Drucksache 17 / 15 248 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Ole Kreins (SPD) vom 09. Januar 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. Januar 2015) und Antwort Entfernung scheinbar besitzerloser Fahrräder von öffentlichem Straßenland bzw. Fahr- radstellplätzen Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Ist das dauerhafte bzw. längerfristige Abstellen von Fahrrädern an öffentlichen Fahrradstellplätzen oder auf öffentlichem Straßenland untersagt, auch wenn keine Gefahrensituation dadurch entsteht? Wenn ja, wie lang dürften Fahrräder maximal dort abgestellt werden? Zu 1.: An öffentlichen Fahrradabstellplätzen und auf öffentlichem Straßenland dürfen Fahrräder zeitlich unbe- grenzt abgestellt werden, sofern sie niemanden behindern oder gefährden. Im Falle einer Behinderung oder einer Gefahrensitua- tionen wird das Ordnungsamt die geeigneten Gefahren- abwehrmaßnahmen treffen. Dieses kann im Einzelfall auch die Sicherstellung oder Umsetzung des Fahrrads bedeuten. Insbesondere, wenn auf öffentlichem Straßen- land abgestellte Fahrräder Feuerwehreinfahrten blockie- ren oder aber den notwendigen Bewegungsraum für Roll- stuhl Fahrende und zu Fuß Gehende bei der normalen Gehsteignutzung an Engstellen versperren, erfolgt eine Umsetzung des verkehrswidrig abgestellten Fahrrades zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ord- nung. Da die Begriffe „dauerhaft“ und „längerfristig“ nur eine subjektive Wahrnehmung wiederspiegeln, kann dazu keine Aussage getroffen werden. Da bei einem Abstellen eines Fahrrads auf öffentli- chem Straßenland über einen Zeitraum von mehr als drei Wochen ohne jegliche zwischenzeitliche Nutzung eine unerlaubte Abfallbeseitigung oder ein Eigentumsdelikt nicht ausgeschlossen werden kann, stellt das Ordnungs- amt eine Sachfahndungsnachfrage an die Polizei und stellt ggf. im Sinne der Eigentumssicherung auch das Fahrrad sicher. Bei sogenannten Schrottfahrrädern wird von den meis- ten Ordnungsämtern nach drei Wochen von einer Eigen- tumsaufgabe ausgegangen, so dass hier wegen der uner- laubten Nutzung des öffentlichen Straßenlandes über den Allgemeingebrauch hinaus ein Verstoß gegen §14 Berli- ner Straßengesetz vorliegt. 2. Welche Möglichkeiten haben die Ordnungsämter bei der Entfernung scheinbar besitzerloser Fahrräder, die auf öffentlichen Stellplätzen bzw. auf öffentlichem Stra- ßenland abgestellt wurden? Könnten die Eigentümer u.U., etwa bei Verschrottung, Schadensersatzforderungen ge- genüber den Ordnungsämtern geltend machen? 3. Gehen die Ordnungsämter in den Bezirken gleich- ermaßen vor? Wie lange wird ein scheinbar besitzerloses Fahrrad in der Regel mit Markierung und Aufforderung an den Besitzer, es zu entfernen, an seinem Abstellort belassen? Werden auch voll funktionstüchtige Fahrräder markiert und ggf. nach einer angezeigten Frist abgeholt? Zu 2. und 3.: Das Ordnungsamt kann auf der Rechts- grundlage der §§ 38-41 Allgemeines Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG) unerlaubt und/oder gefährdend abgestellte Fahrräder sicherstellen, in Verwahrung neh- men und direkt bzw. später verwerten, soweit diese noch einen geldwerten Vorteil darstellen. In einigen Bezirken (z.B. in Friedrichshain-Kreuzberg und Tempelhof-Schöneberg und seit 2015 in Reinicken- dorf) hat sich das Ordnungsamt in Analogie zu dem Ver- fahren bei Autowracks für ein „Gelbpunkt-Verfahren“ entschieden: Bei nach in Augenscheinnahme durch die Außendienstkräfte der Ordnungsämter erkennbar funkti- onsuntüchtigen Fahrrädern, von denen vernünftigerweise nicht angenommen werden kann, dass sie sich noch in Gebrauch befinden, und bei denen die Eigentümerinnen und Eigentümer ihr Eigentumsrecht voraussichtlich auf- gegeben haben, werden mindestens drei Wochen vor dem Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 248 2 Termin für das amtlich angeordnete Entfernen gelbe Punkte an dem Fahrrad(wrack) angebracht, die die Eigen- tümerin bzw. den Eigentümer auffordern, das Fahrrad bis zum Fristablauf zu entfernen. Andernfalls erfolgt danach im Auftrag des Ordnungsamtes die Beseitigung durch die Berliner Stadtreinigung (BSR). Nur in sehr seltenen Fäl- len melden sich bei den