Drucksache 17 / 15 312 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Christopher Lauer (PIRATEN) vom 15. Januar 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 19. Januar 2015) und Antwort Speicherung Personengebundener Hinweise (PHW) (V): Polizeiliche Aufenthaltsverbote Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. In welchen Fällen erteilt die Berliner Polizei ein Aufenthaltsverbot gemäß § 29 Absatz 2 Allgemeines Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG Bln)? Zu 1.: Durch ein Aufenthaltsverbot gemäß § 29 Ab- satz 2 Satz 1 des Allgemeinen Sicherheits- und Ord- nungsgesetzes (ASOG Bln) kann die Polizei zur Verhü- tung von Straftaten einer Person untersagen, ein bestimm- tes Gebiet innerhalb von Berlin zu betreten oder sich dort aufzuhalten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese Person dort eine Straftat begehen wird. Solche Tatsachen liegen etwa vor, wenn diese Person dort bereits nachweislich Straftaten begangen hat. In der Praxis kon- zentrieren sich die Aufenthaltsverbote auf Betäubungs- mittelhändlerinnen und Betäubungsmittelhändler, Betäu- bungsmittelbesitzerinnen und Betäubungsmittel-besitzer, Zigarettenhändlerinnen und Zigarettenhändler, Hütchen- spielerinnen und Hütchenspieler sowie Hooligans, die durch besondere Häufigkeit und Intensität in ihrem straf- baren Handeln an einem Kriminalitätsbrennpunkt akten- kundig sind. 2. Wie vielen Personen hat die Polizei Berlin in den Jahren seit 2010 Aufenthaltsverbote erteilt? (Bitte nach Jahr, Anzahl und Direktion aufschlüsseln.) Zu 2.: Die Frage lässt sich nicht vollumfänglich be- antworten, da bereits fristgerecht Löschungen stattgefun- den haben (s. dazu auch Frage 7). Personen, denen mehr- fach ein Aufenthaltsverbot ausgesprochen worden ist, werden in der Tabelle nur einmal dargestellt. Mit Stand vom 22.01.2015 sind folgende Daten er- fasst: 2014 2015 Summe Direktion 1 53 2 55 Direktion 2 292 19 311 Direktion 3 905 43 948 Direktion 4 71 16 87 Direktion 5 932 164 1096 Direktion 6 135 15 150 Direktion Zentrale Aufgaben 705 87 792 Landeskriminalamt (LKA) 95 2 97 Zentrale Serviceeinheit (ZSE) 45 5 50 Summe 3233 353 3586 3. Gegen wie viele Personen sind derzeit gültige Auf- enthaltsverbote erteilt? (Bitte nach Anzahl und Direktion aufschlüsseln.) Zu 3.: Mit Stand vom 22.01.2015 sind folgende Daten erfasst: Summe Direktion 1 1 Direktion 2 2 Direktion 3 1 Direktion 4 0 Direktion 5 18 Direktion 6 6 Direktion Zentrale Aufgaben 8 LKA 1 ZSE 0 Summe 37 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 312 2 4. Wie viele personengebundene Hinweise (PHW) „Aufenthaltsverbot“ sind aktuell im Polizeilichen Landessystem zur Information, Kommunikation und Sachbear- beitung (POLIKS) insgesamt gespeichert? Zu 4.: Mit Stand vom 22.01.2015 sind 5812 Aufent- haltsverbote im Polizeilichen Landessystem zur Informa- tion, Kommunikation und Sachbearbeitung (POLIKS) gespeichert. 5. Erfolgt bei Erteilung eines Aufenthaltsverbotes durch die Polizei in jedem Fall ein Eintrag der personen- bezogenen Daten in POLIKS? Wenn nein, unter welchen konkreten Voraussetzungen erfolgt dies ansonsten? Zu 5.: Die Erteilung eines Aufenthaltsverbots gemäß § 29 Absatz 2 ASOG setzt voraus, dass Tatsachen vorlie- gen, die die Annahme rechtfertigen, dass die vom Verbot betroffene Person in einem bestimmten Gebiet innerhalb von Berlin eine Straftat begehen wird. Solche Tatsachen können sich aus polizeilichen Ermittlungsvorgängen er- geben, zu denen personenbezogene Daten gespeichert sind. Die betroffene Person ist somit regelmäßig akten- kundig. 6. Erfolgt bei Erteilung eines Aufenthaltsverbotes durch die Polizei in jedem Fall die Zuordnung des PHW „Aufenthaltsverbot“ zu den personenbezogenen Daten in POLIKS? Wenn nein, unter welchen Voraussetzungen erfolgt die Zuordnung ansonsten? Zu 6.: Die Erteilung eines Aufenthaltsverbotes ist im POLIKS zu dokumentieren. Hierzu ist ein gesonderter Anwendungsfall „Platzverweis/Aufenthaltsverbot“ anzulegen , mit dem auch der PHW zur betroffenen Person vergeben wird. 7. Wird der PHW „Aufenthaltsverbot“ nach Ablauf des Aufenthaltsverbotes umgehend gelöscht? Wenn nein, warum nicht? Wann und unter welchen Voraussetzungen erfolgt die Löschung des PHW „Aufenthaltsverbot“ ansonsten Zu 7.: Jeder PHW „Aufenthaltsverbot“ hat sowohl ein Gültigkeitsdatum als auch eine Löschfrist. Die Löschfrist ergibt sich aus dem Ablauf der Gültigkeit plus 12 Monate. Mit Ablauf der Gültigkeit wird der PHW „Aufenthaltsverbot “ in der Erstansicht der POLIKS-Schnellauskunft nicht mehr angezeigt, ist aber im Personendatensatz noch vorhanden. Zwölf Monate nach Ablauf der Gültigkeit wird der PHW endgültig gelöscht. 