von 6 bis 13 Jahren und wie viele Jugendliche von 14 bis 18 Jahren leben aktuell in vertragsgebundenen Einrich- tungen für Flüchtlinge (Aufnahmeeinrichtungen, Gemein- schaftsunterkünfte, Notunterkünfte) für Flüchtlinge? (Bit- te die Zahlen aus den Kleinen Anfragen 17/11976 und 17/12407 aktualisieren und ergänzen.) Zu 1.: Der nachfolgenden Tabelle sind die entspre- chend aktualisierten Daten zu entnehmen. Daten zur An- zahl der in Einrichtungen lebenden Kinder unter dem 6. Lebensjahr werden bisher nicht regelmäßig erhoben. Im Rahmen der ressortübergreifenden Arbeitsgruppe zur konzeptionellen „Neuausrichtung bei der Unterbringung von Asylbegehrenden und Flüchtlingen in Berlin“ wird die künftige Datenerhebung und deren Umfang in Ab- sprache mit allen Beteiligten vereinbart. Bezirke Anzahl der Kinder 6 - 12 Jahre 13 - 16 Jahre 17 - 18 Jahre Mitte 235 181 36 Friedrichshain-Kreuzberg 124 95 19 Pankow 243 187 37 Charlottenburg-Wilmersdorf 111 85 17 Spandau 281 216 43 Steglitz-Zehlendorf 118 91 18 Tempelhof-Schöneberg 122 94 19 Neukölln 93 72 14 Treptow-Köpenick 172 133 27 Marzahn-Hellersdorf 132 102 20 Lichtenberg 299 230 46 Reinickendorf 145 112 22 Berlin gesamt 2.076 1.597 319 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 246 2 2. Wie viele der Kinder unter 6 Jahren, die in ver- tragsgebundenen Einrichtungen für Flüchtlinge (Aufnah- meeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte, Notunter- künfte) wohnen, besuchen eine Kindertagesstätte, wie viele eine Tagespflege und wie hoch ist jeweils der pro- zentuale Anteil an der Gesamtzahl der Kinder? (Bitte die Zahlen aus den Kleinen Anfragen 17/ 11976 und 17/12407 aktualisieren und ergänzen.) Zu 2.: Der prozentuale Anteil der in Kindertagesein- richtungen und Tagespflege betreuten Kinder kann auf- grund des unter 1. dargestellten Sachverhalts nicht be- nannt werden. Die Anzahl der Kinder mit Unterbringung in Einrich- tungen für Flüchtlinge in Tageseinrichtungen ist der nach- folgenden Tabelle zu entnehmen: Bezirk Kita Kindertages- pflege Mitte 44 5 Friedrichshain-Kreuzberg 24 1 Pankow 29 1 Charlottenburg-Wilmersdorf 29 Spandau 12 2 Steglitz-Zehlendorf 19 1 Tempelhof-Schöneberg 39 2 Neukölln 27 Treptow-Köpenick 18 1 Marzahn-Hellersdorf 34 1 Lichtenberg 17 Reinickendorf 19 Berlin gesamt 311 14 Quelle: ISBJ Kita ausgewertet am 14.01.2015 3. Ist dem Senat inzwischen bekannt, wie viele schul- pflichtige Kinder von 6 bis 13 Jahren, die in vertragsge- bundenen Einrichtungen für Flüchtlinge (Aufnahmeein- richtungen, Gemeinschaftsunterkünfte, Notunterkünfte) wohnen, an der ergänzenden Förderung und Betreuung an Grundschulen teilnehmen? a) Wenn ja, wie hoch ist die Teiler*innenzahl und wie hoch die prozentuale Quote zur Gesamtanzahl? b) Wenn nein, wie begründet die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft die in der Kleinen Anfrage, Drs. 17/12407 erwähnte fehlende statistische Erhebung und was spricht dagegen, die Zahlen zu erhe- ben? Zu 3.: Es wird auf die Beantwortung der Frage 2 zur Kleinen Anfrage 17/12407 verwiesen. Flüchtlingskinder werden in der Gesamtzahl der zu betreuenden Kinder erfasst, eine zusätzliche statistische Erhebung ist daher nicht notwendig und erfolgt nicht. 4. In der Kleinen Anfrage 17/12407 legt die Senats- verwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft dar, dass für Flüchtlingsfamilien die Zuständigkeit für Leis- tungen nach dem SGB VIII sich nach Nr. 6 Abs. 1 AV ZustJug richte. Diese Regelung nehme Bezug auf die AV ZustSoz. Nach Nr. 4 Abs. 3 und 4 AV ZustSoz richte sich die örtliche Zuständigkeit nach dem Geburtsmonat, sei dieser nicht bekannt, nach dem Anfangsbuchstaben des Familiennamens. Am 3. April 2014 hat das Abgeordne- tenhaus beschlossen, dass der Senat prüfen soll, wie zu- künftig organisiert werden kann, dass die Beratung von Eltern, welche Leistungen nach dem Asylbewerberleis- tungsgesetz beziehen vom bezirklichen Jugendamt vor Ort geleistet wird. Angeregt wurde eine Änderung der AV ZustJug (17/1258 und 17/1592). In der zugehörigen Mit- teilung zur Kenntnisnahme (Drs. 17/1921) berichtet die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft, dass aus Sicht der bezirklichen Jugendämter an der Grundkonzeption der Zuständigkeitsverteilung aus Grün- den des Lastenausgleichs festgehalten werden müsse und dass die „bewährte Entscheidungs- und Ressourcenverantwortung gemäß der AV ZustJug“ nicht aufgegeben wird. