Drucksache 17 / 15 318 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriele Hiller (LINKE) vom 19. Januar 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. Januar 2015) und Antwort Hallen-, Frei- und Sommerbäder: Versorgung der Berlinerinnen und Berliner mit Was- serfläche Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche Standards gelten bundesweit für die Versorgung der Bürgerinnen und Bürger „pro Kopf“ mit Wasserfläche in Hallenbädern sowie bei der Versorgung mit Frei- und Sommerbädern? 2. Welche Standards für die Versorgung mit Wasserfläche legt der Senat seiner Bäderpolitik zugrunde (bitte getrennt nach Hallenbädern sowie Frei- und Sommerbä- dern ausweisen)? 3. Wie ist gemessen an den unter 2. ausgewiesenen Versorgungsstandards der aktuelle Versorgungsgrad der Bürgerinnen und Bürger in den Bezirken mit Wasserflä- che zum gegenwärtigen Zeitpunkt (bitte für jeden Bezirk getrennt nach Hallenbädern sowie Frei- und Sommerbä- dern ausweisen)? 4. Wie erklärt der Senat bestehende Unterschiede in der Versorgung mit Wasserfläche? Zu 1. bis 4.: Bundesweit wird im Wesentlichen mit der Kennzahl Wasserfläche pro 1.000 Einwohner gerech- net. Die vor kurzem veröffentlichte Statistik „Sport in Berlin, Sportanlagen und ausgewählte Bewegungsräume 2013 (http://www.berlin.de/sen/inneres/sport/sportmetropoleberlin /broschueren-flyer-rechtsvorschriften/berlinstatistik.pdf) greift diese Kennzahl auf und vergleicht auf bezirklicher Ebene die Abweichung zum Berliner Durchschnitt. Die Ermittlung von Bedarfen durch Richtwerte (z. B. 0,01 m 2 pro Einwohner) oder der Vergleich mit Durch- schnittswerten ist nicht mehr zeitgemäß. Soweit es die Freibadsituation betrifft, sind die Richtwerte in der Re- gion Berlin-Brandenburg weitgehend sinnentleert. Die Region ist von Havel und Spree sowie einer Vielzahl von Seen geprägt, in denen gebadet wird und auf denen Schwimmsport stattfindet. Das schließt nicht aus, dass ein Freibad- oder Sommerbadbedarf im innerstädtischen Bereich, insbesondere für den nicht das Umland nutzen- den Teil der Berliner Bevölkerung, weiter vorhanden ist. Bedarfsplanungen sollten daher künftig Zielgruppen be- zogen erfolgen und nicht nach statistischen Richtwerten. Auch für Hallenbäder geben die Richtwerte nur Annähe- rungswerte. Mit seinen hervorragenden öffentlichen Per- sonennahverkehr sind die Hallenbäder für fast alle Bevöl- kerungsschichten problemlos zu erreichen. Außerdem verkennen die bisherigen Richtwerte eine völlige Verän- derung des Nutzerverhaltens. Ein Teil des Bedarfs wird heute nicht mehr mit öffentlichen Bädern abgedeckt, sondern mit privaten Fitness-, Sauna- und Wellnessanla- gen und in den Sommermonaten durch offene Badestellen im Umland. Schließlich ist die Bevölkerungsstatistik allein als Maßstab problematisch, wenn einzelne Nutzer- gruppen und Nutzerinteressen unbeachtet bleiben. Der Senat hält bei der Bedarfsanalyse für Bäder zudem eine bezirkliche Betrachtung für nicht mehr zeitgemäß. Die Nutzenden orientieren sich nicht an Bezirksgrenzen, son- dern betrachten neben den Wegezeiten die konkreten Angebote, ob diese mit ihren Nutzungswünschen überein- stimmen. Diese Nutzungswünsche sind nicht statisch, sondern hängen von immer wieder sich verändernden Ansprüchen unterschiedlicher Bevölkerungsmilieus ab. Ausführungen dazu werden im Berliner Bäderkonzept 2025 nachzulesen sein, das im Februar 2015 dem Haupt- ausschuss des Abgeordnetenhauses vorgelegt werden wird. 5. Wie viel Wasserfläche steht den Schülerinnen und Schülern für den schulischen Schwimmunterricht je Be- zirk in Hallenbädern zur Verfügung (bitte bezirklich aus- weisen absolut und Wasserfläche pro Schüler/in)? 6. Welcher Versorgungsgrad mit Wasserfläche wäre aus Sicht des Senats nötig, um den schulischen Schwimmunterricht auf dem notwendigen Niveau zu gewährleisten? 7. Wie erklärt der Senat bestehende Unterschiede in der Versorgung mit Wasserfläche für den schulischen Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 318 2 Schwimmunterricht und was tut er, um allen Schülerinnen und Schülern vergleichbare Bedingungen zu schaffen? Zu 5. bis 7.: Eine Berechnungsgrundlage Wasserflä- che pro Schülerin und Schüler gibt es für den Schwimm- unterricht in der 3. Klasse der Berliner Grundschulen nicht, da diese vorgeschlagene Berechnungsgröße kein Indikator für die Unterrichtspraxis ist. Im Verlauf des 3. Schuljahres werden von der Wassergewöhnung, über die ersten Schritte zur Schwimmfähigkeit bis hin zur Ver- mittlung einer Schwimmtechnik mit dem Ziel der Schwimmbefähigung aller Schülerinnen und Schüler (Jugendschwimmabzeichen in Bronze) in unterschiedli- cher Art und Weise Wasserfläche benötigt. Deshalb hat sich die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft mit den Berliner Bäder-Betrie- ben unter Einbeziehung der Expertise der Schwimmob- leute in den Bezirken darauf verständigt, dass für eine Gruppengröße von 12 Schülerinnen und Schülern eine Schwimmbahn zur Verfügung gestellt wird. Mit dieser Richtgröße ist abgesichert, dass pro Klasse 2 Schwimm- bahnen für den Schwimmunterricht zur Verfügung stehen. Sie ist für alle Schulen in allen Bezirken gleich. Mit die- sem Versorgungsgrad kann das notwendige Niveau für einen effektiven Schwimmunterricht in allen seinen unter- schiedlichen Unterrichtetappen gewährleistet werden. Dem Senat ist nicht bekannt, dass diese Richtgröße in den Bezirken nicht realisiert werden kann. 8. Welchen Handlungsbedarf leitet der Senat in seinem lange angekündigten Bäderkonzept angesichts der unterschiedlichen Versorgung der Bürgerinnen und Bür- ger mit Wasserfläche ab? 9. Wie steht der Senat angesichts der Versorgungsunterschiede und -defizite zu seinem bisher vertretenen Grundsatz, keine neue Wasserfläche schaffen zu wollen? 10. Welche politischen Schwerpunkte setzt der Senat in seiner Bäderpolitik, um allen Bürgerinnen und Bürgern einen vergleichbaren Standard bei der Versorgung mit Hallen-, Frei- und Sommerbädern zu schaffen? Zu 8. bis 10.: Da das Berliner Bäderkonzept 2025 zu- nächst vom Senat zu beschließen ist, sind konzeptionelle Aussagen daraus noch nicht möglich, da das Konzept noch als Entwurf zu behandeln ist. Der Senat wird vo- raussichtlich am 10. Februar 2015 einen Beschluss fassen. Berlin, den 29. Januar 2015 In Vertretung Andreas Statzkowski Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. Feb. 2015)