8. Wann hat die Berliner Polizei den berlinspezifi- schen PHW „Aufenthaltsverbot“ eingeführt? Zu 8.: Der PHW „Aufenthaltsverbot“ wurde 1999 eingeführt . 9. Warum hat die Berliner Polizei den berlinspezifi- schen PHW „Aufenthaltsverbot“ eingeführt? Zu 9.: Der PHW „Aufenthaltsverbot“ wurde eingeführt , um das Vorliegen eines Aufenthaltsverbots bei erforderlichen Überprüfungen zu Personen zu signalisie- ren, etwaige Verstöße gegen das Verbot unmittelbar bzw. zeitnah feststellen und somit die Wirksamkeit der Verbote zum Zwecke der Prävention erhöhen zu können. 10. Für welchen Zeitraum werden Aufenthaltsverbote regelmäßig erteilt? Zu 10.: Maßgebend ist der Einzelfall. Der Zeitraum muss geeignet sein, den Gefahren abwehrenden Zweck der Maßnahme zu erfüllen, gleichzeitig aber auch die Belange der / des Betroffenen so gering wie möglich zu beeinträchtigen. Einen festen Zeitraum gibt es daher nicht. Allerdings werden in den meisten Fällen nur kurz- zeitige Aufenthaltsverbote durch die Polizei angeordnet. 11. Was ist die maximale Höchstgrenze für ein Auf- enthaltsverbot? Zu 11.: Das Gesetz sieht keine Höchstgrenze vor. 12. Zu welchem Zweck und welchen Personengrup- pen (offene Drogenszene, offene Trinkerszene, Woh- nungslose, Sexarbeiter*innen etc.) erteilt die Berliner Polizei Aufenthaltsverbote regelmäßig? Zu 12.: Ziel des Aufenthaltsverbots ist es, einer Ad- ressatin oder einem Adressaten über einen längeren Zeit- raum den Aufenthalt in einem bestimmten Gebiet zu verbieten, weil Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Person in diesem Gebiet eine Straftat begehen wird. 13. Wie werden erteilte Aufenthaltsverbote durch die Berliner Polizei kontrolliert? Zu 13.: Aufenthaltsverbote im Sinne der Anfrage ge- mäß § 29 Abs. 2 ASOG Bln werden von der Polizei Ber- lin ausgesprochen, wenn die Betroffene oder der Be- troffene wiederholt an einer eng umgrenzten Örtlichkeit bei meist gleichartigen Rechtsverstößen angetroffen wur- de. Einer besonderen Kontrolle der erteilten Aufenthalts- verbote bedarf es nicht, da an den relevanten Örtlichkei- ten regelmäßig polizeiliche Maßnahmen stattfinden (z. B. wegen Hütchenspielbetruges oder Rauschgifthandels). Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 312 3 14. Wie häufig hat die Berliner Polizei in den Jahren seit 2010 mit unmittelbarem Zwang (gegebenenfalls mit welchen Hilfsmitteln) gültige Aufenthaltsverbote durch- gesetzt? (Bitte nach Jahr, Zwangsmaßnahme und Direkti- on aufschlüsseln.) Zu 14.: Eine Durchsetzung von Aufenthaltsverbots- verfügungen mit unmittelbarem Zwang ist nicht erfasst. 15. Welche polizeilichen Erfolge zeigt die Erteilung von Aufenthaltsverboten? Zu 15.: Der polizeiliche Erfolg liegt in der Einhaltung des Aufenthaltsverbotes und damit einhergehend der Verhinderung weiterer Straftaten durch die Adressatin oder den Adressaten. 16. Gegen wie viele erteilte Aufenthaltsverbote haben in den Jahren seit 2010 Betroffene Widerspruch eingelegt und mit welchem Erfolg jeweils? (Bitte nach Anzahl und Jahr aufschlüsseln.) Zu 16.: 2010 0 2011 3 (abgelehnt: 2, eingestellt: 1 – wegen Zeitablaufs) 2012 4 (abgelehnt: 04) 2013 11 (abgelehnt: 11) 2014 12 (abgelehnt: 09, eingestellt: 03 – wegen Zeitablaufs) 17. Wie viele erteilte Aufenthaltsverbote wurden in den Jahren seit 2010 verwaltungsgerichtlich überprüft und mit welchem Ergebnis jeweils? (Bitte nach Anzahl und Jahr aufschlüsseln.) Zu 17.: 2010 0 2011 2 (Klage ohne Erfolg: 2) 2012 4 (Klage ohne Erfolg: 4) 2013 1 (Klage ohne Erfolg: 1) 2014 2 (Klage ohne Erfolg: 2) Berlin, den 30. Januar 2015 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. Feb. 2015)