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 246 3 Dazu fragen wir den Senat: a.) Wie begründen welche bezirklichen Jugendämter das Festhalten am Lastenausgleich, wenn inzwischen alle Bezirke Flüchtlingsfamilien aufnehmen, die Zahl der aufzunehmenden Flüchtlingsfamilien in allen Bezirken weiterhin ansteigt und wenn für den Bereich Hilfen zur Erziehung trotz des Lastenausgleichs das Jugendamt vor Ort zuständig ist? Zu 4. a): Eine gleichmäßige Verteilung der Flücht- lingsfamilien im Vergleich der Bezirke besteht aktuell nicht. Das Beibehalten einer Zuständigkeitsverteilung, die die Bezirke möglichst gleichmäßig belastet, ist eine von allen Bezirken befürwortete Regelung. Probleme mit dieser Regelung sind nicht bekannt, da im Bedarfsfall die Versorgung durch die Jugendämter vor Ort auf dem Wege der Amtshilfe bzw. durch logistische wie räumliche Un- terstützung sichergestellt werden kann. b.) Wie ist die Aussage der Senatsverwaltung in der genannten Mitteilung zur Kenntnisnahme zu verstehen, dass das Jugendamt vor Ort dem „zuständigen Jugendamt Unterstützung bei der Gewährleistungserfüllung leisten“ soll? c.) Welche konkrete „Amtshilfe“ soll das Jugendamt vor Ort leisten und welche konkreten Aufgaben verblei- ben beim zuständigen Jugendamt nach Geburtsmonat oder Familiennamen? Zu 4. b) und 4. c): Die Unterstützung bei der Gewähr- leistungserfüllung durch das Jugendamt vor Ort besteht durch die Information und Beratung über das Berliner Angebot der Kindertagesbetreuung, den Zugängen zum System, der konkreten Antragstellung und Antragsan- nahme und der neu in die Ausführungsvorschriften über die Zuständigkeit der Jugendämter auf dem Gebiet der Kinder- und Jugendhilfe (AV ZustJug) aufgenommenen Verpflichtung der Unterstützung bei Nachweis und der Erlangung eines Kitaplatzes. Dem zuständigen Jugendamt obliegen weiterhin u.a. die Prüfung, Entscheidung und der Erlass des Kita- Gutscheines sowie die Kostenübernahme für die Kinder- tagesförderung. Dies gilt auch für das Antrags- und Be- willigungsverfahren im Bereich der Hilfen zur Erziehung; auch die Hilfeplanung obliegt dem gemäß des Vertei- lungsschlüssels zuständigen Jugendamt. d) Kann der Senat mit Sicherheit ausschließen, dass durch die Bearbeitung der Anträge vor Ort bei gleichzei- tiger Zuständigkeit der Anträge nach Geburtsmonat oder Familienname es zu Verzögerungen bis zum Versenden der Bescheide und Gutscheine an die Familien sowie zu Verminderungen der Qualität der Beratung der Familien vor Ort kommen kann? Zu 4. d): Eine Minderung der Beratungsqualität oder verzögerte Bearbeitung kann nicht erkannt werden, da die allgemeine Beratung zur Kindertagesbetreuung, zum Verfahren der Antragstellung und das Angebot eines konkreten Platzes durch das Jugendamt vor Ort erfolgt und hier auf die spezifischen Gegebenheiten im Sozial- raum wie auch auf die Bedürfnisse der jeweiligen Fami- lien besser eingegangen werden kann. Die Notwendigkeit zügiger Verfahren und das Zusammenwirken der beteilig- ten Jugendämter wurde von allen Jugendämtern aner- kannt. e) Plant der Senat unabhängig von seiner Aussage in der genannten Mitteilung – zur Kenntnisnahme – Änderungen an der AV ZustJug? Wenn ja, welche? Zu 4. e): Derzeit sind keine Änderungen der AV Zust- Jug geplant. Berlin, den 23. Januar 2015 In Vertretung Sigrid Klebba Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. Jan. 2015)