Ordnungsämtern die Eigentüme- rinnen bzw. Eigentümer der mit Gelbpunkten versehenen Fahrräder und entfernen ihr Fahrrad dann selber bzw. lassen sich wie in Neukölln 18 Eigentümerinnen bzw. Eigentümer ihr sichergestelltes Fahrrad vom Ordnungs- amt wieder aushändigen. Im Bezirk Steglitz-Zehlendorf liegt genau wie im Be- zirk Treptow-Köpenick die Zuständigkeit nicht beim Ordnungsamt sondern beim bezirklichen Tiefbauamt. Dieses verzichtet in Steglitz-Zehlendorf allerdings auf eine Information mit Gelbpunkten am Fahrrad, sondern entfernt alle 3 Monate anhand von Meldungen aus der Bevölkerung alle ihnen bekannt gewordenen sogenannten Schrottfahrräder, um sie dann im Falle der Nichtabholung nach 6-monatiger Lagerung gegen Verrechnung mit dem Materialwert zu verschrotten. 4. Wie viele Fahrräder wurden im Jahr 2014 durch die bezirklichen Ordnungsämter entfernt? Bitte nach Bezirken aufschlüsseln. Gibt es in den Bezirken Schwer- punkte (Jahreszeiten oder Standorte) der Entfernung scheinbar besitzerloser Fahrräder? Zu 4.: In Berlin wurden im Jahr 2014 durch die be- zirklichen Ordnungsämter insgesamt 2.566 Fahrräder vom öffentlichen Straßenland entfernt. Auf die einzelnen Be- zirke verteilen sie sich, wie folgt: Bezirk Zahl der amtlich ent- fernten Fahrräder Charlottenburg- Wilmersdorf 314 Friedrichshain- Kreuzberg 297 Lichtenberg 4 Marzahn-Hellersdorf 2 Mitte 419 Neukölln 282 Pankow 588 Reinickendorf 105 Spandau 25 Steglitz-Zehlendorf 250 Tempelhof- Schöneberg 280 Treptow-Köpenick keine Angaben Summe 2.566 Im Falle einer Behinderung oder Gefährdung werden Maßnahmen zur Herstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung unverzüglich durch das Ordnungsamt durchgeführt. Bei sogenannten Schrottfahrrädern, bei denen die Ei- gentümer auch auf Gelbpunkthinweise nicht reagiert haben, führen die Bezirke in der Regel zweimal jährlich Aktionen gemeinsam mit der BSR zur Beseitigung durch. Diese finden meistens im Frühjahr und im Herbst statt. Erfahrungsgemäß gibt es in allen Bezirken im Umfeld von U- und S-Bahnhöfen und rund um die regionalen Einkaufszentren eine Häufung von festgestellten soge- nannten Schrottfahrrädern. 5. Wie wird mit den entfernten Fahrrädern weiter verfahren? 6. Wer nimmt die Verschrottung der entfernten Fahr- räder in den Bezirken vor, wenn sie von den Ordnungs- ämtern angeordnet wird? Wer zahlt für die Verschrot- tung? Wie viel Kosten entstehen den öffentlichen Haus- halten dabei (exemplarisch für die letzten zwei verfügba- ren Jahre)? Zu 5. und 6.: In den meisten Bezirken entsorgt die BSR im Auftrag der bezirklichen Ordnungsämter die sogenannten Schrottfahrräder. Den Bezirken entstehen dadurch keine Kosten. Im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg besteht mit einem eingetragenen Verein eine Kooperationspartnerschaft, der im Rahmen eines Sozialprojekts die Fahrräder, soweit dieses noch möglich ist, wieder funktionstüchtig macht und dann an Bedürftige abgibt. 7. Wenn die BSR die Abholung der Fahrräder vor- nimmt, verschrottet sie sie selbst oder verkauft sie sie weiter, bspw. an Schrotthändler? Wie hoch sind die Ge- winne bzw. Verluste, wenn sie weiterverkauft werden (exemplarisch für die letzten zwei verfügbaren Jahre)? Zu 7.: Zur Entfernung von Fahrrädern im öffentlichen Straßenland von Berlin ist die BSR nicht ohne Weiteres berechtigt. Notwendig hierfür ist ein konkreter Auftrag des entsprechenden Bezirksamtes, das im Voraus jeden Einzelfall genauestens prüft. Eingehende Kundenhinweise zu besitzerlosen Fahrrädern leitet die BSR daher zunächst zur Überprüfung an das zuständige Ordnungsamt bzw. Tiefbauamt weiter. Die Beseitigung der Fahrräder wird dann auf Anweisung des Bezirksamtes durchgeführt, in einigen Bezirken sogar in Begleitung der Polizei oder einiger Vertreter des zuständigen Ordnungsamtes. Die durch die BSR eingesammelten Fahrräder werden direkt gemeinsam mit anderen gesammelten Materialien von der BSR verschrottet. Die Kosten für das Entfernen der Fahrräder werden per Ersatzvornahme dem Land Berlin im Rahmen der Stadtabrechnung in Rechnung gestellt Berlin, den 22. Januar 2015 Frank Henkel Senator für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. Jan. 2015)